Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
- RBB
- Beiträge: 909
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 25 Mal
- Danksagung erhalten: 61 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1465 - Schach dem Klon - ist von K. H. Scheer, erschienen am 19. September 1989
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
"Sieh dir das mal an!" sagte Bull zu Gucky. Er hatte an der Theke neue Getränke geordert und brachte sowohl für sich als auch für Lee neues Bier mit.
Gucky betrachtete die Flasche mit dem obskuren Gebräu, dass für Lee die Erfüllung aller Bierträume zu sein schien, von allen Seiten und meinte: "Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet. Stein und Bein würde ich schwören, dass diese Brauerei Homer G. Adams gehört. Aber so kann man sich täuschen. Da gibt es doch tatsächlich Leute, die sowas in sich hinein schütten...."
"Darf ich mal erfahren, worum es hier geht?" fragte Lee und nahm Gucky ihre Flasche ab. "Wenn ihr meine Bierflasche noch länger mit euren unegalen Fingern betatscht, wird sie zu warm und man kann den Inhalt nicht mehr trinken."
"Das kann man doch so auch nicht", antwortete Bully. "Du hast bis jetzt immer einen völlig normalen Eindruck auf mich gemacht. Und dann sowas. Ich bin entsetzt."
Lee wurde langsam wütend. "Ihr erklärt mir umgehend und sofort, was dieses dusselige Gequatsche schon wieder zu bedeuten hat. Sonst hole ich noch eine Flasche und schütte jedem von euch Helden eine über dem Kopf aus!"
"Keine Sorge, Mädel, das passiert woanders öfters. Genau mit dieser Brühe!". Gucky grinste seine Freundin an und erlöste sie von ihren Qualen. Er hielt die mittlerweile in ein Glas entleerte Flasche in der Hand. "Wir kennen das Zeug. Best Essex Red Coloured Pale Ale***. Ihr wisst aber auch gar nichts. Da sieht man doch wieder, dass ihr hier auf Newengland am Ende aller Welten seid. Ich hätte nie damit gerechnet, dass dieses Bier von solch einer Außenwelt kommt. Mein Vermögen hätte ich darauf verwettet, dass Homer Eigentümer der dazugehörigen Brauerei ist und die nach wie vor in Merry Old England steht. Da kann man mal sehen."
Aber das Einzige, was er sah, war das farbliche Anlaufen von Lees Gesicht, das sich langsam aber sicher rot färbte. So sprach er schnell weiter.
"Nicht so ungeduldig. Man warte in Ruhe und gelassen auf die Ausführungen des Meisters!" sagte er mit erhobenem Zeigefinger.
"Dazu musst du gewisse Eigenheiten an Bord terranischer Schiffe der Raumflotte kennen", führte Bull Guckys Ausführungen fort. "Es ist nämlich so: Seit es terranische Raumschiffe gibt, wird dort Sport angeboten. Und da unser Finanzgenie Homer G. Adams in den Gründerjahren des Solaren Imperiums gewisse Geldsummen in die Freizeitausstattung der Schiffe steckte, hatte er bestimmt, welcher Sport dort in erster Linie angeboten wurde. Natürlich war das etwas, was ihm als 100-prozentigem Englänger am besten gefiel: Rugby. Wenn man sich weigerte, Rugby zu spielen, gab's keine Knete. So einfach war das. Also spielte man Rugby. Und da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, blieb man dabei. Bis heute. An Bord der RAS TSCHUBAI werden zum Beispiel regelmäßig Bordmeisterschaften ausgespielt. Da haben sie sogar ein zigtausende Leute umfassendes Stadion im Freizeitbereich."
"Rugby ist ja auch ein edler Sport", erklärte Lee. "Mein Team hat übrigens vor einigen Jahren mit mir im Angriff die Damen - Meisterschaft Newenglands gewonnen. Aber was hat das mit meinem Bier zu tun?"
"Immer langsam mit den jungen Mausbibern", proklamierte der Ilt. "Die Rugby - Teams brauchen ab und zu neues Blut. Weil einer zu alt geworden ist. Oder nach dem siebten Nasenbeinbruch keine Lust mehr hat. Dann kommt der Nachwuchs. Der hieß in einem Fall sogar mal Perry Rhodan. Aber der spielte eigentlich nur eine untergeordnete Rolle. Denn alle, die neu in ein Team aufgenommen wurden oder werden, übrigens egal, ob Männlein oder Weiblein, kriegen einen Eimer Bier über den Kopf geschüttet. Ein ganz spezielles Bier. Weil, so sagt man an Bord der terranischen Schiffe, man diese Plörre nicht trinken könne und sie eigentlich nur dazu tauge, andere Menschen auf diesem Wege damit zu beglücken. Derart eimerweise muss das Zeug übrigens ganz grauenhaft sein. Perrys Frau beschwerte sich mal, ihr Mann habe drei Tage später noch nach Best Essex Red Coloured Pale Ale*** gerochen. Trotz Hightech Körperpflege. Naja, und da lag die Vermutung nahe, dass die Brauerei eben Homer gehört und er das Monopol für die Belieferung wegen solcher Aktionen hat."
Gucky grinste ebenso wie Bully von einem Ohr zum anderen.
"Und du trinkst das Zeug. Respekt!", schloss er seine Erläuterung ab.
"Ich muss das mal mit Billy bereden. Dem gehört nämlich ungefähr ein Drittel der Brauerei, die dieses leckere Getränk herstellt. Wenn ihr Pech habt, dürft ihr euch ein anderes Bier suchen. Meins kriegt ihr dann nicht mehr."
Bull war unbeeindruckt. Er sah sich sein Glas Zwölf an und sagte: "Kein Problem. Ihr seid nicht die einzigen Engländer in diesem Universum. Gerüchteweise soll es da noch mehr geben. Und trinkbares Bier brauen können sie alle nicht."
"Sie das doch mal positiv", meinte Gucky. "Denk dir einfach dabei, sieh mal, die sind so dämlich und schütten sich gegenseitig mein gutes Bier über den Kopf. Wie blöd muss man denn dazu sein? Und wir kriegen auch noch Geld dafür..."
Lee war skeptisch und traute ihren Gästen nicht über den Weg. "Du bist mir viel zu optimistisch."
"Mir bleibt ja auch nichts anderes übrig. Sonst würde man es mit Leuten wie dem hier", der Ilt zeigte auf Bully, "keinesfalls so lange aushalten. Ohne Optimismus würde man glatt verrückt werden. "
"Du hast Glück, dass mir mein Bier viel zu gut schmeckt, sonst bräuchtest du jetzt einen Trockner für dein Fell, du Zwerg. Aber zur Belohnung darfst du die nächste Geschichte erzählen!"
Gucky seufzte. "Und ich dachte, ich hätte hier Urlaub..."
"Das war aber noch nicht alles", sagte Reginald Bull.
"Nein", erwiderte Gucky leise. Sehr leise. "Irmina musste feststellen, dass ihre Fähigkeiten nicht ausreichten, Jennifer und sie dauerhaft am Leben zu halten. Sie alterten und alterten."
Grade, als Lee eine noch Frage stellen wollte, kam von draußen ein ziemlicher Lärm. Es hörte sich so an, als wäre vor der Tür eine Horde wildgewordener Saurier unterwegs, die sich zweifellos vorgenommen hatten, hier alles niederzumachen.
Gucky schüttelte den Kopf und piepste: "Nie hat man seine Ruhe. Was ist das denn jetzt schon wieder?" Anschließend verschwand er. Billy McGuyer war als Erster an der Tür, dicht gefolgt von Bully und Lee. Vor der Tür stand ein riesiges, grinsendes Monstrum. Du meine Güte, ging es Lee durch den Kopf. Kohlrabenschwarz, bestimmt dreimeterfünfzig groß und zweimeterfünfzig breit. Drei Augen und Dauergrinsen. Die vier Arme hatte sie in ihrer Aufregung nicht bemerkt. Sie sah aber, dass langsam aber sicher immer mehr Menschen ankamen, um den Neuankömmling zu begutachten.
Auf der linken Schulter des Riesen saß Gucky. "Meine sehr verehrten Damen und Herren", begann er, "ich darf Ihnen einen weiteren Gast vorstellen. Begrüßen Sie mit mir zusammen unseren alten Freund Icho Tolot."
Der ungeschlachte Riese stand vor Billys Pub wie angewurzelt. Dann öffnete er seinen Mund und sagte etwas. Das hörte sich für die hiesigen Menschen so an, als würde der Große regelmäßig ein paar Felsbrocken frühstücken. Wahrscheinlich aber flüsterte er grade.
"Hallo meine Kleinen!" sagte er.
Gucky teleportierte von Tolots linker Schulter auf dessen rechten Fuß. "Ich warne euch vor. Das ist ein Haluter. Diese Kerle haben einen abstrusen Humor. Wenn man sie zum Lachen bringt, ist alles vorbei. Danach hört man mindestens fünf Tage nichts mehr!"
Aus dem Mund mit den Felsbrocken - Tönen kamen ein paar seltsame Geräusche. Lee sah noch, wie der Riese tief Luft holte, dann wurde sie von Bully ziemlich unsanft zur Seite geschoben. Der Terraner machte irgendwas mit seinem Chrono, dann atmete er auf.
"Glück gehabt. Jetzt kann er seinen Lachanfall kriegen. Ich habe ihn in ein Akustik - Feld gehüllt. Da kommt er erst wieder raus, wenn er sich beruhigt hat." Er blickte noch in Richtung des grinsenden Ilts. "Du Wahnsinniger!" giftet er Gucky an.
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Wo Scheer draufsteht, ist auch Scheer drin. Wie diesmal auch. Wir erfahren etwas über Feuerorgeln und die Kernschussweite der Transformgeschütze. Kapitel werden mit kurzem Militärsprech begonnen. KHS ist KHS und bleibt KHS. Und das ist auch gut so. Eine Konstante in der PR-Geschichte mit so vielen Mitwirkenden.
Band 1465 ist nicht so stark wie sein letzter Roman. Aber wie ich da schon meinte, schreibt er ohne seine persönlichen Superhelden besser und es macht richtig Spaß, seine Erzeugnisse zu lesen.
Es würde mich nur mal interessieren, ob ihm dieser Supermann - lose Weg damals schwergefallen war. Nachdem ein paar hundert Bände vorher CC nicht so gut angekommen war, konnte man befürchten, dass er nach Tostans Abgang auch wieder gehen würde. Aber er ist geblieben. Das ehrt ihn in meiner Sicht.
---
* = Nur für den Fall, dass sich jemand fragt, was es denn mit diesem Bier auf sich hat: In meiner Begleitstory zum 300er Zyklus wird Perry tatsächlich Rugby-Spieler und bekommt zur Begrüßung einen Eimer von dem Zeug über den Kopf geschüttet. Eigentlich hätte der 300er ja hiervor veröffentlicht gehört. Ich hatte aber seinerzeit in der Kürze der Zeit versäumt, ihn zu sichern. Zum Glück war Forist thinman besser drauf als ich und stellte mir das Ganze zur Verfügung. Der 300er kommt also noch, wenn wir hier am Ende angelangt sind.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
"Sieh dir das mal an!" sagte Bull zu Gucky. Er hatte an der Theke neue Getränke geordert und brachte sowohl für sich als auch für Lee neues Bier mit.
Gucky betrachtete die Flasche mit dem obskuren Gebräu, dass für Lee die Erfüllung aller Bierträume zu sein schien, von allen Seiten und meinte: "Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet. Stein und Bein würde ich schwören, dass diese Brauerei Homer G. Adams gehört. Aber so kann man sich täuschen. Da gibt es doch tatsächlich Leute, die sowas in sich hinein schütten...."
"Darf ich mal erfahren, worum es hier geht?" fragte Lee und nahm Gucky ihre Flasche ab. "Wenn ihr meine Bierflasche noch länger mit euren unegalen Fingern betatscht, wird sie zu warm und man kann den Inhalt nicht mehr trinken."
"Das kann man doch so auch nicht", antwortete Bully. "Du hast bis jetzt immer einen völlig normalen Eindruck auf mich gemacht. Und dann sowas. Ich bin entsetzt."
Lee wurde langsam wütend. "Ihr erklärt mir umgehend und sofort, was dieses dusselige Gequatsche schon wieder zu bedeuten hat. Sonst hole ich noch eine Flasche und schütte jedem von euch Helden eine über dem Kopf aus!"
"Keine Sorge, Mädel, das passiert woanders öfters. Genau mit dieser Brühe!". Gucky grinste seine Freundin an und erlöste sie von ihren Qualen. Er hielt die mittlerweile in ein Glas entleerte Flasche in der Hand. "Wir kennen das Zeug. Best Essex Red Coloured Pale Ale***. Ihr wisst aber auch gar nichts. Da sieht man doch wieder, dass ihr hier auf Newengland am Ende aller Welten seid. Ich hätte nie damit gerechnet, dass dieses Bier von solch einer Außenwelt kommt. Mein Vermögen hätte ich darauf verwettet, dass Homer Eigentümer der dazugehörigen Brauerei ist und die nach wie vor in Merry Old England steht. Da kann man mal sehen."
Aber das Einzige, was er sah, war das farbliche Anlaufen von Lees Gesicht, das sich langsam aber sicher rot färbte. So sprach er schnell weiter.
"Nicht so ungeduldig. Man warte in Ruhe und gelassen auf die Ausführungen des Meisters!" sagte er mit erhobenem Zeigefinger.
"Dazu musst du gewisse Eigenheiten an Bord terranischer Schiffe der Raumflotte kennen", führte Bull Guckys Ausführungen fort. "Es ist nämlich so: Seit es terranische Raumschiffe gibt, wird dort Sport angeboten. Und da unser Finanzgenie Homer G. Adams in den Gründerjahren des Solaren Imperiums gewisse Geldsummen in die Freizeitausstattung der Schiffe steckte, hatte er bestimmt, welcher Sport dort in erster Linie angeboten wurde. Natürlich war das etwas, was ihm als 100-prozentigem Englänger am besten gefiel: Rugby. Wenn man sich weigerte, Rugby zu spielen, gab's keine Knete. So einfach war das. Also spielte man Rugby. Und da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, blieb man dabei. Bis heute. An Bord der RAS TSCHUBAI werden zum Beispiel regelmäßig Bordmeisterschaften ausgespielt. Da haben sie sogar ein zigtausende Leute umfassendes Stadion im Freizeitbereich."
"Rugby ist ja auch ein edler Sport", erklärte Lee. "Mein Team hat übrigens vor einigen Jahren mit mir im Angriff die Damen - Meisterschaft Newenglands gewonnen. Aber was hat das mit meinem Bier zu tun?"
"Immer langsam mit den jungen Mausbibern", proklamierte der Ilt. "Die Rugby - Teams brauchen ab und zu neues Blut. Weil einer zu alt geworden ist. Oder nach dem siebten Nasenbeinbruch keine Lust mehr hat. Dann kommt der Nachwuchs. Der hieß in einem Fall sogar mal Perry Rhodan. Aber der spielte eigentlich nur eine untergeordnete Rolle. Denn alle, die neu in ein Team aufgenommen wurden oder werden, übrigens egal, ob Männlein oder Weiblein, kriegen einen Eimer Bier über den Kopf geschüttet. Ein ganz spezielles Bier. Weil, so sagt man an Bord der terranischen Schiffe, man diese Plörre nicht trinken könne und sie eigentlich nur dazu tauge, andere Menschen auf diesem Wege damit zu beglücken. Derart eimerweise muss das Zeug übrigens ganz grauenhaft sein. Perrys Frau beschwerte sich mal, ihr Mann habe drei Tage später noch nach Best Essex Red Coloured Pale Ale*** gerochen. Trotz Hightech Körperpflege. Naja, und da lag die Vermutung nahe, dass die Brauerei eben Homer gehört und er das Monopol für die Belieferung wegen solcher Aktionen hat."
Gucky grinste ebenso wie Bully von einem Ohr zum anderen.
"Und du trinkst das Zeug. Respekt!", schloss er seine Erläuterung ab.
"Ich muss das mal mit Billy bereden. Dem gehört nämlich ungefähr ein Drittel der Brauerei, die dieses leckere Getränk herstellt. Wenn ihr Pech habt, dürft ihr euch ein anderes Bier suchen. Meins kriegt ihr dann nicht mehr."
Bull war unbeeindruckt. Er sah sich sein Glas Zwölf an und sagte: "Kein Problem. Ihr seid nicht die einzigen Engländer in diesem Universum. Gerüchteweise soll es da noch mehr geben. Und trinkbares Bier brauen können sie alle nicht."
"Sie das doch mal positiv", meinte Gucky. "Denk dir einfach dabei, sieh mal, die sind so dämlich und schütten sich gegenseitig mein gutes Bier über den Kopf. Wie blöd muss man denn dazu sein? Und wir kriegen auch noch Geld dafür..."
Lee war skeptisch und traute ihren Gästen nicht über den Weg. "Du bist mir viel zu optimistisch."
"Mir bleibt ja auch nichts anderes übrig. Sonst würde man es mit Leuten wie dem hier", der Ilt zeigte auf Bully, "keinesfalls so lange aushalten. Ohne Optimismus würde man glatt verrückt werden. "
"Du hast Glück, dass mir mein Bier viel zu gut schmeckt, sonst bräuchtest du jetzt einen Trockner für dein Fell, du Zwerg. Aber zur Belohnung darfst du die nächste Geschichte erzählen!"
Gucky seufzte. "Und ich dachte, ich hätte hier Urlaub..."
"Das war aber noch nicht alles", sagte Reginald Bull.
"Nein", erwiderte Gucky leise. Sehr leise. "Irmina musste feststellen, dass ihre Fähigkeiten nicht ausreichten, Jennifer und sie dauerhaft am Leben zu halten. Sie alterten und alterten."
Grade, als Lee eine noch Frage stellen wollte, kam von draußen ein ziemlicher Lärm. Es hörte sich so an, als wäre vor der Tür eine Horde wildgewordener Saurier unterwegs, die sich zweifellos vorgenommen hatten, hier alles niederzumachen.
Gucky schüttelte den Kopf und piepste: "Nie hat man seine Ruhe. Was ist das denn jetzt schon wieder?" Anschließend verschwand er. Billy McGuyer war als Erster an der Tür, dicht gefolgt von Bully und Lee. Vor der Tür stand ein riesiges, grinsendes Monstrum. Du meine Güte, ging es Lee durch den Kopf. Kohlrabenschwarz, bestimmt dreimeterfünfzig groß und zweimeterfünfzig breit. Drei Augen und Dauergrinsen. Die vier Arme hatte sie in ihrer Aufregung nicht bemerkt. Sie sah aber, dass langsam aber sicher immer mehr Menschen ankamen, um den Neuankömmling zu begutachten.
Auf der linken Schulter des Riesen saß Gucky. "Meine sehr verehrten Damen und Herren", begann er, "ich darf Ihnen einen weiteren Gast vorstellen. Begrüßen Sie mit mir zusammen unseren alten Freund Icho Tolot."
Der ungeschlachte Riese stand vor Billys Pub wie angewurzelt. Dann öffnete er seinen Mund und sagte etwas. Das hörte sich für die hiesigen Menschen so an, als würde der Große regelmäßig ein paar Felsbrocken frühstücken. Wahrscheinlich aber flüsterte er grade.
"Hallo meine Kleinen!" sagte er.
Gucky teleportierte von Tolots linker Schulter auf dessen rechten Fuß. "Ich warne euch vor. Das ist ein Haluter. Diese Kerle haben einen abstrusen Humor. Wenn man sie zum Lachen bringt, ist alles vorbei. Danach hört man mindestens fünf Tage nichts mehr!"
Aus dem Mund mit den Felsbrocken - Tönen kamen ein paar seltsame Geräusche. Lee sah noch, wie der Riese tief Luft holte, dann wurde sie von Bully ziemlich unsanft zur Seite geschoben. Der Terraner machte irgendwas mit seinem Chrono, dann atmete er auf.
"Glück gehabt. Jetzt kann er seinen Lachanfall kriegen. Ich habe ihn in ein Akustik - Feld gehüllt. Da kommt er erst wieder raus, wenn er sich beruhigt hat." Er blickte noch in Richtung des grinsenden Ilts. "Du Wahnsinniger!" giftet er Gucky an.
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Wo Scheer draufsteht, ist auch Scheer drin. Wie diesmal auch. Wir erfahren etwas über Feuerorgeln und die Kernschussweite der Transformgeschütze. Kapitel werden mit kurzem Militärsprech begonnen. KHS ist KHS und bleibt KHS. Und das ist auch gut so. Eine Konstante in der PR-Geschichte mit so vielen Mitwirkenden.
Band 1465 ist nicht so stark wie sein letzter Roman. Aber wie ich da schon meinte, schreibt er ohne seine persönlichen Superhelden besser und es macht richtig Spaß, seine Erzeugnisse zu lesen.
Es würde mich nur mal interessieren, ob ihm dieser Supermann - lose Weg damals schwergefallen war. Nachdem ein paar hundert Bände vorher CC nicht so gut angekommen war, konnte man befürchten, dass er nach Tostans Abgang auch wieder gehen würde. Aber er ist geblieben. Das ehrt ihn in meiner Sicht.
---
* = Nur für den Fall, dass sich jemand fragt, was es denn mit diesem Bier auf sich hat: In meiner Begleitstory zum 300er Zyklus wird Perry tatsächlich Rugby-Spieler und bekommt zur Begrüßung einen Eimer von dem Zeug über den Kopf geschüttet. Eigentlich hätte der 300er ja hiervor veröffentlicht gehört. Ich hatte aber seinerzeit in der Kürze der Zeit versäumt, ihn zu sichern. Zum Glück war Forist thinman besser drauf als ich und stellte mir das Ganze zur Verfügung. Der 300er kommt also noch, wenn wir hier am Ende angelangt sind.
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- Tell Sackett
- Beiträge: 8713
- Registriert: 21.06.2024, 10:47
- Hat sich bedankt: 742 Mal
- Danksagung erhalten: 677 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Tatsächlich ist es eines der größten Verdienste des Altmeisters, dass seine Romane stets vom Stil her individuell erkennbar sind...Wo Scheer draufsteht, ist auch Scheer drin.
Das habe ich ansonsten - mit Ausnahme von Voltz - bei keinem der anderen Autoren so deutlich erlebt...
- RBB
- Beiträge: 909
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 25 Mal
- Danksagung erhalten: 61 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Clark Darlton war neben den von dir Genannten auch so einer.
Bei allen anderen aktuellen und ehemaligen Mitgliedern der Autorenschaft traue ich mir das nicht zu.
Bei allen anderen aktuellen und ehemaligen Mitgliedern der Autorenschaft traue ich mir das nicht zu.
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- Tell Sackett
- Beiträge: 8713
- Registriert: 21.06.2024, 10:47
- Hat sich bedankt: 742 Mal
- Danksagung erhalten: 677 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Clark Darlton hatte, meiner Ansicht nach, eher in der Frühphase der Serie einen ausgeprägten, eigenen Stil.
Später verwässerte das dann...
- RBB
- Beiträge: 909
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 25 Mal
- Danksagung erhalten: 61 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Für mich waren Clark Darltons immer Clark Darltons. Komische Namen (z.B. der Gurrad mit dem Namen Schorsch in Band 1407), Gucky & Bully, Gucky allein zogen sich zumeist durch seine Romane. Was nicht heißt, dass seine Schreiberzeugnisse allesamt schlecht waren, sie waren idR anders. In früheren Jahren gefiel mir das nicht immer besonders gut, heute habe ich bei einem CD - Erzeugnis manchmal das Gefühl, nach Hause zu kommen. Was alle seine Romane miteinander verband, war die tiefe und ausgeprägte Friedenssehnsucht. Besonders klar wurde das in dem oben zitierten 1407, in dem er sich respektvoll Waringers Tod nähert. Ob ein anderer das so hingekriegt hätte, wage ich zu bezweifeln. Aber WE blieb zeit seines Lebens der Walter, der seine Verleger mit seinem Pseudonym hereingelegt hatte.Tell Sackett hat geschrieben: ↑16.06.2025, 09:11 Clark Darlton hatte, meiner Ansicht nach, eher in der Frühphase der Serie einen ausgeprägten, eigenen Stil.
Später verwässerte das dann...
- Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor RBB für den Beitrag:
- Tell Sackett
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- RBB
- Beiträge: 909
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 25 Mal
- Danksagung erhalten: 61 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1466 - Kontakt mit Unbekannt - ist von H.G. Ewers, erschienen am 26. September 1989
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Lee stand völlig fassungslos vor dem Haluter, der sich wieder beruhigt hatte. Im Hintergrund hörte sie mit einem halben Ohr den Disput zwischen Bully und Gucky. Der Kleine eröffnete dem Terraner grade, er hätte sie hätte sie ja wohl nicht mehr alle. Im Zweifelsfalle wäre er mit Icho drei Kilometer weit weg teleportiert, bevor der den Mund hätte öffnen können. Das ging noch eine Weile hin und her - das Übliche eben, dachte sie. Wie kann es denn möglich sein, dass man sich so lange kennt und dann immer noch angiftet, ging ihr durch den Kopf. Dann wandte sie sich wieder dem schwarzhäutigen Riesen zu und vergaß die beiden Streithähne.
Es ist doch eine Sache, zu wissen, wie Haluter beschaffen sind. Die andere Chose ist es, tatsächlich vor einem zu stehen. Sie war sich noch nie in ihrem Leben so winzig vorgekommen. Icho Tolot war mit seinen dreimeterfünfzig mehr als doppelt so groß wie sie. Über den Rest brauchen wir nicht zu reden. Als ob ein Felsbrocken vor mir steht.
"Was meinst du, wie der aus meiner Perspektive aussieht?" Gucky schien sich wieder beruhigt zu haben und stand auf einmal neben ihr. "Da wirkt der noch ein paar Nummern größer. Aber einen Ilt kann so einer nicht beeindrucken. Pass mal auf!"
Sie sah, wie Gucky sich konzentrierte und Icho Tolot langsam aber sicher vom Boden abhob. Er schwebte in die Höhe, nahm an Geschwindigkeit zu und drehte sich drei Mal um die eigene Achse. Dann setzte er sacht wieder an der gleichen Stelle wie zuvor auf. Lee merkte, dass Tolot seinen Mund öffnete, wenn man diesen Rachen denn Mund nennen kann, und gleich wieder schloss.
"Du darfst erst dann wieder reden, wenn du uns durch zunicken bestätigst, keinen erneuten Lachanfall zu kriegen. Die Leute brauchen ihre Ohren noch." Das war Gucky, der hier wohl telekinetisch wirkte.
Der Riese gluckste seltsam. Es hörte sich an, als würden sich zwei Felswände aneinander reiben und nach circa drei Minuten neigte der Haluter den Kopf. "Entschuldigt, meine Kleinen. Ich wollte euch nicht verletzten. Aber bei diesem winzigen Monster", er zeigte mit einem der beiden Arme, die ihm aus der Brust wuchsen, auf Gucky, "habe ich immer wieder Schwierigkeiten, ernst zu bleiben."
Lee hatte das Gefühl, dass Tolot grade flüsterte. Er braucht sicherlich keinen Lachanfall zu kriegen, um Gehörschäden zu verursachen. Selbst das Wispern eines solchen Giganten, wenn diese Laute denn überhaupt so nennen konnte, hörte sich in ihren Ohren an wie ein mittlerer Felseinsturz. Hatte sie nicht mal gelesen, dass das Flüstern eines Haluters nicht mehr als ein entferntes Donnergrollen sein sollte? Wer auch immer das geschrieben hat, stand wohl selber nie neben jemandem wie Icho Tolot. Sie ging jedenfalls davon aus, dass es sich um Tolot handelte. Naja. Gewöhnungsbedürftig, aber ertragbar.
Und tatsächlich:
"Ich bin Icho Tolot und ich freue mich, euch kennenzulernen. Es ist mir eine Ehre, euer Gast auf Newengland sein zu dürfen. Und um eine für euch wichtige Frage zuerst zu beantworten: Außer diesen Dreien", er zeigte auf Gucky, Atlan und Bully, "hat niemand auch nur die geringste Ahnung, dass ich hier bin. Ich komme auch nicht von der RAS TSCHUBAI, ich bin mit meinem eigenen Schiff hier. Es steht circa sechzig Kilometer weit entfernt auf einer Lichtung."
"Hm." Das war Reginald Bull. "Das passt ja mal wieder wie angegossen. Wir reden hier über die Cantaro und grade jetzt kommt der Teil, in dem du, Tolotos deine verschwundenen Artgenossen sucht. Und prompt tauchst du hier auf." Er hob noch eine Augenbraue und meinte abschließend: "Faszinierend!"
Bevor Tolot darauf antworten konnte, schälte sich ein kleines Mädchen aus den Betrachtern heraus und ging auf Tolot zu. Dabei wurde sie von der kompletten Kneipenbesatzung beobachtet. Natürlich hatte sich Bills Pub inzwischen komplett entleert, weil sie alle vor die Tür gerannt waren. Einen echten Haluter sah man schließlich auf Newengland nicht alle Tage.
"Ich möchte mal auf deiner Schulter sitzen!" sagte die Kleine zu dem Riesen und sah dabei ihre zweifelnde Mutter an. "Keine Sorge", flüsterte Gucky der Frau zu, "er ist nicht so ungeschlacht, wie er aussieht. Ich verbürge mich für ihn." Die Mutter nickte und das Kind ging auf den Haluter zu.
"Ich bin Nancy und du darfst mich jetzt hochheben!"
"Hallo Nancy", flüsterte der Gigant, beugte sich vor, umfasste das Mädchen unendlich zartfühlend und setzte es auf seiner linken Schulter ab. Soviel Gefühl hätte ich ihm nicht zugetraut, ging es Lee beim Beobachten dieser Szene durch den Kopf. Man soll sich eben nie vom Äußeren täuschen lassen.
Zur Vorsicht hielt Gucky Nancy telekinetisch fest, sie saß also fest und sicher. Mit großen Augen und staunend geöffneten Mund sah sie von einer Höhe von mehr als drei Metern auf die Anderen herab. Dann drehte sie ihren Kopf in Richtung des halslosen Schädels Tolots und fragte: "Möchtest du mein Freund sein?"
Tolot setze die Kleine wieder ab und sah sie ernst an. "Es ist mir eine große Ehre, mein Kleines. Ja, ich möchte dein Freund sein." Er verneigte sich. "Wann immer du Hilfe, Unterstützung oder einen Rat brauchst, werde ich Zeit deines Lebens für dich da sein, wenn es im Rahmen meiner Macht liegt."
"Das hat er lange nicht mehr von sich gegeben", flüsterte Gucky Nancys Mutter zu - so, dass die Anderen nichts mitbekamen. "Deine Tochter ist ein ganz besonderes Glückskind. Ein Haluter sagt so etwas nicht einfach so daher. Für ihn ist das eine Verpflichtung ohnegleichen. Icho Tolot wird sie ihr Leben lang begleiten. Eine größere Ehre können diese Einzelgänger niemandem zukommen lassen."
Die Mutter nahm ihr von einem zum anderen Ohr strahlendes Kind wieder in Empfang und ließ sich von dem soeben erlebten Abenteuer berichten. Der Haluter kam danach vorsichtig auf die beiden zu. Lee sah, wie alle anderen Zaungäste vorsichtshalber zwei bis drei Meter zurückgingen. Friedliche Haluter tun ja keinem was, das war bekannt, aber man wusste ja nie. Vorsicht war eben die Mutter der Porzellankiste.
"Nimm das, mein Kleines und lege es an", sagte er zu dem Mädchen und gab ihr ein Chrono - ähnliches Gerät. "Es wird zusammen mit dir wachsen und so immer passen. Du kannst die Farbe verändern, wie du möchtest und vor allem kannst du Kontakt zu mir aufnehmen. Denk daran, ich bin für dich da."
Völlig fassungslose Kneipenbesucher sahen sich das Spiel an und wussten nicht mehr so ganz, ob das hier Realität war oder ob Billy ihnen etwas ins Bier geschüttet hatte. Zuzutrauen wäre es ihm ja. Aber das hier sah echt aus. Man beschloss wortlos, sich darauf noch ein Bier zu gönnen. Oder auch zwei. Schließlich musste das ja alles verarbeitet werden.
Draußen blieben neben Icho Tolot Lee, John, Gucky, Bully und Atlan. Man beschloss, sich zu der Lichtung zu verziehen.
"Der Einfachheit halber, mein riesengroßer Freund", sagte Gucky, "fängst du einfach zu erzählen an. Wie du damals in der Cantaro -Zeit auf der Suche nach deinem Volk warst."
Tolot setzte sich und wirkte auf Lee immer noch wie ein Felsbrocken. "Du wirst dich an ihn gewöhnen, keine Sorge" flüsterte Gucky ihr ins Ohr. "Irgendwann nimmst du seine Größe nichts mehr so richtig war." Lee bezweifelte das. Sie blickte nach oben und sah, dass der Haluter sich auf seinen Part vorbereitete.
Lee stand auf und verneigte sich vor dem Haluter.
"Als Gucky mit der ganzen Geschichte anfing, hätte ich nie damit gerechnet, so viele hochwertige Erzähler hören zu dürfen. Icho Tolot, es ist uns eine überaus große Freude, Sie hier zu erleben und Ihnen zuhören zu dürfen. Aber sagen Sie mir bitte eines: Woher wissen Sie von uns?"
Sie hörte, wir Tolot leise in sich hineinlachte. Was ein Haluter so leise nennt, dachte sie. Aber Gucky hatte Recht: Es wurde schon erträglicher.
"Baringhamos", begann der Gigant und ehrte Lee mit der Freundesanrede der Haluter. "Sie können es nicht wissen. Die Position von Newengland ist Halut seit rund zweitausendfünfhundert Jahren bekannt."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Nigeter, Schtrappen, Kolchzen und Mikden. Nie gehört? Gut, Dann bin ich nicht so alleine mit meiner Meinung. Aber in einem Roman von H. G. Ewers muss man mit dergleichen rechnen. Komplette Zyklen auf 60 Seiten, Beschreibungen von fremden Galaxien samt zugehöriger glupschäugiger Bewohner in einem einzigen Nebensatz kann nicht jeder. Diesmal waren es nur ein paar Namen. Aber so wie Scheer Scheer blieb, war ein Ewers eben ein Ewers.
Mit meiner üblichen Ewert - Skepsis an den Roman herangegangen wurde ich zu Beginn eines Besseren belehrt. Ewert spielte gut mit dem schrägen Posbi und dem leicht überkandidelten Syntron und deren Dispute mit Tolot. Die Geschichte las sich locker und flockig und weil wir nun mal einen durchgeknallten Rechner dabeihatten, erwies sich die nachfolgende Hyperinpotronik auch als ziemlich daneben. Gut, wir waren ja einmal beim Thema...
Das ist einer der Romane, bei dem ich gerne mal wüsste, was im Exposé vorgegeben war und was Ewer'sche Erfindung war. Immerhin waren die Vorgaben wohl dergestalt, dass die so manches Mal erlebten Ausflüge ins Universum nicht möglich waren.
Natürlich gibt es an dem Roman etwas auszusetzen: Domo Sokrat war gefühlt nichts anderes als ein - wie soll ich das beschreiben - dummer Junge, der zu gehorchen hatte. Immer wieder wusste Tolot alles besser als sein Artgenosse. Partnerschaft geht anders. Sicherlich hatte ein Icho Tolot mehr Erfahrung, auch in Band 1466 schon. Aber immerhin war Sokrat schon 500 Jahre alt gewesen, als er Atlan im Tiefenland kennenlernte. Und ein paar Jahre kamen ja noch bis zur aktuellen Handlungszeit dazu.
Ein leicht lesbarer Roman mit Fehlern. Vielleicht ein zu leicht lesbarer Roman. Aber die Handlung ist einen guten Schritt weitergekommen. Jetzt ist es interessant zu wissen, was die Riesen in den letzten paar hundert Jahren erlebt haben. Damals war ich der Meinung, dass mit den Posbis noch das eine oder andere geklärt werden müsste, um danach ein paar Fäden zusammenzuführen und nachfolgend kommt der große Hammer. Lassen wir uns mal überraschen.
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Lee stand völlig fassungslos vor dem Haluter, der sich wieder beruhigt hatte. Im Hintergrund hörte sie mit einem halben Ohr den Disput zwischen Bully und Gucky. Der Kleine eröffnete dem Terraner grade, er hätte sie hätte sie ja wohl nicht mehr alle. Im Zweifelsfalle wäre er mit Icho drei Kilometer weit weg teleportiert, bevor der den Mund hätte öffnen können. Das ging noch eine Weile hin und her - das Übliche eben, dachte sie. Wie kann es denn möglich sein, dass man sich so lange kennt und dann immer noch angiftet, ging ihr durch den Kopf. Dann wandte sie sich wieder dem schwarzhäutigen Riesen zu und vergaß die beiden Streithähne.
Es ist doch eine Sache, zu wissen, wie Haluter beschaffen sind. Die andere Chose ist es, tatsächlich vor einem zu stehen. Sie war sich noch nie in ihrem Leben so winzig vorgekommen. Icho Tolot war mit seinen dreimeterfünfzig mehr als doppelt so groß wie sie. Über den Rest brauchen wir nicht zu reden. Als ob ein Felsbrocken vor mir steht.
"Was meinst du, wie der aus meiner Perspektive aussieht?" Gucky schien sich wieder beruhigt zu haben und stand auf einmal neben ihr. "Da wirkt der noch ein paar Nummern größer. Aber einen Ilt kann so einer nicht beeindrucken. Pass mal auf!"
Sie sah, wie Gucky sich konzentrierte und Icho Tolot langsam aber sicher vom Boden abhob. Er schwebte in die Höhe, nahm an Geschwindigkeit zu und drehte sich drei Mal um die eigene Achse. Dann setzte er sacht wieder an der gleichen Stelle wie zuvor auf. Lee merkte, dass Tolot seinen Mund öffnete, wenn man diesen Rachen denn Mund nennen kann, und gleich wieder schloss.
"Du darfst erst dann wieder reden, wenn du uns durch zunicken bestätigst, keinen erneuten Lachanfall zu kriegen. Die Leute brauchen ihre Ohren noch." Das war Gucky, der hier wohl telekinetisch wirkte.
Der Riese gluckste seltsam. Es hörte sich an, als würden sich zwei Felswände aneinander reiben und nach circa drei Minuten neigte der Haluter den Kopf. "Entschuldigt, meine Kleinen. Ich wollte euch nicht verletzten. Aber bei diesem winzigen Monster", er zeigte mit einem der beiden Arme, die ihm aus der Brust wuchsen, auf Gucky, "habe ich immer wieder Schwierigkeiten, ernst zu bleiben."
Lee hatte das Gefühl, dass Tolot grade flüsterte. Er braucht sicherlich keinen Lachanfall zu kriegen, um Gehörschäden zu verursachen. Selbst das Wispern eines solchen Giganten, wenn diese Laute denn überhaupt so nennen konnte, hörte sich in ihren Ohren an wie ein mittlerer Felseinsturz. Hatte sie nicht mal gelesen, dass das Flüstern eines Haluters nicht mehr als ein entferntes Donnergrollen sein sollte? Wer auch immer das geschrieben hat, stand wohl selber nie neben jemandem wie Icho Tolot. Sie ging jedenfalls davon aus, dass es sich um Tolot handelte. Naja. Gewöhnungsbedürftig, aber ertragbar.
Und tatsächlich:
"Ich bin Icho Tolot und ich freue mich, euch kennenzulernen. Es ist mir eine Ehre, euer Gast auf Newengland sein zu dürfen. Und um eine für euch wichtige Frage zuerst zu beantworten: Außer diesen Dreien", er zeigte auf Gucky, Atlan und Bully, "hat niemand auch nur die geringste Ahnung, dass ich hier bin. Ich komme auch nicht von der RAS TSCHUBAI, ich bin mit meinem eigenen Schiff hier. Es steht circa sechzig Kilometer weit entfernt auf einer Lichtung."
"Hm." Das war Reginald Bull. "Das passt ja mal wieder wie angegossen. Wir reden hier über die Cantaro und grade jetzt kommt der Teil, in dem du, Tolotos deine verschwundenen Artgenossen sucht. Und prompt tauchst du hier auf." Er hob noch eine Augenbraue und meinte abschließend: "Faszinierend!"
Bevor Tolot darauf antworten konnte, schälte sich ein kleines Mädchen aus den Betrachtern heraus und ging auf Tolot zu. Dabei wurde sie von der kompletten Kneipenbesatzung beobachtet. Natürlich hatte sich Bills Pub inzwischen komplett entleert, weil sie alle vor die Tür gerannt waren. Einen echten Haluter sah man schließlich auf Newengland nicht alle Tage.
"Ich möchte mal auf deiner Schulter sitzen!" sagte die Kleine zu dem Riesen und sah dabei ihre zweifelnde Mutter an. "Keine Sorge", flüsterte Gucky der Frau zu, "er ist nicht so ungeschlacht, wie er aussieht. Ich verbürge mich für ihn." Die Mutter nickte und das Kind ging auf den Haluter zu.
"Ich bin Nancy und du darfst mich jetzt hochheben!"
"Hallo Nancy", flüsterte der Gigant, beugte sich vor, umfasste das Mädchen unendlich zartfühlend und setzte es auf seiner linken Schulter ab. Soviel Gefühl hätte ich ihm nicht zugetraut, ging es Lee beim Beobachten dieser Szene durch den Kopf. Man soll sich eben nie vom Äußeren täuschen lassen.
Zur Vorsicht hielt Gucky Nancy telekinetisch fest, sie saß also fest und sicher. Mit großen Augen und staunend geöffneten Mund sah sie von einer Höhe von mehr als drei Metern auf die Anderen herab. Dann drehte sie ihren Kopf in Richtung des halslosen Schädels Tolots und fragte: "Möchtest du mein Freund sein?"
Tolot setze die Kleine wieder ab und sah sie ernst an. "Es ist mir eine große Ehre, mein Kleines. Ja, ich möchte dein Freund sein." Er verneigte sich. "Wann immer du Hilfe, Unterstützung oder einen Rat brauchst, werde ich Zeit deines Lebens für dich da sein, wenn es im Rahmen meiner Macht liegt."
"Das hat er lange nicht mehr von sich gegeben", flüsterte Gucky Nancys Mutter zu - so, dass die Anderen nichts mitbekamen. "Deine Tochter ist ein ganz besonderes Glückskind. Ein Haluter sagt so etwas nicht einfach so daher. Für ihn ist das eine Verpflichtung ohnegleichen. Icho Tolot wird sie ihr Leben lang begleiten. Eine größere Ehre können diese Einzelgänger niemandem zukommen lassen."
Die Mutter nahm ihr von einem zum anderen Ohr strahlendes Kind wieder in Empfang und ließ sich von dem soeben erlebten Abenteuer berichten. Der Haluter kam danach vorsichtig auf die beiden zu. Lee sah, wie alle anderen Zaungäste vorsichtshalber zwei bis drei Meter zurückgingen. Friedliche Haluter tun ja keinem was, das war bekannt, aber man wusste ja nie. Vorsicht war eben die Mutter der Porzellankiste.
"Nimm das, mein Kleines und lege es an", sagte er zu dem Mädchen und gab ihr ein Chrono - ähnliches Gerät. "Es wird zusammen mit dir wachsen und so immer passen. Du kannst die Farbe verändern, wie du möchtest und vor allem kannst du Kontakt zu mir aufnehmen. Denk daran, ich bin für dich da."
Völlig fassungslose Kneipenbesucher sahen sich das Spiel an und wussten nicht mehr so ganz, ob das hier Realität war oder ob Billy ihnen etwas ins Bier geschüttet hatte. Zuzutrauen wäre es ihm ja. Aber das hier sah echt aus. Man beschloss wortlos, sich darauf noch ein Bier zu gönnen. Oder auch zwei. Schließlich musste das ja alles verarbeitet werden.
Draußen blieben neben Icho Tolot Lee, John, Gucky, Bully und Atlan. Man beschloss, sich zu der Lichtung zu verziehen.
"Der Einfachheit halber, mein riesengroßer Freund", sagte Gucky, "fängst du einfach zu erzählen an. Wie du damals in der Cantaro -Zeit auf der Suche nach deinem Volk warst."
Tolot setzte sich und wirkte auf Lee immer noch wie ein Felsbrocken. "Du wirst dich an ihn gewöhnen, keine Sorge" flüsterte Gucky ihr ins Ohr. "Irgendwann nimmst du seine Größe nichts mehr so richtig war." Lee bezweifelte das. Sie blickte nach oben und sah, dass der Haluter sich auf seinen Part vorbereitete.
Lee stand auf und verneigte sich vor dem Haluter.
"Als Gucky mit der ganzen Geschichte anfing, hätte ich nie damit gerechnet, so viele hochwertige Erzähler hören zu dürfen. Icho Tolot, es ist uns eine überaus große Freude, Sie hier zu erleben und Ihnen zuhören zu dürfen. Aber sagen Sie mir bitte eines: Woher wissen Sie von uns?"
Sie hörte, wir Tolot leise in sich hineinlachte. Was ein Haluter so leise nennt, dachte sie. Aber Gucky hatte Recht: Es wurde schon erträglicher.
"Baringhamos", begann der Gigant und ehrte Lee mit der Freundesanrede der Haluter. "Sie können es nicht wissen. Die Position von Newengland ist Halut seit rund zweitausendfünfhundert Jahren bekannt."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Nigeter, Schtrappen, Kolchzen und Mikden. Nie gehört? Gut, Dann bin ich nicht so alleine mit meiner Meinung. Aber in einem Roman von H. G. Ewers muss man mit dergleichen rechnen. Komplette Zyklen auf 60 Seiten, Beschreibungen von fremden Galaxien samt zugehöriger glupschäugiger Bewohner in einem einzigen Nebensatz kann nicht jeder. Diesmal waren es nur ein paar Namen. Aber so wie Scheer Scheer blieb, war ein Ewers eben ein Ewers.
Mit meiner üblichen Ewert - Skepsis an den Roman herangegangen wurde ich zu Beginn eines Besseren belehrt. Ewert spielte gut mit dem schrägen Posbi und dem leicht überkandidelten Syntron und deren Dispute mit Tolot. Die Geschichte las sich locker und flockig und weil wir nun mal einen durchgeknallten Rechner dabeihatten, erwies sich die nachfolgende Hyperinpotronik auch als ziemlich daneben. Gut, wir waren ja einmal beim Thema...
Das ist einer der Romane, bei dem ich gerne mal wüsste, was im Exposé vorgegeben war und was Ewer'sche Erfindung war. Immerhin waren die Vorgaben wohl dergestalt, dass die so manches Mal erlebten Ausflüge ins Universum nicht möglich waren.
Natürlich gibt es an dem Roman etwas auszusetzen: Domo Sokrat war gefühlt nichts anderes als ein - wie soll ich das beschreiben - dummer Junge, der zu gehorchen hatte. Immer wieder wusste Tolot alles besser als sein Artgenosse. Partnerschaft geht anders. Sicherlich hatte ein Icho Tolot mehr Erfahrung, auch in Band 1466 schon. Aber immerhin war Sokrat schon 500 Jahre alt gewesen, als er Atlan im Tiefenland kennenlernte. Und ein paar Jahre kamen ja noch bis zur aktuellen Handlungszeit dazu.
Ein leicht lesbarer Roman mit Fehlern. Vielleicht ein zu leicht lesbarer Roman. Aber die Handlung ist einen guten Schritt weitergekommen. Jetzt ist es interessant zu wissen, was die Riesen in den letzten paar hundert Jahren erlebt haben. Damals war ich der Meinung, dass mit den Posbis noch das eine oder andere geklärt werden müsste, um danach ein paar Fäden zusammenzuführen und nachfolgend kommt der große Hammer. Lassen wir uns mal überraschen.
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- RBB
- Beiträge: 909
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 25 Mal
- Danksagung erhalten: 61 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1467 – Historie der Verschollenen – ist von H. G. Francis, erschienen am 03.10.1989
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
"Also", sagte Gucky in Richtung Tolots, nachdem er die entsetzten Gesichter von Lee und John gesehen hatte, "jetzt nochmal ganz von vorn für begriffsstutzige kleine Mausbiber."
Er schwebte im Schneidersitz in die Höhe und stabilisierte sich circa 40 Zentimeter über dem Kopf des Haluters, sodass dieser nach oben schauen musste, um den Ilt sehen zu können. "Ganz neue Perspektive, was Großer? Du musst jetzt zu mir aufblicken und ich habe endlich mal die Aufmerksamkeit, die mir zusteht! Aber ich will mal nicht so sein." Er senkte sich ein Wenig ab und war nun auf Augenhöhe mit dem schwarzen Riesen. Dabei schwebte er ständig um den Kopf Tolots herum, was zur Folge hatte, dass Letzterer seine Stielaugen ausfuhr, um den ihn umkreisenden Ilt ständig im Blick zu haben. Für die Anderen, insbesondere für Lee und John, war das eine leicht verwirrende Veranstaltung.
"Also", meinte Gucky nochmals, "rekapitulieren wir doch mal. Ein armer kleiner Mausbiber namens Gucky war das Metallplastikgedöns auf den diversen Sorten Raumschiffen Leid und wollte mal Urlaub machen. Er wollte einfach nur im Regen stehen und die Natur genießen. Dazu hatte er sich ausgedacht, einen Planeten mit seiner Anwesenheit zu beglücken, der zwar bewohnt ist, den aber sonst keiner kennt oder besucht. Dazu befragte der arme kleine Mausbiber den Bordrechner ANANSI, weil der eigentlich alles weiß. Aber sogar ANANSI konnte mir hier nicht weiterhelfen. Jetzt gibt es aber einige Leute, die haben eine besondere Befugnis. Wenn es sich zum Beispiel darum dreht, in die Tiefen NATHANs vorzudringen und dort nachzuforschen. Der arme kleine Mausbiber gehört nämlich neben Perry, Bully, Atlan und einigen ganz wenigen Köpfen aus der Solaren Regierung dazu. Also beauftragte er ANANSI, bei NATHAN mal nachzuforschen. Es dauerte dann für ANANSI endlose drei Sekunden, bis ein Ergebnis vorlag. Die Koordinaten Newenglands kamen zudem nur als durchlaufende Posten, das heißt, ANANSI konnte sie nicht lesen oder gar abspeichern. Ich selber musste heilige Eide schören, sie niemandem zu außer den genannten Bevollmächtigten zu verraten. Da Perry aber für den Notfall wissen musste, wo ich mich aufhielt, habe ich es ihm mitgeteilt. Auf einem Zettel. Einem beschriebenen Blatt Papier. Wie in der Steinzeit. Weil das eben noch nicht mal ANANSI wissen durfte. Dann kam Bully hinter mir her auf diese Welt, weil er sich selbst im Weg stand und etwas zu klären hatte. Na, und unser schönster aller Arkoniden treibt sich auch ohne größeren Antrieb überall da herum, wo gutaussehende Frauen herumlaufen."
Bei der letzten Bemerkung sah er Lee an, der dieser Blick samt Guckys Bemerkung ein wenig peinlich war. Der Kleine ließ sich natürlich nichts anmerken und drehte weiter seine Runden um Icho Tolots Kopf.
"Diese Welt", fuhr er weiter fort, "ist in keinen Sternenkatalogen enthalten. Weil die Sonne einen 6-dimensionalen Hau hat oder sowas. Ganz kapiert habe ich das noch nicht, aber das kann ja noch kommen. Auf jeden Fall kann man sie nicht orten und würde sie, wenn überhaupt, nur durch Zufall finden. Newengland blieb zudem vom der Schwarmkrise und der PAD-Seuche verschont. Noch nicht mal meine telepathischen Sinne funktionieren hier. Und ganz Wichtig: Alle möglichen und unmöglichen kriegerischen Auseinandersetzungen gingen an unseren Gastgebern vorbei."
Er blieb genau vor dem Gesicht des Haluters "stehen" und Tolot zog seine Stielaugen wieder ein.
"Und jetzt kommst du an und erzählst uns, dass Halut die Existenz und die Position Newenglands seit zweitausendfünfhundert Jahren bekannt ist. Da bin ich ja mal neugierig, welche Räuberpistole wir jetzt untergejubelt bekommen."
Tolot verzog seinem Mund und gab etwas von sich, dass vielleicht ein kleines Lachen sein sollte. Auf Lee wirkte es, als würde sie mitten in einem Gewitter stehen und der Donner knallte laut und heftig mehrfach direkt über ihr.
"Keine Sorge, meine Kleinen", begann der Haluter. "Eure Daten sind bei uns so sicher wie in - wie sagt man bei euch? - Abrahams Schoß. Die Geschichte der Entdeckung Newenglands ist die Geschichte der Forschungen des vor 876 Jahren verstorbenen Truktur Horvat. Horvatos, ich durfte ihn seinerzeit kennenlernen, war ein glänzender Wissenschaftler. Er war Astronom, dazu praktizierender und theoretischer Physiker im klassischen und mehrdimensionalen Bereich. Sein Spezialgebiet war die Erforschung von im Höherdimensionalen unregelmäßig oder abnorm strahlenden Sonnen und deren Auswirkungen auf die Umwelt. Er war ein absoluter Könner, der zum Beispiel eure Universalgenies wie Waringer, Hamiller oder wie sie alle hießen, locker in die Tasche steckte. Als er über dieses System stolperte, suchte er eigentlich etwas ganz anderes. Aber da er nun einmal hier war, schloss er eure Sonne in seine Untersuchungen mit ein und entdeckte euch somit zwangsläufig.
Als ihm klar wurde, was das hier für eine Welt war, zog er sich zurück und wünschte den Bewohnern im Stillen alles Gute. Er ließ aber vorsichtshalber eine Sonde hier, die Unregelmäßigkeiten nach Halut melden sollte. Ergänzend flogen und fliegen halutische Schiffe immer mal hier vorbei, um nach dem Rechten zu sehen. Diesmal oblag diese Pflicht mir und das ist der Grund meines Hierseins."
"So ein Zufall aber auch!" Gucky war das Misstrauen anzumerken. "Da dreht doch wieder ein dran herum. Da kannst du mir erzählen, was du willst, irgendwas stimmt da nicht."
John Talbot sah auf und machte sich bemerkbar. "Tolot", begann er.
"Tolotos für mein Freunde, Talbotos", wurde er von dem Riesen unterbrochen.
John verbeugte sich. "Ich fühle mich sehr geehrt, von solch einer lebenden Legende als Freund bezeichnet zu werden. Aber gestatten Sie mir eine Frage, Tolotos. Die Sonde. Hat sie angeschlagen?"
Tolot fuhr sein mittleres Auge aus und sah Talbot damit an. "Ich habe Geschichte Ihrer Welt verfolgt und weiß, warum Sie das fragen", sagte er. "Ja. Hat sie. Genau zwölf Mal seit ihrer Installierung. Elf Vorfälle konnte sie alleine klären, da ist auch nichts mehr zu erwarten. Einmal mussten wir mit drei Schiffen eingreifen, um gewisse Probleme aus der Welt zu schaffen."
John sah Icho Tolot nachdenklich an. "Dann stehen wir tief in Ihrer Schuld", erwiderte er nachdenklich, setzte sich wieder zu Atlan und begann umgehend ein augenscheinlich längeres Gespräch mit dem Arkoniden.
"Tja, mein riesiger Freund", nahm Gucky den Faden wieder auf. "Diese reizende Dame hier"", er zeigte auf Lee, "würde sich sehr freuen, wenn sie erfahren würde, wie deine Artgenossen den Weg nach Andromeda gefunden hatten."
"Das ist eine teilweise sehr traurige und mich ab und zu immer noch belastende Geschichte", begann Tolot seine Erzählung. "Obwohl es schon so lange her ist. Und obwohl mein Planhirn mir regelmäßig mitteilt, dass ich sowieso nichts daran ändern könne und die Entwicklung nach der Flucht von Halut zwangsläufig so kommen musste. Aber was nützen Prozentsätze und Wahrscheinlichkeiten schon?"
"Ich frage mich immer wieder, ob ich meinem Volk hätte helfen können, wenn ich dabei gewesen wäre. So viele Tode. So viel Leid."
"Tolotos, du weißt, dass du nicht überall sein kannst", meinte Reginald Bull dazu. "Das gelingt noch nicht mal unserem größten aller großen Meister, Perry Rhodan daselbst. Und was der nicht schafft, kriegen andere sowieso nicht geregelt."
Lee ging auf ihn zu und meinte: "Du hast nichts falsch gemacht. Du hast alles getan, was in deiner Macht stand und das ist wichtig und muss positiv bewertet werden. Alles weitere ist graue Theorie und zählt nicht." Dabei strich sie ihm über den rechten herabhängenden Unterarm, den Handlungsarm. Die Haut Tolots fühlte sich wie hartes Leder an, aber sie stellte erstaunt fest, dass die darunterliegende Muskulatur bei ihrer Berührung zuckte.
"Ich weiß schon, warum ich mich bei euch kleinen Leuten so wohl fühle", sagte der Gigant. "Ihr habt zwar nur ein Herz, aber das ist auf dem richtigen Fleck."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
H.G. Francis wird in diesem Zyklus zu einem meiner Lieblings - Autoren. Gut, mit solchen Äußerungen sollte man vorsichtig sein und die anderen Schreibenden nicht in die Negativ - Schublade stecken. Aber HGF verstand die Schilderung der Haluter wesentlich besser als HGE einen Band vorher. Tolot wird nicht als Ober - Schlauberger geschildert und Sokrat ist kein dummer Junge. Herrlich wirkt auf mich die Schilderung des häufig beleidigten und leicht bescheuerten Posbis Pantalon, der sich für Tolots Orbiter hält. Ich sehe ihn als Bereicherung in einer Handlung, die ohne ihn zu trocken werden könnte.
Aktuelle Handlung und geschichtliche Rückblicke präsentiert Francis abwechselnd und vor allem interessant und glaubhaft geschrieben. Wir erfahren, was mit den Halutern geschehen ist und stellen verwundert fest, dass auch diese hochintelligenten Riesen psychisch überfordert werden können. Der Autor bring uns in der Geschichte der vergangenen 700 Jahre einen erheblichen Schritt weiter und stimmt uns in technischer Hinsicht für die Zukunft optimistisch. Der Störsender könnte zu erheblichem Fortschritt führen.
Und: In einem Nebensatz erfahren wir etwas Interessantes: Die Blitzer reden nicht in der Sprache der Cantaro.
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
"Also", sagte Gucky in Richtung Tolots, nachdem er die entsetzten Gesichter von Lee und John gesehen hatte, "jetzt nochmal ganz von vorn für begriffsstutzige kleine Mausbiber."
Er schwebte im Schneidersitz in die Höhe und stabilisierte sich circa 40 Zentimeter über dem Kopf des Haluters, sodass dieser nach oben schauen musste, um den Ilt sehen zu können. "Ganz neue Perspektive, was Großer? Du musst jetzt zu mir aufblicken und ich habe endlich mal die Aufmerksamkeit, die mir zusteht! Aber ich will mal nicht so sein." Er senkte sich ein Wenig ab und war nun auf Augenhöhe mit dem schwarzen Riesen. Dabei schwebte er ständig um den Kopf Tolots herum, was zur Folge hatte, dass Letzterer seine Stielaugen ausfuhr, um den ihn umkreisenden Ilt ständig im Blick zu haben. Für die Anderen, insbesondere für Lee und John, war das eine leicht verwirrende Veranstaltung.
"Also", meinte Gucky nochmals, "rekapitulieren wir doch mal. Ein armer kleiner Mausbiber namens Gucky war das Metallplastikgedöns auf den diversen Sorten Raumschiffen Leid und wollte mal Urlaub machen. Er wollte einfach nur im Regen stehen und die Natur genießen. Dazu hatte er sich ausgedacht, einen Planeten mit seiner Anwesenheit zu beglücken, der zwar bewohnt ist, den aber sonst keiner kennt oder besucht. Dazu befragte der arme kleine Mausbiber den Bordrechner ANANSI, weil der eigentlich alles weiß. Aber sogar ANANSI konnte mir hier nicht weiterhelfen. Jetzt gibt es aber einige Leute, die haben eine besondere Befugnis. Wenn es sich zum Beispiel darum dreht, in die Tiefen NATHANs vorzudringen und dort nachzuforschen. Der arme kleine Mausbiber gehört nämlich neben Perry, Bully, Atlan und einigen ganz wenigen Köpfen aus der Solaren Regierung dazu. Also beauftragte er ANANSI, bei NATHAN mal nachzuforschen. Es dauerte dann für ANANSI endlose drei Sekunden, bis ein Ergebnis vorlag. Die Koordinaten Newenglands kamen zudem nur als durchlaufende Posten, das heißt, ANANSI konnte sie nicht lesen oder gar abspeichern. Ich selber musste heilige Eide schören, sie niemandem zu außer den genannten Bevollmächtigten zu verraten. Da Perry aber für den Notfall wissen musste, wo ich mich aufhielt, habe ich es ihm mitgeteilt. Auf einem Zettel. Einem beschriebenen Blatt Papier. Wie in der Steinzeit. Weil das eben noch nicht mal ANANSI wissen durfte. Dann kam Bully hinter mir her auf diese Welt, weil er sich selbst im Weg stand und etwas zu klären hatte. Na, und unser schönster aller Arkoniden treibt sich auch ohne größeren Antrieb überall da herum, wo gutaussehende Frauen herumlaufen."
Bei der letzten Bemerkung sah er Lee an, der dieser Blick samt Guckys Bemerkung ein wenig peinlich war. Der Kleine ließ sich natürlich nichts anmerken und drehte weiter seine Runden um Icho Tolots Kopf.
"Diese Welt", fuhr er weiter fort, "ist in keinen Sternenkatalogen enthalten. Weil die Sonne einen 6-dimensionalen Hau hat oder sowas. Ganz kapiert habe ich das noch nicht, aber das kann ja noch kommen. Auf jeden Fall kann man sie nicht orten und würde sie, wenn überhaupt, nur durch Zufall finden. Newengland blieb zudem vom der Schwarmkrise und der PAD-Seuche verschont. Noch nicht mal meine telepathischen Sinne funktionieren hier. Und ganz Wichtig: Alle möglichen und unmöglichen kriegerischen Auseinandersetzungen gingen an unseren Gastgebern vorbei."
Er blieb genau vor dem Gesicht des Haluters "stehen" und Tolot zog seine Stielaugen wieder ein.
"Und jetzt kommst du an und erzählst uns, dass Halut die Existenz und die Position Newenglands seit zweitausendfünfhundert Jahren bekannt ist. Da bin ich ja mal neugierig, welche Räuberpistole wir jetzt untergejubelt bekommen."
Tolot verzog seinem Mund und gab etwas von sich, dass vielleicht ein kleines Lachen sein sollte. Auf Lee wirkte es, als würde sie mitten in einem Gewitter stehen und der Donner knallte laut und heftig mehrfach direkt über ihr.
"Keine Sorge, meine Kleinen", begann der Haluter. "Eure Daten sind bei uns so sicher wie in - wie sagt man bei euch? - Abrahams Schoß. Die Geschichte der Entdeckung Newenglands ist die Geschichte der Forschungen des vor 876 Jahren verstorbenen Truktur Horvat. Horvatos, ich durfte ihn seinerzeit kennenlernen, war ein glänzender Wissenschaftler. Er war Astronom, dazu praktizierender und theoretischer Physiker im klassischen und mehrdimensionalen Bereich. Sein Spezialgebiet war die Erforschung von im Höherdimensionalen unregelmäßig oder abnorm strahlenden Sonnen und deren Auswirkungen auf die Umwelt. Er war ein absoluter Könner, der zum Beispiel eure Universalgenies wie Waringer, Hamiller oder wie sie alle hießen, locker in die Tasche steckte. Als er über dieses System stolperte, suchte er eigentlich etwas ganz anderes. Aber da er nun einmal hier war, schloss er eure Sonne in seine Untersuchungen mit ein und entdeckte euch somit zwangsläufig.
Als ihm klar wurde, was das hier für eine Welt war, zog er sich zurück und wünschte den Bewohnern im Stillen alles Gute. Er ließ aber vorsichtshalber eine Sonde hier, die Unregelmäßigkeiten nach Halut melden sollte. Ergänzend flogen und fliegen halutische Schiffe immer mal hier vorbei, um nach dem Rechten zu sehen. Diesmal oblag diese Pflicht mir und das ist der Grund meines Hierseins."
"So ein Zufall aber auch!" Gucky war das Misstrauen anzumerken. "Da dreht doch wieder ein dran herum. Da kannst du mir erzählen, was du willst, irgendwas stimmt da nicht."
John Talbot sah auf und machte sich bemerkbar. "Tolot", begann er.
"Tolotos für mein Freunde, Talbotos", wurde er von dem Riesen unterbrochen.
John verbeugte sich. "Ich fühle mich sehr geehrt, von solch einer lebenden Legende als Freund bezeichnet zu werden. Aber gestatten Sie mir eine Frage, Tolotos. Die Sonde. Hat sie angeschlagen?"
Tolot fuhr sein mittleres Auge aus und sah Talbot damit an. "Ich habe Geschichte Ihrer Welt verfolgt und weiß, warum Sie das fragen", sagte er. "Ja. Hat sie. Genau zwölf Mal seit ihrer Installierung. Elf Vorfälle konnte sie alleine klären, da ist auch nichts mehr zu erwarten. Einmal mussten wir mit drei Schiffen eingreifen, um gewisse Probleme aus der Welt zu schaffen."
John sah Icho Tolot nachdenklich an. "Dann stehen wir tief in Ihrer Schuld", erwiderte er nachdenklich, setzte sich wieder zu Atlan und begann umgehend ein augenscheinlich längeres Gespräch mit dem Arkoniden.
"Tja, mein riesiger Freund", nahm Gucky den Faden wieder auf. "Diese reizende Dame hier"", er zeigte auf Lee, "würde sich sehr freuen, wenn sie erfahren würde, wie deine Artgenossen den Weg nach Andromeda gefunden hatten."
"Das ist eine teilweise sehr traurige und mich ab und zu immer noch belastende Geschichte", begann Tolot seine Erzählung. "Obwohl es schon so lange her ist. Und obwohl mein Planhirn mir regelmäßig mitteilt, dass ich sowieso nichts daran ändern könne und die Entwicklung nach der Flucht von Halut zwangsläufig so kommen musste. Aber was nützen Prozentsätze und Wahrscheinlichkeiten schon?"
"Ich frage mich immer wieder, ob ich meinem Volk hätte helfen können, wenn ich dabei gewesen wäre. So viele Tode. So viel Leid."
"Tolotos, du weißt, dass du nicht überall sein kannst", meinte Reginald Bull dazu. "Das gelingt noch nicht mal unserem größten aller großen Meister, Perry Rhodan daselbst. Und was der nicht schafft, kriegen andere sowieso nicht geregelt."
Lee ging auf ihn zu und meinte: "Du hast nichts falsch gemacht. Du hast alles getan, was in deiner Macht stand und das ist wichtig und muss positiv bewertet werden. Alles weitere ist graue Theorie und zählt nicht." Dabei strich sie ihm über den rechten herabhängenden Unterarm, den Handlungsarm. Die Haut Tolots fühlte sich wie hartes Leder an, aber sie stellte erstaunt fest, dass die darunterliegende Muskulatur bei ihrer Berührung zuckte.
"Ich weiß schon, warum ich mich bei euch kleinen Leuten so wohl fühle", sagte der Gigant. "Ihr habt zwar nur ein Herz, aber das ist auf dem richtigen Fleck."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
H.G. Francis wird in diesem Zyklus zu einem meiner Lieblings - Autoren. Gut, mit solchen Äußerungen sollte man vorsichtig sein und die anderen Schreibenden nicht in die Negativ - Schublade stecken. Aber HGF verstand die Schilderung der Haluter wesentlich besser als HGE einen Band vorher. Tolot wird nicht als Ober - Schlauberger geschildert und Sokrat ist kein dummer Junge. Herrlich wirkt auf mich die Schilderung des häufig beleidigten und leicht bescheuerten Posbis Pantalon, der sich für Tolots Orbiter hält. Ich sehe ihn als Bereicherung in einer Handlung, die ohne ihn zu trocken werden könnte.
Aktuelle Handlung und geschichtliche Rückblicke präsentiert Francis abwechselnd und vor allem interessant und glaubhaft geschrieben. Wir erfahren, was mit den Halutern geschehen ist und stellen verwundert fest, dass auch diese hochintelligenten Riesen psychisch überfordert werden können. Der Autor bring uns in der Geschichte der vergangenen 700 Jahre einen erheblichen Schritt weiter und stimmt uns in technischer Hinsicht für die Zukunft optimistisch. Der Störsender könnte zu erheblichem Fortschritt führen.
Und: In einem Nebensatz erfahren wir etwas Interessantes: Die Blitzer reden nicht in der Sprache der Cantaro.
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- RBB
- Beiträge: 909
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 25 Mal
- Danksagung erhalten: 61 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
In anderthalb Wochen geht es weiter. Morgen geht's für eine Woche mit den Jungs auf Skattour. Die ist leider wichtiger als Perry Rhodan. Kaum zu glauben, aber wahr...


Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- Tell Sackett
- Beiträge: 8713
- Registriert: 21.06.2024, 10:47
- Hat sich bedankt: 742 Mal
- Danksagung erhalten: 677 Mal
- RBB
- Beiträge: 909
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 25 Mal
- Danksagung erhalten: 61 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1468 - Zentralplasma in Not - ist von Marianne Sydow, erschienen am 10. Oktober 1989
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Lee sah sich um. Hinten links in der Ecke saßen Atlan und John zwischen den beiden Fichten auf einem Baumstamm. John redete grade auf Atlan ein, der den Kopf schüttelte und sachlich antwortete. Die Beiden sind immer noch beim Thema Isolation oder nicht, dachte sie.
Als sie den Kopf weiter wendete, sah sie Reginald und Gucky am Lagerfeuer ebenfalls auf einem Baumstamm sitzen. Beide hatten je ein gefülltes Glas in der Hand. Bei Gucky sah der Inhalt wie Möhrensaft und bei Bully eher wie Whisky aus. Der Terraner sagte etwas, sie verstand die Worte nicht; Gucky wirkte daraufhin sehr nachdenklich. Von dem Scherzbold, den sie vor einiger Zeit kennengelernt hatte, war im Moment nicht viel übrig. Reginald wird seinen Weg gehen. Wann, wo und wie auch immer. Es ist gut, dass er sich so entschieden hat, ging ihr durch den Kopf. Es dürfte für alle Beteiligten noch schwer genug werden, wenn es soweit ist.
Bleiben sie und Icho Tolot. Dieser Gigant. Obwohl, machte sich plötzlich ein Gedanke bei ihr bemerkbar. Wieso eigentlich Gigant? Wieso nicht Gigantin? Gut. Haluter waren eingeschlechtlich. Aber ist nicht das Gebären können nicht das Hauptkriterium für das weibliche Geschlecht? Sie wusste nicht, ob sie ihre Gedanken Tolot einfach so mitteilen durfte, dazu kannte sie ihn (oder eben sie) noch nicht lange genug. Sie versuchte es anders herum.
"Tolotos, gibt es in der halutischen Sprache eigentlich Geschlechtsbezeichnungen wie er oder sie? Beziehungsweise auch das Neutrum?"
Tolot blickte auf sie herunter und fuhr das mittlere Auge aus. Auf Lee wirkte das nach wie vor äußerst befremdlich.
"Das werde ich sehr selten gefragt", sagte die schwarze Riese. "Und ich weiß worauf deine Frage hinausläuft."
Lee fühlte sich ertappt und merkte, wie ihr Gesicht rot anlief.
"Nein, keine Sorge", flüsterte der Haluter. Auf Lee wirkte es wie eine Art Donnergrollen. Tatsächlich. dachte sie. Langsam aber sicher gewöhnt man sich daran und hat keine Sorge mehr, gleich in einem Happs verschluckt zu werden. Sie war froh, dass Tolot ihre Gedanken nicht mitbekam, das Ergebnis wäre sicherlich ein Lachorkan heftigster Art geworden.
Icho Tolot sagte ihr auf den Kopf zu, was in ihr vorging. Er zog das Auge wieder ein, richtete sich zu seiner vollen Größe von Dreimetersechzig auf und verneigte sich vor ihr. "Du gehörst zu den wenigen Menschen, die uns Haluter wirklich verstehen", sagte er. "Ich fühle mich sehr geehrt." er setzte sich wieder hin. "Eigentlich", fuhr er fort, "wollte ich dich überreden, mit auf die RAS TSCHUBAI zu kommen. Du hast einen realistischen Blick auf die Welt und die Leute um dich herum."
"Genau", piepste eine Stimme hinter Lee. "So jemand ist für eine derartige Hinterwäldler Welt viel zu schade. Wir nehmen sie einfach mit."
"Du hättest Politiker werden sollen", das war Bully. "Da gibt es auch welche, die viel reden, ohne wirklich was zu sagen. Oder eben nur blödes Zeug von sich geben. Vielleicht fragst du sie ja mal nach ihrer Meinung. Die dürfte eh feststehen. Überkandidelte Besserwisser haben wir in auf unseren Schiffen viel zu viele. Da ist es für Menschen wie Lee besser, da zu bleiben, wo sie herkommen."
Lee wunderte sich ein wenig, dass die Drei über sie und nicht mit ihr redeten, obwohl sie danebenstand. "Ich kann euch beruhigen", sagte sie. "Ich habe mir hier etwas aufgebaut. Ich bleibe hier."
"Und hörst dir lieber weiter alte Geschichten an", meinte Gucky. "Los, Großer." Er blickte Tolot an. "Dein Part."
Icho Tolot lachte leise. Und schon habe ich wieder das Gefühl, mitten in einem Orkan zu stehen, dachte Lee. Der Haluter blickte auf Gucky. "Es ist schade, dass du damals nicht dabei warst", eröffnete er dem Ilt.
Gucky richtete sich auf und warf sich in die Brust. "Es ist immer schade, wenn ich nicht dabei bin", proklamierte er. Dann hob er sich telekinetisch erneut bis zur Augenhöhe des schwarzen Riesen an. Auf Lee wirkte die komplette Szenerie unwirklich. Guckys Spielereien hatten für sie immer noch etwas von Zauberei, obwohl ihr natürlich völlig klar war, dass ihre Gedanken in dieser Richtung völliger Blödsinn waren. Aber, und das wusste sie auch aus ihrer beruflichen Erfahrung als psychologische Psychotherapeutin, das was man sieht und das, was tatsächlich passiert und das Gehirn daraus macht, können durchaus zwei verschiedene Paar Schuhe sein.
"Was, oh Gigant aller Giganten", gab der Ilt aus Lees Sicht ziemlich theatralisch von sich, "willst du mir damit sagen?"
"Nun", Tolot lachte wieder. "die Hauptpersonen sind ein paar Posbis, davon ein völlig verrückter, nebst einem Matten-Willy. Also nicht ganz die typisch halutische Klientel. Die hätten wohl besser zu dir gepasst."
Er konzentrierte sich und begann zu reden.
"Wie muss ich mir einen Mattenwilly eigentlich vorstellen? Wie eine zu groß geratene Amöbe, die über den Boden glibbert?" wollte Lee wissen.
"Vom Intellekt her wie Gucky", erklärte ihr Bully. "Sie reden alle nur Unsinn. Nein, im Ernst", relativierte er, bevor Gucky ihm eins überziehen konnte, "sie sind sensibel, ängstlich aber sehr fürsorglich. Im Normalzustand sind sie wohl zwei Meter durchmessende Kugeln, sie können aber auch jede andere Gestalt annehmen. Sie könnten beispielsweise die Form eines Würfels annehmen, der auf einmal zwei menschlich aussehende Augen bildet und darunter mit dem Mund irgendeines Wesens spricht. Und: Sie sind friedlich. Ich kann mir keinen Matten-Willy aktiv im Krieg vorstellen."
"Damit haben sie vielen anderen Intelligenzen etwas Wesentliches voraus", resümierte Lee. "Schade, dass nicht mehr Wesen solche Züge haben."
"Ja", sagte Gucky sinnierend. "Dann bliebe viel Leid erspart."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Einen Matten-Willy als Hauptperson hat man auch nicht allzu oft in unserer Serie gesehen. Marianne Sydow gewährt uns mit ihm einen Blick von außen auf die sich um das Zentralplasma sorgenden Haluter.
Der Held der Geschichte, der sich für terranisches Theater interessierende Punternat erlebt zusammen mit dem schrägen Posbi Pantalon und später den Halutern Abenteuer, die er sich wohl nicht hätte träumen lassen. MS entführt uns somit in eine Welt, mit der wir sonst nichts bis nicht viel zu tun haben. Es dauert eine Weile, bis die Handlung mit den drei Halutern richtig los geht, zunächst stellt die Autorin uns die Welt der Willys vor.
Auf uns Außenstehende wirkt das alles ziemlich chaotisch, aber das ist bei Ameisenhaufen schließlich auch der Fall. Aber sie schafft es, uns Punternat näher zu bringen, der im Roman über sich hinauswächst. Natürlich wäre der am liebsten ganz woanders und hätte seine Ruhe. Aber spätestens, als sie ihn feststellen lässt, dass er doch nicht hier stehen bleiben und gar nichts tun könne, merkt der Matten-Willy, dass er zu mehr fähig ist, als er glaubt.
Ein Roman der anderen Sorte. Marianne Sydow konnte eben nicht nur Dao-Lin-H'ay.
Und wir von der lesenden Zunft? Icho Tolot hat sein Volk wiedergefunden und wir kennen jetzt die Geschichte der Haluter. Praktischerweise lebt das Zentralplasma nur eine Welt weiter im gleichen System. Man kann also zusammen forschen und hoffen, dass daheim so ganz langsam aber sicher der große Hammer herausgeholt wird.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Lee sah sich um. Hinten links in der Ecke saßen Atlan und John zwischen den beiden Fichten auf einem Baumstamm. John redete grade auf Atlan ein, der den Kopf schüttelte und sachlich antwortete. Die Beiden sind immer noch beim Thema Isolation oder nicht, dachte sie.
Als sie den Kopf weiter wendete, sah sie Reginald und Gucky am Lagerfeuer ebenfalls auf einem Baumstamm sitzen. Beide hatten je ein gefülltes Glas in der Hand. Bei Gucky sah der Inhalt wie Möhrensaft und bei Bully eher wie Whisky aus. Der Terraner sagte etwas, sie verstand die Worte nicht; Gucky wirkte daraufhin sehr nachdenklich. Von dem Scherzbold, den sie vor einiger Zeit kennengelernt hatte, war im Moment nicht viel übrig. Reginald wird seinen Weg gehen. Wann, wo und wie auch immer. Es ist gut, dass er sich so entschieden hat, ging ihr durch den Kopf. Es dürfte für alle Beteiligten noch schwer genug werden, wenn es soweit ist.
Bleiben sie und Icho Tolot. Dieser Gigant. Obwohl, machte sich plötzlich ein Gedanke bei ihr bemerkbar. Wieso eigentlich Gigant? Wieso nicht Gigantin? Gut. Haluter waren eingeschlechtlich. Aber ist nicht das Gebären können nicht das Hauptkriterium für das weibliche Geschlecht? Sie wusste nicht, ob sie ihre Gedanken Tolot einfach so mitteilen durfte, dazu kannte sie ihn (oder eben sie) noch nicht lange genug. Sie versuchte es anders herum.
"Tolotos, gibt es in der halutischen Sprache eigentlich Geschlechtsbezeichnungen wie er oder sie? Beziehungsweise auch das Neutrum?"
Tolot blickte auf sie herunter und fuhr das mittlere Auge aus. Auf Lee wirkte das nach wie vor äußerst befremdlich.
"Das werde ich sehr selten gefragt", sagte die schwarze Riese. "Und ich weiß worauf deine Frage hinausläuft."
Lee fühlte sich ertappt und merkte, wie ihr Gesicht rot anlief.
"Nein, keine Sorge", flüsterte der Haluter. Auf Lee wirkte es wie eine Art Donnergrollen. Tatsächlich. dachte sie. Langsam aber sicher gewöhnt man sich daran und hat keine Sorge mehr, gleich in einem Happs verschluckt zu werden. Sie war froh, dass Tolot ihre Gedanken nicht mitbekam, das Ergebnis wäre sicherlich ein Lachorkan heftigster Art geworden.
Icho Tolot sagte ihr auf den Kopf zu, was in ihr vorging. Er zog das Auge wieder ein, richtete sich zu seiner vollen Größe von Dreimetersechzig auf und verneigte sich vor ihr. "Du gehörst zu den wenigen Menschen, die uns Haluter wirklich verstehen", sagte er. "Ich fühle mich sehr geehrt." er setzte sich wieder hin. "Eigentlich", fuhr er fort, "wollte ich dich überreden, mit auf die RAS TSCHUBAI zu kommen. Du hast einen realistischen Blick auf die Welt und die Leute um dich herum."
"Genau", piepste eine Stimme hinter Lee. "So jemand ist für eine derartige Hinterwäldler Welt viel zu schade. Wir nehmen sie einfach mit."
"Du hättest Politiker werden sollen", das war Bully. "Da gibt es auch welche, die viel reden, ohne wirklich was zu sagen. Oder eben nur blödes Zeug von sich geben. Vielleicht fragst du sie ja mal nach ihrer Meinung. Die dürfte eh feststehen. Überkandidelte Besserwisser haben wir in auf unseren Schiffen viel zu viele. Da ist es für Menschen wie Lee besser, da zu bleiben, wo sie herkommen."
Lee wunderte sich ein wenig, dass die Drei über sie und nicht mit ihr redeten, obwohl sie danebenstand. "Ich kann euch beruhigen", sagte sie. "Ich habe mir hier etwas aufgebaut. Ich bleibe hier."
"Und hörst dir lieber weiter alte Geschichten an", meinte Gucky. "Los, Großer." Er blickte Tolot an. "Dein Part."
Icho Tolot lachte leise. Und schon habe ich wieder das Gefühl, mitten in einem Orkan zu stehen, dachte Lee. Der Haluter blickte auf Gucky. "Es ist schade, dass du damals nicht dabei warst", eröffnete er dem Ilt.
Gucky richtete sich auf und warf sich in die Brust. "Es ist immer schade, wenn ich nicht dabei bin", proklamierte er. Dann hob er sich telekinetisch erneut bis zur Augenhöhe des schwarzen Riesen an. Auf Lee wirkte die komplette Szenerie unwirklich. Guckys Spielereien hatten für sie immer noch etwas von Zauberei, obwohl ihr natürlich völlig klar war, dass ihre Gedanken in dieser Richtung völliger Blödsinn waren. Aber, und das wusste sie auch aus ihrer beruflichen Erfahrung als psychologische Psychotherapeutin, das was man sieht und das, was tatsächlich passiert und das Gehirn daraus macht, können durchaus zwei verschiedene Paar Schuhe sein.
"Was, oh Gigant aller Giganten", gab der Ilt aus Lees Sicht ziemlich theatralisch von sich, "willst du mir damit sagen?"
"Nun", Tolot lachte wieder. "die Hauptpersonen sind ein paar Posbis, davon ein völlig verrückter, nebst einem Matten-Willy. Also nicht ganz die typisch halutische Klientel. Die hätten wohl besser zu dir gepasst."
Er konzentrierte sich und begann zu reden.
"Wie muss ich mir einen Mattenwilly eigentlich vorstellen? Wie eine zu groß geratene Amöbe, die über den Boden glibbert?" wollte Lee wissen.
"Vom Intellekt her wie Gucky", erklärte ihr Bully. "Sie reden alle nur Unsinn. Nein, im Ernst", relativierte er, bevor Gucky ihm eins überziehen konnte, "sie sind sensibel, ängstlich aber sehr fürsorglich. Im Normalzustand sind sie wohl zwei Meter durchmessende Kugeln, sie können aber auch jede andere Gestalt annehmen. Sie könnten beispielsweise die Form eines Würfels annehmen, der auf einmal zwei menschlich aussehende Augen bildet und darunter mit dem Mund irgendeines Wesens spricht. Und: Sie sind friedlich. Ich kann mir keinen Matten-Willy aktiv im Krieg vorstellen."
"Damit haben sie vielen anderen Intelligenzen etwas Wesentliches voraus", resümierte Lee. "Schade, dass nicht mehr Wesen solche Züge haben."
"Ja", sagte Gucky sinnierend. "Dann bliebe viel Leid erspart."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Einen Matten-Willy als Hauptperson hat man auch nicht allzu oft in unserer Serie gesehen. Marianne Sydow gewährt uns mit ihm einen Blick von außen auf die sich um das Zentralplasma sorgenden Haluter.
Der Held der Geschichte, der sich für terranisches Theater interessierende Punternat erlebt zusammen mit dem schrägen Posbi Pantalon und später den Halutern Abenteuer, die er sich wohl nicht hätte träumen lassen. MS entführt uns somit in eine Welt, mit der wir sonst nichts bis nicht viel zu tun haben. Es dauert eine Weile, bis die Handlung mit den drei Halutern richtig los geht, zunächst stellt die Autorin uns die Welt der Willys vor.
Auf uns Außenstehende wirkt das alles ziemlich chaotisch, aber das ist bei Ameisenhaufen schließlich auch der Fall. Aber sie schafft es, uns Punternat näher zu bringen, der im Roman über sich hinauswächst. Natürlich wäre der am liebsten ganz woanders und hätte seine Ruhe. Aber spätestens, als sie ihn feststellen lässt, dass er doch nicht hier stehen bleiben und gar nichts tun könne, merkt der Matten-Willy, dass er zu mehr fähig ist, als er glaubt.
Ein Roman der anderen Sorte. Marianne Sydow konnte eben nicht nur Dao-Lin-H'ay.
Und wir von der lesenden Zunft? Icho Tolot hat sein Volk wiedergefunden und wir kennen jetzt die Geschichte der Haluter. Praktischerweise lebt das Zentralplasma nur eine Welt weiter im gleichen System. Man kann also zusammen forschen und hoffen, dass daheim so ganz langsam aber sicher der große Hammer herausgeholt wird.
Kölle es un bliev e Jeföhl!!