Bericht Georg Turner:
Du kannst Dir wahrscheinlich nicht ganz meine emotionelle Stimmung in dieser Zeit vorstellen, mein Junge. Zuerst, die 'relative' Geborgenheit, und das Bewusstsein einer technischen 'Unbesiegbarkeit' an Bord dieses 'unüberwindlichen' Schlachtschiffes, dann das Bewusstsein, dass man doch verwundbar ist. Der plötzliche Kontakt zum Gevatter Tod, dann die Hilflosigkeit im Spielball der Naturgewalten, schließlich die Tatsache, dass man in die Hände des Feindes gefallen ist und man diesem ausgeliefert und fremdbestimmt ist, und schließlich, dass man den kennenlernen darf, der das Sinnbild all seiner Wünsche und Träume ist. Diese Achterbahn der Emotionen musst du einmal erleben mein Junge und das innerhalb von nur weniger Stunden.
Schliemann war ein Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle. Man sah, dass er eine bessere Kleidung als diese Uniform, die er jetzt anhatte, gewohnt war. Auch seine englische Aussprache war tadellos, bis auf seinen griechischen Akzent. Ich mochte ihn von Anfang an. Als er sich nach meinen, eher enttäuschenden Worten, schon abwenden wollte, sagte ich: "Verzeihung Herr Schliemann, aber ich bin ein großer Bewunderer ihrer großen Entdeckungen und der Erforschung von Troja, ..."
"...Ich glaube Sie verwechseln mich, ich heiße NICHT Heinrich Schliemann und mein Vater, ähh Großvater ist schon lange tot, ...", sagte er daraufhin etwas pikiert.
"... und mein sehnlichster Wunsch ist es, und deshalb habe mich sogar als Amerikaner auf dieses Schiff anheuern lassen, Troja mitzuerforschen, deshalb studiere ich auch Archäologie und habe, ... ...was, sie sind nicht Heinrich, ... Oh, ich bitte Sie vielmals um Verzeihung, ach nein, das ist mir jetzt fürchterlich peinlich, ich habe, ... ich habe nur an meinen gefallenen Kameraden Paul gedacht und deshalb ihren Namen nicht so richtig mitbekommen, ... ich werde...!" fing ich zu stottern an.
"Nun macht nichts, schwamm drüber, ... Paul, ... aha, deshalb, hm... aber sie sagten, sie würden Archäologie studieren? Nun ich könnte einen Assistenten gut gebrauchen!" Etwas verwirrt blickte ich ihn an: "Aber, ... ich bin doch hier ein Kriegsgefangener und liege hier in einem, ..."
"Nein keine Angst, das regle ich schon. Laut Dr. Jügüilon, sind sie bis auf einen Erschöpfungszustand völlig gesund, aber wenn sie natürlich darauf bestehen, ich darf sie nur darauf hinweisen, dass man sie ohne meine Intervention kaltblütig niedergestochen hätte, denn POW's (Kriegsgefangene) kosten laut türkischer Ansicht nur unnötige Zeit und Geld, ..."
"Ja natürlich, ich helfe ihnen selbst verständlich gerne, der Krieg kann mich... nun nicht aus der Ruhe bringen, ich wollte nur auf dem schnellsten Weg hierher", nun lächelte er, ob meines dummdreisten Scherzes, "aber Sie, Sie sind doch Soldat, wenn ich nicht irre, Major sogar, ...!"
"Nun das ist reine Formsache, ich habe hier einen Forschungsauftrag der türkischen Regierung für ein Ausgrabungsprojekt, dem die Türken große Priorität einräumen und seitdem ich meinen Neffen Paul in New York verloren habe", in seinen Augen konnte ich ein paar flüchtige Tränen erkennen, "ist ihr Auftauchen hier ein richtiger Segen!"
Gesagt, getan, nach einigen Stunden, es war mittlerweile Tag geworden, stand ich in Zivilkleidung, die er mir zur Verfügung gestellt hatte, vor ihm, ich selbst hatte ja keine eigenen Sachen mehr.
"Wie ich sehe, passen ihnen die alten Kleider von Paul! Nun umso besser!"

Çanakkale Bolayir.auf der Halbinsel Gallipoli; Google Maps angepasst
Mit ein paar alten Armeelaster fuhren wir auf der Gallipolihalbinsel Richtung Süden bis zum Ort Çanakkale Bolayir. Schliemann hatte nach wie vor die türkische Armeeuniform an, aber auch gleichzeitig den Arabischen Burnus darüber, den er auch mir als Überkleid anziehen lassen hatte. Bis auf ein paar Hütten sah man dort nichts.
"Ich dachte wir fahren Richtung Troja?", versuchte ich einzuwenden. Er schüttelte nur den Kopf und sagte nichts weiter. Als uns die Armeelaster ausluden, ebenso die 130 Soldaten, die man uns mitgegeben hatte und die froh waren, dem Tod und Verderben des Gallipolikrieges, zumindest für ein paar Stunden entronnen zu sein, konnte ich eine kleine Anhöhe entdecken, an der zumindesten ansatzweise Grabungen durchgeführt worden waren.
"Sie haben behauptet Archäologie studiert zu haben, also müssen sie auch eine gewisse Ahnung von Geologie haben. Also was halten sie von diesem Landschaftsprofil?" Bei dem ausgegrabenen Durchstich konnte man erkennen, dass der Hügel zwar primär künstlichen Ursprungs war, jedoch auf einer bestehenden natürlichen Formation errichtet worden war. "Also ich habe mit dem Studium erst begonnen, aber soweit ich verstehe, ist dies primär ein künstlicher Grabhügel aus der hellenischen Zeit, also etwa 300 BC, also etwa 2.200 Jahre alt."
"Richtig, gratuliere, Sie haben ihre Hausaufgaben gemacht. Das sind die Überreste der hellenische Stadt Lysimacheia. Die antike Stadt erstreckt sich an der engsten Stelle der Gallipolihalbinsel auf einem zum Teil beträchtlich abfallenden Höhenrücken über mehrere Hügel, Senken und Plateaus. Der moderne Ort Bolayir liegt zwischen der höchsten Erhebung eines Höhenrückens im Süden und eines Steilabfalls im Norden. Nur ich sprach von Geologie, also was sehen sie sonst noch?"

Kliffküste (WIKI)
"Nun, darunter sieht man eine natürliche Struktur. Oben eine etwas sandige Sediment-Schichtung, wie eine Uferscholle, darunter massive Gesteinsformationen, ... Aber eigenartig, da kann man Korrosionsabtragungen feststellen, fast wie ein Kliff!"
"Sehr gut und dort unten ist sogar eine Brandungshohlkehle festzustellen. Und was schließen Sie daraus?"
"Nun, dass hier einmal das Meer war!", sagte ich erstaunt, "und das 30 Kilometer entfernt vom Ufer!"
"Genau, hier pflügten einmal große Schiffe durch diese Gestaden! Allerdings war dies vor etwa 9.600 Jahren der Fall!"
"Aber da gab es doch noch keine großen Schiffe! Maximal kleine Küstensegler!"
"Hm, dann lassen Sie sich einmal überraschen!"
Die Soldaten fingen nunmehr zu schaufeln an und wir kamen relativ schnell voran. Gegen Abend hatten wir den Durchstich im eher sandigen Bereich geschaffen und stießen auf eine Mauerwand. Da es zu dunkel war, beendeten wir für den heutigen Tag unsere Arbeit und es wurden nur mehr leichte Sicherungsarbeiten durchgeführt, damit die Sedimente nicht nachrutschen konnten.
Am Abend lud mich Schliemann in sein Zelt ein und wir redeten über die bisherigen Ergebnisse.
"Ja wir sind nun am Grab eines hellenischen Fürsten gelandet und damit am Anfang unseres Aufgabenbereiches!"
"Und was ist unser Aufgabenbereich?", fragte ich neugierig.
"Nun, das ist eine lange und komplizierte Geschichte. Also gut, wenn ich sie (bzw. dich -im Englischen gibt es da keine Differenzierung-) nicht in das gesamte Thema einführen und dir kein Vertrauen entgegenbringen könnte, dann hätte unsere weitere gemeinsame Tätigkeit keinen Sinn. Und seitdem Paul nicht mehr ist, benötige ich eine Person des Vertrauens, meine Frau ist, wie ich mittlerweile weiß, dabei eindeutig die falsche Person!" Dann sprachen wir lange, und das, was er mir hier offenbarte, ließen mein Gesicht lang und länger werden. Er erzählte mir von seinem Neffen Paul, den er trotz des Zerwürfnisses seines Vaters mit der 'russischen Linie' aufgesucht hatte und mit dem er ein äußerst intimes, freundschaftliches Verhältnis hatte. Also, dachte ich mir, ich weiß zwar nicht, was du mit dem gehabt hast, geht mich auch nichts an, aber mich wirst du nicht, also zumindestens nicht auf diese Weise vereinnahmen! Er erzählte mir, dass sein Name nicht Paul, sondern Agamemnon war und er tatsächlich nicht der Enkel, sondern der Sohn des berühmten Archäologen war. Er erzählte mir vom Vermächtnis seines großen Vaters, den Entdeckungen, die dieser und er selbst gemacht hatten. Er sprach über Atlantis, über Platon und die Schriftstücke, die er über ihn gefunden hatte. Also nicht die Abschriften der Abschriften der Abschriften aus dem Mittelalter, sondern die vollständigen Originalschriften des Platons, die er in Susa in Persien, in den Archiven des Großkönigs Artax¨açā, der uns unter dem Namen Artaxerxes III bekannt war, entdeckt hatte. Er zeigte mir auch die Originale und seine selbst verfertigten Übersetzungen. Er sprach auch von seinen äußerst mysteriösen Ausgrabungen in Saïs, bei der er das Grab der Neith gefunden hatte. Er zeigte mir einige metallene, irisierenden Plättchen und zwei "Knochenmasken", die er derzeit noch sein eigen nannte. Und er sprach über die furchterregenden Smith's, die nicht nur die restliche Sais-Expedition auf dem Gewissen hatte, sondern auch seinen Neffen Paul. Er war damals von Saïs mit Paul und seinen gesamten Unterlagen geflohen und untergetaucht.
Auf seiner Flucht vor den Smith's war er schließlich nach Amerika, New York gekommen und hatte die wichtigsten Unterlagen dem Zeitungs-Tycoon William Randolph Hearst samt eines Teiles seiner Geschichte übergeben. Er stellte sich dort auch als Paul Schliemann vor, damit die Smith nicht auch seine Frau und seine griechische Familie in diese Sache hineinziehen konnten. Mit dem Hintergedanken, falls seine Story veröffentlicht worden wäre, hätten die Smith's keine Handhabe mehr gegen ihn gehabt.
Großer Irrtum, eines Tages bekam er auf seiner in den New Yorker Docks vertäuten Jacht einen Besuch der Smith's. Er und Paul wehrten sich zwar heftig ihrer Haut und die Gatling- Revolverkanone am Dach seiner Jacht leistete dabei wertvolle Hilfe, doch die eigenartigen Gestelle der Smith, ließen seine Jacht in einer gigantischen Explosion vergehen. Er selbst konnte sich gerade noch ins Wasser retten, doch Paul, der nicht schwimmen konnte, ihn konnte er nicht mehr retten. Insofern hatten wir beide durchaus ein ähnliches Schicksal.
Über abenteuerliche Wege kam er schließlich in die Türkei, konnte dort seine Beziehungen zu den türkischen Regionalgrößen ausspielen und mit viel Bakschis bekam er schließlich den Posten eines Majors in der türkischen Armee in der Nähe von Troja. Dass die Alliierten gerade hier ihren Krieg beginnen sollten, konnte er natürlich nicht wissen. Obwohl, nachträglich war die Sache nicht einmal so schlecht. Als Offizier und bei diesen Wirrnissen, konnte er leichter untertauchen. Schließlich bekam er vom türkischen Oberkommando den Auftrag hier ein äußerst brisantes Artefakt zu bergen. Es waren nämlich aus illegalen Grabungen in der Gegend um Bolayir schwere geschweißte Panzerplatten aufgetaucht, die die türkische Rüstungsindustrie gar nicht in der Lage war zu erzeugen. Und das aus einer Zeit, die zumindestens 2.200 Jahre zurücklag. Die bisherigen Ausgrabungen ließen jedoch den Verdacht aufkommen, dass diese wesentlich älter waren. Paul, oder besser Agamemnon erzählte sich alle Sorgen von der Seele und ich konnte nur staunen, was ein Mensch so alles erleben und erleiden konnte. Paul hatte schließlich ein paar Gläschen zu viel und ich konnte mich schließlich zurückziehen.
Am nächsten Morgen ging die Kampagne schließlich weiter. Paul merkte man den Alkoholexzess überhaupt nicht an, er war offensichtlich einiges gewohnt. Die gefundene Mauerwand stellte sich tatsächlich als Wand eines Schachtes heraus, die in ein unterirdisches griechisches Mausoleum führte. Die Ausstattung war also so, wie man sie von dieser Zeit erwarten durfte. Doch kein Hinweis auf irgendwelche Panzerplatten oder Atlantis. Alles schien nur auf hellenische Architektur hinzuweisen, bis ich feststellen musste, dass der Boden so absolut nicht zu dieser Zeit passte.
So war der Boden nicht mit der typischen griechischen Ornamentik ausgestattet, sondern mit eher minoischen oder auch eben ägyptischen Motiven geschmückt. Wir konnten also davon ausgehen, dass das griechische Mausoleum über einem bestehenden älteren Gebäude errichtet worden war.
Paul setzte wieder seine bereits verwendete Errungenschaft ein, und zwar eben den Seismographen. Mit ein paar Sprengstoffladungen konnten wir schließlich den Zugang zu einem recht großen Hohlraum entdecken und aufbrechen.
Im Lichte der Karbidlampen sahen wir unter uns eine leicht braune bombierte Oberfläche. In die eine Richtung war diese Oberfläche durch Gesteinstrümmer verdeckt, doch in der Seitenrichtung konnte man eine Art Reeling entdecken und in die vierte Richtung konnte man Aufbauten feststellen. Wir seilten uns ab und merkten schon, als wir auf dieser Oberfläche auftraten. Dies war weder Holz noch Gestein, das unter uns war Metall! Der Kegel unserer Lampen holte ein eigenartiges Szenario aus dem Dunkel. Wir standen auf einer alten verrosteten assyrischen Bireme, wenn man sich ihre Konstruktionsmerkmale verinnerlichte. Jedoch hatte so ein Schiff im Normalfall weder Aufbauten im Heck, noch war sie aus Metall errichtet gewesen. Nach ein paar Metern kamen wir zu einem abgedeckten Niedergang. Mit viel Kraft und unter zu Hilfenahme mehrer Stemmeisen bekamen wir diese vorrostete Klappe auf. Die nach unten führenden Treppen waren stark verrostet und wir behielten die Seile um unsere Körper geschlungen. Im zweiten Geschoß konnten wir links und rechts die aus dem Rumpf ragenden Ruder erkennen. Jedoch konnte man darunter keine Sitzbänke für die Ruderer erkennen, sondern lediglich eigenartige Scharniere, die wiederum in einer parallel zum Schiff laufenden Welle mündeten. Das heißt alle Ruder waren mit dieser Welle verbunden und die Welle führte weiter in den hinteren Bereich des Schiffes. Wir holten uns noch schnell zusätzliche Karbidlampen und drangen dann weiter in das Heck des Schiffes vor. Dabei mussten wir zahlreiche Trümmerstücke beiseite räumen und etliche offene Türen passieren. Wir wussten zwar nicht wie viel Meter Richtung Bug im Gestein steckte, aber die Bireme hatte eine Breite von ca. 8 Meter und bisher waren wir ca. 30 Meter Richtung Heck vorgedrungen. Also zum Vergleich zu einer bekannten Bireme, war dieses Schiff riesig!
Nach letzten Endes 39 Meter war Schluss. Wir standen vor einer massiven Tür aus Stahl, die sich absolut nicht öffnen ließ. Doch Paul ließ sich nicht entmutigen. Es waren zahlreiche Ornamente ägyptischer Prägung zu sehen. Er drückte hier und versuchte dort einen Teil der Ornamentik zu verschieben. Und tatsächlich, plötzlich ertönte eine blecherne Stimme, die mich fürchterlich erschrecken ließ und immer wieder denselben Wortlaut wiederholte. Paul zog aus seinem Leinensack einige eigenartigen Knochen hervor, baute diese zu einem eigenartigen Rhomboid zusammen, drückte sie in sein Gesicht, wobei Stirn, Augenlieder und Mundöffnung von diesen Knöcheln bedeckt waren und begann auf einmal in einer fremden Sprache zu sprechen und sein Gesicht in eigenartiger Weise zu verziehen. Nach einigen Minuten öffnete sich die Türe wie von Geisterhand.
Ich wollte bereits den Raum betreten, als mich Paul mit eiserner Faust zurückhielt. "Nein, nicht, das hatten wir bereits einmal!" Dann kramte er in seinem Leinenbeutel ein weiteres Knochenrhomboid hervor. "Drücke es in dein Gesicht!" Ich tat es und bereute es exakt im selben Augenblick. An den Berührungspunkten bohrten sich mit einemmal Zähne in mein Gesicht und ein fürchterlicher Schmerz durchzog meinen Körper. Doch von einer Sekunde zur anderen war der Schmerz verschwunden und ich hörte eine befehlsgewohnte Stimme. "Biologische Einheit ist nicht ident mit Astrolab Berechtigungslizenz Omega eins drei! Neueingabe für zeta fünf vier vier notwendig, ab jetzt. Berechtigungschip vorweisen!" Paul kramte wieder in seinem Leinensack und drückte eines seiner Metallplättchen in in einen sich öffnenden Schlitz.
Nach einiger Zeit kam eine weitere Meldung des Wächters
"Bestätigungssequenz für zeta fünf vier vier akzeptiert. Biometriedaten werden aufgezeichnet." Eine Fläche neben der Tür glühte auf einmal grün, in Form einer Hand auf. Paul nickte mir zustimmend zu und ich legte meine Hand auf diese grüne Fläche. Danach verschwand die Hand und ein rotes blinkendes Licht trat an seine Stelle. "Mit dem rechten Auge genau auf das rote Licht schauen, aus ca. 5 cm Entfernung!" Als ich das getan hatte, durchzuckte mich plötzlich ein fürchterlicher Schmerz, der aber sofort abklang. "Berechtigungslizenz Omega eins vier vergeben. Zugangsdaten gespeichert und auf Astrolab und der biologischen Struktur genetisch aufgeprägt. Mögliche körpereigene genetische Sonderfähigkeiten freigeschalten."
Dann verschwanden die Lichterscheinungen mit einem Mal. Paul nickte mir auffordernd zu und ich folgte ihm in den angrenzenden Raum.
Paul meinte: "Glücklicherweise haben wir hier nur eine wesentlich einfachere atlantisches Einheit vor uns, somit ist auch das Initialisierungsprocedere einfacher, als ich es durchexerzieren musste."
Im hinteren Raum konnte man mit einemmal technisches Gerät erkennen, welches aber exotisch mit Ornamenten und Grafiken ausgestattet war. Neben einem offensichtlich bereits verrotteten Stuhl waren zahlreiche Hebeln angebracht, die nach unten führten. Durch eine Klappe kamen wir eine weitere Ebene nach unten und sahen dort eine riesige Maschine stehen. Man konnte auch die zwei Wellen sehen, die in dieser Maschine endeten. Diverse Umleger, Zylinder und Gelenke waren an der Seite dieser Maschine angeflanscht. Alle Verbindungsstücke waren fast fugenlos, also ohne Nahtstellen miteinander verschweißt, allerdings waren sie alle von einer dicken Rostschicht bedeckt.
"Also ich würde das Ding als Dampfmaschine bezeichnen. Ich habe mir die Dampfmaschine in der HMS Irresistible eingehend angesehen." Wir machten einige Fotos von all diesen Objekten und vom Stuhl brachen wir ein Stück des verrotteten Holzes ab und steckten es in unsere Behältnisse. Weitere Reaktionen konnten wir an diesen Apparaturen jedoch nicht mehr provozieren.
Als wir jedoch einen weiteren Raum betraten, konnten wir eine in der Ecke gelehnte eigenartige Röhre mit einem eigenartigen Kasten darunter entdecken, die auch schon Rost angesetzt hatte. Trotzdem konnte man an dem einen Ende eine aufgeprägte Schrift erkennen und die war nicht in ägyptischen oder phönizischen Schriftzeichen ausgeführt. Dort konnte man lesen "FIM-92J US ARMY 2009". Sorgfältig fotografierten wir auch dies. Sonst konnten wir jedoch keine weitern Highlights entdecken. Wir gingen also zu unserem Abstiegsloch zurück und wurden von den Soldaten wieder nach oben gezogen. Am nächsten Tag würden wir einige Exponate mit Hilfe unserer Helfer bergen können.
Am nächsten Tag erwartete uns jedoch eine böse Überraschung. Ein Oberst der türkischen Armee erwartete uns und führte mit Paul einen lauten Diskurs. Papiere wurden vorgewiesen und emotionell zur Seite gedrückt. Als letzte Reaktion salutierte Paul mit einemmal und der türkische Oberst verschwand zufrieden mit seinem Fahrzeug. "Was ist geschehen?" fragte ich. "Wir müssen hier leider alles abbrechen! Angeblich planen die Engländer morgen eine Großoffensive und da wird jeder Soldat benötigt! Wir können ja danach wieder hierherkommen. Aber der Krieg hat eben Vorrang!", sagte Paul sarkastisch.
Am nächsten Tag, es war der 21. August 1915, ging Paul die eigenen Stellungen, genannt "Lage 60" ab. Es war alles vorbereitet, die Engländer hatten keine Chance. Überall an den neuralgischen Stellen waren Maschinengewehre überlappend angebracht und die Engländer, die durch eine Schlucht und einem ausgetrockneten Bachbett einen steilen Hügel hinaufstürmen mussten, würden im Kreuzfeuer stehen.
Ich galt als Pauls Pfeifendeckel und konnte somit ungehindert weiter zurück an einem Hügel das Geschehen mit einem Feldstecher beobachten. Es war früh am Morgen. Es war wieder ein strahlender Tag und die Sonne brannte schon in der Früh ganz ordentlich herunter, selbst die Zykadeen merkten es und hatten bereits ein munteres Konzert begonnen. Nur ein paar Wolken konnte man da am Himmel sehen.
Was heißt Wolken? Ich konnte durch den Feldstecher acht Wolken beobachten, die so ca. 250 Meter lang und 50 Meter breit und sehr kompakt erschienen. Also wie Wolken sahen sie nicht wirklich aus. Auf einmal senkte sich eines dieser Dinger und plazierte sich exakt über der Schlucht. Das Ding war verblüffend, denn es verdeckte den gesamten Zugang zur Schlucht, es war nebelartig, ohne wirklich ein Nebel zu sein, war gewaltig und blassgrau und sah, ja und sah so ähnlich wie ein Laib dieser französischen Kommissbrote aus. Und eigenartig, obwohl es da einen leichten Wind gab, die Wolken störte das absolut nicht.
Da konnte ich unseren Feind auf uns zumarschieren sehen, ein komplettes englisches Regiment marschierte da auf unsere Linien zu und durchquerte das ausgetrocknete Bachbett. Sie marschierten mit der Fahne voran, da stand auch der Name ihrer Einheit "5. Regiment von Norfolk". Auf einmal hörte das Zirpen der Zykadeen auf, als ob sie geahnt hätten, was da auf sie zukam. Dann auf einmal eine gigantische Staubwolke und ein Blitz und danach ein Lärm, der mir nur zu vertraut war. Türkisches Artilleriefeuer brandete auf. Und schon die ersten Salven trafen exakt die englische Einheit. Trotzdem marschierten die Soldaten wie Automaten weiter. Und mitten in ihren Reihen schlugen die Granaten ein. Doch sie rückten unbeirrt weiter vor, der Fahnenträger an der Spitze. Und jetzt, ... jetzt wurde es interessant, sie gingen, ohne anzuhalten auf diese eigenartige Wolke zu, ... und drangen in sie ein, wie in eine Nebelwand. In Achterreihen, im Gleichschritt. Es vergingen einige Minuten, bis... mittlerweile waren bereits alle Soldaten in diesem Nebel verschwunden und ... eigentlich hätten nun schon die ersten an der anderen Seite, zweihundertfünfzig Meter weiter, wieder herauskommen müssen. Doch da kam nichts!
Und da, als hätte die Wolke nur auf den letzten Mann gewartet, erhob sie sich jetzt vom Boden und schwebte hinauf, Richtung türkischer Front. Dort bedeckte sie die türkischen Stellungen und ... natürlich dort stand auch Paul und dann ganz langsam, wie ein Flugobjekt, stieg sie von dort senkrecht auf. Ihre Umrisse waren vollkommen deutlich. Ihre Substanz offensichtlich so kompakt, dass sie sogar das Sonnenlicht reflektierte. Aus der schwebenden Masse zucken manchmal eigenartige grelle Blitze hervor.
Und dort, wo das englische Regiment marschiert war, dort war nichts mehr, nur mehr der ausgetrocknete Bachlauf. Die vierhundert englischen Soldaten und Paul waren ... davongeflogen. Sie waren offensichtlich von diesem unvorstellbaren Nebelgebilde aufgesogen worden, das nunmehr seinen Flug fortsetzte. Es stiegt weiter auf, plazierte sich schließlich oben am Himmel zu den sieben ähnlichen kleinen brotförmigen Wolken. Dann verschmolz es mit ihnen und bildete so eine kompakte Masse, die sofort nach Norden hin entschwand. Weder vom 5. Regiment von Norfolk noch von Paul hat man je wieder etwas erfahren. Sie waren verschwunden, als hätten sie nie existiert.
Ich konnte mich nun, meines Gönners beraubt, nur mehr langsam im Zuge der nachfolgenden Wirrnisse der Schlacht absetzten, die Exponate, die Paul im Lager zurückgelassen hatte, in einen Armee-Kommandowagen einladen, mir Pauls Zweituniform anlegen und ins Hinterland davonfahren. Meine anschließende Flucht quer durch die Türkei, über Griechenland, Deutschland und England, wieder zurück nach Amerika war atemberaubend und selbstmörderisch. Kurzfristig gab ich mich in Griechenland sogar als Agamemnon Schliemann aus, um meine Flucht zu finanzieren. Aber 1917 langte ich schließlich in New York ein und konnte mein Studium fortsetzen. Dort lernte ich schließlich deine Großmutter kennen und kontaktierte mit ihr gemeinsam schließlich auch den amerikanischen Zeitungs-Tycoon William Randolph Hearst, aber das ist wieder eine andere Geschichte!
Timeflash!