Migration in Deutschland

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thinman
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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von thinman »

wepe hat geschrieben: 04.10.2025, 00:38
Das ist es doch: Zumindest folgt daraus, dass niemand eine "deutsche Leitkultur" herbeifordern kann, in die sich Migranten einzufügen hätten. Rechte und Gesetze reichen dann völlig aus, die sind für alle da!
Kleiner Widerspruch - genau das ist das, was Deutschsein ausmacht. Wie haben das GG, dass BGB und das StGB und halten uns (meistens) daran. und wenn uns etwas nicht passt, wissen wir, dass wir uns damit erstmal abfinden müssen, denn eigentlich wollen wir ja doch keine großen Änderungen.


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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von Nicoletta »

Wir haben noch das Völkerrecht, Menschenrecht ... universelle Rechte ...
* Die Radikalität der Realität ist so radikal das die Politik in ihrer Nichtradikalität nicht hinterher kommt. *
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Tennessee
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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von Tennessee »

wepe hat geschrieben: 04.10.2025, 00:38
Tennessee hat geschrieben: 03.10.2025, 15:33
wepe hat geschrieben: 03.10.2025, 12:15 Im aktuellen SZ-Magazin [...]
Längerer Artikel, der mich sehr beeindruckt hat - sehr lesenswert! :yes:
Ich sehe den Artikel ein wenig kritischer. ...
Tenn, ich glaube, du forderst dem Artikel etwas ab, [...] wird aber den 25 Mio damit gemeinten Menschen nicht gerecht.
Aber genau das ist einer der Punkte, den der Artikel diskutieren sollte. Herr Ku sagt selbst, dass mit dem Begriff "Migrationshintergrund" ein Geständnis der BRD einhergeht: Deutschland ist ein Migrationsland. Diese Definition bringt der Autor ja selbst. Und seine Lösung ist ... den Begriff abschaffen und den Fakt Deutschland = Migrationsland erst gar nicht zu diskutieren?
wepe hat geschrieben: 04.10.2025, 00:38
Und da fragte ich mich dann: Was will er denn, der Herr Ku, abgesehen davon zu sagen, dass man alles, was man an Definitionen hat, nicht sagen kann oder soll. ...
Für mich sehr interessant war Perspektive des Artikels. [...] wir denen beibringen?"
Ja, natürlich. Und damit macht er sich das sehr bequem. Er definiert Deutschland als ein Migrationsland, erläutert, dass alle Migrationsdefinitionen problematisch sind - und stellt am Ende aber doch die Frage an die LeserInnen, ob sie das Migrationsland Deutschland als einen Vor- oder Nachteil beurteilen würden. Aber nach seinen eigenen Ausführungen ist diese Frage ja gar nicht stellbar, da "Migration" gar nicht definierbar oder nur als Defizit greifbar ist. Nach seiner eigenen Diskussion wäre das Migrationsland Deutschland ein Nachteil, weil es qua Definition ja nur über Defizite und Mängel greifbar ist.
wepe hat geschrieben: 04.10.2025, 00:38
Dabei hatte er den [...]Und das ist das Dilemma.
Das ist es doch: Zumindest folgt daraus, dass niemand eine "deutsche Leitkultur" herbeifordern kann, in die sich Migranten einzufügen hätten. Rechte und Gesetze reichen dann völlig aus, die sind für alle da!
Es geht doch gar nicht um eine "deutsche Leitkultur". Ich bin z.B. mit dem Gedanken aufgewachsen, dass ich, wenn ich in anderen Ländern bin, davon ausgehen muss, dass ich das dort nicht so haben kann, wie ich das aus Deutschland kenne. Bestes Beispiel: Wenn du in Italien bist, kannst du nicht erwarten, dein Eisbein mit Sauerkraut da zu kriegen, sondern du musst damit rechnen, dass es da Saltimbocca oder Spaghetti con Cozze gibt. Wenn ich in einem muslimischen Land eine Moschee besuchen möchte, muss ich davon ausgehen, dass da nicht rein komme, wenn ich unangemessen bekleidet bin. Wenn ich Südafrika bereise, muss ich davon ausgehen, dass ich in den Unterkünften keine deutschen Kippfenster zum Lüften erwarten kann. Das hast nichts mit "Leitkultur" zu tun, sondern mit interkulturellen Kompetenzen. Und ich wüsste nicht, warum das für Deutschland nicht auch gelten darf. Könnte es nicht ein typisch deutsches Ideal sein, interkulturell kompetent zu sein? Könnte es nicht ein typisch deutsches Ideal sein, in einer Notfallsituation zu sagen: "Wir schaffen das!" ? Und wäre es nicht schön, solche Ideale an die weiter zu geben, die hier in Deutschland leben wollen?

Dass der Migrationsbegriff definitorisch problematisch ist, völliges d'accord. Dass es im Alltag für Menschen mit Migrationshintergrund oft ungerechte Probleme aufgrund ihres Namens oder Aussehens gibt, völliges d'accord. Aber diese Probleme verschwinden nicht, indem man feste die Augen zudrückt und sagt, dass diese Probleme dann verschwinden werden, wenn man das alles gar nicht erst definiert und sich "Mühe gibt".
wepe hat geschrieben: 04.10.2025, 00:38 [...] Ich finde schon, dass das eine ganze Menge ist. Ich hatte mal einen Beifahrer Richtung PR-Stammtisch, [...] Ein Dilemma haben allerdings nun die Stolzen, wenn sie nix als "Deutsch" definieren können ...
Zum letzten Satz: korrekt. Aber wenn ich das richtig sehe, hatte dein Beifahrer etwas, was er für sich als "deutsch" definieren konnte. Und auch die "Fahnenträger" hatten etwas, was sie als "deutsch" definieren konnten. Und das waren, Literatur, Sprache und Farben/Fahnen, keine strafbaren Symbole. Du lehnst diese Symbole ab und sagst für dich, dass du daraus keine Form von Identifiktation ableiten kannst. Das ist völlig in Ordnung, aber das ist auch deine ganz persönliche Definitionsverortung.
Und was machst du mit den Türken, Albanern, Rumänen oder Marokkanern, die eifrig ihre Flaggen schwenken oder aus den Fenstern hängen lassen? Sind die jetzt auch von einer "Leitkultur" geprägt und sollten ihre Fahnen nicht zeigen? Der Vater einer türkischen Familie, mit der ich locker befreundet bin, möchte seine Kinder nicht auf eine bestimmte Schule schicken, weil da nur "Talahons" drauf sind und darum die Schule "assi" sei. Ist der jetzt ein Rassist und fremdenfeindlich?

Darum: Der Artikel bietet eine Menge an Definitionsdeklinationen an - bleibt aber letztendlich auch nur in dieser Definitionswelt. Du magst das als lösungsorientiert oder als einen Perspektivwechsel erachten. Ich bin da eher zweifelnd.
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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von Tennessee »

Gucky_Fan hat geschrieben: 04.10.2025, 09:37 Ich glaube das Problem des Stolz oder der Leitkultur ist, dass große Teil der Linksstehenden damit ein Problem haben, ab der Mitte wird das wohl unproblematisch. Und damit haben wir ja den Kern der Problematik umrissen.
Einem.Teil reicht Multikulti ohne wirkliche Assimilation, ausblendend Parallelgesellschaften etc, ein anderer Teil der Gesellschaft wie ich fordert eine Integration und Akzeptanz der deutschen Werte, ein anderer Teil will gar keine Integration.
Ich glaube, dass Menschen, die sich politisch links verorten, bei Begriffen wie "Nationalstolz", "Patriotismus" oder "Leitkultur" (den Begriff finde ich aber auch doof) das Trauma haben, dass dadurch eine Art Adolf-Figur oder eine Adolf-Haltung zurück kommen könnte. Daher wird, meiner Beobachtung nach, sehr häufig die Diskussion über solche Inhalte von vornherein abgeblendet. Meines Erachtens ist das in Deutschland bzgl. der Migrationsfrage auch lange geschehen. Diese Inhalte wurden nicht debattiert, siehe auch den Artikel von Herrn Ku. Die Defizite, die er aufführt, sind ja korrekt. Aber die Migrationsfrage (ich sehe das ja eher als eine Identitätsfrage, aber okay) nicht zu debattieren und sie eher zu negieren, führte und führt doch dazu, dass jetzt die Menschen über ihre blauen Wahlzettel abstimmen.

Was "deutsche Werte" anbelangt, würde ich aber schon gerne mal wissen, wie du das füllst?
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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von Gucky_Fan »

Für mich typisch deutsche oder europäische Werte sind: Akzeptanz von Homosexueölen und Frauenrechte und Frauengleichberechtigung. Dass Juden frei und sicher bei uns leben können, aber auch Dass Religion Privatsache ist. Dass man durch Bildung aufsteigen kann aber jeder frei sein darf, ohne den anderen zu bevormunden. Dass man aber auch stolz auf die alte Geschichte ist und diese auch bewahrt.
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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von Gucky_Fan »

Dazu gehört aber auch Demokratie und Rechtsstaat. Aber auch dass diese Werte über anderen Werten stehen. Drei Beispiele: Wer die Scharia fordert, gehört abgeschoben.
wer glaubt, dass der Islam herrscht und der Schwule Lehrer in Berlin deswegen sich momentan lassen muss, gehört abgeschoben. Wer die Hamas feiert oder die deutschen Juden angreift, gehört abgeschoben. Die integrierten Muslime oder die, die hier frei und unter dem Gesetz leben möchten, sollte man immer unterstützen.
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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von Nicoletta »

Deutsche Kultur ist die Raufaser.

Begriffe die das Trennende hervorheben gibt es seit der Kolonisation. Sie dienen dazu sich selbst höher, besser und gut darzustellen und alles was dem nicht entspricht trennend min. minderwärtig darzustellen. Weniger Rechte, Sonderrechte auch genannt. Damit wird dann das universale Recht ausgehebelt. Im Kleinen geht es um die kleinsten Unterschiede und wenn die Leitkultur aus der Mottenkiste gekramt wird ist es zum Rassismus nicht mehr weit.

Migrationshintergrund, mindestens auf 30% in Deutschlan lebenden Menschen, wenn nicht schon die Hälfte, trifft dieser Begriff zu. Dieser Begriff ist überflüssig denn in einem Einwanderungsland ist das nichts was man noch herausstellen muss, es sei denn mann möchte sich abgrenzen, oder Rechte nicht gleichstellen.

In sofern teile ich die Auffassung beispielsweise auch von Götz Aly - Politikwissenschaftler, Historiker und Journalist.
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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von Josiep »

Typisch deutsch, was ist das?

Hat mich an die die Fragen meines Lehres erinnert, wieso ist es hell, wieso ist der Stuhl fest?
Fragen die, die eines KIndes sind und man einfach beantworten können müsste, aber wen man darüber nachdenkt, plötzlich in der Physik drinn steckt.

Bei typisch deutsch sind wir in der Gesichte und Soziologie.

Dummerweise sind Menschen Indivien und jeder Jeck is anders.

Es gibt also kein "Typisch Deutsch" sondern allenfalls regional verschiedene Bräuche, Sitten und ungeschriebene Regeln.

Das ist für einen Ausländer oder auch von jemanden der aus einer anderern Region kommt nicht immer leicht zu verstehen.

Beispiel: Original Bayern bejaen nicht ( sagen nicht Ja) sonder verneinen doppelt.
Mechst no a Holbe? Könnte die Antwort lauten Ja ( bayrisch geht nicht, bist a Preiß), oder nierned dade a Bier net ming. ( richtiges bayrisch = Original)
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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von kad »

Was deutsch ist kann ich sicher nicht beantworten.
Was ist schweizerisch?
Zusammen, auf Ausgleich bedacht, erfolgreich sein. Und das nicht an die grosse Glocke hängen.
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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von Troh.Klaus »

Nicoletta hat geschrieben: 04.10.2025, 21:01 Begriffe die das Trennende hervorheben gibt es seit der Kolonisation.
Welcher "Kolonisation"?
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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von Nicoletta »

Troh.Klaus hat geschrieben: 04.10.2025, 22:16
Nicoletta hat geschrieben: 04.10.2025, 21:01 Begriffe die das Trennende hervorheben gibt es seit der Kolonisation.
Welcher "Kolonisation"?
Ich erinnere mich an Geschichte und Erdkunde 7/8 Klasse ;)
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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von wepe »

Veermutlich ist Kolonialzeit - Kaiserreich gemeint, steht zumindest in NRW in den Klassen 7/8 im Plan. Deutschland hatte ja eine ziemlich kurze Kolonialzeit, im Vergleich zu anderen Nationen. :P
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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von Troh.Klaus »

wepe hat geschrieben: 04.10.2025, 23:16 Veermutlich ist Kolonialzeit - Kaiserreich gemeint, steht zumindest in NRW in den Klassen 7/8 im Plan. Deutschland hatte ja eine ziemlich kurze Kolonialzeit, im Vergleich zu anderen Nationen. :P
Und "Begriffe die das Trennende hervorheben" gibt es erst seit der "Kolonisation"?. βάρβαροι ...
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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von wepe »

Gucky_Fan hat geschrieben: 04.10.2025, 11:01 Für mich typisch deutsche oder europäische Werte sind: Akzeptanz von Homosexueölen und Frauenrechte und Frauengleichberechtigung. Dass Juden frei und sicher bei uns leben können, aber auch Dass Religion Privatsache ist. Dass man durch Bildung aufsteigen kann aber jeder frei sein darf, ohne den anderen zu bevormunden. Dass man aber auch stolz auf die alte Geschichte ist und diese auch bewahrt.
Dann dröseln wir diese „deutschen“ Werte doch mal auf:
„Akzeptanz von Homosexuellen“: Der § 175 des deutschen Strafgesetzbuches (§ 175 StGB) existierte (...) bis zum 10. Juni 1994. Er stellte sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe und ermöglichte somit die Verfolgung Homosexueller. (wikipedia)
Nicht gerade ein deutscher Traditionswert, oder? Und die persönliche Diskriminierung geht ja noch bis heute weiter, siehe Arbeitsleben, Fußball uvm.
„Frauenrechte und Frauengleichberechtigung“: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, so das GGB, Artikel 3 Absatz 2.
Als meine Mutter (Inhaberin eines Meisterbriefes, sie durfte also Lehrlinge ausbilden!) 1956 einen Führerschein machen wollte, musste sie vom Ehemann die schriftliche Erlaubnis beibringen, dass sie dorthin durfte. (Gesetz galt bis 1958, wikipedia)
Bis zum 1. Juli 1977 durfte die Ehefrau nur dann berufstätig sein, wenn dies „mit ihren Pflichten in Ehe und Familie“ vereinbar war. (wikipedia) Ein Ehemann konnte bis 1958 generell darüber entscheiden, ob seine Frau arbeiten gehen durfte – oder nicht. Recht auf körperliche Unversehrtheit der Frau: Erst seit 1997 gelten erzwungene sexuelle Handlungen auch in der Ehe als sexuelle Nötigung bzw. Vergewaltigung. (wikipedia) Jahrzehntelang hatten sich vor allem die CDU und CSU im Bundestag gegen diese juristische Besserstellung der Frau gesträubt und alle Initiativen abgeblockt.
*Achja, alles von mir Aufgeführte ist/war BRD-Gesetzgebung, DDR war teils juristisch anders.
„Dass Juden frei und sicher bei uns leben können“: Abgesehen von dem sprachlich merkwürdigen Ansatz „bei uns“, der suggeriert, dass „ DIE“ und „WIR“ unterschiedliche Bürger mit unterschiedlichem Status wären, kann ich sicheres Leben von jüdischen Einwohnern hier nur begrenzt feststellen. Bei uns steht permanent ein Polizeiwagen neben der Synagoge, deren Eingang ist gesichert wie Fort Knox – und bei Veranstaltungen mit prominenter jüdischer Beteiligung hatte ich ausnahmslos vorab Kontakt mit der Polizei.
Aber ich stimme zu, das wäre ein schöner deutscher Wert … Dann bräuchte auch Michel Friedmann in Ostdeutschland nicht mehr ausgeladen werden …
„Dass Religion Privatsache ist“: Damit meinst Du sicher nicht die Kruzifixe an bairischen Schulen oder die Sonderrechte von Kirchen, in das Privatleben (Scheidungsfälle) und die Arbeit (Ärzte) von Menschen einzugreifen? :rolleyes:
Über schichtenspezifische Aufstiegschancen durch Bildung gibt es ja genügend aussagekräftige Studien, aber generell: Zustimmung!

„Stolz sein auf die alte Geschichte“ – da habe ich schon wieder Magengrummeln. Und ich kenn mich ja schon beruflich mit Geschichte aus und wertschätze die Kenntnisse darüber sehr hoch. Habe im Museum gearbeitet und bin in einem historischen Verein aktiv. Also ich bewahre schon sehr gerne! Aber „stolz“ auf Leute, die Tausende von Jahren vor mir gelebt haben? Und die mal die bemerkenswertesten wie auch mal die bescheuertesten Sachen gemacht haben, nicht anders als wir heute? Neee, das krieg ich nicht hin, da könnte ich genau so gut stolz sein auf Leute in den Nachbarstädten wie Oberhausen oder gar Düsseldorf, mit denen habe ich nämlich auch wenig zu tun. Und, im Geheimen, das Bier in D'dorf ist grausig … :P

Also, im Ziel solche Werte anzustreben, können wir uns sicher einig werden - aber Deine Auflistung als bereits existierende, und dann auch noch besonders "deutsche" Werte hier aufzuführen, da kommen wir nicht zusammen. Da spricht viel alte Geschichte gegen! :devil:
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Re: Migration in Deutschland

Beitrag von Eisrose »

Nicoletta hat geschrieben: 04.10.2025, 22:59
Troh.Klaus hat geschrieben: 04.10.2025, 22:16
Nicoletta hat geschrieben: 04.10.2025, 21:01 Begriffe die das Trennende hervorheben gibt es seit der Kolonisation.
Welcher "Kolonisation"?
Ich erinnere mich an Geschichte und Erdkunde 7/8 Klasse ;)
Die deutsche Kolonialgeschichte dauerte von ungefähr 1884 bis 1919, also rund 35 Jahre. Trotz der kurzen Dauer waren deutsche Kolonialherrschaften ziemlich brutal, z. B. Völkermord an den Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika.

Ich denke, Nico meint, dass im Kolonialismus begonnen wurde, Menschen und Gruppen zu kategorisieren und klassifizieren, um damit Herrschaft, Ausbeutung und Ungleichbehandlung zu rechtfertigen (Eingeborene vs. Entdecker, zivilisiert vs unzivilisiert). Komplexe Gesellschaften wurden auf stereotype Bilder reduziert.

Diese Kategorien leben bis heute fort. Und manche sagen, dass auch der Begriff Migrationshintergrund, 2005 vom Statistischen Bundesamt eingeführt, in dieser Denktradition stünde.

Die Mehrheit wird als Norm gesetzt, der Migrationshintergrund als Abweichung, Ausnahme und Problem. Das setzt einmal voraus, dass es eine homogene deutsche Normalgesellschaft gibt, von der sich Migranten abheben. Ein Muster, das sich direkt auf koloniale Logiken der Trennung (wir gegen die) zurückführen lässt. Zum anderen haben fast ein Drittel der Deutschen einen "Migrationshintergrund", das ist noch nicht die Regel, aber auch kaum mehr die Ausnahme. Selbst der Sachverständigenrat für Integration und Migration hat schon mal vorgeschlagen, den Begriff durch neutralere Kategorien wie Einwanderungsgeschichte zu ersetzen.

Und der Begriff sagt auch nichts über die tatsächliche kulturelle Zugehörigkeit oder das Selbstverständnis der Menschen aus, sondern setzt eine Differenz, die bei den meisten nicht (mehr) relevant ist. Wurde in diesem Thread nicht gefordert mehr Thomas Mann zu lesen? Der urdeutsche Thomas Mann hat nun zum Beispiel auch einen brasilianischen Migrationshintergrund.

In einem Satz: Begriffe und Praktiken, die Unterschiede betonen, reproduzieren auch in einer modernen Einwanderungsgesellschaft historische Machtstrukturen.
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Möge der US-Präsident jede Nacht gut schlafen, jedes Golf-Turnier gewinnen, so dass er seine schlechte Laune nicht an der Welt auslässt.
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