Leenia hat geschrieben: ↑05.08.2024, 12:53
was sich mich Frage, wie würde Atan Deutsch sprechen?
Mit einem "Slang", oder reines Hochdeutsch?
Atlan kam als Erwachsener mit vielen Sprachen auf Larsaf III in Berührung.
Welche Auswirkungen wären auf sein Sprachbild möglich?
Lieben Gruß
Leenia
Las'toor Leenia!
Was für eine interessante Frage! (reibt sich grinsend die Hände).
Ich denke, das käme darauf an, welche Rolle er spielen will, wenn er auf Menschen in Deutschland trifft, und wann.
In Hans Kneifels Atlan-Zeitabenteuern lesen wir immer wieder, wie Atlan am Beginn eines Abenteuers in seiner Kuppel erwacht und von Rico, seinem treuen Roboter, über die aktuelle Lage und den Grund informiert wird, warum er geweckt wurde. Meist haben dann Außerirdische die Erde besucht, und Atlan muss sie bekämpfen oder versucht, eine Passage auf einem Raumschiff nach Arkon zu bekommen. Das geht natürlich immer schief. Auch außerordentliche Ereignisse wie besondere Entwicklungen unter den Menschen, neue Erfindungen (die Gelehrten von Alexandria) oder beginnende Kriege (Attila der Hunnenkönig) rufen ihn auf die Oberfläche der Erde.
Er muss dann trainieren um wieder zu Kräften zu kommen, rüstet sich für die Zeit und den Ort seiner Mission aus, und für die Aufgaben, die er vor sich sieht, und zieht los.
Zu seinen Vorbereitungen gehören immer auch Hypnoschulungen, die ihn umfassend über seinen Zielort und die Menschen dort informieren, komplett mit der dort und zu diesem Zeitpunkt gesprochenen Sprache bzw. den dortigen Sprachen, und der Sprache, die er beherrschen muss, um in der Rolle auftreten zu können, für die er sich entschieden hat. Ricos genaue Aufnahmen mit Drohnen-bots ermöglichen das. Er tritt immer als ein Fremder von weither oder zumindest von außerhalb der Zielgesellschaft auf-das liegt in der Natur der Sache!
Für eine Mission im Venedig zur Zeit des Casanova (ca.1755) z. B. muss er den venezianischen Dialekt der Zeit lernen, um die Venezianer zu verstehen, tritt selbst aber als ein Fremder von außerhalb auf, in diesem Fall spricht er "das klare Italienisch der Toskana", das ihm auch persönlich mehr liegt als der venezianische Dialekt, wie er in seinem Bericht erklärt.
Wir erfahren also, dass Atlan, wenn es seine Mission erlaubt, zu "klaren und klassischen" Formen der Sprache tendiert, die er sprechen muss. Das wird auch von den Rollen vorausgesetzt, die er spielt. Meist tritt er als fremder Fürst, Prinz, Graf etc. auf, also als jemand von hochstehendem Rang, der auch entsprechend schnell Zugang zu den einflussreichen und entscheidenden Gruppen der Zielgesellschaft bekommt. Er ist dann gleichzeitig auch Gelehrter, Arzt, Ingenieur, Condottiere, Truppenkommandeur, weil es immer auch Teil seiner Missionen ist, die Menschen kulturell und technisch voranzubringen.
Übertragen würde das heißen, dass Atlan ein gehobenes und gebildetes Hochdeutsch sprechen würde, aber gleichzeitig die Hypnoschulungen absolviert hätte, die es ihm erlauben, auch Dialekte und Slang zu verstehen-oder er lernt diese Variationen vor Ort, was mithilfe des Extrasinns immer sehr schnell geht.
Soweit die Voraussetzungen und die Antwort auf Deine Frage, wie wir sie aus Hans Kneifels Zeitabenteuern folgern können.
Wie würde das aber aussehen, wenn wir die Frage und die Situation Atlans auf de Erde "unter Realbedingungen" ansehen? Was geht wirklich in ihm vor, wenn er wieder einmal die Oberfläche der Erde betritt, was würde er überlegen und denken, was Hans Kneifel vielleicht nicht erwähnt hat?
Dass er die Sprache bzw. Sprachvariante lernt und spricht, die zu seiner Rolle passt, ist klar, ebenso, dass es meist die eines fremden hochstehenden, gebildeten, (adeligen) Mannes ist, auch. Dennoch hat der alte Arkonide immer auch mit armen und sozial niedrig stehenden Menschen zu tun, denen er hilft bzw. die er zu Freunden gewinnt, und die dann auch ihm helfen, oft mehr als die Adeligen an dem Fürstenhof, den er besucht. Er lernt daher auch (oft erst vor Ort) die Dialekte der Armen, der Soldaten, der Flüchtlinge aus einem anderen Land etc. Wenn er es psychologisch braucht, kann er seine Autorität als fremder Fürst einsetzen, der auch wie ein femder Fürst spricht, aber auch Menschen mit Vertraulichkeit gewinnen, indem er mit ihnen auf Augenhöhe und in ihrer Sprache spricht.
Dabei passiert das alles nicht "im leeren Raum", auch wenn Hans Kneifel das oft mehr oder weniger suggeriert, und Atlan erzählen lässt, dass er eine Sprache immer wieder neu lernen muss, über Jahrhunderte und sogar Jahrtausende. Ja schon, aber-
Atlan hat ein photographisches Gedächtnis!
Er erinnert sich genauestens an die älteren Versionen einer Sprache, die er schon gesprochen oder zumindest auf Aufnahmen Ricos kennengelernt hat.
Im Fall des Deutschen heißt das also, dass er sich an das Mittelhochdeutsche des Nibelungenliedes erinnert, an den Hof der Babenberger, wo dieses Lied, soeben gedichtet, das erste Mal vorgetragen wurde. Er würde sich daran erinnern, dass Lieder dieser Art nicht laut gesprochen, sondern gesungen wurden, und er würde auch die Sagen und "alten Mären" kennen, die der Nibelungendichter eingangs erwähnt und für sein Lied als Quellen verwendet hat: die Lieder der Edda, besonders das von Sigurd und die Geschichten um Etzel. Er würde wissen, dass es sich bei Etzel um Attlia handelt-da würde ihm das Totenlied auf diesen König auf hunnisch einfallen-und er würde das Sigurdlied auf altnordisch zitieren können!
Es wird gelegentlich in der Perry-Rhodan-Serie erwähnt, wie Atlan einem Erinnerungsschub Widerstand leisten muss oder wie er zusammenbricht und erzählt (das erste Mal passiert das in der Serie, als er vom Aufbau und danach vom Untergang von Atlantis erzählt). In der "Realität" muss das aber viel öfter, wenn auch nicht so heftig, geschehen sein!
Wie wäre sein Geistes-und Gemütszustand in solchen Fällen gewesen? Ich habe mir darüber Gedanken gemacht und habe eine solche Szene in meinem Atlan-Zeitabenteuer "Ein karibisches Abenteuer" eingebaut, die ich hier zitiere:
Atlan befindet sich im Paris des Jahres 1620. Bei einem Festmahl im Haus eines befreundeten Adeligen werden Erdbeeren serviert.
"Zum Nachtisch gab es Erdbeeren mit Schlagsahne und Honig. Das Arrangement auf meinem Teller berührte mich eigenartig, und plötzlich erinnerte ich mich daran, dass ich eine solche Speise auf beinahe gleiche Art schon einmal serviert bekommen hatte-vor vielen hunderten von Jahren.
Es war in Athen im Hause des Solon gewesen, vor über zweitausendzweihundert Erdenjahren. Der Archon hatte mich, den Gast aus dem Land der Skythen, zu afrogala kai mele mit Beeren eingeladen. “Meine eigene Frau hat die Pflanzen im Garten gepflanzt und gehegt“, hatte er voller Stolz gesagt.
She huan da Arkon. Solon und ein Athen, das noch nicht von den Persern verwüstet worden war, klein und heimelig und noch lange nicht so großartig wie die Stadt zu Perikles‘ Zeiten gewesen war, oder als Sokrates durch ihre Straßen wanderte und den Passanten seine philosophischen Fragen stellte.
Die Burg des Theseus hatte immer noch auf dem Felsen gestanden, jetzt von den Wachsoldaten bewohnt, gut erhalten und gehalten, obwohl die lebendigen Fresken, die die Taten des Theseus und der Göttin Athene darstellten, zu Solons Zeit schon sehr verblasst waren und die Wände neu mit Mäandern bemalt worden waren.
Ich erinnerte mich an diese Fresken, als sie frisch gewesen waren und neu gemalt, als der Geruch des weißen Kalkanstriches der Mauern noch in der Luft gelegen hatte. Ein Harfner hatte auf einem Hocker gesessen und den Männern in der Halle von den Taten des Königs vorgesungen, eines Königs, der auf seinem Thron saß und seinen Jagdhund streichelte, und nichts anhatte als das Lendentuch eines Stierspringers und eine Menge juwelenverzierten Schmuck, wie man es auf Kreta trug, ausländische Mode in den Augen seiner griechischen Untertanen, die ihn aber zutiefst bewunderten und verehrten. Theseus hatte den mächtigen Stier Kretas bezwungen und die Insel erobert, und hatte die Städte der Griechen vom Joch der Minoer befreit.
Aber zu dieser Zeit war Kretas Macht ohnehin schon geschwunden. Die Könige dieser Insel waren da schon von gemischter Herkunft gewesen, halb minoisch und halb griechisch, die größte Zeit der Stierspringer und des Stierhofes war da schon vorüber. Die Ariadne war nicht mehr länger die alleinherrschende Königin und Herrin der Insel, sondern war zur Hohepriesterin geworden, während ein Mann über das Volk herrschte, das zuvor nur Königinnen gekannt hatte, ehe die blondhaarigen Barbaren gekommen waren.
Ihr Götter-vor jeder Erinnerung gab es eine immer noch ältere, wohin auch immer ich ging auf dieser Welt der kleinen Barbaren, wann immer ich auch wieder auftauchte aus meiner Schutzkuppel auf dem Grund des Ozeans. Am Beginn meiner Erinnerung auf diesem Planeten standen jedoch Tod und Zerstörung, riesige Wellen und Wassermauern, die sogar die Türme aus Arkonstahl unter sich begruben und in die Tiefe rissen und Roboter in Stücke schlugen, während die verwehende Wolke aus ionisiertem Gas und leuchtender Energie am Himmel zerfaserte, jene Wolke, die zuvor mein stolzes Flaggschiff gewesen war. Die gesamte Besatzung, Männer und Frauen, die ich seit Jahren gekannt hatte und die tapfer an meiner Seite im Methankrieg gekämpft hatten, waren zugrunde gegangen. Nur ein einziger Mann, orbton Cunor, hatte sich mit mir in die Schutzkuppel retten können. Nur kurze Zeit später war er von einem Wilden mit einem Faustkeil erschlagen worden.
"Wach auf, Arkonide", rief der Logiksektor mich zur Ordnung. "Das war vor tausenden von Jahren, selbst nach arkonidischer Zeitrechnung. Das hier ist Frankreich, du hast Freunde und Helfer, und Toinon wartet auf dich. Du bist nicht mehr alleine, hier und jetzt. Genieße was du hast und was dir großzügig geschenkt wird."
Meine kleinen Barbaren waren mir inzwischen ans Herz gewachsen, und so sehr ich mich nach meiner Heimat sehnte und sofort nach Arkon aufgebrochen wäre, hätte ich die Möglichkeit dazu gehabt, so wenig wollte ich die Menschen mit Hilfe einer Kolonisationsflotte unterdrücken. Es hatte sich sehr viel geändert, zwischen dem Untergang von Atlantis und dem Jahre des Herrn sechzehnhundertzwanzig in der Stadt Paris.
Ich biss herzhaft in die Erdbeeren und ließ die Creme auf der Zunge zergehen. Sogar der Geschmack war ähnlich wie damals in Solons Haus!"
Wir sehen bei den Realsprachen, dass Sprachversionen, die von der höchsten Gesellschaftschicht und /oder Priestern gesprochen werden, manchmal Jahrhunderte später als Ritualsprache erhalten geblieben sind, die eventuell niemand mehr versteht. Das war z. B. so mit dem Latein derZeit des Zwölftafelgesetzes, (450 v.Chr.), das bei den staatlichen Zeremonien und Ritualen auch in der Kaiserzeit noch verwendet wurde, obwohl kaum jemand da noch verstand, was diese Wörter und Sätze bedeuteten. Ganz zu schweigen vom Etruskischen, das da manchmal sogar mitspielte!
Das wäre ganz so, als ob heute ein Arzt im deutschsprachigen Raum zu Beginn jeder Operation ernsthaft die Worte des Merseburger Zauberspruches vor sich hin murmeln würde: "Ben zi Bena, so si gelimida sin!" -Bein zu Bein, damit sie zusammengeleimt seien!
Auch solche Dinge müssten dem alten Arkoniden immer wieder begegnet sein. In meinem Karibikabenteuer macht er sich das zunutze, indem er bei den Indigenen der Karibik als behike, als Eingeweihter und Heiler auftritt, und sofort großes Ansehen genießt, weil er die alte Hochsprache der Priester sprechen kann, die dreihundert Jahre davor überall bekannt war und jetzt nur mehr wenigen Eingeweihten zur Verfügung steht.
Welche Auswirkungen hätte das alles nun auf Atlans persönliches Sprachbild?
Meiner Meinung nach: gar keine, bzw. nur insoweit, als er gerne einmal alte Sprichwörter zitiert, seien es arkonidische oder solche aus verschiedenen Zeiten und Orten der Erde, oder in alten Sprachen der Menschheit flucht. "Die Formulierungen der Wikinger waren dabei besonders kernig."
Er zitiert nur und übersetzt im Normalfall seine Worte nicht in die zur Zeit gängige Sprache der Menschen (ob das nun Englisch ist wie zur Anfangszeit des Solaren Imperiums, oder das spätere Interkosmo). Dadurch wird auch seine momentane Sprache davon nicht berührt oder verändert. Für Atlan war das Arkonidische, das er bei Thora und Crest hörte, als er nach dem Zweikampf mit Perry Rhodan von der Venus wieder zur Erde zurückkam, vermutlich auch fremd genug! Ich nehme an, dass er dafür eine Hypnoschulung bekam. Sein eigenes Arkonidisch, das er mit seiner Kuppelpositronik und mit Rico zehntausend Jahre lang gesprochen hatte, war inzwischen zum Altarkonidischen geworden, sein Altarkonidisch der Gründerzeit, der Frühzeit und der Archaischen Perioden hieß vielleicht inzwischen Ur-Arkonidisch!
Aufgrund seines photographischen Gedäcthnisses kann er Vokabel, Phrasen, Grammatik etc. auch nicht vergessen oder mit der Zeit verändern (und sich so z.B. eine eigene Sprachversion erschaffen). Meiner Meinung nach war und blieb für Atlan das Arkonidisch, mit dem er sich wohlfühlte, das er privat sprach und vielleicht seinen engen Freunden beibrachte (z.B. Perry oder Gucky) das Altarkonidisch der Methankriegszeit. Als Imperator Gonozal VIII musste er natürlich das moderne Arkonidisch sprechen und gewöhnte sich daran. Dennoch konnte er sicher klar zwischen den beiden Versionen unterscheiden und verwendete sie bewußt und gezielt. Ich nehme an, dass er das jeweilige Arkonidisch der Zeit auf ähnliche Weise verwendete wie er zuvor die immer neu zu lernenden neueren Versionen der Sprachen auf der Erde verwendete, dass aber für ihn das "eigentliche Arkonidisch" sein eigenes aus der Methankriegszeit war und blieb.
Für eine solche Haltung gibt es auch Belege aus der Perry-Rhodan-Serie. Es wird mehrmals erklärt, dass die Arroganz der "echten" Arkoniden aus dem Arkonsystem selbst teilweise auch damit begründet wurde, dass sie bewußt eine Politik der Abgrenzung gegenüber Kolonialarkoniden und Fremdwesen betrieben. Nicht nur deshalb, weil sie die eigene Kultur für überlegen hielten-das auch!-sondern weil sie sich schlicht und ergreifend dazu gezwungen sahen, um die eigene Kultur und Sprache möglichst unbeeinflusst und eigenständig erhalten zu können. Damit war auch die Bewahrung und die Gesundheit der eigenen psychischen und mentalen Strukturen verbunden. Unser Denken formt unsere Sprache, und unser Denken wird durch unsere Sprache geformt!
Das ist inzwischen weniger ein Exkurs als ein langer Vortrag. Ich hoffe, ich konnte Deine Fragen beantworten! Ich freue mich schon auf die nächsten Kommentare und Fragen!
Tats'toor,
Susamo