Der Literarische Salon

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Oldie BG
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Re: Der Literarische Salon

Beitrag von Oldie BG »


***


Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)



Das Alter


Das Alter ist ein höflich' Mann:
Einmal übers andre klopft er an;

Aber nun sagt niemand: Herein!
Und vor der Türe will er nicht sein.

Da klinkt er auf, tritt ein so schnell,
Und nun heißt's, er sei ein grober Gesell.



***
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Amtranik
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Re: Der Literarische Salon

Beitrag von Amtranik »

Erinnerung

Glück der Engel, wo geblieben?
Wo geblieben, schöner Tag,
Als mit unbesorgtem Lieben
Ihre Hand auf meinem Herzen lag?

O sie fühlte jeden Schlag,
Und in jedem lauter Lieben!
Wo geblieben,
Glück der Engel, schöner Tag?


Johann Georg Jacobi (1740 - 1814)
Sehr schönes Gedicht :wub:
Seine Liebes und Trinklieder schrieb er im Stil des altgriechischen Lyrikers Anakreon.
Für gebildete Damen der Freiburger Gesellschaft richtete Jacobi in seiner Wohnung ein literarisches Kränzchen ein… :-)
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Amtranik setzte sich in Bewegung und ging durch die Öffnung - zurück an den Ort seines Flaggschiffs, den er vor 1,2 MillionenJahren verlassen hatte...
(aus Heft 984: Waffen der Verdammnis)
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Oldie BG
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Re: Der Literarische Salon

Beitrag von Oldie BG »

Amtranik hat geschrieben: 16.11.2025, 09:32 [...] Johann Georg Jacobi (1740 - 1814) [...]
Seine schriftstellerischen Zeitgenossen hatten ja recht harsche Meinungen über ihn, demgegenüber stehen aber zahlreiche Vertonungen seiner Gedichte durch bekannte Komponisten wie Haydn, Mozart, Schubert und Schumann, die sicher keine unbedeutenden Gedichte vertont hätten.

WIKI Johann Georg Jacobi


Amtranik hat geschrieben: 16.11.2025, 09:32 Für gebildete Damen der Freiburger Gesellschaft richtete Jacobi in seiner Wohnung ein literarisches Kränzchen ein… :-)
:yes:


Früher hatte ich auch ein Kränzchen in meiner Wohnung, es war aber eine Herrenrunde und es ging nicht um Literatur, sondern um Kartenspiel, Bier und Zigarren . . . lang, lang ist's her . . . :-D
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Re: Der Literarische Salon

Beitrag von Rous2 »

Noch ein Nachtrag zu den Bücherregalen:
Joachim Ringelnatz

Der Bücherfreund

Ob ich Biblio- was bin?
phile? „Freund von Büchern" meinen Sie?
Na, und ob ich das bin!
Ha! und wie!

Mir sind Bücher, was den andern Leuten
Weiber, Tanz, Gesellschaft, Kartenspiel,
Turnsport, Wein, und weiß ich was, bedeuten.
Meine Bücher ––– wie beliebt? Wieviel?

Was, zum Henker, kümmert mich die Zahl.
Bitte, doch mich auszureden lassen.
Jedenfalls: Viel mehr, als mein Regal
Halb imstande ist zu fassen.

Unterhaltung? Ja, bei Gott, das geben
Sie mir reichlich. Morgens zwölfmal nur
Nüchtern zwanzig Brockhausbände heben –––
Hei! das gibt den Muskeln die Latur.

Oh, ich mußte meine Bücherei,
Wenn ich je verreiste, stets vermissen.
Ob ein Stuhl zu hoch, zu niedrig sei,
Sechzig Bücher sind wie sechzig Kissen.

Ja natürlich auch vom künstlerischen
Standpunkt. Denn ich weiß die Rücken
So nach Gold und Lederton zu mischen,
Daß sie wie ein Bild die Stube schmücken.

Äußerlich? Mein Bester, Sie vergessen
Meine ungeheure Leidenschaft,
Pflanzen fürs Herbarium zu pressen.
Bücher lasten, Bücher haben Kraft.

Junger Freund, Sie sind recht unerfahren,
Und Sie fragen etwas reichlich frei.
Auch bei andern Menschen als Barbaren
Gehen schließlich Bücher mal entzwei.

Wie? ich jemals auch in Büchern lese??
Oh, sie unerhörter Ese–––
Nein, pardon! – Doch positus, ich säße
Auf dem Lokus und Sie harrten
Draußen meiner Rückkehr, ach dann nur
Ja nicht länger auf mich warten.
Denn der Lokus ist bei mir ein Garten,
Den man abseits ohne Zeit und Uhr
Düngt und erntet dann Literatur.

Bücher – Nein, ich bitte Sie inständig:
Nicht mehr fragen! Laß dich doch belehren!
Bücher, auch wenn sie nicht eigenhändig
Handsigniert sind, soll man hoch verehren.

Bücher werden, wenn man will, lebendig.
Über Bücher kann man ganz befehlen.
Und wer Bücher kauft, der kauft sich Seelen,
Und die Seelen können sich nicht wehren.
Und noch eine Zugabe zum heutigen Totensonntag, zu dem das Wetter wieder mal passte:
Trüber Tag

Zu hause heulten die Frauen:
Das tote Kind sah aus wie Schnee.
Wir gingen, nur mein Bruder und ich, in See.
Dem Wetter war nicht zu trauen.
Wir fischten lauter Tränen aus dem Meer,
Das Netz war leer.
Die Gedichte fand ich in einem Taschenbuch, das mir Freunde mal auf einer Wanderung zum Geburtstag schenkten:
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Re: Der Literarische Salon

Beitrag von Oldie BG »

Rous2 hat geschrieben: 16.11.2025, 20:55
Joachim Ringelnatz

Trüber Tag

Zu hause heulten die Frauen:
Das tote Kind sah aus wie Schnee.
Wir gingen, nur mein Bruder und ich, in See.
Dem Wetter war nicht zu trauen.
Wir fischten lauter Tränen aus dem Meer,
Das Netz war leer.

Das kannte ich noch nicht, sehr beeindruckend!
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