Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

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RBB
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

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Band 1465 - Schach dem Klon - ist von K. H. Scheer, erschienen am 19. September 1989
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"Sieh dir das mal an!" sagte Bull zu Gucky. Er hatte an der Theke neue Getränke geordert und brachte sowohl für sich als auch für Lee neues Bier mit.

Gucky betrachtete die Flasche mit dem obskuren Gebräu, dass für Lee die Erfüllung aller Bierträume zu sein schien, von allen Seiten und meinte: "Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet. Stein und Bein würde ich schwören, dass diese Brauerei Homer G. Adams gehört. Aber so kann man sich täuschen. Da gibt es doch tatsächlich Leute, die sowas in sich hinein schütten...."

"Darf ich mal erfahren, worum es hier geht?" fragte Lee und nahm Gucky ihre Flasche ab. "Wenn ihr meine Bierflasche noch länger mit euren unegalen Fingern betatscht, wird sie zu warm und man kann den Inhalt nicht mehr trinken."

"Das kann man doch so auch nicht", antwortete Bully. "Du hast bis jetzt immer einen völlig normalen Eindruck auf mich gemacht. Und dann sowas. Ich bin entsetzt."

Lee wurde langsam wütend. "Ihr erklärt mir umgehend und sofort, was dieses dusselige Gequatsche schon wieder zu bedeuten hat. Sonst hole ich noch eine Flasche und schütte jedem von euch Helden eine über dem Kopf aus!"

"Keine Sorge, Mädel, das passiert woanders öfters. Genau mit dieser Brühe!". Gucky grinste seine Freundin an und erlöste sie von ihren Qualen. Er hielt die mittlerweile in ein Glas entleerte Flasche in der Hand. "Wir kennen das Zeug. Best Essex Red Coloured Pale Ale***. Ihr wisst aber auch gar nichts. Da sieht man doch wieder, dass ihr hier auf Newengland am Ende aller Welten seid. Ich hätte nie damit gerechnet, dass dieses Bier von solch einer Außenwelt kommt. Mein Vermögen hätte ich darauf verwettet, dass Homer Eigentümer der dazugehörigen Brauerei ist und die nach wie vor in Merry Old England steht. Da kann man mal sehen."

Aber das Einzige, was er sah, war das farbliche Anlaufen von Lees Gesicht, das sich langsam aber sicher rot färbte. So sprach er schnell weiter.

"Nicht so ungeduldig. Man warte in Ruhe und gelassen auf die Ausführungen des Meisters!" sagte er mit erhobenem Zeigefinger.

"Dazu musst du gewisse Eigenheiten an Bord terranischer Schiffe der Raumflotte kennen", führte Bull Guckys Ausführungen fort. "Es ist nämlich so: Seit es terranische Raumschiffe gibt, wird dort Sport angeboten. Und da unser Finanzgenie Homer G. Adams in den Gründerjahren des Solaren Imperiums gewisse Geldsummen in die Freizeitausstattung der Schiffe steckte, hatte er bestimmt, welcher Sport dort in erster Linie angeboten wurde. Natürlich war das etwas, was ihm als 100-prozentigem Englänger am besten gefiel: Rugby. Wenn man sich weigerte, Rugby zu spielen, gab's keine Knete. So einfach war das. Also spielte man Rugby. Und da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, blieb man dabei. Bis heute. An Bord der RAS TSCHUBAI werden zum Beispiel regelmäßig Bordmeisterschaften ausgespielt. Da haben sie sogar ein zigtausende Leute umfassendes Stadion im Freizeitbereich."

"Rugby ist ja auch ein edler Sport", erklärte Lee. "Mein Team hat übrigens vor einigen Jahren mit mir im Angriff die Damen - Meisterschaft Newenglands gewonnen. Aber was hat das mit meinem Bier zu tun?"

"Immer langsam mit den jungen Mausbibern", proklamierte der Ilt. "Die Rugby - Teams brauchen ab und zu neues Blut. Weil einer zu alt geworden ist. Oder nach dem siebten Nasenbeinbruch keine Lust mehr hat. Dann kommt der Nachwuchs. Der hieß in einem Fall sogar mal Perry Rhodan. Aber der spielte eigentlich nur eine untergeordnete Rolle. Denn alle, die neu in ein Team aufgenommen wurden oder werden, übrigens egal, ob Männlein oder Weiblein, kriegen einen Eimer Bier über den Kopf geschüttet. Ein ganz spezielles Bier. Weil, so sagt man an Bord der terranischen Schiffe, man diese Plörre nicht trinken könne und sie eigentlich nur dazu tauge, andere Menschen auf diesem Wege damit zu beglücken. Derart eimerweise muss das Zeug übrigens ganz grauenhaft sein. Perrys Frau beschwerte sich mal, ihr Mann habe drei Tage später noch nach Best Essex Red Coloured Pale Ale*** gerochen. Trotz Hightech Körperpflege. Naja, und da lag die Vermutung nahe, dass die Brauerei eben Homer gehört und er das Monopol für die Belieferung wegen solcher Aktionen hat."

Gucky grinste ebenso wie Bully von einem Ohr zum anderen.

"Und du trinkst das Zeug. Respekt!", schloss er seine Erläuterung ab.

"Ich muss das mal mit Billy bereden. Dem gehört nämlich ungefähr ein Drittel der Brauerei, die dieses leckere Getränk herstellt. Wenn ihr Pech habt, dürft ihr euch ein anderes Bier suchen. Meins kriegt ihr dann nicht mehr."

Bull war unbeeindruckt. Er sah sich sein Glas Zwölf an und sagte: "Kein Problem. Ihr seid nicht die einzigen Engländer in diesem Universum. Gerüchteweise soll es da noch mehr geben. Und trinkbares Bier brauen können sie alle nicht."

"Sie das doch mal positiv", meinte Gucky. "Denk dir einfach dabei, sieh mal, die sind so dämlich und schütten sich gegenseitig mein gutes Bier über den Kopf. Wie blöd muss man denn dazu sein? Und wir kriegen auch noch Geld dafür..."

Lee war skeptisch und traute ihren Gästen nicht über den Weg. "Du bist mir viel zu optimistisch."

"Mir bleibt ja auch nichts anderes übrig. Sonst würde man es mit Leuten wie dem hier", der Ilt zeigte auf Bully, "keinesfalls so lange aushalten. Ohne Optimismus würde man glatt verrückt werden. "

"Du hast Glück, dass mir mein Bier viel zu gut schmeckt, sonst bräuchtest du jetzt einen Trockner für dein Fell, du Zwerg. Aber zur Belohnung darfst du die nächste Geschichte erzählen!"

Gucky seufzte. "Und ich dachte, ich hätte hier Urlaub..."

Spoiler
Gucky erzählt die Geschichte "Schach dem Klon":


Tja. Da hatte da doch glatt die Kommandantin der LIBRA, Iliam Tamsun, behauptet, die BASIS sei entführt worden. Die LIBRA war bekanntlich das Schiff gewesen, dass Perry bei der BASIS zurückgelassen hatte, um auf sie aufzupassen. Das hatte sich mit dem Hinweis auf den Diebstahl natürlich erübrigt.

Wir lernen also wieder etwas Wesentliches: Sollte das Gut, auf das es aufzupassen gilt, nicht mehr da sein, gibt es eben nichts mehr, auf das man aufzupassen hat. Nicht wahr, Dicker, das ist dir neu, was? Da kannst du mal sehen. Ohne mich läuft nichts. Gar nichts. Demzufolge: Ohren spitzen und schön brav zuhören, was Dr. Guck euch so alles zu berichten hat.

Also. Die BASIS war weg. Natürlich hatte die LIBRA in Folge Perry Rhodan aufgesucht, um zu berichten. Es gab bei der Identifikation einiges an Fragezeichen, Phönix war evakuiert und ein gewisser Chef-Terraner war als Letzter dort mit einem Schiff namens ODIN vorzufinden. Man fand aber zueinander und Iliam berichtete, was passiert war.

Es war ja allgemein bekannt, dass Hamiller, der Rechner der BASIS einen Hau hatte. Es ist übrigens nie herausgekommen, ob Hamiller nur eine Blechkiste war oder tatsächlich das Gehirn von Payne Hamiller, dem früheren Wissenschaftler, beherbergte. Die Tube schwieg sich darüber aus. Worüber sie allerdings redete, war die Tatsache, dass sie nur eine Person als Kommandanten der BASIS akzeptierte: Harold Nyman. Der war schlicht und ergreifend die erste Figur gewesen, die die Hauptzentrale der damals noch dezentralisierten BASIS betrat. Na ja, die Hamiller-Tube, also diese verrückte Positronik, ernannte Nyman daraufhin als Kommandanten und akzeptierte niemanden anderes mehr.

Und dieser Harold Nyman tauchte am 20 Januar 1146 mit einem Schiff, der ANDRASSY, wirklich und wahrhaftig, zwar halbtot aber immerhin, in der Nähe der BASIS auf und behauptete gar Grausliches.

Nyman, der aussah, wie sein eigenes Gespenst, berichtete mit schwankender Stimme, dass der Tarkan - Verband von den Cantaro vernichtet worden sei. Er selbst wäre nur durch einen Zufall davongekommen und hätte den Weg hierhin gefunden. Außer ihm seien nur Roboter auf seinem Schiff. Es wäre nämlich niemand sonst mehr da, berichtete er. Atlan, Bull, Tekener und Danton tot. Rhodan liege sehr schwer verletzt im Plasmabad. Die ANDRASSY, kurz vor den Angriff als Reserveeinheit in Betrieb genommen, sei der letzte überlichtschnelle Raumer.

Nyman hatte stumpfglänzende Augen und glich einem lebenden Toten. Oder jemandem, der einfach nur alles hinter sich hat. Er redete weiter und sprach von 300 Cantaro - Einheiten, die alles vernichtet hätten. Er, Rhodan und ein weiterer Kamerad hätten als einzige überlebt. Jetzt brauche Rhodan unbedingt und kurzfristig die BASIS, weil er deren große Klinik benötigte.

Natürlich waren die Leute der LIBRA misstrauisch, allemal, da Nyman nichts, aber auch gar nichts bei sich hatte, dass ihn legitimieren konnte. Kein Datenmaterial, nichts. Nada. Schließlich sei ja alles zerstört worden. Rhodan habe ihm jedoch einen speziellen Geheimbegriff anvertraut, der alles regeln würde: Walpurgisnacht hieß der Türöffner.

Tatsächlich eröffnete Hamiller danach der überraschten Besatzung der LIBRA, Harold Nyman sei willkommen. Er habe sich mit dem gültigen Notfallkode ausgewiesen. Die BASIS sei zu übergeben. Hamiller sorgte fürs Einschleusen der ANDRASSY und alle anderen standen da mit wirrem Haar.

Natürlich war man seitens Iliam und Co noch misstrauisch. Niemand konnte sich so richtig vorstellen, dass ausgerechnet alle diese Männer derart überrumpelt und allesamt ausnahmslos vernichtet worden seien. Man einigte sich also darauf, vier Personen inklusive eines erstklassigen Mediziners an Bord der BASIS zu schleusen. Mit Nyman stimme etwas nicht und Hamiller sei eben verrückt geworden.

Das alles änderte aber nichts an der Tatsache, dass Nyman den Abflug befohlen hatte und die BASIS auf Tour in Richtung Milchstraße ging. Dabei stellten nun die vier Spione fest, dass er hauptsächlich unzusammenhängendes Zeug von sich gab und sie Angst um ihr Leben hatten. Grade, als sie Nyman dingfest machen wollten, wurden sie paralysiert und in ihren SERUNS aus der Schleuse geworfen. Zu ihrem Glück konnte die LIBRA sie auflesen und es ging in Richtung Phönix, wo man auf Perry Rhodan traf.

Da Perry nun um Harold Nyman wusste, vermutete er in den vermeintlichen BASIS - Kommandanten einen in der Eile nur halb fertiggestellten Klon. Deshalb hatte Nyman wohl auch mit leerem Blick halbtot ausgesehen, als er auf die LIBRA traf. Er erinnerte an den Einsatz auf der Cantaro - Brutwelt Sampson, wo Nyman im Einsatz Gewebe aus dem Oberschenkel gerissen worden war. Es war nun mal eine große Wunde mit entsprechendem Blutverlust. Nun denn, der Fleischfetzen fiel in die Hände der Cantaro und den Rest habt ihr soeben gehört.

Der falsche Nyman tauchte auf und, so Perry, Hamiller hatte mitgespielt. Schließlich könne ein halb verwirrter Klon keine derartige Positronik täuschen. Perry war überzeugt, dass Hamiller einfach nur die Chance genutzt hatte, die Abwehrwälle gefahrlos zu durchqueren. Die vier Agenten seien durch den Rechner von Bord geworfen worden, weil der falsche Nyman sie sonst getötet hätten. Aber Perry vermutete noch etwas: Hamiller habe ihm mit Sicherheit eine Botschaft zukommen lassen. Man müsse sie nur finden.

Nachdem ich die Psyche der Vier erfolglos untersucht hatte, kamen die Techniker wegen der SERUNS an die Reihe. Tatsächlich fanden sie etwas: Hamiller wolle uns 300 Lichtjahre vom Goorn - System entfernt treffen. Wir flogen mitsamt der ODIN und der LIBRA zum Treffpunkt, wo die BASIS mit 400 Besatzungsmitglieder ausgestattet wurde. Damit hätte alles gut sein können. War es aber nicht.

Diesmal war Tek der Misstrauische. Ihm war das alles zu glatt gegangen und das passte ihm nicht. Natürlich wurde die BASIS von Kopf bis Fuß untersucht. Natürlich fanden wir nichts. Und ebenso natürlich gingen die Diskussionen weiter. Letztlich entschied sich Perry für einen Test - Überlichtflug. Ja, und der wars dann auch. Just, als der Flug durch den Hyperraum begann, veränderte sich der festgesetzte Klon. Er blähte sich auf und wurde immer größer. Gleichzeitig reagierten die vier Spione. Sie sandten eine Art Strahlung aus, die den Metagrav - Antrieb beeinflussen sollte. Ein Hoch auf Tek. Er fand die vier Männer samt des mittlerweile riesig gewordenen Nyman - Klons. Letzteren konnte er vernichten, wodurch die Vier wieder normal wurden und der Flug problemlos beendet werden konnte.



"Das war aber noch nicht alles", sagte Reginald Bull.

"Nein", erwiderte Gucky leise. Sehr leise. "Irmina musste feststellen, dass ihre Fähigkeiten nicht ausreichten, Jennifer und sie dauerhaft am Leben zu halten. Sie alterten und alterten."

Grade, als Lee eine noch Frage stellen wollte, kam von draußen ein ziemlicher Lärm. Es hörte sich so an, als wäre vor der Tür eine Horde wildgewordener Saurier unterwegs, die sich zweifellos vorgenommen hatten, hier alles niederzumachen.

Gucky schüttelte den Kopf und piepste: "Nie hat man seine Ruhe. Was ist das denn jetzt schon wieder?" Anschließend verschwand er. Billy McGuyer war als Erster an der Tür, dicht gefolgt von Bully und Lee. Vor der Tür stand ein riesiges, grinsendes Monstrum. Du meine Güte, ging es Lee durch den Kopf. Kohlrabenschwarz, bestimmt dreimeterfünfzig groß und zweimeterfünfzig breit. Drei Augen und Dauergrinsen. Die vier Arme hatte sie in ihrer Aufregung nicht bemerkt. Sie sah aber, dass langsam aber sicher immer mehr Menschen ankamen, um den Neuankömmling zu begutachten.

Auf der linken Schulter des Riesen saß Gucky. "Meine sehr verehrten Damen und Herren", begann er, "ich darf Ihnen einen weiteren Gast vorstellen. Begrüßen Sie mit mir zusammen unseren alten Freund Icho Tolot."

Der ungeschlachte Riese stand vor Billys Pub wie angewurzelt. Dann öffnete er seinen Mund und sagte etwas. Das hörte sich für die hiesigen Menschen so an, als würde der Große regelmäßig ein paar Felsbrocken frühstücken. Wahrscheinlich aber flüsterte er grade.

"Hallo meine Kleinen!" sagte er.

Gucky teleportierte von Tolots linker Schulter auf dessen rechten Fuß. "Ich warne euch vor. Das ist ein Haluter. Diese Kerle haben einen abstrusen Humor. Wenn man sie zum Lachen bringt, ist alles vorbei. Danach hört man mindestens fünf Tage nichts mehr!"

Aus dem Mund mit den Felsbrocken - Tönen kamen ein paar seltsame Geräusche. Lee sah noch, wie der Riese tief Luft holte, dann wurde sie von Bully ziemlich unsanft zur Seite geschoben. Der Terraner machte irgendwas mit seinem Chrono, dann atmete er auf.

"Glück gehabt. Jetzt kann er seinen Lachanfall kriegen. Ich habe ihn in ein Akustik - Feld gehüllt. Da kommt er erst wieder raus, wenn er sich beruhigt hat." Er blickte noch in Richtung des grinsenden Ilts. "Du Wahnsinniger!" giftet er Gucky an.

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Wo Scheer draufsteht, ist auch Scheer drin. Wie diesmal auch. Wir erfahren etwas über Feuerorgeln und die Kernschussweite der Transformgeschütze. Kapitel werden mit kurzem Militärsprech begonnen. KHS ist KHS und bleibt KHS. Und das ist auch gut so. Eine Konstante in der PR-Geschichte mit so vielen Mitwirkenden.

Band 1465 ist nicht so stark wie sein letzter Roman. Aber wie ich da schon meinte, schreibt er ohne seine persönlichen Superhelden besser und es macht richtig Spaß, seine Erzeugnisse zu lesen.

Es würde mich nur mal interessieren, ob ihm dieser Supermann - lose Weg damals schwergefallen war. Nachdem ein paar hundert Bände vorher CC nicht so gut angekommen war, konnte man befürchten, dass er nach Tostans Abgang auch wieder gehen würde. Aber er ist geblieben. Das ehrt ihn in meiner Sicht.


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* = Nur für den Fall, dass sich jemand fragt, was es denn mit diesem Bier auf sich hat: In meiner Begleitstory zum 300er Zyklus wird Perry tatsächlich Rugby-Spieler und bekommt zur Begrüßung einen Eimer von dem Zeug über den Kopf geschüttet. Eigentlich hätte der 300er ja hiervor veröffentlicht gehört. Ich hatte aber seinerzeit in der Kürze der Zeit versäumt, ihn zu sichern. Zum Glück war Forist thinman besser drauf als ich und stellte mir das Ganze zur Verfügung. Der 300er kommt also noch, wenn wir hier am Ende angelangt sind.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von Tell Sackett »

Wo Scheer draufsteht, ist auch Scheer drin.
Tatsächlich ist es eines der größten Verdienste des Altmeisters, dass seine Romane stets vom Stil her individuell erkennbar sind...
Das habe ich ansonsten - mit Ausnahme von Voltz - bei keinem der anderen Autoren so deutlich erlebt...
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RBB
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Clark Darlton war neben den von dir Genannten auch so einer.

Bei allen anderen aktuellen und ehemaligen Mitgliedern der Autorenschaft traue ich mir das nicht zu.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von Tell Sackett »

RBB hat geschrieben: 15.06.2025, 17:23 Clark Darlton war neben den von dir Genannten auch so einer.

Bei allen anderen aktuellen und ehemaligen Mitgliedern der Autorenschaft traue ich mir das nicht zu.
Clark Darlton hatte, meiner Ansicht nach, eher in der Frühphase der Serie einen ausgeprägten, eigenen Stil.
Später verwässerte das dann...
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Tell Sackett hat geschrieben: 16.06.2025, 09:11 Clark Darlton hatte, meiner Ansicht nach, eher in der Frühphase der Serie einen ausgeprägten, eigenen Stil.
Später verwässerte das dann...
Für mich waren Clark Darltons immer Clark Darltons. Komische Namen (z.B. der Gurrad mit dem Namen Schorsch in Band 1407), Gucky & Bully, Gucky allein zogen sich zumeist durch seine Romane. Was nicht heißt, dass seine Schreiberzeugnisse allesamt schlecht waren, sie waren idR anders. In früheren Jahren gefiel mir das nicht immer besonders gut, heute habe ich bei einem CD - Erzeugnis manchmal das Gefühl, nach Hause zu kommen. Was alle seine Romane miteinander verband, war die tiefe und ausgeprägte Friedenssehnsucht. Besonders klar wurde das in dem oben zitierten 1407, in dem er sich respektvoll Waringers Tod nähert. Ob ein anderer das so hingekriegt hätte, wage ich zu bezweifeln. Aber WE blieb zeit seines Lebens der Walter, der seine Verleger mit seinem Pseudonym hereingelegt hatte.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1466 - Kontakt mit Unbekannt - ist von H.G. Ewers, erschienen am 26. September 1989
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Lee stand völlig fassungslos vor dem Haluter, der sich wieder beruhigt hatte. Im Hintergrund hörte sie mit einem halben Ohr den Disput zwischen Bully und Gucky. Der Kleine eröffnete dem Terraner grade, er hätte sie hätte sie ja wohl nicht mehr alle. Im Zweifelsfalle wäre er mit Icho drei Kilometer weit weg teleportiert, bevor der den Mund hätte öffnen können. Das ging noch eine Weile hin und her - das Übliche eben, dachte sie. Wie kann es denn möglich sein, dass man sich so lange kennt und dann immer noch angiftet, ging ihr durch den Kopf. Dann wandte sie sich wieder dem schwarzhäutigen Riesen zu und vergaß die beiden Streithähne.

Es ist doch eine Sache, zu wissen, wie Haluter beschaffen sind. Die andere Chose ist es, tatsächlich vor einem zu stehen. Sie war sich noch nie in ihrem Leben so winzig vorgekommen. Icho Tolot war mit seinen dreimeterfünfzig mehr als doppelt so groß wie sie. Über den Rest brauchen wir nicht zu reden. Als ob ein Felsbrocken vor mir steht.

"Was meinst du, wie der aus meiner Perspektive aussieht?" Gucky schien sich wieder beruhigt zu haben und stand auf einmal neben ihr. "Da wirkt der noch ein paar Nummern größer. Aber einen Ilt kann so einer nicht beeindrucken. Pass mal auf!"

Sie sah, wie Gucky sich konzentrierte und Icho Tolot langsam aber sicher vom Boden abhob. Er schwebte in die Höhe, nahm an Geschwindigkeit zu und drehte sich drei Mal um die eigene Achse. Dann setzte er sacht wieder an der gleichen Stelle wie zuvor auf. Lee merkte, dass Tolot seinen Mund öffnete, wenn man diesen Rachen denn Mund nennen kann, und gleich wieder schloss.

"Du darfst erst dann wieder reden, wenn du uns durch zunicken bestätigst, keinen erneuten Lachanfall zu kriegen. Die Leute brauchen ihre Ohren noch." Das war Gucky, der hier wohl telekinetisch wirkte.

Der Riese gluckste seltsam. Es hörte sich an, als würden sich zwei Felswände aneinander reiben und nach circa drei Minuten neigte der Haluter den Kopf. "Entschuldigt, meine Kleinen. Ich wollte euch nicht verletzten. Aber bei diesem winzigen Monster", er zeigte mit einem der beiden Arme, die ihm aus der Brust wuchsen, auf Gucky, "habe ich immer wieder Schwierigkeiten, ernst zu bleiben."

Lee hatte das Gefühl, dass Tolot grade flüsterte. Er braucht sicherlich keinen Lachanfall zu kriegen, um Gehörschäden zu verursachen. Selbst das Wispern eines solchen Giganten, wenn diese Laute denn überhaupt so nennen konnte, hörte sich in ihren Ohren an wie ein mittlerer Felseinsturz. Hatte sie nicht mal gelesen, dass das Flüstern eines Haluters nicht mehr als ein entferntes Donnergrollen sein sollte? Wer auch immer das geschrieben hat, stand wohl selber nie neben jemandem wie Icho Tolot. Sie ging jedenfalls davon aus, dass es sich um Tolot handelte. Naja. Gewöhnungsbedürftig, aber ertragbar.

Und tatsächlich:
"Ich bin Icho Tolot und ich freue mich, euch kennenzulernen. Es ist mir eine Ehre, euer Gast auf Newengland sein zu dürfen. Und um eine für euch wichtige Frage zuerst zu beantworten: Außer diesen Dreien", er zeigte auf Gucky, Atlan und Bully, "hat niemand auch nur die geringste Ahnung, dass ich hier bin. Ich komme auch nicht von der RAS TSCHUBAI, ich bin mit meinem eigenen Schiff hier. Es steht circa sechzig Kilometer weit entfernt auf einer Lichtung."

"Hm." Das war Reginald Bull. "Das passt ja mal wieder wie angegossen. Wir reden hier über die Cantaro und grade jetzt kommt der Teil, in dem du, Tolotos deine verschwundenen Artgenossen sucht. Und prompt tauchst du hier auf." Er hob noch eine Augenbraue und meinte abschließend: "Faszinierend!"

Bevor Tolot darauf antworten konnte, schälte sich ein kleines Mädchen aus den Betrachtern heraus und ging auf Tolot zu. Dabei wurde sie von der kompletten Kneipenbesatzung beobachtet. Natürlich hatte sich Bills Pub inzwischen komplett entleert, weil sie alle vor die Tür gerannt waren. Einen echten Haluter sah man schließlich auf Newengland nicht alle Tage.

"Ich möchte mal auf deiner Schulter sitzen!" sagte die Kleine zu dem Riesen und sah dabei ihre zweifelnde Mutter an. "Keine Sorge", flüsterte Gucky der Frau zu, "er ist nicht so ungeschlacht, wie er aussieht. Ich verbürge mich für ihn." Die Mutter nickte und das Kind ging auf den Haluter zu.

"Ich bin Nancy und du darfst mich jetzt hochheben!"

"Hallo Nancy", flüsterte der Gigant, beugte sich vor, umfasste das Mädchen unendlich zartfühlend und setzte es auf seiner linken Schulter ab. Soviel Gefühl hätte ich ihm nicht zugetraut, ging es Lee beim Beobachten dieser Szene durch den Kopf. Man soll sich eben nie vom Äußeren täuschen lassen.

Zur Vorsicht hielt Gucky Nancy telekinetisch fest, sie saß also fest und sicher. Mit großen Augen und staunend geöffneten Mund sah sie von einer Höhe von mehr als drei Metern auf die Anderen herab. Dann drehte sie ihren Kopf in Richtung des halslosen Schädels Tolots und fragte: "Möchtest du mein Freund sein?"

Tolot setze die Kleine wieder ab und sah sie ernst an. "Es ist mir eine große Ehre, mein Kleines. Ja, ich möchte dein Freund sein." Er verneigte sich. "Wann immer du Hilfe, Unterstützung oder einen Rat brauchst, werde ich Zeit deines Lebens für dich da sein, wenn es im Rahmen meiner Macht liegt."

"Das hat er lange nicht mehr von sich gegeben", flüsterte Gucky Nancys Mutter zu - so, dass die Anderen nichts mitbekamen. "Deine Tochter ist ein ganz besonderes Glückskind. Ein Haluter sagt so etwas nicht einfach so daher. Für ihn ist das eine Verpflichtung ohnegleichen. Icho Tolot wird sie ihr Leben lang begleiten. Eine größere Ehre können diese Einzelgänger niemandem zukommen lassen."

Die Mutter nahm ihr von einem zum anderen Ohr strahlendes Kind wieder in Empfang und ließ sich von dem soeben erlebten Abenteuer berichten. Der Haluter kam danach vorsichtig auf die beiden zu. Lee sah, wie alle anderen Zaungäste vorsichtshalber zwei bis drei Meter zurückgingen. Friedliche Haluter tun ja keinem was, das war bekannt, aber man wusste ja nie. Vorsicht war eben die Mutter der Porzellankiste.

"Nimm das, mein Kleines und lege es an", sagte er zu dem Mädchen und gab ihr ein Chrono - ähnliches Gerät. "Es wird zusammen mit dir wachsen und so immer passen. Du kannst die Farbe verändern, wie du möchtest und vor allem kannst du Kontakt zu mir aufnehmen. Denk daran, ich bin für dich da."

Völlig fassungslose Kneipenbesucher sahen sich das Spiel an und wussten nicht mehr so ganz, ob das hier Realität war oder ob Billy ihnen etwas ins Bier geschüttet hatte. Zuzutrauen wäre es ihm ja. Aber das hier sah echt aus. Man beschloss wortlos, sich darauf noch ein Bier zu gönnen. Oder auch zwei. Schließlich musste das ja alles verarbeitet werden.

Draußen blieben neben Icho Tolot Lee, John, Gucky, Bully und Atlan. Man beschloss, sich zu der Lichtung zu verziehen.

"Der Einfachheit halber, mein riesengroßer Freund", sagte Gucky, "fängst du einfach zu erzählen an. Wie du damals in der Cantaro -Zeit auf der Suche nach deinem Volk warst."

Tolot setzte sich und wirkte auf Lee immer noch wie ein Felsbrocken. "Du wirst dich an ihn gewöhnen, keine Sorge" flüsterte Gucky ihr ins Ohr. "Irgendwann nimmst du seine Größe nichts mehr so richtig war." Lee bezweifelte das. Sie blickte nach oben und sah, dass der Haluter sich auf seinen Part vorbereitete.


Spoiler
Icho Tolot erzählt die Geschichte von dem Kontrakt mit Unbekannt:

Wir waren zu Dritt. Oder nein, eigentlich zu Viert. Da waren neben mir Sokratos, also Domo Sokrat, mein Artgenosse und Gefährte, dann Pantalon, ein Posbi, der sie nicht mehr alle auf der Reihe hatte und Taravatos, mein Syntron. Warum der einen Eigennamen hatte?

Gucky würde jetzt sagen, dass er noch nie einen so eingebildeten Blechkasten wie den gesehen hätte. Mein Rechner war ein wenig, sagen wir mal, eigen. Er brachte es fertig, mit dir längere Zeit über den Sinn und Unsinn von Anweisungen zu diskutieren und konnte stur wie nur sonstwas sein. So zum Beispiel, als wir die fünf Torpedos orteten, die in vier Lichtsekunden an uns vorbeizogen. Sie waren nicht für uns bestimmt und stammten mit Sicherheit aus einem Krieg, der längst vorbei, vergeben und vergessen war. Aber sie waren noch voll funktionsfähig, flogen immer weiter und hätten somit wann und wo auch immer später Wesen gefährlich werden können. Übermorgen oder in fünfhundert Jahren. Sie bestanden nun mal aus Tod und Verderben und gehörten vernichtet.

Prompt sagte mein Syntron, dass er nur noch die Hecktriebwerke treffen könne, weil die Torpedos schon vorbei wären. Als ich dem Rechner erklärte, er sei sowieso nur ein Gehirnsurrogat und solle meinen Befehl ausführen, fühlte sich Pantalon verpflichtet, mir zu erklären, dass Taravatos kein richtiges Gehirn habe. Im Gegensatz zu ihm, dem Posbi, habe der Syntron keinen Plasmazusatz, funktioniere nur mit Algorithmen und könne daher im Gegensatz zu ihm nicht wirklich denken.

Hierzu müsst ihr wissen, dass Haluter Einzelgänger sind. Es ist schon schwer genug, zu zweit in einem relativ kleinen Schiff wie der HALUTA nebenher leben zu müssen. Aber ein überkandidelter Syntron und ein halb verrückter Posbi brachten Sokratos und mich ständig an unsere psychischen Grenzen. Im Nachhinein haben wir uns beide gewundert, dass während unserer Reise alles heil geblieben war. Ein Drangwäsche in einem 120 Meter Schiff. Wir standen einige Male kurz davor.

Wann wir am Ziel ankommen würden, wussten wir nicht. Wir waren auf der Suche nach unseren verschollenen oder verschwundenen Artgenossen. Irgendwo mussten einhunderttausend Haluter geblieben sein und wir waren nach unseren bisherigen Forschungen davon überzeugt, sie hier irgendwo in Andromeda zu finden. Sie auf normalem Wege zu entdecken, war so gut wie unmöglich. In dem kompletten Jahr, das wir inzwischen unterwegs waren, hatte sich auf jeden Fall nichts getan. Also brauchte es unkonventionelle Methoden und da kamen uns die Torpedos grade Recht. Taravatos sollte neben der Vernichtung das Alter der Dinger feststellen und dabei auch die Richtung, aus der sie gekommen waren.

Nach etlichem Hin und Her erfuhren wir, dass die Waffen 637 Jahre alt wären und wahrscheinlich kurz nach der Herstellung abgeschossen worden waren. Ohne zu wissen, ob unsere Entscheidung etwas bringen würde, flogen wir zu deren Ausgangspunkt. Selbst wenn wir nichts über unsere Haluter erfahren würden, lernten wir vielleicht eine Lektion über die Geschichte von Andromeda seit dem Großen Chaos. Und das würde uns vielleicht zu einem weiteren Ort leiten, an dem wir mehr erfahren konnten.

Am Ziel angekommen, orteten wir eine Raumstation mit dem Aussehen eines menschlichen Totenschädels. Es war keine Frage, dass wir uns dort näher umschauen wollten. Das Ergebnis war allerdings auch hier ein Kontakt zu einer mit Psychosen belasteten Hyperinpotronik. Nebenbei: Wenn ich mit euch unbekannten Fachbegriffen ankomme, meldet ihr euch, ja?

Nun, der Stationsrechner informierte sich über Hyperfunk über die aktuelle Geschichte Andromedas und erhielt so Kenntnisse über wertvolle Frachten in ihrer Nähe. In Simulationen überfiel sie diese Transporter dann. Das hatte sie so raffiniert angestellt, dass es sogar Sokratos und mir anfangs schwerfiel, Realität und Fake zu unterscheiden.

Wie dem auch gewesen sein mag, die Sache hatte ein Gutes: Wir erfuhren von einer Freihandelswelt namens Zeqqu. Wenn wir wo auch immer etwas erfahren sollten, meinte die halbverrückte Hyperinpotronik, dann dort.

Zeqqu war eine Welt, wie man sich eine Freihandelswelt vorstellt: Börsen und Märkte jeder Art. Neben Waren wurde auch mit Informationen gehandelt und letzteres war natürlich für uns von erheblichem Interesse. Wir schafften die Kontaktaufnahme zu einem dieser Händler, der uns für eine riesige Geldsumme entsprechendes Wissen übermitteln wollte. Wir betätigten uns als eine Art Wahrsager, die Details hierzu würden zu weit führen. Ein örtlicher smaragdgrüner Monolith und Howalgonium spielten dabei eine unterstützende Rolle und wir erhielten letztlich von einer zwielichtigen Figur einen Datensatz, der uns ans Ziel bringen sollte.

Kurz vor unserem Abflug entpuppte sich der zwielichtige Händler als ein alter Bekannter: Niemand Geringeres als der legendäre Sotho Tal Ker alias Stalker alias Captain Ahab verbarg sich hinter ihm. So hatten wir keine Sorge mehr, betrogen worden zu sein. Am Ziel wurden wir in der Wahlheimat unseres Volkes willkommen geheißen. Wir hatten sie gefunden. Unsere Suche war beendet.



Lee stand auf und verneigte sich vor dem Haluter.

"Als Gucky mit der ganzen Geschichte anfing, hätte ich nie damit gerechnet, so viele hochwertige Erzähler hören zu dürfen. Icho Tolot, es ist uns eine überaus große Freude, Sie hier zu erleben und Ihnen zuhören zu dürfen. Aber sagen Sie mir bitte eines: Woher wissen Sie von uns?"

Sie hörte, wir Tolot leise in sich hineinlachte. Was ein Haluter so leise nennt, dachte sie. Aber Gucky hatte Recht: Es wurde schon erträglicher.

"Baringhamos", begann der Gigant und ehrte Lee mit der Freundesanrede der Haluter. "Sie können es nicht wissen. Die Position von Newengland ist Halut seit rund zweitausendfünfhundert Jahren bekannt."

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Nigeter, Schtrappen, Kolchzen und Mikden. Nie gehört? Gut, Dann bin ich nicht so alleine mit meiner Meinung. Aber in einem Roman von H. G. Ewers muss man mit dergleichen rechnen. Komplette Zyklen auf 60 Seiten, Beschreibungen von fremden Galaxien samt zugehöriger glupschäugiger Bewohner in einem einzigen Nebensatz kann nicht jeder. Diesmal waren es nur ein paar Namen. Aber so wie Scheer Scheer blieb, war ein Ewers eben ein Ewers.

Mit meiner üblichen Ewert - Skepsis an den Roman herangegangen wurde ich zu Beginn eines Besseren belehrt. Ewert spielte gut mit dem schrägen Posbi und dem leicht überkandidelten Syntron und deren Dispute mit Tolot. Die Geschichte las sich locker und flockig und weil wir nun mal einen durchgeknallten Rechner dabeihatten, erwies sich die nachfolgende Hyperinpotronik auch als ziemlich daneben. Gut, wir waren ja einmal beim Thema...

Das ist einer der Romane, bei dem ich gerne mal wüsste, was im Exposé vorgegeben war und was Ewer'sche Erfindung war. Immerhin waren die Vorgaben wohl dergestalt, dass die so manches Mal erlebten Ausflüge ins Universum nicht möglich waren.

Natürlich gibt es an dem Roman etwas auszusetzen: Domo Sokrat war gefühlt nichts anderes als ein - wie soll ich das beschreiben - dummer Junge, der zu gehorchen hatte. Immer wieder wusste Tolot alles besser als sein Artgenosse. Partnerschaft geht anders. Sicherlich hatte ein Icho Tolot mehr Erfahrung, auch in Band 1466 schon. Aber immerhin war Sokrat schon 500 Jahre alt gewesen, als er Atlan im Tiefenland kennenlernte. Und ein paar Jahre kamen ja noch bis zur aktuellen Handlungszeit dazu.

Ein leicht lesbarer Roman mit Fehlern. Vielleicht ein zu leicht lesbarer Roman. Aber die Handlung ist einen guten Schritt weitergekommen. Jetzt ist es interessant zu wissen, was die Riesen in den letzten paar hundert Jahren erlebt haben. Damals war ich der Meinung, dass mit den Posbis noch das eine oder andere geklärt werden müsste, um danach ein paar Fäden zusammenzuführen und nachfolgend kommt der große Hammer. Lassen wir uns mal überraschen.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1467 – Historie der Verschollenen – ist von H. G. Francis, erschienen am 03.10.1989
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"Also", sagte Gucky in Richtung Tolots, nachdem er die entsetzten Gesichter von Lee und John gesehen hatte, "jetzt nochmal ganz von vorn für begriffsstutzige kleine Mausbiber."

Er schwebte im Schneidersitz in die Höhe und stabilisierte sich circa 40 Zentimeter über dem Kopf des Haluters, sodass dieser nach oben schauen musste, um den Ilt sehen zu können. "Ganz neue Perspektive, was Großer? Du musst jetzt zu mir aufblicken und ich habe endlich mal die Aufmerksamkeit, die mir zusteht! Aber ich will mal nicht so sein." Er senkte sich ein Wenig ab und war nun auf Augenhöhe mit dem schwarzen Riesen. Dabei schwebte er ständig um den Kopf Tolots herum, was zur Folge hatte, dass Letzterer seine Stielaugen ausfuhr, um den ihn umkreisenden Ilt ständig im Blick zu haben. Für die Anderen, insbesondere für Lee und John, war das eine leicht verwirrende Veranstaltung.

"Also", meinte Gucky nochmals, "rekapitulieren wir doch mal. Ein armer kleiner Mausbiber namens Gucky war das Metallplastikgedöns auf den diversen Sorten Raumschiffen Leid und wollte mal Urlaub machen. Er wollte einfach nur im Regen stehen und die Natur genießen. Dazu hatte er sich ausgedacht, einen Planeten mit seiner Anwesenheit zu beglücken, der zwar bewohnt ist, den aber sonst keiner kennt oder besucht. Dazu befragte der arme kleine Mausbiber den Bordrechner ANANSI, weil der eigentlich alles weiß. Aber sogar ANANSI konnte mir hier nicht weiterhelfen. Jetzt gibt es aber einige Leute, die haben eine besondere Befugnis. Wenn es sich zum Beispiel darum dreht, in die Tiefen NATHANs vorzudringen und dort nachzuforschen. Der arme kleine Mausbiber gehört nämlich neben Perry, Bully, Atlan und einigen ganz wenigen Köpfen aus der Solaren Regierung dazu. Also beauftragte er ANANSI, bei NATHAN mal nachzuforschen. Es dauerte dann für ANANSI endlose drei Sekunden, bis ein Ergebnis vorlag. Die Koordinaten Newenglands kamen zudem nur als durchlaufende Posten, das heißt, ANANSI konnte sie nicht lesen oder gar abspeichern. Ich selber musste heilige Eide schören, sie niemandem zu außer den genannten Bevollmächtigten zu verraten. Da Perry aber für den Notfall wissen musste, wo ich mich aufhielt, habe ich es ihm mitgeteilt. Auf einem Zettel. Einem beschriebenen Blatt Papier. Wie in der Steinzeit. Weil das eben noch nicht mal ANANSI wissen durfte. Dann kam Bully hinter mir her auf diese Welt, weil er sich selbst im Weg stand und etwas zu klären hatte. Na, und unser schönster aller Arkoniden treibt sich auch ohne größeren Antrieb überall da herum, wo gutaussehende Frauen herumlaufen."

Bei der letzten Bemerkung sah er Lee an, der dieser Blick samt Guckys Bemerkung ein wenig peinlich war. Der Kleine ließ sich natürlich nichts anmerken und drehte weiter seine Runden um Icho Tolots Kopf.

"Diese Welt", fuhr er weiter fort, "ist in keinen Sternenkatalogen enthalten. Weil die Sonne einen 6-dimensionalen Hau hat oder sowas. Ganz kapiert habe ich das noch nicht, aber das kann ja noch kommen. Auf jeden Fall kann man sie nicht orten und würde sie, wenn überhaupt, nur durch Zufall finden. Newengland blieb zudem vom der Schwarmkrise und der PAD-Seuche verschont. Noch nicht mal meine telepathischen Sinne funktionieren hier. Und ganz Wichtig: Alle möglichen und unmöglichen kriegerischen Auseinandersetzungen gingen an unseren Gastgebern vorbei."

Er blieb genau vor dem Gesicht des Haluters "stehen" und Tolot zog seine Stielaugen wieder ein.

"Und jetzt kommst du an und erzählst uns, dass Halut die Existenz und die Position Newenglands seit zweitausendfünfhundert Jahren bekannt ist. Da bin ich ja mal neugierig, welche Räuberpistole wir jetzt untergejubelt bekommen."

Tolot verzog seinem Mund und gab etwas von sich, dass vielleicht ein kleines Lachen sein sollte. Auf Lee wirkte es, als würde sie mitten in einem Gewitter stehen und der Donner knallte laut und heftig mehrfach direkt über ihr.

"Keine Sorge, meine Kleinen", begann der Haluter. "Eure Daten sind bei uns so sicher wie in - wie sagt man bei euch? - Abrahams Schoß. Die Geschichte der Entdeckung Newenglands ist die Geschichte der Forschungen des vor 876 Jahren verstorbenen Truktur Horvat. Horvatos, ich durfte ihn seinerzeit kennenlernen, war ein glänzender Wissenschaftler. Er war Astronom, dazu praktizierender und theoretischer Physiker im klassischen und mehrdimensionalen Bereich. Sein Spezialgebiet war die Erforschung von im Höherdimensionalen unregelmäßig oder abnorm strahlenden Sonnen und deren Auswirkungen auf die Umwelt. Er war ein absoluter Könner, der zum Beispiel eure Universalgenies wie Waringer, Hamiller oder wie sie alle hießen, locker in die Tasche steckte. Als er über dieses System stolperte, suchte er eigentlich etwas ganz anderes. Aber da er nun einmal hier war, schloss er eure Sonne in seine Untersuchungen mit ein und entdeckte euch somit zwangsläufig.

Als ihm klar wurde, was das hier für eine Welt war, zog er sich zurück und wünschte den Bewohnern im Stillen alles Gute. Er ließ aber vorsichtshalber eine Sonde hier, die Unregelmäßigkeiten nach Halut melden sollte. Ergänzend flogen und fliegen halutische Schiffe immer mal hier vorbei, um nach dem Rechten zu sehen. Diesmal oblag diese Pflicht mir und das ist der Grund meines Hierseins."

"So ein Zufall aber auch!" Gucky war das Misstrauen anzumerken. "Da dreht doch wieder ein dran herum. Da kannst du mir erzählen, was du willst, irgendwas stimmt da nicht."

John Talbot sah auf und machte sich bemerkbar. "Tolot", begann er.

"Tolotos für mein Freunde, Talbotos", wurde er von dem Riesen unterbrochen.

John verbeugte sich. "Ich fühle mich sehr geehrt, von solch einer lebenden Legende als Freund bezeichnet zu werden. Aber gestatten Sie mir eine Frage, Tolotos. Die Sonde. Hat sie angeschlagen?"

Tolot fuhr sein mittleres Auge aus und sah Talbot damit an. "Ich habe Geschichte Ihrer Welt verfolgt und weiß, warum Sie das fragen", sagte er. "Ja. Hat sie. Genau zwölf Mal seit ihrer Installierung. Elf Vorfälle konnte sie alleine klären, da ist auch nichts mehr zu erwarten. Einmal mussten wir mit drei Schiffen eingreifen, um gewisse Probleme aus der Welt zu schaffen."

John sah Icho Tolot nachdenklich an. "Dann stehen wir tief in Ihrer Schuld", erwiderte er nachdenklich, setzte sich wieder zu Atlan und begann umgehend ein augenscheinlich längeres Gespräch mit dem Arkoniden.

"Tja, mein riesiger Freund", nahm Gucky den Faden wieder auf. "Diese reizende Dame hier"", er zeigte auf Lee, "würde sich sehr freuen, wenn sie erfahren würde, wie deine Artgenossen den Weg nach Andromeda gefunden hatten."

"Das ist eine teilweise sehr traurige und mich ab und zu immer noch belastende Geschichte", begann Tolot seine Erzählung. "Obwohl es schon so lange her ist. Und obwohl mein Planhirn mir regelmäßig mitteilt, dass ich sowieso nichts daran ändern könne und die Entwicklung nach der Flucht von Halut zwangsläufig so kommen musste. Aber was nützen Prozentsätze und Wahrscheinlichkeiten schon?"



Spoiler


Icho Tolot erzählt von der Historie der Verschollenen:

Da war dieser Funkspruch. "Willkommen Brüder, in der Wahlheimat unseres Volkes. Die guten Mächte des Kosmos mögen Ihren Eingang segnen." Wir hatten unser Volk auf dem dritten Planeten des Halpora - Systems mit Eigennamen Halpat gefunden. Dieser Funkspruch war ungewöhnlich. Er ließ auf eine Gemeinsamkeit unter den Halutern schließen, die weder Sokratos noch ich so kannten. Haluter waren absolute Einzelgänger. Auf Halut, unserer Welt, lebten wir in weit voneinander entfernten Häusern und gingen unseren Vorlieben, im Regelfall Forschungen, nach. Aber jeder für sich. Kontakte fanden zwar statt, waren aber äußerst selten. Und wenn ein Haluter einen anderen kontaktieren wollte, wurde vorher um Erlaubnis gefragt, ob es genehm war. Willkommen geheißen wurde niemand. Das erlebten wir hier komplett anders.

Unseren leicht verrückten Posbi Pantalon, der sich einbildete, mein Orbiter zu sein, ließen wir vorsichtshalber an Bord. Der Kerl hatte vor der Landung ohne unser Wissen einen Funkspruch abgelassen, in dem er sich als eine Figur darstellte, die kurz vor einem Einwurf in einen Konverter stand. Wer weiß, was der noch alles angestellt hätte.

Sokrat und ich machten uns zum Verlassen der HALUTA fertig. Die Schleuse öffnete sich - dort standen mehr als 50 Haluter, die uns mit begeisterten Rufen empfingen. Sie standen zwar auf Abstand, aber sie standen zusammen. Einer der Haluter trat nach vorne und stellte sich als Tenquo Dharab vor. Er sagte, man habe zwei Häuser für uns vorbereitet und Domo Sokrat bat sofort, sich zurückziehen zu dürfen. Ich fasste das nicht als Unhöflichkeit auf, nein, es war eine völlig normale Reaktion. Für Wesen wie uns ist es eine Zumutung, eine so lange Zeit auf einem relativ kleinen Schiff wie der HALUTA zusammenleben zu müssen.

Mich dagegen interessierte die Geschichte unseres Volkes und informierte Dharab darüber, dass ich von diesen 700 Jahren so gut wie nichts wisse. Er sagte mir zu, mich in den nächsten Tagen mit einem Historiker bekannt zu machen, man habe eine lückenlose Geschichtsschreibung.

In der folgenden Zeit führte Tenquo Dharab uns auf der neuen Haluter - Welt herum, teilweise mit überraschenden Ergebnissen. Es gab kleine Orte, in denen mehrere Haluter zusammenlebten und zusammen forschten. Auf Halut hätte dergleichen über längere Zeit nicht funktioniert. Hier schon. Es gab in der Politik das Gremium der Zweitausendjährigen, die ebenfalls gemeinsam tätig waren. Sokratos und ich stellten damit fest, dass sich während der Flucht - Jahrhunderte etwas in der Psyche der Haluter geändert haben musste. Aber das war letztlich egal. Ich war mit ungeheurer Erleichterung erfüllt. Es gab mein Volk noch. Alle Ängste sowie die aktuellen Fragen nach der veränderten Psyche meiner Artgenossen wurden erstmal an die Seite geschoben. Mein Planhirn kam zwar anfangs noch mit irgendwelchen Berechnungen, nach denen das einfach nicht sein könne. Aber dieser Teil meines Kopfes ist eben nur zum Denken da, nicht zum Handeln. Und schon gar nicht, um die Psyche anderer Wesen, und seien es eben ausschließlich Unseresgleichen, nachzuvollziehen.

Für mich ging es ins Historische Haus; ich musste wissen, was in der Zwischenzeit passiert war. Ein kleiner, sehr alter und gedrungener Haluter stellte sich mit seinem Namen Achan Alar vor. Er sei Historiker und könne meine Kenntnisse aktualisieren. Er lachte. Dann eröffnete er mir, dass sich unser Volk mindestens genauso für meine Geschichte interessieren würde; mithin, so meinte er, sei das die Geschichte eines Helden, wie Halut noch nie einen gesehen habe. Ich bat ihn, nicht zu übertreiben. Grade er als Historiker, sagte ich, könne mit Sicherheit nachvollziehen, dass unser Volk eine Reihe von Helden hervorgebracht habe, mit denen ich mich nie messen könne. Grade und auch wegen der Erlebnisse auf der Flucht.

Ich sollte Recht behalten. Die Haluter hatten ihre Welt erreicht. Der Weg dahin war teilweise mit Tod und Verderben gepflastert.

Für mich sah es so aus, als wäre ich damals dabei gewesen. Ich stand in Raumschiffen, neben oder hinter handelnden oder sprechenden Personen, natürlich ohne eingreifen zu können. Selbstverständlich war mir das völlig klar, aber mein Ordinärhirn weigerte sich ab und zu, das in Gänze zu akzeptieren.

Es begann auf Halut. Man hatte mit Mühe und Not einen Angriff der Blitzer abgewehrt, natürlich ohne dahinter zu kommen, wer oder was diese Blitzer waren. Aber man stellte fest, dass die Angreifer nicht in der cantarischen Sprache miteinander redeten. Hatten die Blitzer also nichts mit den Cantaro zu tun? Wie dem auch war: Kurz vor ihrem Sieg verschwanden sie wieder und hinterließen eine Nachricht, sie kämen wieder. Meinen Leuten war klar, dass wir einen zweiten Angriff nicht überstehen würden. Halut wurde verlassen, der letzte Raumschiffspulk verließ unsere Heimat im Jahr 491. Ein Jahr später kam der zweite Angriff.

Unser Volk, erfuhr ich, wurde in dieser Zeit zu einer verschworenen Gemeinschaft, in der Jeder für Jeden das tat, was in seiner Macht stand. Bei aller Individualität wuchsen wir zusammen. Trotz der Niederlage, trotz der Evakuierung war es wohl der wichtigsten Epochen unserer Geschichte.

Da unsere Leute ungeachtet aller Widrigkeiten weiter forschten, entdeckten sie 494 ein sich galaxisweit ausweitendes Funknetz, dass mit einer besonderen Hyperstrahlung eine Art Kontrolle über die Cantaro ausübte. Es schien zudem, als würden die Blitzer ebenfalls auf diesem Wege überwacht, so dass die Planetenvernichter wie eine Spezialabteilung der Cantaro wirkten.

Nun ist es vor allem die Hoffnung, die uns die innere Kraft für das Leben gibt. Aber die sank bei den Halutern von Jahr zu Jahr. Aufgesplittet und auf diversen Primitivwelten untergetaucht und psychisch extrem angegriffen hatten meine Leute nicht mehr viel mit den Halutern früherer Tage zu tun. Obwohl sie irgendwann eine Welt fanden, auf der sie leben konnten, waren sie emotional ziemlich angegriffen. Das Spektrum des Leidens reichte von völliger Apathie bis hin zu extremen Drangwäschen mit nachfolgenden Gräueltaten und damit verbundenen Bestrafungen. Viele Haluter begingen Selbstmord, als sie erfuhren, was sie mit ihren Drangwäschen in geistiger Umnachtung angestellt hatten. Kämpfe und Kriege führten zu weiteren Todesfällen. Jedes Leben ist kostbar, keine Frage, aber bei einem 100.000 Personen Volk kann jeder einzelne Tod existenzbedrohend sein.

Die Haluter erfuhren von dem Chronopulswall und von dem Verschwinden des Zentralplasmas von der Hundertsonnenwelt. Als sie es endlich wiedergefunden hatten, sorgte ein geistig umnachteter Haluter nach einer massiven Bedrohung des Plasmas für dessen erneute Flucht. Letztere führte zu einer erneuten tiefen und schweren Depression meines Volkes.

Zum Glück gab es inzwischen das Gremium der Zweitausendjährigen, die ihrem Alter entsprechend psychisch stabiler waren. Man initiierte eine neue Suche nach dem Zentralplasma und fand es auch in unserem Halpora - System auf den zweiten Planeten, während die Haluter sich auf Welt Nummer drei niederließen. Die von unserer Seite aus geplante Zusammenarbeit fand aber nicht statt. Das verunsicherte Zentralplasma verweigerte sich. Es antwortete auf keine Funksprüche. Es ignorierte meine Leute einfach. Erst als es an den Beistandspakt mit den Terranern von 2114 erinnert wurde, sprach es mit uns. Aber auch mit dieser Entscheidung ließ es sich noch Jahrzehnte Zeit. Meine Artgenossen ließen ihm diese Jahre. Sie beschlossen, es in Ruhe zu lassen, bis es von alleine auf sie zukommen würde. Davon machen konnte sich ja nicht.

Ab 999 arbeiteten und forschten Zentralplasma und Haluter zusammen an dem Ziel der Befreiung der Heimat. Und aktuell sind circa 50% der Haluter mit dem gemeinsamen Projekt eines Störsenders für das galaxisweite Überwachungssystem beschäftigt. Denn, so unsere Hoffnung, wenn das Funknetz nicht funktioniert, klappt die Kontrolle über die Cantaro nicht mehr und die ganze Sache sieht plötzlich völlig anders aus.

Ja, uns dann gab es noch unseren leicht verrückten Posbi Pantalon. Er fühlte sich von unsichtbaren Wesen attackiert, was natürlich niemand ernst nahm. Aber er war äußerst hartnäckig und so bemerkten wir die Ursache seiner vermeintlichen Schwierigkeiten: Blau Nakken. Wo sie herkamen und was sie bei uns wollten, fanden wir damals nicht heraus. Einer fand bei Kämpfen den Tod und die anderen erzählten uns andauernd, dass wir einen schweren Fehler gemacht hätten. Mehr war aus ihnen nicht rauszukriegen.
Zum Schluss lud Tenquo Dharab Sokratos und mich ein, mit ihm zum zweiten Planeten zwecks Besuchs des Zentralplasmas zu fliegen. Kurz vor der Landung wurde Alarm ausgelöst.




"Ich frage mich immer wieder, ob ich meinem Volk hätte helfen können, wenn ich dabei gewesen wäre. So viele Tode. So viel Leid."

"Tolotos, du weißt, dass du nicht überall sein kannst", meinte Reginald Bull dazu. "Das gelingt noch nicht mal unserem größten aller großen Meister, Perry Rhodan daselbst. Und was der nicht schafft, kriegen andere sowieso nicht geregelt."

Lee ging auf ihn zu und meinte: "Du hast nichts falsch gemacht. Du hast alles getan, was in deiner Macht stand und das ist wichtig und muss positiv bewertet werden. Alles weitere ist graue Theorie und zählt nicht." Dabei strich sie ihm über den rechten herabhängenden Unterarm, den Handlungsarm. Die Haut Tolots fühlte sich wie hartes Leder an, aber sie stellte erstaunt fest, dass die darunterliegende Muskulatur bei ihrer Berührung zuckte.

"Ich weiß schon, warum ich mich bei euch kleinen Leuten so wohl fühle", sagte der Gigant. "Ihr habt zwar nur ein Herz, aber das ist auf dem richtigen Fleck."

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H.G. Francis wird in diesem Zyklus zu einem meiner Lieblings - Autoren. Gut, mit solchen Äußerungen sollte man vorsichtig sein und die anderen Schreibenden nicht in die Negativ - Schublade stecken. Aber HGF verstand die Schilderung der Haluter wesentlich besser als HGE einen Band vorher. Tolot wird nicht als Ober - Schlauberger geschildert und Sokrat ist kein dummer Junge. Herrlich wirkt auf mich die Schilderung des häufig beleidigten und leicht bescheuerten Posbis Pantalon, der sich für Tolots Orbiter hält. Ich sehe ihn als Bereicherung in einer Handlung, die ohne ihn zu trocken werden könnte.

Aktuelle Handlung und geschichtliche Rückblicke präsentiert Francis abwechselnd und vor allem interessant und glaubhaft geschrieben. Wir erfahren, was mit den Halutern geschehen ist und stellen verwundert fest, dass auch diese hochintelligenten Riesen psychisch überfordert werden können. Der Autor bring uns in der Geschichte der vergangenen 700 Jahre einen erheblichen Schritt weiter und stimmt uns in technischer Hinsicht für die Zukunft optimistisch. Der Störsender könnte zu erheblichem Fortschritt führen.

Und: In einem Nebensatz erfahren wir etwas Interessantes: Die Blitzer reden nicht in der Sprache der Cantaro.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

In anderthalb Wochen geht es weiter. Morgen geht's für eine Woche mit den Jungs auf Skattour. Die ist leider wichtiger als Perry Rhodan. Kaum zu glauben, aber wahr...
:-D
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von Tell Sackett »

Viel Spass dabei! :yes:
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