Gucky_Fan hat geschrieben: ↑04.10.2025, 11:01
Für mich typisch deutsche oder europäische Werte sind: Akzeptanz von Homosexueölen und Frauenrechte und Frauengleichberechtigung. Dass Juden frei und sicher bei uns leben können, aber auch Dass Religion Privatsache ist. Dass man durch Bildung aufsteigen kann aber jeder frei sein darf, ohne den anderen zu bevormunden. Dass man aber auch stolz auf die alte Geschichte ist und diese auch bewahrt.
Dann dröseln wir diese „deutschen“ Werte doch mal auf:
„Akzeptanz von Homosexuellen“: Der § 175 des deutschen Strafgesetzbuches (§ 175 StGB) existierte (...) bis zum 10. Juni 1994. Er stellte sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe und ermöglichte somit die Verfolgung Homosexueller.
(wikipedia)
Nicht gerade ein deutscher Traditionswert, oder? Und die persönliche Diskriminierung geht ja noch bis heute weiter, siehe Arbeitsleben, Fußball uvm.
„Frauenrechte und Frauengleichberechtigung“: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, so das GGB, Artikel 3 Absatz 2.
Als meine Mutter (Inhaberin eines Meisterbriefes, sie durfte also Lehrlinge ausbilden!) 1956 einen Führerschein machen wollte, musste sie vom Ehemann die schriftliche Erlaubnis beibringen, dass sie dorthin durfte. (
Gesetz galt bis 1958, wikipedia)
Bis zum 1. Juli 1977 durfte die Ehefrau nur dann berufstätig sein, wenn dies „mit ihren Pflichten in Ehe und Familie“ vereinbar war. (
wikipedia) Ein Ehemann konnte bis 1958 generell darüber entscheiden, ob seine Frau arbeiten gehen durfte – oder nicht. Recht auf körperliche Unversehrtheit der Frau: Erst seit 1997 gelten erzwungene sexuelle Handlungen auch in der Ehe als sexuelle Nötigung bzw. Vergewaltigung. (
wikipedia) Jahrzehntelang hatten sich vor allem die CDU und CSU im Bundestag gegen diese juristische Besserstellung der Frau gesträubt und alle Initiativen abgeblockt.
*Achja, alles von mir Aufgeführte ist/war BRD-Gesetzgebung, DDR war teils juristisch anders.
„Dass Juden frei und sicher bei uns leben können“: Abgesehen von dem sprachlich merkwürdigen Ansatz „bei uns“, der suggeriert, dass „
DIE“ und „
WIR“ unterschiedliche Bürger mit unterschiedlichem Status wären, kann ich sicheres Leben von jüdischen Einwohnern hier nur begrenzt feststellen. Bei uns steht permanent ein Polizeiwagen neben der Synagoge, deren Eingang ist gesichert wie Fort Knox – und bei Veranstaltungen mit prominenter jüdischer Beteiligung hatte ich ausnahmslos vorab Kontakt mit der Polizei.
Aber ich stimme zu, das wäre ein schöner deutscher Wert … Dann bräuchte auch Michel Friedmann in Ostdeutschland nicht mehr ausgeladen werden …
„Dass Religion Privatsache ist“: Damit meinst Du sicher nicht die Kruzifixe an bairischen Schulen oder die Sonderrechte von Kirchen, in das Privatleben (Scheidungsfälle) und die Arbeit (Ärzte) von Menschen einzugreifen?
Über schichtenspezifische
Aufstiegschancen durch Bildung gibt es ja genügend aussagekräftige Studien,
aber generell: Zustimmung!
„Stolz sein auf die alte Geschichte“ – da habe ich schon wieder Magengrummeln. Und ich kenn mich ja schon beruflich mit Geschichte aus und wertschätze die Kenntnisse darüber sehr hoch. Habe im Museum gearbeitet und bin in einem historischen Verein aktiv. Also ich
bewahre schon sehr gerne! Aber „stolz“ auf Leute, die Tausende von Jahren vor mir gelebt haben? Und die mal die bemerkenswertesten wie auch mal die bescheuertesten Sachen gemacht haben, nicht anders als wir heute? Neee, das krieg ich nicht hin, da könnte ich genau so gut stolz sein auf Leute in den Nachbarstädten wie Oberhausen oder gar Düsseldorf, mit denen habe ich nämlich auch wenig zu tun.
Und, im Geheimen, das Bier in D'dorf ist grausig …
Also, im Ziel solche Werte
anzustreben, können wir uns sicher einig werden - aber Deine Auflistung als bereits existierende, und dann auch noch besonders "deutsche" Werte hier aufzuführen, da kommen wir nicht zusammen. Da spricht viel alte Geschichte gegen!
