Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Zwischenspiel:
"Du meintest, dein Vater wäre ganz zufrieden mit seinem Sohn," sagte die Therapeutin und sah Reginald Bull an.
Der wusste zunächst nicht so ganz, wie er anfangen sollte.
"Nun ja", er zögerte. "Zuerst war das eine ziemlich einseitige Geschichte. Ich saß da bei schönstem Frühlingswetter und erzählte aus meinem Leben. Von meinem mehr als unwahrscheinlichen Glück - oder Unglück, wie man will - ein so langes Leben haben zu dürfen. Von meinem Respekt vor ihm und seinen Kameraden, die zur Schaffung einer freieren und besseren Welt in diesem Krieg gestorben sind. Und dass er mir gefehlt hat."
"Hattest du das Gefühl, dass etwas davon angekommen war?"
"Ja. Als ich sagte, dass ich hin als Kind vermisst hatte, saß er auf einmal neben mir. Ich hatte ein Gefühl wie damals, als Delorian Rhodan mir seine Ideen von seinem eigenen Weltall, dem Neuroversum, schilderte. Ich sah in eine Traumwelt hinein, die ich mit meinem Geist steuern konnte. Dort war alles möglich. Wirklich alles. Man konnte die Toten wieder auferstehen lassen, wenn man wollte. Da hatte ich meinen Vater gesehen. Genauso wie jetzt an der Stele an Omaha Beach. Er saß neben mir und antwortete."
"Hattest du das Gefühl einer körperlichen Anwesenheit?"
"Schwer zu sagen. Zwischen uns war eine Art Schild, der nicht zu überwinden war. Jetzt kann man natürlich der Meinung sein, dass an einem solchen Ort mit KI und allerlei Spiegeltricks gearbeitet wird, aber ich denke, das hätte ich gemerkt. Dort wird nicht nur dem letzten großen planetarischen Krieg auf der Erde gedacht, sondern die Stele ist ein Mahnmal gegen Krieg und kriegerische Auseinandersetzungen jeglicher Art - aus grauer Vorzeit bis zum heutigen Tage. Es ist ein Erinnerungsort für Angehörige, Nachfahren und Freunde, der vor vielen Jahrhunderten nach dem Dolan - Krieg von einer Stiftung errichtet wurde. Leider muss hier immer noch aktualisiert werden. Die Stiftung ist nach wie vor noch die gleiche und das Kuratorium schwört Stein und Bein, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht.
Ich war auch nicht er Einzige vor Ort, ich gehe von so fünfzig bis sechzig Leuten aus. Alle Anwesenden sitzen für sich einfach so im Gras, sie sind aber durch ein Zerrfeld sichtgeschützt. Wenn man abends bei einem Glas Rotwein zusammen ist, redet man über den Tag. So ungefähr 10 Prozent der Besucher haben das Gefühl, dass die Person, wegen der sie vor Ort sind, auf einmal neben ihnen sitzt. Ich war einer von denen."
Reginald Bull holte tief Luft.
"Der Besuch war sehr wertvoll für mich, daher schulde ich dir meinen Dank," sagte er zu Lee. "Denn ich habe etwas gelernt und begriffen. Als mein Vater mir eröffnete, dass aus mir ja nun auch ohne ihn etwas geworden wäre, wurde mir zum ich weiß nicht wievielten Male klar, dass ich nicht nur wie meine Mutter funktionieren muss. Dass Auszeiten sinnvoll und wichtig sind. Und deshalb sitze ich jetzt wieder hier."
Lee nickte und sah ihr Gegenüber an. "Dann hat sich unsere erste Sitzung gelohnt", sagte sie. "Zeit für sich selber ist ab und zu das Wichtigste im Leben."
"Du meintest, dein Vater wäre ganz zufrieden mit seinem Sohn," sagte die Therapeutin und sah Reginald Bull an.
Der wusste zunächst nicht so ganz, wie er anfangen sollte.
"Nun ja", er zögerte. "Zuerst war das eine ziemlich einseitige Geschichte. Ich saß da bei schönstem Frühlingswetter und erzählte aus meinem Leben. Von meinem mehr als unwahrscheinlichen Glück - oder Unglück, wie man will - ein so langes Leben haben zu dürfen. Von meinem Respekt vor ihm und seinen Kameraden, die zur Schaffung einer freieren und besseren Welt in diesem Krieg gestorben sind. Und dass er mir gefehlt hat."
"Hattest du das Gefühl, dass etwas davon angekommen war?"
"Ja. Als ich sagte, dass ich hin als Kind vermisst hatte, saß er auf einmal neben mir. Ich hatte ein Gefühl wie damals, als Delorian Rhodan mir seine Ideen von seinem eigenen Weltall, dem Neuroversum, schilderte. Ich sah in eine Traumwelt hinein, die ich mit meinem Geist steuern konnte. Dort war alles möglich. Wirklich alles. Man konnte die Toten wieder auferstehen lassen, wenn man wollte. Da hatte ich meinen Vater gesehen. Genauso wie jetzt an der Stele an Omaha Beach. Er saß neben mir und antwortete."
"Hattest du das Gefühl einer körperlichen Anwesenheit?"
"Schwer zu sagen. Zwischen uns war eine Art Schild, der nicht zu überwinden war. Jetzt kann man natürlich der Meinung sein, dass an einem solchen Ort mit KI und allerlei Spiegeltricks gearbeitet wird, aber ich denke, das hätte ich gemerkt. Dort wird nicht nur dem letzten großen planetarischen Krieg auf der Erde gedacht, sondern die Stele ist ein Mahnmal gegen Krieg und kriegerische Auseinandersetzungen jeglicher Art - aus grauer Vorzeit bis zum heutigen Tage. Es ist ein Erinnerungsort für Angehörige, Nachfahren und Freunde, der vor vielen Jahrhunderten nach dem Dolan - Krieg von einer Stiftung errichtet wurde. Leider muss hier immer noch aktualisiert werden. Die Stiftung ist nach wie vor noch die gleiche und das Kuratorium schwört Stein und Bein, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht.
Ich war auch nicht er Einzige vor Ort, ich gehe von so fünfzig bis sechzig Leuten aus. Alle Anwesenden sitzen für sich einfach so im Gras, sie sind aber durch ein Zerrfeld sichtgeschützt. Wenn man abends bei einem Glas Rotwein zusammen ist, redet man über den Tag. So ungefähr 10 Prozent der Besucher haben das Gefühl, dass die Person, wegen der sie vor Ort sind, auf einmal neben ihnen sitzt. Ich war einer von denen."
Reginald Bull holte tief Luft.
"Der Besuch war sehr wertvoll für mich, daher schulde ich dir meinen Dank," sagte er zu Lee. "Denn ich habe etwas gelernt und begriffen. Als mein Vater mir eröffnete, dass aus mir ja nun auch ohne ihn etwas geworden wäre, wurde mir zum ich weiß nicht wievielten Male klar, dass ich nicht nur wie meine Mutter funktionieren muss. Dass Auszeiten sinnvoll und wichtig sind. Und deshalb sitze ich jetzt wieder hier."
Lee nickte und sah ihr Gegenüber an. "Dann hat sich unsere erste Sitzung gelohnt", sagte sie. "Zeit für sich selber ist ab und zu das Wichtigste im Leben."
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1451 - Die Siragusa - Formeln - ist von Robert Feldhoff, erschienen am 13. Juni 1989
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"Ich gehe mal davon aus, dass der bisherige Fokus der Geschichten auf einer Außenbetrachtung der Milchstraße lag und dass sich das jetzt nach innen verändert", meinte Lee zu ihrem Geschichtenerzähler Reginald Bull.
"Grundsätzlich ja. Aber so schnell schießen die Preußen nun auch wieder nicht, das..."
"Wer schießt?" unterbrach Lee mit etwas ratlosem Gesicht ihr Gegenüber.
"Die Preußen. Das ist eine Redensart aus archaischen Steinzeiten über einen präatomaren Menschenschlag auf der alten Erde. Die waren ziemlich obrigkeitshörig und dazu militaristisch angehaucht, daher kommt dieser Spruch."
"Hm. Ich weiß ja nicht viel aus dieser uralten Zeit, aber alleine das, was du mir hier erzählst reicht schon, um heilfroh zu sein, dass ich hier und heute lebe. Wie habt ihr das damals eigentlich ausgehaltern?"
"Stellenweise war es schlimm. Sinnlose Kriege, sinnlose Umweltverschmutzung und wenn man auf einem falschen Fleck der Erde geboren wurde, konnte man schnell zu der Meinung kommen, dass das Leben auch sinnlos war."
"Was wäre denn eigentlich passiert, wenn ihr auf dem Mond keine Arkoniden gefunden hättet? "
"Keine Ahnung. Und ich glaube, ich will das auch gar nicht so genau wissen. Eine Zerstörung der Erde durch einen Atomkrieg wäre wenigstens ein schneller Abgang geworden. Ich fürchte, um Einiges schlimmer wäre es auf Dauer sogar noch ohne ein rasches Ende gekommen. Unsere alte Heimat wäre nach und nach durch die zunehmende Umweltverschmutzung alleine durch das Verbrennen fossiler Energieträger vor die Hunde gekommen. Was dann passiert wäre, stelle ich mich lieber nicht vor. Weißt du, manchmal frage ich mich, ob die Affen vor Urzeiten nicht besser auf den Bäumen geblieben wären. Denn, sei mal ehrlich, sind wir heute so viel besser? Kriege gibt es immer noch, okay, nicht mehr wegen Hautfarben oder Religionen, dafür aber zum Beispiel um Bodenschätze."
"Davon hört man aber doch nicht allzu viel. Ich meine, Nachrichten kommen ja auch bei uns an."
"Oh, das läuft auch nicht mehr in offenen Raumschlachten wie früher. Das geht sozusagen hintenrum. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Aber glaube mir, unter der Decke brodelt es überall ganz gewaltig. Es dreht sich in den weitaus meisten dieser Fälle um Macht. Ganz einfach nur um Macht, das wird den Leuten natürlich unter einem anderen Deckmäntelchen verkauft. Nein, viel schlauer geworden ist die Menschheit nicht unbedingt geworden."
"Dabei sollte man meinen, dass solche Unterdrückungsszenarien über ein paar Jahrhunderte hinweg zur Vernunft führen", sinnierte Lee. "Damit sind wir wieder bei deiner Geschichte. Es geht also doch nicht innerhalb der Milchstraße weiter?"
"Zunächst mal nicht. Truppen wurden gesammelt, Wunden wurden geleckt und wir überlegten, wie wir am besten vorgehen würden. Ab und zu sollte auch noch Hilfe von außen kommen. Womit wir beim Thema wären. Dao-Lin H'ay und ihre Kartanin waren mit der Perle Moto in Richtung Milchstraße unterwegs."
"Das sieht fürs nächste Mal nicht so gut aus, wie?", fragte Lee.
"Leider kann es nicht immer nur gradlinig vorwärts gehen", erhielt sie als Antwort.
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Ein Roman mit Dao-Lin-H'ay, der nicht von Marianne Sydow stammt? Kann das gutgehen? Ja, denn der Autor heißt Robert Feldhoff. Robert schafft es, hier einen guten Roman zu schreiben. Dao nimmt man ihm ab und obwohl in Band 1451 eigentlich nicht viel passiert, ist das Teil gut lesbar.
Die Kartanin waren im Besitz der Perle Moto, entdeckten sogar eine Datei, flogen ins Schwarze Loch hinein und trafen nach etwas Gewühl auf Tifflor. Robert hatte noch eine Geschichte um eine psychisch blockierte Kartanin eingebaut, um die Handlung voll zu kriegen. Spannend war der Band für mich nicht, denn es war ja klar, dass unsere felide Freundin mit ihren Leuten den Inhalt der Perle in Band 1451 noch nicht knacken konnten. Ebenso war klar, dass sie den Aufenthalt im Inneren des Ereignishorizonts meistern würden.
Trotzdem hat mit Roberts Roman gefallen. Dao kommt bei mir etwas, ich kann es nur schwer beschreiben, technischer und bestimmender rüber als bei MS, aber es passt.
Ich glaube, bei Band 1451 besteht die Kunst darin, einen absolut nicht spannenden und unspektakulären Roman gut rüberzubringen und die Leserschaft zu unterhalten. Das hat Robert geschafft. Und zum Schluss hat er uns mit Nikki Frickels SORONG Bruchstück noch ein schönes Bröckchen vorgeworfen.
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"Ich gehe mal davon aus, dass der bisherige Fokus der Geschichten auf einer Außenbetrachtung der Milchstraße lag und dass sich das jetzt nach innen verändert", meinte Lee zu ihrem Geschichtenerzähler Reginald Bull.
"Grundsätzlich ja. Aber so schnell schießen die Preußen nun auch wieder nicht, das..."
"Wer schießt?" unterbrach Lee mit etwas ratlosem Gesicht ihr Gegenüber.
"Die Preußen. Das ist eine Redensart aus archaischen Steinzeiten über einen präatomaren Menschenschlag auf der alten Erde. Die waren ziemlich obrigkeitshörig und dazu militaristisch angehaucht, daher kommt dieser Spruch."
"Hm. Ich weiß ja nicht viel aus dieser uralten Zeit, aber alleine das, was du mir hier erzählst reicht schon, um heilfroh zu sein, dass ich hier und heute lebe. Wie habt ihr das damals eigentlich ausgehaltern?"
"Stellenweise war es schlimm. Sinnlose Kriege, sinnlose Umweltverschmutzung und wenn man auf einem falschen Fleck der Erde geboren wurde, konnte man schnell zu der Meinung kommen, dass das Leben auch sinnlos war."
"Was wäre denn eigentlich passiert, wenn ihr auf dem Mond keine Arkoniden gefunden hättet? "
"Keine Ahnung. Und ich glaube, ich will das auch gar nicht so genau wissen. Eine Zerstörung der Erde durch einen Atomkrieg wäre wenigstens ein schneller Abgang geworden. Ich fürchte, um Einiges schlimmer wäre es auf Dauer sogar noch ohne ein rasches Ende gekommen. Unsere alte Heimat wäre nach und nach durch die zunehmende Umweltverschmutzung alleine durch das Verbrennen fossiler Energieträger vor die Hunde gekommen. Was dann passiert wäre, stelle ich mich lieber nicht vor. Weißt du, manchmal frage ich mich, ob die Affen vor Urzeiten nicht besser auf den Bäumen geblieben wären. Denn, sei mal ehrlich, sind wir heute so viel besser? Kriege gibt es immer noch, okay, nicht mehr wegen Hautfarben oder Religionen, dafür aber zum Beispiel um Bodenschätze."
"Davon hört man aber doch nicht allzu viel. Ich meine, Nachrichten kommen ja auch bei uns an."
"Oh, das läuft auch nicht mehr in offenen Raumschlachten wie früher. Das geht sozusagen hintenrum. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Aber glaube mir, unter der Decke brodelt es überall ganz gewaltig. Es dreht sich in den weitaus meisten dieser Fälle um Macht. Ganz einfach nur um Macht, das wird den Leuten natürlich unter einem anderen Deckmäntelchen verkauft. Nein, viel schlauer geworden ist die Menschheit nicht unbedingt geworden."
"Dabei sollte man meinen, dass solche Unterdrückungsszenarien über ein paar Jahrhunderte hinweg zur Vernunft führen", sinnierte Lee. "Damit sind wir wieder bei deiner Geschichte. Es geht also doch nicht innerhalb der Milchstraße weiter?"
"Zunächst mal nicht. Truppen wurden gesammelt, Wunden wurden geleckt und wir überlegten, wie wir am besten vorgehen würden. Ab und zu sollte auch noch Hilfe von außen kommen. Womit wir beim Thema wären. Dao-Lin H'ay und ihre Kartanin waren mit der Perle Moto in Richtung Milchstraße unterwegs."
"Das sieht fürs nächste Mal nicht so gut aus, wie?", fragte Lee.
"Leider kann es nicht immer nur gradlinig vorwärts gehen", erhielt sie als Antwort.
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Ein Roman mit Dao-Lin-H'ay, der nicht von Marianne Sydow stammt? Kann das gutgehen? Ja, denn der Autor heißt Robert Feldhoff. Robert schafft es, hier einen guten Roman zu schreiben. Dao nimmt man ihm ab und obwohl in Band 1451 eigentlich nicht viel passiert, ist das Teil gut lesbar.
Die Kartanin waren im Besitz der Perle Moto, entdeckten sogar eine Datei, flogen ins Schwarze Loch hinein und trafen nach etwas Gewühl auf Tifflor. Robert hatte noch eine Geschichte um eine psychisch blockierte Kartanin eingebaut, um die Handlung voll zu kriegen. Spannend war der Band für mich nicht, denn es war ja klar, dass unsere felide Freundin mit ihren Leuten den Inhalt der Perle in Band 1451 noch nicht knacken konnten. Ebenso war klar, dass sie den Aufenthalt im Inneren des Ereignishorizonts meistern würden.
Trotzdem hat mit Roberts Roman gefallen. Dao kommt bei mir etwas, ich kann es nur schwer beschreiben, technischer und bestimmender rüber als bei MS, aber es passt.
Ich glaube, bei Band 1451 besteht die Kunst darin, einen absolut nicht spannenden und unspektakulären Roman gut rüberzubringen und die Leserschaft zu unterhalten. Das hat Robert geschafft. Und zum Schluss hat er uns mit Nikki Frickels SORONG Bruchstück noch ein schönes Bröckchen vorgeworfen.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1452 - Entscheidung am Ereignishorizont - ist von Ernst Vlcek, erschienen am 20. Juni 1989
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"Ich hätte große Lust, den nächsten Teil unserer Geschichte nicht zu erzählen, sondern einfach zu überspielen." Reginald Bull hob seinen rechten Arm an und zeigte auf sein Multifunktions - Chrono. "Manchmal hat man keine Lust, das alles nochmal vor dem geistigen Auge zu erleben."
"Ja, das kann ich mir vorstellen, aber damit käme ich nicht weit. Geschichtsunterricht kann ich mir an jedem Rechner holen. Nein, für mich zählt das persönliche Erleben von dir. Oder von Gucky. Sonst komme ich mit meinen Plänen nicht weit. Die elfundneunzigste sachliche Abhandlung bringt keinen weiter. Ich will die ganze Story neu veröffentlichen, eben mit euren Kommentaren. Aus eurem Erleben heraus geschildert. Das ist mein Traum. Und wenn ihr nochmal Urlaub macht, kommt die nächste Geschichte an die Reihe."
Lee bereitete sich einen Tee zu, setzte sich wieder und sah ihr Gegenüber an.
"Dann bleibt ich besser gleich noch zehn Jahre oder so hier. Dann dürften wir durch sein. Aber okay, machen wir weiter."
Bull trank einen Schluck Kaffee.
"Dabei waren wir so optimistisch nach dem Sieg auf Uulema. Es ging endlich, endlich in die richtige Richtung."
"Puh!", machte Lee. "Wenn so ein Schiff sagen wir mal zweihundert Leute Besatzung hat, sind das bei fünf zerstörten Raumern eintausend Tote. Eher mehr als weniger. Das ist harter Tobak."
Sie überlegte eine Weile.
"Dann seid ihr schon auf Uulema reineingelegt worden. Euer vermeintlicher Sieg mit der Eroberung dieser Dateien war ein Pyrrhussieg. Eure Niederlage war von vornherein genauso berechnet und kalkuliert worden. Und es hat funktioniert."
"Wir ich sagte", erwiderte Bull. "Wenn etwas zu glatt geht, taugt es nichts."
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Unsere Helden sind hereingelegt worden und eindeutig auf der Verliererstraße. Der Verlust der derartigen Zahl von Raumschiffen dürfte Folgen haben. Die Herrschaften von der unsere Lieblingsserie lesenden Zunft werden sich ganz schön erschreckt haben, denke ich mal. Waringer war tot, es war also unverkennbar, dass man sich seitens der schreibenden Zunft mit Aufräumen bei den Unsterblichen beschäftigte.
Nun gut, dass Atlan einfach so sang- und klanglos verschwinden sollte, habe ich damals nicht geglaubt, aber Roi Danton hätte durchaus dazu gehören können. Es war in der Tat so, wie AE eine LKS später unter einen Leserbrief schrieb. Wenn man nicht ab und zu mal einen Unsterblichen dahin gehen lässt, wird es unglaubwürdig. Auch von der HALUTA hatte man nichts mehr mitbekommen...
Der Roman selber hinterlässt mich zwiespältig. Der war so einer von der Sorte "Jetzt komm doch endlich mal in die Gänge!". Dass irgendwas schiefgelaufen war, wusste wir vom Ende der Nummer 1451. Da hatte man ein paar Trümmer von der SORONG gefunden. Also hieß es warten. So ähnlich wie in Band 398. Da wurde von allem Möglichen geschrieben, nur nicht vom Solsystem. Die Katastrophe fand in wenigen Sätze gegen Ende hin statt. Hier war es genauso. Wir mussten bis Seite 64 warten.
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"Ich hätte große Lust, den nächsten Teil unserer Geschichte nicht zu erzählen, sondern einfach zu überspielen." Reginald Bull hob seinen rechten Arm an und zeigte auf sein Multifunktions - Chrono. "Manchmal hat man keine Lust, das alles nochmal vor dem geistigen Auge zu erleben."
"Ja, das kann ich mir vorstellen, aber damit käme ich nicht weit. Geschichtsunterricht kann ich mir an jedem Rechner holen. Nein, für mich zählt das persönliche Erleben von dir. Oder von Gucky. Sonst komme ich mit meinen Plänen nicht weit. Die elfundneunzigste sachliche Abhandlung bringt keinen weiter. Ich will die ganze Story neu veröffentlichen, eben mit euren Kommentaren. Aus eurem Erleben heraus geschildert. Das ist mein Traum. Und wenn ihr nochmal Urlaub macht, kommt die nächste Geschichte an die Reihe."
Lee bereitete sich einen Tee zu, setzte sich wieder und sah ihr Gegenüber an.
"Dann bleibt ich besser gleich noch zehn Jahre oder so hier. Dann dürften wir durch sein. Aber okay, machen wir weiter."
Bull trank einen Schluck Kaffee.
"Dabei waren wir so optimistisch nach dem Sieg auf Uulema. Es ging endlich, endlich in die richtige Richtung."
"Puh!", machte Lee. "Wenn so ein Schiff sagen wir mal zweihundert Leute Besatzung hat, sind das bei fünf zerstörten Raumern eintausend Tote. Eher mehr als weniger. Das ist harter Tobak."
Sie überlegte eine Weile.
"Dann seid ihr schon auf Uulema reineingelegt worden. Euer vermeintlicher Sieg mit der Eroberung dieser Dateien war ein Pyrrhussieg. Eure Niederlage war von vornherein genauso berechnet und kalkuliert worden. Und es hat funktioniert."
"Wir ich sagte", erwiderte Bull. "Wenn etwas zu glatt geht, taugt es nichts."
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Unsere Helden sind hereingelegt worden und eindeutig auf der Verliererstraße. Der Verlust der derartigen Zahl von Raumschiffen dürfte Folgen haben. Die Herrschaften von der unsere Lieblingsserie lesenden Zunft werden sich ganz schön erschreckt haben, denke ich mal. Waringer war tot, es war also unverkennbar, dass man sich seitens der schreibenden Zunft mit Aufräumen bei den Unsterblichen beschäftigte.
Nun gut, dass Atlan einfach so sang- und klanglos verschwinden sollte, habe ich damals nicht geglaubt, aber Roi Danton hätte durchaus dazu gehören können. Es war in der Tat so, wie AE eine LKS später unter einen Leserbrief schrieb. Wenn man nicht ab und zu mal einen Unsterblichen dahin gehen lässt, wird es unglaubwürdig. Auch von der HALUTA hatte man nichts mehr mitbekommen...
Der Roman selber hinterlässt mich zwiespältig. Der war so einer von der Sorte "Jetzt komm doch endlich mal in die Gänge!". Dass irgendwas schiefgelaufen war, wusste wir vom Ende der Nummer 1451. Da hatte man ein paar Trümmer von der SORONG gefunden. Also hieß es warten. So ähnlich wie in Band 398. Da wurde von allem Möglichen geschrieben, nur nicht vom Solsystem. Die Katastrophe fand in wenigen Sätze gegen Ende hin statt. Hier war es genauso. Wir mussten bis Seite 64 warten.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1453 - Der unbekannte Feind - ist von Kurt Mahr, erschienen am 27. Juni 1989
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Lee betrachtete ihr Gegenüber Reginald Bull und sah zu, wie er seinen Kaffee schlürfte. Sie wirkte nachdenklich.
"Ich weiß nicht, ob ich dich das schon mal gefragt habe. Aber wieso lebt ihr eigentlich noch? Es ist ja nicht so, dass ich jemandem von euch den Tod wünsche. Aber..."
"Ich weiß, was du sagen willst", wurde sie unterbrochen. "Wie finden diese Leute immer wieder eine Möglichkeit, dem Teufel manchmal im allerletzten Moment von der Schüppe zu springen? Es ist doch mehr als unwahrscheinlich, dass es immer nur die anderen erwischt! Warum ist das so?"
Lee nickte.
"Keine Ahnung", meinte Bull. "Sicherlich ist da zum ersten in all den Jahren eine Unmenge Erfahrung, die andere nicht haben. Sicherlich sind da all die, die ihren Kopf für uns und früher für die Menschheit hinhielten und jetzt für die ganze Galaxis im Einsatz sind. Ohne diese vielen, vielen Intelligenzen wären wir nichts. Gar nichts. Was soll ein Perry Rhodan mit sich alleine? Der würde doch höchstens verrückt werden. Wir haben sowieso riesengroßes Glück, dass von unserem Club der Unsterblichen, und da schließe ich Gucky und Tolot jetzt mal mit ein, noch als Menschen anerkannt werden und Leute wie du völlig normal mit uns reden. Oder dein McSowieso im Pub, auch wenn er mich mal rauswerfen wollte. Aber er akzeptiert mich und macht keinen Bogen um mich. Das war Punkt zwei.
Punkt drei zu deiner Frage heißt zum Beispiel Gucky."
Bull sah sich um, ob der Ilt mittlerweile den Weg hierhin gefunden hatte und in einer Ecke stehen würde. Der würde ihm, dass, was er jetzt sagen wollte, ein paar Jahrhunderte unter die Nase reiben.
"Ohne den Kleinen gäbe es uns lange nicht mehr. Er hat uns so oft rausgeholt, dass wir ihm eigentlich von morgens bis abends zu Füßen liegen und uns im Nackenkraulen abwechseln müssten. Das galt früher für das komplette Solare Imperium und gilt heute für das Galaktikum und was weiß ich noch. Manchmal habe ich bei dem eh das Gefühl, dass er uns auf welche Art auch immer leitet. Ab und zu darf Perry ihn fertig machen. Dann grinst er sich eins und macht dann doch weiter, wie er will.
Aber trotzdem hast du natürlich völlig recht. Über 3.000 Jahre laufen wir jetzt schon hier herum. Hätte mir das damals einer ernsthaft erzählt, hätte ich den für reif für die Klapse gehalten oder ihn zumindest zu jemandem wie dir geschickt. Aber Klartext: Ich kann deine Frage nicht beantworten."
"Glaubst du etwas wie Vorsehung?"
"Du meinst, sowas wie einen persönlichen Schutzengel oder dergleichen?"
Lee nickte.
"Nein. Ich glaube, da bin ich zu sehr Realist. Selbst wenn ich ehedem mal an was auch immer geglaubt habe, ist das in all den Katastrophen verschwunden. Die Dolankriege mit kaum zählbaren Toten. Der Schwarm mit galaxisweiter Verdummung. Da müssen Billionen gestorben sein. Oder eben der Wahnsinn aus der Cantaro - Zeit. Nein, da ist nicht Personfizierbares, das auf mich aufpasst. Zumindest nicht im Sinne eines persönlich liebenden Gottes oder so. Wenn es ihn denn gäbe, hätte er mit mir ein ziemliches Problem. Ich würde im Zweifelsfall mal ein paar ernste Worte mit dem reden wollen. Was es aber mit dem Universum, Multiversum oder Omniversum oder wie auch immer du die Gesamtheit aller Existenz nennen willst, nun überhaupt soll, steht auf einem anderen Blatt Papier. Aber das ist was für die berühmten zwei Philosophen in ihrem Elfenbeinturm.
Was aber nichts daran ändert, dass auch unsereins mal an die absolute Grenze der persönlichen Belastbarkeit kommt. An einen Punkt, an dem auch kein Gucky helfen kann. Sogar Perry war da mal.
Das war damals, als wir nach der Katastrophe an dem Schwarzen Loch auf dieser erdähnlichen Welt gelandet waren. Die CIMARRON war eigentlich nur noch ein Wrack. Durch ein großes Wunder hatten die Triebwerke gehalten und uns hierhergebracht. Zu der Welt, deren Sonne wir Megaira genannt hatten. Megaira ist eine der Rachegöttinnen der alten griechischen Mythologie. Sie ist eine der drei Erinnyen. Den Planeten nannten wir Sisyphos."
"Wie Perry nach dieser Eröffnung aussah, brauche ich wohl nicht näher zu erläutern."
Lee war fassungslos und unfähig, einen Satz von sich zu geben. Eine solche Enthüllung hatte sie nicht erwartet.
"Du kannst mir jetzt sagen, was du willst, ich brauche jetzt mindestens drei Bier aus Zapfhahn Nummer zwölf von dem ollen McSowieso. Für heute sind die Geschichten durch", sagte Bull.
Lee nickte. "Ja, das kann ich nachvollziehen", meinte sie.
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Das saß. So hatte Perry Rhodan noch niemand gesehen: grau im Gesicht, mit eingefallenen Zügen, schreibt Kurt Mahr am Ende eines Romans, der es für mich in sich hatte.
Die letzten Sätze wirken sogar noch beim Neu lesen Jahrzehnte später. Im Gegensatz zum Vorgängerband gelingt hier die Überraschung. Gesil mal drei: Beim ersten Mal relativ harmlos als Foto oder dergleichen, beim zweiten Mal als Videodatei, die wohl ebenso falsch war wie die fünfzehn Millionen Jahre alte Station und beim dritten Mal...
Der Band hat mir gut gefallen. Mahr spielt geschickt mit den Gefühlen der Lesenden, in dem er Perry Rhodan mit seiner Frau konfrontiert und jedes Mal noch einen draufsetzt. Vermeintliche Randfiguren wie Sedge Midways oder Reginald Bull werden als handelnde Personen dargestellt und nicht nur als Mitläufer. Sogar das Monster der Woche jagt Schauder über den Rücken. Dass Atlan und Danton wieder auftauchen, ist nicht mehr als schmückendes Beiwerk.
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Lee betrachtete ihr Gegenüber Reginald Bull und sah zu, wie er seinen Kaffee schlürfte. Sie wirkte nachdenklich.
"Ich weiß nicht, ob ich dich das schon mal gefragt habe. Aber wieso lebt ihr eigentlich noch? Es ist ja nicht so, dass ich jemandem von euch den Tod wünsche. Aber..."
"Ich weiß, was du sagen willst", wurde sie unterbrochen. "Wie finden diese Leute immer wieder eine Möglichkeit, dem Teufel manchmal im allerletzten Moment von der Schüppe zu springen? Es ist doch mehr als unwahrscheinlich, dass es immer nur die anderen erwischt! Warum ist das so?"
Lee nickte.
"Keine Ahnung", meinte Bull. "Sicherlich ist da zum ersten in all den Jahren eine Unmenge Erfahrung, die andere nicht haben. Sicherlich sind da all die, die ihren Kopf für uns und früher für die Menschheit hinhielten und jetzt für die ganze Galaxis im Einsatz sind. Ohne diese vielen, vielen Intelligenzen wären wir nichts. Gar nichts. Was soll ein Perry Rhodan mit sich alleine? Der würde doch höchstens verrückt werden. Wir haben sowieso riesengroßes Glück, dass von unserem Club der Unsterblichen, und da schließe ich Gucky und Tolot jetzt mal mit ein, noch als Menschen anerkannt werden und Leute wie du völlig normal mit uns reden. Oder dein McSowieso im Pub, auch wenn er mich mal rauswerfen wollte. Aber er akzeptiert mich und macht keinen Bogen um mich. Das war Punkt zwei.
Punkt drei zu deiner Frage heißt zum Beispiel Gucky."
Bull sah sich um, ob der Ilt mittlerweile den Weg hierhin gefunden hatte und in einer Ecke stehen würde. Der würde ihm, dass, was er jetzt sagen wollte, ein paar Jahrhunderte unter die Nase reiben.
"Ohne den Kleinen gäbe es uns lange nicht mehr. Er hat uns so oft rausgeholt, dass wir ihm eigentlich von morgens bis abends zu Füßen liegen und uns im Nackenkraulen abwechseln müssten. Das galt früher für das komplette Solare Imperium und gilt heute für das Galaktikum und was weiß ich noch. Manchmal habe ich bei dem eh das Gefühl, dass er uns auf welche Art auch immer leitet. Ab und zu darf Perry ihn fertig machen. Dann grinst er sich eins und macht dann doch weiter, wie er will.
Aber trotzdem hast du natürlich völlig recht. Über 3.000 Jahre laufen wir jetzt schon hier herum. Hätte mir das damals einer ernsthaft erzählt, hätte ich den für reif für die Klapse gehalten oder ihn zumindest zu jemandem wie dir geschickt. Aber Klartext: Ich kann deine Frage nicht beantworten."
"Glaubst du etwas wie Vorsehung?"
"Du meinst, sowas wie einen persönlichen Schutzengel oder dergleichen?"
Lee nickte.
"Nein. Ich glaube, da bin ich zu sehr Realist. Selbst wenn ich ehedem mal an was auch immer geglaubt habe, ist das in all den Katastrophen verschwunden. Die Dolankriege mit kaum zählbaren Toten. Der Schwarm mit galaxisweiter Verdummung. Da müssen Billionen gestorben sein. Oder eben der Wahnsinn aus der Cantaro - Zeit. Nein, da ist nicht Personfizierbares, das auf mich aufpasst. Zumindest nicht im Sinne eines persönlich liebenden Gottes oder so. Wenn es ihn denn gäbe, hätte er mit mir ein ziemliches Problem. Ich würde im Zweifelsfall mal ein paar ernste Worte mit dem reden wollen. Was es aber mit dem Universum, Multiversum oder Omniversum oder wie auch immer du die Gesamtheit aller Existenz nennen willst, nun überhaupt soll, steht auf einem anderen Blatt Papier. Aber das ist was für die berühmten zwei Philosophen in ihrem Elfenbeinturm.
Was aber nichts daran ändert, dass auch unsereins mal an die absolute Grenze der persönlichen Belastbarkeit kommt. An einen Punkt, an dem auch kein Gucky helfen kann. Sogar Perry war da mal.
Das war damals, als wir nach der Katastrophe an dem Schwarzen Loch auf dieser erdähnlichen Welt gelandet waren. Die CIMARRON war eigentlich nur noch ein Wrack. Durch ein großes Wunder hatten die Triebwerke gehalten und uns hierhergebracht. Zu der Welt, deren Sonne wir Megaira genannt hatten. Megaira ist eine der Rachegöttinnen der alten griechischen Mythologie. Sie ist eine der drei Erinnyen. Den Planeten nannten wir Sisyphos."
"Wie Perry nach dieser Eröffnung aussah, brauche ich wohl nicht näher zu erläutern."
Lee war fassungslos und unfähig, einen Satz von sich zu geben. Eine solche Enthüllung hatte sie nicht erwartet.
"Du kannst mir jetzt sagen, was du willst, ich brauche jetzt mindestens drei Bier aus Zapfhahn Nummer zwölf von dem ollen McSowieso. Für heute sind die Geschichten durch", sagte Bull.
Lee nickte. "Ja, das kann ich nachvollziehen", meinte sie.
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Das saß. So hatte Perry Rhodan noch niemand gesehen: grau im Gesicht, mit eingefallenen Zügen, schreibt Kurt Mahr am Ende eines Romans, der es für mich in sich hatte.
Die letzten Sätze wirken sogar noch beim Neu lesen Jahrzehnte später. Im Gegensatz zum Vorgängerband gelingt hier die Überraschung. Gesil mal drei: Beim ersten Mal relativ harmlos als Foto oder dergleichen, beim zweiten Mal als Videodatei, die wohl ebenso falsch war wie die fünfzehn Millionen Jahre alte Station und beim dritten Mal...
Der Band hat mir gut gefallen. Mahr spielt geschickt mit den Gefühlen der Lesenden, in dem er Perry Rhodan mit seiner Frau konfrontiert und jedes Mal noch einen draufsetzt. Vermeintliche Randfiguren wie Sedge Midways oder Reginald Bull werden als handelnde Personen dargestellt und nicht nur als Mitläufer. Sogar das Monster der Woche jagt Schauder über den Rücken. Dass Atlan und Danton wieder auftauchen, ist nicht mehr als schmückendes Beiwerk.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Zwischenspiel:
Man hatte sich für später in Billy McGuyers Pub verabredet. Zunächst trennten sie sich. Lee wollte sich noch frisch machen und danach auf John treffen, sofern diesem nicht wieder irgendwelche politischen Verabredungen dazwischenkamen. 14 Monate bis zu den Neuwahlen waren schnell herum und die Belastung für Talbot nahm schon jetzt deutlich zu. Wohin das noch führen sollte, war Lee völlig unklar. Was denn, wenn John tatsächlich Spitzenkandidat seiner Partei würde? Dann hätten sie gar keine Zeit mehr füreinander. Aber soweit waren sie ja noch nicht.
Lee seufzte. Hoffentlich gibt das was mit uns beiden! dachte sie. Wenn ich so überlege, dass wir ohne diesen Abend, den Gucky vor ein paar Monaten organisiert hatte, nie so weit gekommen wären, dann...Nein, da will ich erst gar nicht drüber nachgrübeln, unterbrach sie ihren Gedankengang. Sie blieb stehen, blickte in die Ferne in Richtung Sonnenuntergang und war zum wiederholten Male in ihrem Leben von dem fantastischen Anblick begeistert.
"Natürlich gibt das was mit euch!", piepste eine Stimme hinter ihr. "Meinst du, ich hätte mir die ganze Mühe umsonst gemacht?"
"Gucky! Ich freu mich, dass du wieder da bist. Aber wie..."
"Um festzustellen, was grade in deinem Kopf vorgegangen ist, braucht man nicht unbedingt Telepath zu sein. Vergiss nicht, ich lebe schon länger unter Gestalten wie euch. Und nein, ich darf dir nicht erzählen, wo wir gewesen sind und was zu unserer Abwesenheit geführt hat. Denn sollte sich unsereins ausnahmsweise wo auch immer zwecks Urlaubes oder so rumtreiben, ist das meistens nur auf Abruf. Wenn unser größter aller großen Meister meint, er braucht uns, dann ist Schluss mit lustig. Dabei, überlege ich im Moment, eigentlich könnte er es ja auch mal alleine probieren, anstatt immer nur die armen Kleinen auszunutzen. Grundsätzlich fühle ich mich in solchen Momenten äußerst bedauernswert." Er setzte eine beleidigte Miene auf.
Lee lachte, ging in die Hocke und umarmte den Ilt. "Wichtig ist, dass ihr das alles überstanden habt. Alles andere zählt nicht. Bully ist heute Nachmittag schon aufgetaucht. Der dürfte im Wald an unserem Bach sein, so er wieder dort gelandet ist. Wir wollen uns gleich in Billys Pub treffen."
"Dann bis nachher", meinte Gucky, ließ seinen Nagezahn aufblitzen und verschwand.
Als er wieder materialisierte, saß Bully grübelnd auf den Stufen an seinem Beiboot.
"Was ist los, Dicker?" fragte er. "Immer noch Fragezeichen im Hinterkopf?" Er setzte sich neben seinen Gefährten, holte eine Möhre aus seiner Tasche und knabberte daran herum. "Wie geht es dir denn mittlerweile, Bully?", fragte er leise.
"Es wird", sagte der Terraner. "Langsam aber sicher. Ich werde wohl noch ein paar Gespräche mit Lee führen, aber tendenziell weiß ich, wo die Reise hingeht."
Gucky richtete sich auf und war so mit seinem uralten Kumpel auf Augenhöhe. "Ich werde dich vermissen", sagte er leise. "Obwohl es Zeiten gab, in denen wir uns verdammt lange nicht gesehen hatten. Aber das hier fühlt sich anders an."
"Erstens", brummte Reginald Bull, "hab ich noch gar nichts gesagt. Zweitens schon mal überhaupt nichts Konkretes. Und drittens, wer sagt denn, dass ich hier weggehen will? Hat..."
"Vorsicht", zischte der Kleinere. "Bevor du jetzt wen auch immer beschuldigst, mir etwas erzählt zu haben. Ich bin vor zwölfeinhalb Minuten hier angekommen. Lee hat mir gesagt, dass du wohl an diesem Ort zu finden seist. Mehr nicht. Und jetzt bin ich auch hier. Du vergisst, mein dicker Freund, dass wir uns schon ein paar Tage länger kennen und ich eine abgeschlossene Ausbildung als Kosmopsychologe habe. Außerdem kenne ich dich wie meinen Raumanzug. Also: Maul halten und weiter nachdenken. Dabei aber das Einschalten des Hirns nicht vergessen. Ich werde dich aber trotzdem vermissen."
"Ich weiß nicht, ob das richtig ist", erwiderte Bull. "Ich kann doch nicht einfach so einen auf Alaska machen und weg bin ich. Ohne einen möglichen Rückweg zu meiner Heimat würde ich sowieso verrückt."
"Ja", sagte Gucky. "Das verstehe ich. Ich stand ein paar Mal kurz davor. Aber so weit sind wir ja noch nicht." Er gab Bully einen telekinetischen Schlag in den Nacken. "Wir sehen uns noch eine dreiviertel Stunde die schöne Natur an und dann geht es ab."
Gute sechzig Minuten später standen sie vor dem Singenden Ochsen und gingen hinein.
"Sieh mal an", griente Billy McGuyer, der Wirt. "Unser roter Stachelkopf und abgebrochener Riese. Sozusagen der größte frei rumlaufende Meterfünfzig der Galaxis!"
"Jetzt hör mir mal gut zu, McSowieso! Du zapfst mir jetzt in Windeseile zwei Große aus Zapfhahn Nummer zwölf oder ziehe ich dich über deine Theke und dann gibt es was hinter die Horchlappen!"
Billy baute sich zu seiner vollen Größe von 1,98 Meter auf. Breite Schultern und mächtige Oberarme rundeten das Bild ab. "Da müssten schon Ertruser kommen und keine Zwerge. Also: Brav sein und Maul halten!"
Dann stürmte Bull hinter die Theke und die zwei vermeintlichen Streithähne umarmten sich voller Wiedersehensfreude.
"Ob du es glaubst oder nicht, McSowieso, ich habe deine seltsame Kneipe mit all den noch seltsameren Gestalten darin vermisst."
"Mir beziehungsweise uns geht es genauso. Wir würden gerne noch ein paar von deinen alten Raumfahrergeschichten hören. Meinst du, das kriegst du hin? Ach übrigens, ehe ich es vergesse." Er zeigte in Richtung eines Tisches in einer ruhigen Ecke. Gucky und Bull sahen Lee, aber nicht mit ihrem John Talbot, sondern mit einer großen weißhaarigen Gestalt bei einer Flasche sündhaft teuer aussehenden Rotweins in ein Gespräch vertieft.
"Das da ist eine Flasche Chateau Lafite Rothschild 1er Cru Pauiliac 2018 NGZ. Original terranisch und unbezahlbar. Wo immer er die auch her hat. Soweit, so seltsam. Aber wer zum Teufel ist dieser dazugehörige weißhaarige, eloquente Typ neben Lee?"
Weder Gucky noch Reginald Bull wunderten sich. Schon gar nicht, dass er umgehend die schönste Frau Thamestowns an Land gezogen hatte und sich mit ihr angeregt unterhielt. Im Gegenteil: Alles andere hätte sie aus den Socken gehauen.
Reginald Bull hob seine Stimme und wurde lauter.
"Dieser Typ, der sich da so weltgewandt mit unserer gemeinsamen Freundin Lee unterhält, mein lieber Billy McGuyer", er wurde noch lauter, damit alles es mitbekamen, "dieser Typ ist Arkonide. Er heißt Atlan da Gonozal."
Schlagartig erloschen sämtliche Gespräche. Alle Anwesenden erstarrten und blickten in ihre Richtung.
Man hatte sich für später in Billy McGuyers Pub verabredet. Zunächst trennten sie sich. Lee wollte sich noch frisch machen und danach auf John treffen, sofern diesem nicht wieder irgendwelche politischen Verabredungen dazwischenkamen. 14 Monate bis zu den Neuwahlen waren schnell herum und die Belastung für Talbot nahm schon jetzt deutlich zu. Wohin das noch führen sollte, war Lee völlig unklar. Was denn, wenn John tatsächlich Spitzenkandidat seiner Partei würde? Dann hätten sie gar keine Zeit mehr füreinander. Aber soweit waren sie ja noch nicht.
Lee seufzte. Hoffentlich gibt das was mit uns beiden! dachte sie. Wenn ich so überlege, dass wir ohne diesen Abend, den Gucky vor ein paar Monaten organisiert hatte, nie so weit gekommen wären, dann...Nein, da will ich erst gar nicht drüber nachgrübeln, unterbrach sie ihren Gedankengang. Sie blieb stehen, blickte in die Ferne in Richtung Sonnenuntergang und war zum wiederholten Male in ihrem Leben von dem fantastischen Anblick begeistert.
"Natürlich gibt das was mit euch!", piepste eine Stimme hinter ihr. "Meinst du, ich hätte mir die ganze Mühe umsonst gemacht?"
"Gucky! Ich freu mich, dass du wieder da bist. Aber wie..."
"Um festzustellen, was grade in deinem Kopf vorgegangen ist, braucht man nicht unbedingt Telepath zu sein. Vergiss nicht, ich lebe schon länger unter Gestalten wie euch. Und nein, ich darf dir nicht erzählen, wo wir gewesen sind und was zu unserer Abwesenheit geführt hat. Denn sollte sich unsereins ausnahmsweise wo auch immer zwecks Urlaubes oder so rumtreiben, ist das meistens nur auf Abruf. Wenn unser größter aller großen Meister meint, er braucht uns, dann ist Schluss mit lustig. Dabei, überlege ich im Moment, eigentlich könnte er es ja auch mal alleine probieren, anstatt immer nur die armen Kleinen auszunutzen. Grundsätzlich fühle ich mich in solchen Momenten äußerst bedauernswert." Er setzte eine beleidigte Miene auf.
Lee lachte, ging in die Hocke und umarmte den Ilt. "Wichtig ist, dass ihr das alles überstanden habt. Alles andere zählt nicht. Bully ist heute Nachmittag schon aufgetaucht. Der dürfte im Wald an unserem Bach sein, so er wieder dort gelandet ist. Wir wollen uns gleich in Billys Pub treffen."
"Dann bis nachher", meinte Gucky, ließ seinen Nagezahn aufblitzen und verschwand.
Als er wieder materialisierte, saß Bully grübelnd auf den Stufen an seinem Beiboot.
"Was ist los, Dicker?" fragte er. "Immer noch Fragezeichen im Hinterkopf?" Er setzte sich neben seinen Gefährten, holte eine Möhre aus seiner Tasche und knabberte daran herum. "Wie geht es dir denn mittlerweile, Bully?", fragte er leise.
"Es wird", sagte der Terraner. "Langsam aber sicher. Ich werde wohl noch ein paar Gespräche mit Lee führen, aber tendenziell weiß ich, wo die Reise hingeht."
Gucky richtete sich auf und war so mit seinem uralten Kumpel auf Augenhöhe. "Ich werde dich vermissen", sagte er leise. "Obwohl es Zeiten gab, in denen wir uns verdammt lange nicht gesehen hatten. Aber das hier fühlt sich anders an."
"Erstens", brummte Reginald Bull, "hab ich noch gar nichts gesagt. Zweitens schon mal überhaupt nichts Konkretes. Und drittens, wer sagt denn, dass ich hier weggehen will? Hat..."
"Vorsicht", zischte der Kleinere. "Bevor du jetzt wen auch immer beschuldigst, mir etwas erzählt zu haben. Ich bin vor zwölfeinhalb Minuten hier angekommen. Lee hat mir gesagt, dass du wohl an diesem Ort zu finden seist. Mehr nicht. Und jetzt bin ich auch hier. Du vergisst, mein dicker Freund, dass wir uns schon ein paar Tage länger kennen und ich eine abgeschlossene Ausbildung als Kosmopsychologe habe. Außerdem kenne ich dich wie meinen Raumanzug. Also: Maul halten und weiter nachdenken. Dabei aber das Einschalten des Hirns nicht vergessen. Ich werde dich aber trotzdem vermissen."
"Ich weiß nicht, ob das richtig ist", erwiderte Bull. "Ich kann doch nicht einfach so einen auf Alaska machen und weg bin ich. Ohne einen möglichen Rückweg zu meiner Heimat würde ich sowieso verrückt."
"Ja", sagte Gucky. "Das verstehe ich. Ich stand ein paar Mal kurz davor. Aber so weit sind wir ja noch nicht." Er gab Bully einen telekinetischen Schlag in den Nacken. "Wir sehen uns noch eine dreiviertel Stunde die schöne Natur an und dann geht es ab."
Gute sechzig Minuten später standen sie vor dem Singenden Ochsen und gingen hinein.
"Sieh mal an", griente Billy McGuyer, der Wirt. "Unser roter Stachelkopf und abgebrochener Riese. Sozusagen der größte frei rumlaufende Meterfünfzig der Galaxis!"
"Jetzt hör mir mal gut zu, McSowieso! Du zapfst mir jetzt in Windeseile zwei Große aus Zapfhahn Nummer zwölf oder ziehe ich dich über deine Theke und dann gibt es was hinter die Horchlappen!"
Billy baute sich zu seiner vollen Größe von 1,98 Meter auf. Breite Schultern und mächtige Oberarme rundeten das Bild ab. "Da müssten schon Ertruser kommen und keine Zwerge. Also: Brav sein und Maul halten!"
Dann stürmte Bull hinter die Theke und die zwei vermeintlichen Streithähne umarmten sich voller Wiedersehensfreude.
"Ob du es glaubst oder nicht, McSowieso, ich habe deine seltsame Kneipe mit all den noch seltsameren Gestalten darin vermisst."
"Mir beziehungsweise uns geht es genauso. Wir würden gerne noch ein paar von deinen alten Raumfahrergeschichten hören. Meinst du, das kriegst du hin? Ach übrigens, ehe ich es vergesse." Er zeigte in Richtung eines Tisches in einer ruhigen Ecke. Gucky und Bull sahen Lee, aber nicht mit ihrem John Talbot, sondern mit einer großen weißhaarigen Gestalt bei einer Flasche sündhaft teuer aussehenden Rotweins in ein Gespräch vertieft.
"Das da ist eine Flasche Chateau Lafite Rothschild 1er Cru Pauiliac 2018 NGZ. Original terranisch und unbezahlbar. Wo immer er die auch her hat. Soweit, so seltsam. Aber wer zum Teufel ist dieser dazugehörige weißhaarige, eloquente Typ neben Lee?"
Weder Gucky noch Reginald Bull wunderten sich. Schon gar nicht, dass er umgehend die schönste Frau Thamestowns an Land gezogen hatte und sich mit ihr angeregt unterhielt. Im Gegenteil: Alles andere hätte sie aus den Socken gehauen.
Reginald Bull hob seine Stimme und wurde lauter.
"Dieser Typ, der sich da so weltgewandt mit unserer gemeinsamen Freundin Lee unterhält, mein lieber Billy McGuyer", er wurde noch lauter, damit alles es mitbekamen, "dieser Typ ist Arkonide. Er heißt Atlan da Gonozal."
Schlagartig erloschen sämtliche Gespräche. Alle Anwesenden erstarrten und blickten in ihre Richtung.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1454 - Psychoterror - ist von Peter Griese, erschienen am 4. Juli 1989
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Der Arkonide nickte seiner Gesprächspartnerin zu, lehnte sich zurück und blickte offen in den Innenraum des Pubs hinein. Von Gucky und Bull abgesehen, starrten alle anderen Anwesenden zurück, als säße der Leibhaftige persönlich in ihrer höchsteigenen Kneipe, um sie zweifellos alle mitzunehmen. Niemand sagte etwas.
Jetzt müsste einer den Bann brechen, dachte Gucky. Dann wäre es relativ schnell geschafft. Anschließend teleportierte der Ilt auf die Theke, setzte sich dort im Schneidersitz auf eine freie Fläche und begutachtete seine Finger, als gäbe es nicht wichtigeres auf dieser Welt. Reginald Bull seufzte, ging zu seinem Zapfhahn Nummer zwölf und bediente sich selber. Er nahm einen tiefen Schluck von dem Gebräu, dass ursprünglich aus dieser terranischen Stadt mit den Vollverrückten stammte und lehnte sich ebenfalls zurück. Was ein Glück, dass Icho Tolot nicht hier ist, ging ihm durch den Kopf. Ich hab ja schon Schwierigkeiten, ernst zu bleiben, aber der würde spätestens jetzt den Singenden Ochsen zu Trümmern lachen. Er kam sich vor wie in einem Uralt - Western aus seiner Jugend. So eine Saloon Szene. Wer sich als erster bewegt, wird erschossen.
Gucky knabbert schon an der zweiten Möhre. Bully war grade dabei, sich sein drittes Bier zu zapfen, als plötzlich Regung in die Erstarrung kam. Ein etwa neunjähriger Junge schob sich nach vorne. In der linken Hand hatte er einen Teller mit etwas, dass wohl ursprünglich mal Fish & Chips gewesen sein mochte. Der Fisch war allerdings schon weg, so dass er sich mit der anderen Hand die frittierten Kartoffelstäbchen in den Mund schob.
Er stellte sich vor Atlan und besah ihn sich von oben bis unten, verfolgt von mindestens vierzig Augenpaaren. Er machte seinen Mund auf, aber nur, um mit Guckys telekinetischen Kräften Bekanntschaft zu machen. "Mit vollem Mund spricht man nicht. Schon gar nicht mit Ex - Imperatoren und ehemaligen Admirälen", erklärte er. "Aber immerhin bist du mutig. Ohne dich wäre hier wohl in drei Stunden noch nichts passiert."
Als er seinen Mund wieder öffnen konnte, fragte der Junge: "Du bist Atlan, der Arkonide?"
"Ja, junger Mann, der bin ich." Atlan nickte dem kleinen Kerl zu, der inzwischen seinen Teller leer gegessen und auf dem Nebentisch abgestellt hatte. "Und wer bist du?"
"Ich bin Chick O'Leary, der Sohn von Susan und Charlie O'Leary. Unsere Vorfahren stammen aus Irland und sind keine Engländer. Wir sind die einzige vernünftige Familie unter einem fürchterlichen Haufen englischer Barbaren, sagt mein Vater immer."
Sollten die Zwei hier sein, steht ihnen wohl noch bevor, die eine oder andere Runde ausgeben zu dürfen. Um den englischen Barbarenhaufen zu beruhigen. Bully musste grinsen.
"Es freut mich, dich kennen zu lernen", sagte Atlan freundlich. "Was kann ich denn für dich tun?"
Chick holte tief Luft, dann sprudelte es aus ihm heraus. "Bist du wirklich so uralt? Wie machst du das? Hast du denn tatsächlich zehntausend Jahre auf der Erde gelebt? Unter all diesen Barbaren? Warst du auch mal in Irland? Wie sieht es da denn aus? Und was muss ich anstellen, um bei dir in die Lehre zu kommen?"
Atlan lachte. "Weißt du, mit den Barbaren hast etwas völlig richtig ausgesprochen. Aber wenn ich mich da recht entsinne, ist der Unterschied der damaligen Menschen zu denen von heute nicht allzu groß. Egal, ob sie aus England, Irland oder sonst woher stammen."
Er beugte sich vor. "Und ich fühle mich sehr geehrt, dass du mir eine Ausbildung machen willst. Dummerweise müsstest du dazu in die Flotte eintreten und die nehmen nur Volljährige. Also muss ich leider bitten, dich noch etwas in Geduld zu üben."
Der Weißhaarige hatte auf einmal ein etwas entrückten Blick drauf, kurze Zeit später war er wieder da und meinte: "Aber ich habe eine Idee, um dir und deinen Leuten die Wartezeit etwas zu verkürzen. Gibt es eure Schule nur virtuell oder tatsächlich als Gebäude?"
"Unsere Schule ist so ziemlich das älteste Haus Newenglands. Es wurde unmittelbar nach der Landung der OLD LONDON TOWN von den ersten Kolonisten gebaut und steht immer noch." Nicht nur der Junge war sichtlich stolz darauf.
"Sehr gut. In fünf Tagen komme ich euch besuchen. Sucht Örtlichkeiten aus, in die sämtliche Schülerinnen und Schüler hineinpassen. Kameras dürfen mit dabei sein. Und dann erzähle ich euch etwas aus diesen zehntausend Jahren auf der Erde."
Ein Raunen ging durch die Anwesenden. Chick wäre vor Stolz fast geplatzt und dann kam Beifall auf. Wann zum Teufel hatte man denn die Möglichkeit, dem echten Atlan zuzuhören.
"Naja", meinte Gucky dazu. "Er soll es aber nicht übertreiben. Denn von diesen ominösen zehntausend Jahren hat er die meiste Zeit verschlafen. So aufregend wars also auch wieder nicht." Er machte eine gönnerhafte Handbewegung und nickte der Menge zu. "So" sagte er, "man darf weiter trinken und sich seinen derben Lustbarkeiten hingeben." Anschließend watschelte er zu dem Tisch, an dem mittlerweile auch Bully Platz genommen hatte und setzte sich dazu.
"Wir waren grade im Gespräch über vergangene Zeiten und spielten diverse Möglichkeiten der Veröffentlichung von der ganzen Geschichte hier durch." Atlan brachte damit den Ilt auf den aktuellen Stand der Dinge. "Bevor wir über andere Themen reden, sollten wir weitermachen und in die Gänge kommen", meinte er noch mit Blick auf die langsam aber sicher voller werdende Kneipe.
Der Arkonide lehnte sich zurück und begann.
"Es ist ja durchaus so, dass auch Leute unseres Schlages", er zeigte auf Bully und Gucky, "nicht ab und zu an ihre absoluten Grenzen kommen. Jeder könnte dir dazu abendfüllende Geschichten erzählen. Aber das hier war schon hart."
"Da meint man von hier unten aus immer, bei euch gäbe es solche Probleme nicht, bis man tatsächlich selber mal auf einen oder mehrere eurer Sorte trifft", sagte Lee nach dem Ende von Atlans Bericht.
"Oh", meinte Gucky. "Ich alleine könnte mit Erzählungen dieser Art und nur von mir wahrscheinlich monatelang Abende füllen. Da ist, denke ich, einfach die Langlebigkeit mit dem Wissen, immer irgendwie aus der Misere herauszukommen, der Grund, warum wir noch nicht übergeschnappt sind."
"Ja", ergänzte Bull. "Wo der Kleine Recht hat, hat er Recht. Obwohl, übergeschnappt…"
Guckys Blick hätte Bully an den nächsten Baum nageln können.
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Peter Griese führte uns in die seelischen Tiefen der Abgründe, die sich in Atlan, vor allem aber in Perry Rhodan auftun. Geschickt schildert er uns, dass die beiden ganz Großen letztlich auch nur Menschen sind und keine Halbgötter. Obwohl sie in der Serie so manches Mal diesen Status innehaben.
Atlan war bei dem Autor, der bis 1988 die Exposés zur gleichnamigen Serie geschrieben hatte, in besten Händen. Realistisch wirkt der Arkonide, dem es nach dem Tod seiner Partnerin ausgesprochen mies geht, ebenso wie Perry Rhodan, der noch schlechter dran ist. Natürlich war den Lesenden klar, dass unsere zwei Helden da wieder rauskommen. Aber das machte es nicht aus. Mir brachte PeGe sowohl Rhodan als auch Atlan noch einmal näher. Letztlich sind auch sie trotz all ihrer Erfahrung und Lebenszeit normal geblieben.
Ein gut lesbarer und kurzweiliger Roman, der zum Ende hin mit der falschen Assistentin noch mit einer Überraschung aufwartete, mit der ich nicht gerechnet hatte.
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Der Arkonide nickte seiner Gesprächspartnerin zu, lehnte sich zurück und blickte offen in den Innenraum des Pubs hinein. Von Gucky und Bull abgesehen, starrten alle anderen Anwesenden zurück, als säße der Leibhaftige persönlich in ihrer höchsteigenen Kneipe, um sie zweifellos alle mitzunehmen. Niemand sagte etwas.
Jetzt müsste einer den Bann brechen, dachte Gucky. Dann wäre es relativ schnell geschafft. Anschließend teleportierte der Ilt auf die Theke, setzte sich dort im Schneidersitz auf eine freie Fläche und begutachtete seine Finger, als gäbe es nicht wichtigeres auf dieser Welt. Reginald Bull seufzte, ging zu seinem Zapfhahn Nummer zwölf und bediente sich selber. Er nahm einen tiefen Schluck von dem Gebräu, dass ursprünglich aus dieser terranischen Stadt mit den Vollverrückten stammte und lehnte sich ebenfalls zurück. Was ein Glück, dass Icho Tolot nicht hier ist, ging ihm durch den Kopf. Ich hab ja schon Schwierigkeiten, ernst zu bleiben, aber der würde spätestens jetzt den Singenden Ochsen zu Trümmern lachen. Er kam sich vor wie in einem Uralt - Western aus seiner Jugend. So eine Saloon Szene. Wer sich als erster bewegt, wird erschossen.
Gucky knabbert schon an der zweiten Möhre. Bully war grade dabei, sich sein drittes Bier zu zapfen, als plötzlich Regung in die Erstarrung kam. Ein etwa neunjähriger Junge schob sich nach vorne. In der linken Hand hatte er einen Teller mit etwas, dass wohl ursprünglich mal Fish & Chips gewesen sein mochte. Der Fisch war allerdings schon weg, so dass er sich mit der anderen Hand die frittierten Kartoffelstäbchen in den Mund schob.
Er stellte sich vor Atlan und besah ihn sich von oben bis unten, verfolgt von mindestens vierzig Augenpaaren. Er machte seinen Mund auf, aber nur, um mit Guckys telekinetischen Kräften Bekanntschaft zu machen. "Mit vollem Mund spricht man nicht. Schon gar nicht mit Ex - Imperatoren und ehemaligen Admirälen", erklärte er. "Aber immerhin bist du mutig. Ohne dich wäre hier wohl in drei Stunden noch nichts passiert."
Als er seinen Mund wieder öffnen konnte, fragte der Junge: "Du bist Atlan, der Arkonide?"
"Ja, junger Mann, der bin ich." Atlan nickte dem kleinen Kerl zu, der inzwischen seinen Teller leer gegessen und auf dem Nebentisch abgestellt hatte. "Und wer bist du?"
"Ich bin Chick O'Leary, der Sohn von Susan und Charlie O'Leary. Unsere Vorfahren stammen aus Irland und sind keine Engländer. Wir sind die einzige vernünftige Familie unter einem fürchterlichen Haufen englischer Barbaren, sagt mein Vater immer."
Sollten die Zwei hier sein, steht ihnen wohl noch bevor, die eine oder andere Runde ausgeben zu dürfen. Um den englischen Barbarenhaufen zu beruhigen. Bully musste grinsen.
"Es freut mich, dich kennen zu lernen", sagte Atlan freundlich. "Was kann ich denn für dich tun?"
Chick holte tief Luft, dann sprudelte es aus ihm heraus. "Bist du wirklich so uralt? Wie machst du das? Hast du denn tatsächlich zehntausend Jahre auf der Erde gelebt? Unter all diesen Barbaren? Warst du auch mal in Irland? Wie sieht es da denn aus? Und was muss ich anstellen, um bei dir in die Lehre zu kommen?"
Atlan lachte. "Weißt du, mit den Barbaren hast etwas völlig richtig ausgesprochen. Aber wenn ich mich da recht entsinne, ist der Unterschied der damaligen Menschen zu denen von heute nicht allzu groß. Egal, ob sie aus England, Irland oder sonst woher stammen."
Er beugte sich vor. "Und ich fühle mich sehr geehrt, dass du mir eine Ausbildung machen willst. Dummerweise müsstest du dazu in die Flotte eintreten und die nehmen nur Volljährige. Also muss ich leider bitten, dich noch etwas in Geduld zu üben."
Der Weißhaarige hatte auf einmal ein etwas entrückten Blick drauf, kurze Zeit später war er wieder da und meinte: "Aber ich habe eine Idee, um dir und deinen Leuten die Wartezeit etwas zu verkürzen. Gibt es eure Schule nur virtuell oder tatsächlich als Gebäude?"
"Unsere Schule ist so ziemlich das älteste Haus Newenglands. Es wurde unmittelbar nach der Landung der OLD LONDON TOWN von den ersten Kolonisten gebaut und steht immer noch." Nicht nur der Junge war sichtlich stolz darauf.
"Sehr gut. In fünf Tagen komme ich euch besuchen. Sucht Örtlichkeiten aus, in die sämtliche Schülerinnen und Schüler hineinpassen. Kameras dürfen mit dabei sein. Und dann erzähle ich euch etwas aus diesen zehntausend Jahren auf der Erde."
Ein Raunen ging durch die Anwesenden. Chick wäre vor Stolz fast geplatzt und dann kam Beifall auf. Wann zum Teufel hatte man denn die Möglichkeit, dem echten Atlan zuzuhören.
"Naja", meinte Gucky dazu. "Er soll es aber nicht übertreiben. Denn von diesen ominösen zehntausend Jahren hat er die meiste Zeit verschlafen. So aufregend wars also auch wieder nicht." Er machte eine gönnerhafte Handbewegung und nickte der Menge zu. "So" sagte er, "man darf weiter trinken und sich seinen derben Lustbarkeiten hingeben." Anschließend watschelte er zu dem Tisch, an dem mittlerweile auch Bully Platz genommen hatte und setzte sich dazu.
"Wir waren grade im Gespräch über vergangene Zeiten und spielten diverse Möglichkeiten der Veröffentlichung von der ganzen Geschichte hier durch." Atlan brachte damit den Ilt auf den aktuellen Stand der Dinge. "Bevor wir über andere Themen reden, sollten wir weitermachen und in die Gänge kommen", meinte er noch mit Blick auf die langsam aber sicher voller werdende Kneipe.
Der Arkonide lehnte sich zurück und begann.
"Es ist ja durchaus so, dass auch Leute unseres Schlages", er zeigte auf Bully und Gucky, "nicht ab und zu an ihre absoluten Grenzen kommen. Jeder könnte dir dazu abendfüllende Geschichten erzählen. Aber das hier war schon hart."
"Da meint man von hier unten aus immer, bei euch gäbe es solche Probleme nicht, bis man tatsächlich selber mal auf einen oder mehrere eurer Sorte trifft", sagte Lee nach dem Ende von Atlans Bericht.
"Oh", meinte Gucky. "Ich alleine könnte mit Erzählungen dieser Art und nur von mir wahrscheinlich monatelang Abende füllen. Da ist, denke ich, einfach die Langlebigkeit mit dem Wissen, immer irgendwie aus der Misere herauszukommen, der Grund, warum wir noch nicht übergeschnappt sind."
"Ja", ergänzte Bull. "Wo der Kleine Recht hat, hat er Recht. Obwohl, übergeschnappt…"
Guckys Blick hätte Bully an den nächsten Baum nageln können.
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Peter Griese führte uns in die seelischen Tiefen der Abgründe, die sich in Atlan, vor allem aber in Perry Rhodan auftun. Geschickt schildert er uns, dass die beiden ganz Großen letztlich auch nur Menschen sind und keine Halbgötter. Obwohl sie in der Serie so manches Mal diesen Status innehaben.
Atlan war bei dem Autor, der bis 1988 die Exposés zur gleichnamigen Serie geschrieben hatte, in besten Händen. Realistisch wirkt der Arkonide, dem es nach dem Tod seiner Partnerin ausgesprochen mies geht, ebenso wie Perry Rhodan, der noch schlechter dran ist. Natürlich war den Lesenden klar, dass unsere zwei Helden da wieder rauskommen. Aber das machte es nicht aus. Mir brachte PeGe sowohl Rhodan als auch Atlan noch einmal näher. Letztlich sind auch sie trotz all ihrer Erfahrung und Lebenszeit normal geblieben.
Ein gut lesbarer und kurzweiliger Roman, der zum Ende hin mit der falschen Assistentin noch mit einer Überraschung aufwartete, mit der ich nicht gerechnet hatte.
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1455 - Kundschafter für Halut - ist von H. G. Ewers, erschienen am 11. Juli 1989
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"Ich glaube, du hältst besser gleich den Mund." Atlan sah den Ilt scharf an. "Mein Ruf ist mir durchaus bekannt und der ist sogar bis hierhin ans Ende der Milchstraße durchgedrungen. Nur scheint mein Gesicht nicht jedem vertraut zu sein, sonst wäre hier wohl schon vorher Stille eingekehrt."
"Ich hab doch gar nichts gesagt!" Gucky machte einen möglichst beleidigten Gesichtsausdruck. "Warum bist du denn überhaupt hier?"
"Es ist ja nicht so, dass ich nicht wusste, was ihr hier treibt oder getrieben habt. Da kam ich zu dem Ergebnis, dass es für diese überaus reizende Dame in meiner Begleitung besser wäre, wenn auch ich ein paar Episoden zum Gesamtergebnis beitrage. Und bei einem Glas Rotwein redet es sich einfach besser."
Der Arkonide hielt die Flasche des edlen Rebensaftes hoch. "Es war übrigens ganz praktisch, auf unseren alten Bekannten, den Bedienungsrobot zu treffen. Der hier kann zwar ein wenig sprechen, aber ansonsten ist er so ziemlich identisch mit dem Kerl von dem angeblichen CREST Beiboot aus unserer letzten Erzähl - Runde."
"Er ist steinalt und stammt eigentlich aus unserem Heimatmuseum", informierte Lee den Arkoniden. "Er muss regelmäßig bewegt werden, sonst rostet er ein Aber angeblich stammt er von dem Schiff der ersten Siedler, der OLD LONDON TOWN."
"Hast du gehört, Dicker?", flüsterte Gucky Bully zu. "Wenn man so alt ist, muss man sich regelmäßig bewegen, sonst rostet man ein." Er entging einem Nackenschlag nur durch eine sofortige Teleportation.
"Ich fand den Kerl übrigens ganz praktisch. Als er mich fragte, ob er was für mich tun könne, dachte ich, probier's einfach mal aus und bestellte mir eine Kiste eines etwas nobleren Rebensaftes. Es dauerte keine zwei Minuten, da kam er mit dem Zeug an. "
"Ja, das war bei uns genauso", ergänzte Bull. "Da fällt mir ein, meine Flasche Whisky ist noch über halb voll. Die lasse ich mir bei nächster Gelegenheit wieder vorbeibringen."
"Auf jeden Fall warst du noch nicht ganz hier, da hast du dir unsere Freundin Lee geklaut und dich zwecks Konsumierung obigen roten Gesöffs mit ihr hier in Billys Kneipe verzogen." Das war Gucky. "Hoffentlich machst du keinen auf Herzensbrecher."
Bevor Atlan antworten konnte, sagte Lee: "Keine Sorge, sein Verhalten war selbstverständlich einwandfrei. Ihr solltet euch allesamt vielleicht mal gegenseitig etwas Vernunft zumuten. Das vereinfacht das Leben. Obwohl ich mir vorstellen kann, dass ihr Ventile bei eurer Verantwortung braucht, aus denen ab und zu Dampf abgelassen werden kann oder sogar muss."
Die drei Freunde merkten, dass hier die Therapeutin redete. "Der alte und mittlerweile leider verstorbene McMillan wurde in seinen letzten Jahren immer wunderlicher. Es wäre, als würde er sich zurück in einen Fünfjährigen verwandeln. Aber er hatte einen guten Spruch drauf: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so kommt ihr nicht ins Himmelreich. So ähnlich sehe ich das bei euch auch. Außerdem", sie sah sich in der Runde um, "weiß Atlan, dass John und ich liiert sind. Wir sprachen grade über Politik und die diversen Arten, sie zu gestalten, als ihr Zwei auftauchtet. John ist im Übrigen im Bilde, wer hier neben mir sitzt und er will nachher zu uns kommen."
In der Kneipe wurde es langsam lauter, die Stimmung stieg.
"Dann werde ich weitermachen, bevor wir unser eigenes Wort nicht mehr verstehen", meinte Atlan und lehnte sich zurück.
"Dass es jemand geschafft haben soll, diese Riesenkämpfer von ihrer Heimatwelt zu vertreiben, kann ich mir nicht vorstellen. Da fehlt mir einfach jegliche Fantasie zu", sagte John Talbot, der inzwischen den Weg zu den Anderen gefunden hatte.
"Das geht nicht nur dir so", meinte Reginald Bull dazu. "Wenn man vor einem dieser Riesen steht, kommt man sich einfach nur klein und winzig vor. Hunderttausend von ihnen gehen dann gar nicht mehr. Dazu kommt, dass diese Wesen mit ihren zwei Gehirnen lebende Hochleistungsrechner sind. Aber das ist vielleicht der Grund, warum sie überlebt haben. So gut wie alle Bewohner anderer Welten, die Besuch von den Blitzern hatten, fanden den Tod."
Jede der fünf Personen an diesem Tisch hing eigenen Gedanken nach. Warum gab es und gibt es so viel Krieg, ging Lee durch den Kopf. Ist es verdammt noch mal nur diese eine Fünfbuchstabenwort? Macht?
"Auf die, die uns durch Einsatz ihres Lebens, wann und wo auch immer, ermöglicht haben, dass wir hier friedlich sitzen können", sagte Gucky und erhob sein Glas frisch gepressten Möhrensafts.
"Ja", meinte Atlan. "Da hast du Recht, Kleiner. Auf all die Helden."
Draußen dunkelte es und in Billy McGuyers Pub wurde es schummerig. Im Halbdunkel stießen sie mit ihren Gläsern an und waren froh, dass die Stimmung am anderen Ende der Kneipe langsam aber sicher anstieg.
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Ach ja, der gute, alte H.G. Ewers. Ich bin immer erstaunt, wenn ich einen Roman von ihm in Händen halte, der keinen kompletten Zyklus auf seinen 60 Seiten beinhaltet.
Ewers beschreibt einen Icho Tolot, der Angst hat. Das kann natürlich nur psychische Gründe haben. Es müsste schon Werweißwas passieren, wenn ein Haluter vor körperlichen Angriffen Befürchtungen hätte. Nein, hier ist es die pure, nackte Angst um sein Volk. Icho Tolot, der halbe Terraner, stellt sich auf einmal ein Leben ohne sein Volk vor und fürchtet sich. Er, der Einzelgänger, der im Universum so viele Wunder gesehen und Kämpfe überstanden hat, fürchtet sich wie ein kleines Kind vor dem Alleinsein.
Das bringt Ewers gut rüber. Und: Auf seinem Schiff ist Tolot natürlich der Chef. Atlan ist zwar dabei, aber nur in einer Art Nebenrolle. Er deckelt die Differenzen zwischen Yelyaz, dem rebellierenden Klon, und dem Haluter. Er tröstet Tolot, als klar wird, dass Halut unbewohnbar ist und ergo keine Haluter vorzufinden sind. Er respektive sein Extrasinn macht aber auch die entscheidende Entdeckung, die in Richtung Terzrock zeigt.
Es sind ein paar Klopper dabei, wie zum Beispiel der Flug zum Hancour System. Kaum 80 Lichtjahre von Halut entfernt, war es in den halutischen Sternenkarten nicht enthalten. Das fand ich schon schräg bei diesen lebenden Rechenmaschinen, die zudem seit 50.000 Jahren dort lebten. Dazu kommt, dass seine Art zu schreiben, nicht meine ist. Bei manchen Sequenzen fragte ich mich, wo das Planhirn des Haluters abgeblieben ist. Aber vielleicht tickt das bei all den Ängsten, die unser Freund entwickelt hat auch nicht so richtig.
Wie dem auch sei. Für mich hat Ewers hier einen ordentlichen Roman abgeliefert.
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"Ich glaube, du hältst besser gleich den Mund." Atlan sah den Ilt scharf an. "Mein Ruf ist mir durchaus bekannt und der ist sogar bis hierhin ans Ende der Milchstraße durchgedrungen. Nur scheint mein Gesicht nicht jedem vertraut zu sein, sonst wäre hier wohl schon vorher Stille eingekehrt."
"Ich hab doch gar nichts gesagt!" Gucky machte einen möglichst beleidigten Gesichtsausdruck. "Warum bist du denn überhaupt hier?"
"Es ist ja nicht so, dass ich nicht wusste, was ihr hier treibt oder getrieben habt. Da kam ich zu dem Ergebnis, dass es für diese überaus reizende Dame in meiner Begleitung besser wäre, wenn auch ich ein paar Episoden zum Gesamtergebnis beitrage. Und bei einem Glas Rotwein redet es sich einfach besser."
Der Arkonide hielt die Flasche des edlen Rebensaftes hoch. "Es war übrigens ganz praktisch, auf unseren alten Bekannten, den Bedienungsrobot zu treffen. Der hier kann zwar ein wenig sprechen, aber ansonsten ist er so ziemlich identisch mit dem Kerl von dem angeblichen CREST Beiboot aus unserer letzten Erzähl - Runde."
"Er ist steinalt und stammt eigentlich aus unserem Heimatmuseum", informierte Lee den Arkoniden. "Er muss regelmäßig bewegt werden, sonst rostet er ein Aber angeblich stammt er von dem Schiff der ersten Siedler, der OLD LONDON TOWN."
"Hast du gehört, Dicker?", flüsterte Gucky Bully zu. "Wenn man so alt ist, muss man sich regelmäßig bewegen, sonst rostet man ein." Er entging einem Nackenschlag nur durch eine sofortige Teleportation.
"Ich fand den Kerl übrigens ganz praktisch. Als er mich fragte, ob er was für mich tun könne, dachte ich, probier's einfach mal aus und bestellte mir eine Kiste eines etwas nobleren Rebensaftes. Es dauerte keine zwei Minuten, da kam er mit dem Zeug an. "
"Ja, das war bei uns genauso", ergänzte Bull. "Da fällt mir ein, meine Flasche Whisky ist noch über halb voll. Die lasse ich mir bei nächster Gelegenheit wieder vorbeibringen."
"Auf jeden Fall warst du noch nicht ganz hier, da hast du dir unsere Freundin Lee geklaut und dich zwecks Konsumierung obigen roten Gesöffs mit ihr hier in Billys Kneipe verzogen." Das war Gucky. "Hoffentlich machst du keinen auf Herzensbrecher."
Bevor Atlan antworten konnte, sagte Lee: "Keine Sorge, sein Verhalten war selbstverständlich einwandfrei. Ihr solltet euch allesamt vielleicht mal gegenseitig etwas Vernunft zumuten. Das vereinfacht das Leben. Obwohl ich mir vorstellen kann, dass ihr Ventile bei eurer Verantwortung braucht, aus denen ab und zu Dampf abgelassen werden kann oder sogar muss."
Die drei Freunde merkten, dass hier die Therapeutin redete. "Der alte und mittlerweile leider verstorbene McMillan wurde in seinen letzten Jahren immer wunderlicher. Es wäre, als würde er sich zurück in einen Fünfjährigen verwandeln. Aber er hatte einen guten Spruch drauf: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so kommt ihr nicht ins Himmelreich. So ähnlich sehe ich das bei euch auch. Außerdem", sie sah sich in der Runde um, "weiß Atlan, dass John und ich liiert sind. Wir sprachen grade über Politik und die diversen Arten, sie zu gestalten, als ihr Zwei auftauchtet. John ist im Übrigen im Bilde, wer hier neben mir sitzt und er will nachher zu uns kommen."
In der Kneipe wurde es langsam lauter, die Stimmung stieg.
"Dann werde ich weitermachen, bevor wir unser eigenes Wort nicht mehr verstehen", meinte Atlan und lehnte sich zurück.
"Dass es jemand geschafft haben soll, diese Riesenkämpfer von ihrer Heimatwelt zu vertreiben, kann ich mir nicht vorstellen. Da fehlt mir einfach jegliche Fantasie zu", sagte John Talbot, der inzwischen den Weg zu den Anderen gefunden hatte.
"Das geht nicht nur dir so", meinte Reginald Bull dazu. "Wenn man vor einem dieser Riesen steht, kommt man sich einfach nur klein und winzig vor. Hunderttausend von ihnen gehen dann gar nicht mehr. Dazu kommt, dass diese Wesen mit ihren zwei Gehirnen lebende Hochleistungsrechner sind. Aber das ist vielleicht der Grund, warum sie überlebt haben. So gut wie alle Bewohner anderer Welten, die Besuch von den Blitzern hatten, fanden den Tod."
Jede der fünf Personen an diesem Tisch hing eigenen Gedanken nach. Warum gab es und gibt es so viel Krieg, ging Lee durch den Kopf. Ist es verdammt noch mal nur diese eine Fünfbuchstabenwort? Macht?
"Auf die, die uns durch Einsatz ihres Lebens, wann und wo auch immer, ermöglicht haben, dass wir hier friedlich sitzen können", sagte Gucky und erhob sein Glas frisch gepressten Möhrensafts.
"Ja", meinte Atlan. "Da hast du Recht, Kleiner. Auf all die Helden."
Draußen dunkelte es und in Billy McGuyers Pub wurde es schummerig. Im Halbdunkel stießen sie mit ihren Gläsern an und waren froh, dass die Stimmung am anderen Ende der Kneipe langsam aber sicher anstieg.
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Ach ja, der gute, alte H.G. Ewers. Ich bin immer erstaunt, wenn ich einen Roman von ihm in Händen halte, der keinen kompletten Zyklus auf seinen 60 Seiten beinhaltet.
Ewers beschreibt einen Icho Tolot, der Angst hat. Das kann natürlich nur psychische Gründe haben. Es müsste schon Werweißwas passieren, wenn ein Haluter vor körperlichen Angriffen Befürchtungen hätte. Nein, hier ist es die pure, nackte Angst um sein Volk. Icho Tolot, der halbe Terraner, stellt sich auf einmal ein Leben ohne sein Volk vor und fürchtet sich. Er, der Einzelgänger, der im Universum so viele Wunder gesehen und Kämpfe überstanden hat, fürchtet sich wie ein kleines Kind vor dem Alleinsein.
Das bringt Ewers gut rüber. Und: Auf seinem Schiff ist Tolot natürlich der Chef. Atlan ist zwar dabei, aber nur in einer Art Nebenrolle. Er deckelt die Differenzen zwischen Yelyaz, dem rebellierenden Klon, und dem Haluter. Er tröstet Tolot, als klar wird, dass Halut unbewohnbar ist und ergo keine Haluter vorzufinden sind. Er respektive sein Extrasinn macht aber auch die entscheidende Entdeckung, die in Richtung Terzrock zeigt.
Es sind ein paar Klopper dabei, wie zum Beispiel der Flug zum Hancour System. Kaum 80 Lichtjahre von Halut entfernt, war es in den halutischen Sternenkarten nicht enthalten. Das fand ich schon schräg bei diesen lebenden Rechenmaschinen, die zudem seit 50.000 Jahren dort lebten. Dazu kommt, dass seine Art zu schreiben, nicht meine ist. Bei manchen Sequenzen fragte ich mich, wo das Planhirn des Haluters abgeblieben ist. Aber vielleicht tickt das bei all den Ängsten, die unser Freund entwickelt hat auch nicht so richtig.
Wie dem auch sei. Für mich hat Ewers hier einen ordentlichen Roman abgeliefert.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1456 - Fremde in der Nacht - ist von K.H. Scheer, erschienen am 18. Juli 1989
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"Du redest am besten gleich weiter", meinte Lee im Hinblick auf die immer voller werdende Kneipe. "Gleich versteht man hier sein eigenes Wort nicht mehr. Heute wird es nämlich noch kräftig abgehen. Morgen ist frei, wir haben den Gedenktag unserer planetaren Besiedlung."
Grade, als Lee ihren Freunden erläutern wollte, was es denn genau zu feiern gebe, murmelte Reginald Bull ein paar Worte, stand auf und verschwand im Gewühl auf der anderen Seite des Singenden Ochsen.
"Eigentlich sollten Bully und ich den nächsten Teil gemeinsam erzählen", murmelte Atlan und wollte dem Terraner etwas hinterherrufen. Gucky drückte leicht auf Atlans linken Unterarm und schüttelte für Dritte unmerklich den Kopf.
Der Arkonide hob verwundert die Brauen und schaute Bully hinterher, bis der in auf der anderen Seite des Pubs unter den Menschen verschwunden war. Er wusste, dass er die dazu gehörenden Erklärungen noch erhalten würde und lehnte sich zurück. Er holte Luft und begann mit einem weiteren Part der Geschichte über die Cantaro.
"Eigentlich wart ihr ein ganz schön verlorener Haufen", meinte John, nachdem Atlan seine Erzählung beendet hatte.
"Ja", sagte Gucky dazu. "Auf Halut gab es keine Haluter mehr, nur ein paar versprengte Galaktiker hatten irgendwie die Wälle um die Milchstraße durchquert. Die durften jetzt in irgendwelchen Kavernen irgendwelcher Planeten ihr Dasein fristen. Aber, meine sehr verehrte Dame sowie meine Herren", Gucky unterbrach seine Rede, erhob sich und richtete sich zu seiner vollen Größe von einem Meter und ein paar Zentimetern auf, "der verlorene Haufen hatte allen Grund zum Optimismus. Sie hatten mich."
Die Vier erhoben ihre Gläser und prosteten sich zu. Danach wandten sie sich dem Rest der Kneipe zu und sahen Bully mitten im Gewühl.
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nanograinger hatte Recht. Zu Beginn des Zyklus hatte mir ein KHS-Roman (ich glaube, es war 1404) mit seinem Superhelden Ratber Tostan nicht gefallen. Nach dessen Verschwinden prophezeite er bessere Scheer Bände.
Das hier ist so einer. Scheer in Bestform. Virtuellbildner und peitschender Mündungsknall. Atlan, Reginald Bull, Roi Danton und Homer G. Adams. Aufladungsmodus für Übergang in nächsthöhere Dimension, lichtschnelle Driftung und Abstrahlschwund. Das volle Programm, aber ohne einen scheer'schen Supermann.
Beim Lesen fühlte ich mich in die gute alte Zeit zurückversetzt. Er konnte es also noch. Mich würde ja glatt mal interessieren, wie KHS heute schreiben würde und ob er als Relikt aus grauer Vorzeit ins aktuelle Team passen würde. Ich befürchte eher nein. Aber hier hat er mit Band 1456 einen tollen Roman abgeliefert, der für mich mit einer glatten eins benotet würde.
Und der Zyklus insgesamt? Nimmt ganz langsam aber sicher Fahrt auf. Die Erde ist nicht mehr nur graue Theorie.
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"Du redest am besten gleich weiter", meinte Lee im Hinblick auf die immer voller werdende Kneipe. "Gleich versteht man hier sein eigenes Wort nicht mehr. Heute wird es nämlich noch kräftig abgehen. Morgen ist frei, wir haben den Gedenktag unserer planetaren Besiedlung."
Grade, als Lee ihren Freunden erläutern wollte, was es denn genau zu feiern gebe, murmelte Reginald Bull ein paar Worte, stand auf und verschwand im Gewühl auf der anderen Seite des Singenden Ochsen.
"Eigentlich sollten Bully und ich den nächsten Teil gemeinsam erzählen", murmelte Atlan und wollte dem Terraner etwas hinterherrufen. Gucky drückte leicht auf Atlans linken Unterarm und schüttelte für Dritte unmerklich den Kopf.
Der Arkonide hob verwundert die Brauen und schaute Bully hinterher, bis der in auf der anderen Seite des Pubs unter den Menschen verschwunden war. Er wusste, dass er die dazu gehörenden Erklärungen noch erhalten würde und lehnte sich zurück. Er holte Luft und begann mit einem weiteren Part der Geschichte über die Cantaro.
"Eigentlich wart ihr ein ganz schön verlorener Haufen", meinte John, nachdem Atlan seine Erzählung beendet hatte.
"Ja", sagte Gucky dazu. "Auf Halut gab es keine Haluter mehr, nur ein paar versprengte Galaktiker hatten irgendwie die Wälle um die Milchstraße durchquert. Die durften jetzt in irgendwelchen Kavernen irgendwelcher Planeten ihr Dasein fristen. Aber, meine sehr verehrte Dame sowie meine Herren", Gucky unterbrach seine Rede, erhob sich und richtete sich zu seiner vollen Größe von einem Meter und ein paar Zentimetern auf, "der verlorene Haufen hatte allen Grund zum Optimismus. Sie hatten mich."
Die Vier erhoben ihre Gläser und prosteten sich zu. Danach wandten sie sich dem Rest der Kneipe zu und sahen Bully mitten im Gewühl.
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nanograinger hatte Recht. Zu Beginn des Zyklus hatte mir ein KHS-Roman (ich glaube, es war 1404) mit seinem Superhelden Ratber Tostan nicht gefallen. Nach dessen Verschwinden prophezeite er bessere Scheer Bände.
Das hier ist so einer. Scheer in Bestform. Virtuellbildner und peitschender Mündungsknall. Atlan, Reginald Bull, Roi Danton und Homer G. Adams. Aufladungsmodus für Übergang in nächsthöhere Dimension, lichtschnelle Driftung und Abstrahlschwund. Das volle Programm, aber ohne einen scheer'schen Supermann.
Beim Lesen fühlte ich mich in die gute alte Zeit zurückversetzt. Er konnte es also noch. Mich würde ja glatt mal interessieren, wie KHS heute schreiben würde und ob er als Relikt aus grauer Vorzeit ins aktuelle Team passen würde. Ich befürchte eher nein. Aber hier hat er mit Band 1456 einen tollen Roman abgeliefert, der für mich mit einer glatten eins benotet würde.
Und der Zyklus insgesamt? Nimmt ganz langsam aber sicher Fahrt auf. Die Erde ist nicht mehr nur graue Theorie.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Im Regelfall gibt's hier jeweils Mittwoch und Sonntag einen weiteren Band. Nächsten Mittwoch setze ich aus, wir sind ein paar Tage weg..
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1457 - Bomben für Topsid - ist von Robert Feldhoff, erschienen am 25. Juli 1989
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Drei Tage später, in der Lichtung, in der die drei kleinen Jets gelandet waren:
"Wieso habt ihr eigentlich Probleme mit dem genauen Datum eurer Erstbesiedelung? Und wieso habt ihr es nie geklärt?" fragte Atlan Lee und John, als sie am abendlichen Lagerfeuer saßen. Er trank einen Schluck Rotwein, mit dem er nunmehr vorsichtig umgehen musste, da dieser seltsame Robot sich geweigert hatte, ihm sechs weitere Flaschen zu besorgen.
"Naja", antwortete Lee. "Den Tag wissen wir. Das ist der 28. August gewesen. Und da die Tage auf Terra und Newengland ziemlich gleich sind, wird der Rest jährlich durch ein paar Schaltminuten und einen Schalttag alle paar Jahre ausgeglichen. Dann passen wir einigermaßen überein. In die Berechnung werden die geringfügigen Unterschiede im tropischen Jahr mit einbezogen."
"Das ist ja ganz nett", meinte Bull und nippte an seinem Whisky, der Clynelish Sonderedition von Anno Pief. Da Atlan keinen Wein mehr bekam, befürchtete er gleiches bei sich und hielt seine Flasche in Ehren. John und Lee hatten zu seiner Erleichterung dankend abgelehnt. "Wo sind denn jetzt die Schwierigkeiten?"
"Wir wissen nicht, ob es 2061 oder 2067 war. Es soll in dieser Zeit zwei Arten der Darstellung der "eins" gegeben haben. In der alten kontinentalen Schreibweise, was immer kontinental auch gewesen sein sollte, wurde die Ziffer eins mit einem Strich vor der senkrechten Linie geschrieben." Sie malte eine 1 in den Sand. "In der angelsächsischen Darstellung - was auch immer das schon wieder war - sah die eins wie ein einfacher Strich aus."
Atlan nickte. Er wusste, worauf sie hinauswollte. "Okay. Die sieben wirkte nun aus europäischer Sicht wie eine eins. Aus irgendwelchen Gründen ist das durcheinander geraten und es wusste niemand mehr, ob 61 oder 67. Auf NATHAN seid ihr wegen eurer Abgeschiedenheit nicht zugegangen. Ihr habt es also nie geklärt, so könnt ihr im Zweifelfalls alle hundert Jahre zweimal feiern."
Und feiern konnten sie auf Newengland, wie die drei Besucher festgestellt hatten. Das war zwar nur die Sicht aus Billy McGuyers Singendem Ochsen, aber sie gingen ohne weitere Nachfrage davon aus, dass anderswo genauso auf den Putz gehauen wurde wie hier.
"Wie feiert eigentlich eure erlauchte Königin? Allein in ihrem Schloss?" fragte Bull.
Lee lachte. "Unsere Zweihundertsiebenunddreißig? Die ist jedes Jahr in einer anderen Kneipe dabei. Diesmal war Billy an der Reihe. Sie mag es aber nicht, wenn ihretwegen Aufheben welcher Art auch immer gemacht wird. Daher tun alle so, als würde niemand merken, dass sie unter uns ist. Du hast es übrigens auch nicht mitgekriegt. Das war die kleine Blonde, mit der du die halbe Nacht so ausgelassen getanzt hast."
"Die, die diesen langen Typ, bei dem wohl ein paar zuviel intus waren, so entschlossen vor die Tür gesetzt hatte? Respekt. Und die bei diesem seltsamen Sprung-In-Die-Luft Tanz die Vorturnerin abgegeben hat? Was hat es eigentlich damit auf sich?"
Lee drehte sich nach John um. "Und?", fragte sie. "Sollen wir es ihm erklären?"
Der Angesprochene schüttelte den Kopf und beide sprachen beide wie aus einem Mund. "Reginald Bull", sagten sie. "Du darfst alles essen, aber nicht alles wissen." Sie sahen sich erstaunt an und bekamen einen heftigen Lachanfall.
"Was hältst du davon, uns zunächst noch eine weitere Episode zu erzählen?", fragte Lee mit aufgesetzt kokettem Augenaufschlag.
Bull seufzte. "Wenn es denn sein muss..."
"Ist es schlimmer, wenn jemand aus eurer Garde, wie du dich ausgedrückt hast, stirbt? Im Klartext, sind diese Leute für euch wichtiger als unsereins?" John sah die drei Aktivatorträger an und erwartete eine Antwort.
"Gegenfrage." Das war der Ilt. "Du kennst jemanden drei Wochen und mit einer anderen Person bist du seit hundertzwanzig Jahren eng befreundet. Beide sterben. Wessen Tod nimmt dich mehr mit?"
John nickte. Er hatte verstanden.
"Niemand ist ersetzbar. Auch wir nicht", sagte Gucky abschließend.
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Robert Feldhoff in Bestform. Er begann seinen Band auf Topsid und entführte uns in eine Welt, aus der zumindest ich nicht mehr herauswollte. Wir waren auf Topsid und erlebten diese Zivilisation, deren technische Errungenschaften der unsrigen Anfang des 20. Jahrhunderts entsprachen. Perry Rhodan und Co? Ja, die spielten auch eine Rolle. Aber erst ab Seite 28 und auch dann nicht durchgehend.
WiVo konnte das genauso gut. Diese Schilderungen von Welten, bei denen ich mich als Leser frage, was das denn bitteschön mit der Haupthandlung zu haben soll, faszinieren mich. Leider muss man irgendwann wieder da raus. Schade. Der Autor hatte mit der Handlung auf Topsid und den Topsidern seine Stärken ausgespielt. Der Rest, mithin selbst Rhodan war schmückendes Beiwerk für mich, mehr nicht.
Wir erfahren etwas über Terra, aber eben nichts Wesentliches. Unsinn, sagt Rhodan dazu. Unsinn, denke ich als Leser ebenso. Immerhin erzählt Deightons Traum uns etwas von seinen Gefühlen und seiner Geschichte, daraus kann Rhodan seine Schlüsse ziehen. Und seinen Aufpassern war das wohl eine Nummer zuviel und daher die Explosion.
Rhodan selber macht auch in diesem Roman den Eindruck eines Menschen, der an seine Grenzen gekommen ist. Er wirkt nicht so durchgeistigt wie so manches Mal sonst, er kann einfach nicht mehr. Sonst der große Motivator, muss er hier diesen Job an Bully und Gucky abtreten und Bully muss ihn sogar beruhigen.
Diese Menschlichkeit Rhodans ist eine der Stärken dieses Zyklus. Wir sind immerhin schon bei Band 1457 und haben im Großen und Ganzen immer noch keine Ahnung, wo das hinführen wird. Großes Kino bis jetzt.
Eins ist mir nach der Lektüre unklar. Das schemenhafte Gespenst nahm Deighton vor einigen 100 Jahren den ZA ab. Soweit, so nachvollziehbar. Wieso lebt das Gehirn denn noch? Laut PP hat man ein paar Jahre gebraucht, um Deighton nach und nach mit dem Androidenkörper zu versehen. War da nicht mal von 62 Stunden die Rede?

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Drei Tage später, in der Lichtung, in der die drei kleinen Jets gelandet waren:
"Wieso habt ihr eigentlich Probleme mit dem genauen Datum eurer Erstbesiedelung? Und wieso habt ihr es nie geklärt?" fragte Atlan Lee und John, als sie am abendlichen Lagerfeuer saßen. Er trank einen Schluck Rotwein, mit dem er nunmehr vorsichtig umgehen musste, da dieser seltsame Robot sich geweigert hatte, ihm sechs weitere Flaschen zu besorgen.
"Naja", antwortete Lee. "Den Tag wissen wir. Das ist der 28. August gewesen. Und da die Tage auf Terra und Newengland ziemlich gleich sind, wird der Rest jährlich durch ein paar Schaltminuten und einen Schalttag alle paar Jahre ausgeglichen. Dann passen wir einigermaßen überein. In die Berechnung werden die geringfügigen Unterschiede im tropischen Jahr mit einbezogen."
"Das ist ja ganz nett", meinte Bull und nippte an seinem Whisky, der Clynelish Sonderedition von Anno Pief. Da Atlan keinen Wein mehr bekam, befürchtete er gleiches bei sich und hielt seine Flasche in Ehren. John und Lee hatten zu seiner Erleichterung dankend abgelehnt. "Wo sind denn jetzt die Schwierigkeiten?"
"Wir wissen nicht, ob es 2061 oder 2067 war. Es soll in dieser Zeit zwei Arten der Darstellung der "eins" gegeben haben. In der alten kontinentalen Schreibweise, was immer kontinental auch gewesen sein sollte, wurde die Ziffer eins mit einem Strich vor der senkrechten Linie geschrieben." Sie malte eine 1 in den Sand. "In der angelsächsischen Darstellung - was auch immer das schon wieder war - sah die eins wie ein einfacher Strich aus."
Atlan nickte. Er wusste, worauf sie hinauswollte. "Okay. Die sieben wirkte nun aus europäischer Sicht wie eine eins. Aus irgendwelchen Gründen ist das durcheinander geraten und es wusste niemand mehr, ob 61 oder 67. Auf NATHAN seid ihr wegen eurer Abgeschiedenheit nicht zugegangen. Ihr habt es also nie geklärt, so könnt ihr im Zweifelfalls alle hundert Jahre zweimal feiern."
Und feiern konnten sie auf Newengland, wie die drei Besucher festgestellt hatten. Das war zwar nur die Sicht aus Billy McGuyers Singendem Ochsen, aber sie gingen ohne weitere Nachfrage davon aus, dass anderswo genauso auf den Putz gehauen wurde wie hier.
"Wie feiert eigentlich eure erlauchte Königin? Allein in ihrem Schloss?" fragte Bull.
Lee lachte. "Unsere Zweihundertsiebenunddreißig? Die ist jedes Jahr in einer anderen Kneipe dabei. Diesmal war Billy an der Reihe. Sie mag es aber nicht, wenn ihretwegen Aufheben welcher Art auch immer gemacht wird. Daher tun alle so, als würde niemand merken, dass sie unter uns ist. Du hast es übrigens auch nicht mitgekriegt. Das war die kleine Blonde, mit der du die halbe Nacht so ausgelassen getanzt hast."
"Die, die diesen langen Typ, bei dem wohl ein paar zuviel intus waren, so entschlossen vor die Tür gesetzt hatte? Respekt. Und die bei diesem seltsamen Sprung-In-Die-Luft Tanz die Vorturnerin abgegeben hat? Was hat es eigentlich damit auf sich?"
Lee drehte sich nach John um. "Und?", fragte sie. "Sollen wir es ihm erklären?"
Der Angesprochene schüttelte den Kopf und beide sprachen beide wie aus einem Mund. "Reginald Bull", sagten sie. "Du darfst alles essen, aber nicht alles wissen." Sie sahen sich erstaunt an und bekamen einen heftigen Lachanfall.
"Was hältst du davon, uns zunächst noch eine weitere Episode zu erzählen?", fragte Lee mit aufgesetzt kokettem Augenaufschlag.
Bull seufzte. "Wenn es denn sein muss..."
"Ist es schlimmer, wenn jemand aus eurer Garde, wie du dich ausgedrückt hast, stirbt? Im Klartext, sind diese Leute für euch wichtiger als unsereins?" John sah die drei Aktivatorträger an und erwartete eine Antwort.
"Gegenfrage." Das war der Ilt. "Du kennst jemanden drei Wochen und mit einer anderen Person bist du seit hundertzwanzig Jahren eng befreundet. Beide sterben. Wessen Tod nimmt dich mehr mit?"
John nickte. Er hatte verstanden.
"Niemand ist ersetzbar. Auch wir nicht", sagte Gucky abschließend.
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Robert Feldhoff in Bestform. Er begann seinen Band auf Topsid und entführte uns in eine Welt, aus der zumindest ich nicht mehr herauswollte. Wir waren auf Topsid und erlebten diese Zivilisation, deren technische Errungenschaften der unsrigen Anfang des 20. Jahrhunderts entsprachen. Perry Rhodan und Co? Ja, die spielten auch eine Rolle. Aber erst ab Seite 28 und auch dann nicht durchgehend.
WiVo konnte das genauso gut. Diese Schilderungen von Welten, bei denen ich mich als Leser frage, was das denn bitteschön mit der Haupthandlung zu haben soll, faszinieren mich. Leider muss man irgendwann wieder da raus. Schade. Der Autor hatte mit der Handlung auf Topsid und den Topsidern seine Stärken ausgespielt. Der Rest, mithin selbst Rhodan war schmückendes Beiwerk für mich, mehr nicht.
Wir erfahren etwas über Terra, aber eben nichts Wesentliches. Unsinn, sagt Rhodan dazu. Unsinn, denke ich als Leser ebenso. Immerhin erzählt Deightons Traum uns etwas von seinen Gefühlen und seiner Geschichte, daraus kann Rhodan seine Schlüsse ziehen. Und seinen Aufpassern war das wohl eine Nummer zuviel und daher die Explosion.
Rhodan selber macht auch in diesem Roman den Eindruck eines Menschen, der an seine Grenzen gekommen ist. Er wirkt nicht so durchgeistigt wie so manches Mal sonst, er kann einfach nicht mehr. Sonst der große Motivator, muss er hier diesen Job an Bully und Gucky abtreten und Bully muss ihn sogar beruhigen.
Diese Menschlichkeit Rhodans ist eine der Stärken dieses Zyklus. Wir sind immerhin schon bei Band 1457 und haben im Großen und Ganzen immer noch keine Ahnung, wo das hinführen wird. Großes Kino bis jetzt.
Eins ist mir nach der Lektüre unklar. Das schemenhafte Gespenst nahm Deighton vor einigen 100 Jahren den ZA ab. Soweit, so nachvollziehbar. Wieso lebt das Gehirn denn noch? Laut PP hat man ein paar Jahre gebraucht, um Deighton nach und nach mit dem Androidenkörper zu versehen. War da nicht mal von 62 Stunden die Rede?



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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
das wurde in jenem TB offenbar thematisiert: Vasall der Galaxis
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Danke für den Hinweis! Das war mir komplett neu!Richard hat geschrieben: ↑10.05.2025, 21:05 das wurde in jenem TB offenbar thematisiert: Vasall der Galaxis
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Zwischenspiel:
Die Therapeutin hatte die virtuellen Tafeln für ihren prominenten Patienten vorbereitet. Auf der Vorderen stand mittig untereinander der Name Reginald Bull. Von dort aus gingen strahlenförmig Linien ab, die oben links führte zu einem Feld "Kindheit". Wenn man dort drauf zeigte, ging die Tafel aus der letzten Sitzung auf. Deutete man auf den nächsten Strich rechts davon (in dem Feld stand "Jugend"), ging eine noch leere Tafel auf. Eigentlich wollte Lee anstelle des Namens Bullys Konterfei hinein gezeichnet haben, aber ihr waren ihre doch sehr moderaten Künste in dieser Richtung nur zu bewusst, sie beließ es bei dem Geschriebenen.
Es klopfte und der untersetzte Rothaarige trat ein. Er setzte sich umständlich hin, bestellte seinen üblichen Kaffee, stark, schwarz und ohne Zucker, dabei sah er Lee erwartungsvoll an.
Seltsam, ging es dem Terraner durch den Kopf, wenn man sie hier in ihren Praxisräumen sieht, wirkt sie ganz anders als draußen. Woraufhin ihm eine zweite innere Stimme direkt eröffnete, dass er auch nicht unbedingt wie ein Flottenkommandeur oder hochrangiger Politiker und schon gar nicht wie ein Unsterblicher wirkte, wenn man ihn zum Beispiel nach der vierten Nummer Zwölf mitten in einem Haufen Eingeborener in Billys Pub sah.
Nun gut. Er war ja hier, um sich eine zweite Meinung zu holen Er wollte wissen, ob Unparteiische Dritte den von ihm geplanten Weg genauso sahen. Selbst wenn sein Inneres auf Grund der langen Lebenszeit für Außenstehende nur schwer nachzuvollziehen war. Wenn zum Beispiel gewählte Politiker häufig nur von einer Wahl bis zur nächsten dachten, Teufel auch, das hat sich in all diesen Jahrhunderten kaum geändert!, gingen ihm Gedanken über wirklich langfristige Auswirkungen durch den Kopf. Aber da es keine unsterblichen Therapeuten gab, zumindest keine, die so normal waren wie Lee Barringham, saß er hier auf den Stuhl bei dieser Frau, die er akzeptierte, respektierte und über allen Maßen schätzen gelernt hatte. Spätestens als Gucky ihm unter vier Augen eröffnete, dass er hier absolut richtig sei, war für ihn alles klar.
Lee unterbrach seine Gedankengänge.
"Du wirkst so weit weg. Wo bist du grade?"
Bully schüttelte den Kopf und kam wieder in der Wirklichkeit an.
"Hier. Einfach nur hier. Ich dachte über dich nach, natürlich auch über mich und ob das alles so richtig ist."
"Und"
"Alles einwandfrei. Ich fühle mich ruhig, gelassen und einfach nur wohl. Die Unruhe, die mich Gucky hinterher und hierhin trieb, ist weg. Bei meinem ersten Auftauchen auf Newengland war ich einige Wochen alleine in der Wildnis eurer Welt unterwegs. Ich habe große Lust, einfach so wieder dorthin zu gehen und alles andere liegen zu lassen."
"Du hast nicht das Gefühl, dass dich jemand vermisst?"
"Man ist ja nie wirklich weg." Bull hielt seinen rechten Arm samt Chrono hoch. "Perry zum Beispiel findet mich jederzeit. Dann geht's wieder los. Hatten wir ja grade erst."
"Dann bist du wieder für andere tätig."
Bully seufzte. "Das ist wohl mein Los."
"Wann ist dir das zum ersten Mal passiert? Weißt du das noch?"
"Naja, das Datum natürlich nicht. Ich muss so 14 oder 15 gewesen. Maddie war ein Jahr jünger. Wir kamen zufällig zur gleichen Zeit heim und sahen unsere Mutter in Tränen aufgelöst in der Küche sitzen. Sie sagte, sie würde es nicht mehr schaffen. Das Geld reiche hinten und vorne nicht. Sie bekam eine kleine Rente von dem Tod unseres Vaters und ging selber noch arbeiten. Maddie und ich hatten uns noch nie Gedanken darüber gemacht, ob und wieweit wir mit dem Geld kommen könnten. Es gab ja immer zu Essen oder Kleidung. Gut, Restaurantbesuche waren nicht drin, aber das war sowieso nur etwas für die höhere Gehaltsklasse.
Wir saßen eine Weile zusammen und redeten und redeten. Sie erklärte uns in aller Deutlichkeit ihre Schwierigkeiten. Entweder Klamotten und Heizung im Winter oder Essen. Alles zusammen war völlig unmöglich geworden. Maddie und ich sahen uns kurz an, dann sagte ich, sie brauche sich ab sofort an vier Abenden in der Woche keine Gedanken mehr übers Essen machen. Für irgendwas müssten wir ja auch gut sein. Dann gingen wir, aber nur um einige Zeit später mit drei dicken Steaks, einem Berg Bratkartoffeln und einer großen Schüssel Salat beschäftigt zu sein. Das gäbe es jetzt öfters, eröffnete Maddie Ma und unsere Mutter fing sofort wieder an zu weinen. "Ich bin so stolz auf euch", sagte sie und umarmte uns jeweils einzeln. Natürlich wollte sie wissen, wie wir das gemacht hätten. Maddie sagte, sie verfüge über etwas Geld, weil sie ja Zeitungen austrage und in Millers Drugstore regelmäßig Regale auffülle. Bei mir waren es offiziell ein paar Dollar, die ich in Murrays Garage verdiente. Ich verfügte über ein natürliches Talent, Motorschäden aufzuspüren und konnte egal welche Maschine auseinandernehmen, Fehler beseitigen und wieder zusammenschrauben. Egal, ob Oldsmobile oder Schiffsdiesel. Bully konnte alles. Dann sagten wir ihr, dass wir das Geld bislang für blödes Zeug ausgegeben hätten, sich das aber jetzt ändere".
"Das stimmte aber nicht."
"Nun, nicht ganz." Bull grinste. "Ich war schon immer gut im Organisieren. Man muss einfach seine Quellen haben. Da spielt es keine Rolle, ob du eine Zylinderkopfdichtung oder drei Steaks brauchst. Das war einfach nur ein Gewusst wie."
Lee brauchte keine Frage zu stellen, ihr Blick reichte.
"In dieser Zeit habe ich nicht nur gelernt, wie wichtig es ist, sich für die Allgemeinheit einzubringen, selbst wenn es "nur" die eigene Familie ist. Wobei es natürlich einen Riesenunterschied macht, ob du deine Ma oder deinen Chef unterstützt. Deine Mutter ist zweifellos wichtiger. Nein, ich habe damals auch begriffen, dass es unerlässlich sein kann, Freunde zu habe, auf die du dich blind verlassen kannst. Umgekehrt muss das natürlich genauso funktionieren.
Meine Hilfs - Organisatoren waren JJ. John und Jim oder Jack oder Joe, ich hab den Namen von dem zweiten J vergessen. Aber ich sehe die zwei noch vor mir stehen: Mit einem Meter neunzig gefühlt doppelt so groß wie ich, beide spindeldürr, schwarze Haare, eine viel zu große Nase und beide hatten leicht abstehende Ohren. Sie hätten Brüder sein können. Da war nur ein Unterschied: Der eine war weiß, der andere pechschwarz."
Lee zeigt Verwirrung. "Was war denn daran so besonders? Siganesen sind grün, Ferronen blauhäutig, Aras haben einen spitzen Kopf. Wo war das Problem, wenn einer eine andere Hautfarbe hatte?"
"Damals war das was Besonderes. Die Vereinigten Staaten wurden von alten weißen Männern dominiert und die hielten sich für die besseren Menschen, o.k., nicht alle, aber doch ziemlich viele. Die Schwarzen taugten in deren Augen höchstens als niedere Arbeiter oder Diener. An Restauranttüren stand "Whites only". Wenn man da als Schwarzer reinging, riskierte man Leib und Leben, je nachdem, wo das war."
"Aus was für einer barbarischen Zeit stammst du eigentlich? Und wie sind die Zwei klargekommen?"
"Blendend. Denn es gab sie nur im Doppelpack. Den einen sah man nie ohne den anderen. Wenn man in dem schwarzen New Yorker Stadtteil Harlem als Weißer herumlief, konnte das ebenso ungesund enden, als wenn ein Schwarzer im Nobelviertel von Brooklyn solo aufgetaucht wäre. Seltsamerweise sagte niemand etwas, wenn JJ als Doppel erschienen. Sie standen füreinander ein und vertrauten sich rückhaltlos. Da hab ich gelernt, was echte Freundschaft bedeutet. Wieso sie mich auf einmal mitnahmen, ist mir heute wie damals völlig unklar. Man nannte uns "Die Zwillinge und der Zwerg". Tagträumer waren wir. Zu Essen gabs zu Hause, der Rest wurde eben organisiert. Und die halbe Zeit sahen wir uns nachts den Mond und die Sterne an, und dann flogen wir zum Mars. Mindestens. Eher noch weiter. Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen: Wir saßen am Hudson River im Riverside Park und warfen Steine ins Wasser. Damals reifte ein ganz bestimmter Entschluss in mir. Aber den hätte ich nicht verwirklichen können, wenn diese beiden Kerle mir nicht gezeigt hätten, dass man gemeinsam alles, aber auch wirklich alles hinbekommt. Man muss es nur wollen."
Lee nickte. "Ja, das ist ein üblicher, guter und gradliniger Verlauf einer Jugend. Bei dir gespickt mit der Tatsache, dass Andersartigkeit absolut kein Hinderungsgrund ist. Das dürfte dir später einiges vereinfacht haben."
Lee hatte die "Jugend - Tafel" mit Begriffen wie Mutter, Geld, Zusammenleben, Verantwortung, Einsatz und Freundschaft beschrieben. Sie waren durch Pfeile verbunden und mit weiteren Ergänzungen versehen. "So ganz langsam", meinte Lee, "wird klar, wie du zu dem Reginald Bull geworden bist, den du heute darstellst. Beim nächsten Mal, denke ich, geht es endgültig ans Eingemachte."
Bull konnte sich denken, was Lee meinte und ihm lief ein Schauer über den Rücken. Er kannte die Fehler, die er gemacht hatte. Nur verarbeitet hatte er sie nach wie vor nicht alle. Die Zeit, die verdammte Zeit fehlte immer. Und das bei einem wie mir...
"Nur interessehalber. Eure Wege haben sich ja irgendwann mal getrennt. Ich nehme an, du bist in den Staatsdienst gegangen, die beiden aber nicht. Da dürfte die Hautfarbe im Weg gestanden haben." Als Bull nickte, fragte sie: "Wie ging denn deren Geschichte weiter?"
"Nun, sie haben geheiratet. Zwei Frauen, die sich genauso ähnelten wie ein Ei dem anderen, aber auch mit unterschiedlicher Hautfarbe. Deren Namen weiß ich nicht mehr, aber der weiße J ehelichte die schwarze Dame und andersherum. Gegensätze ziehen sich eben an. Jedes Paar hatte zwei Kinder, die die Geschichte fortschrieben. Deren Kinder sind dann später in der im Aufbau befindlichen Solaren Flotte untergekommen. Ihre Großeltern müssen sehr stolz gewesen sein."
"Hast du sie später nochmal gesehen?"
Bull nickte.
"Ja. Kurz vor ihrem Tod. Ich machte mir damals wegen der Zellduschen keine allzu großen Sorgen mehr ums Altwerden. Bis auf einmal ein junger Mann vor mir stand und mir Grüße von seinen Großeltern ausrichtete. Die Figur des jungen Soldaten war unverkennbar. Lang, spindeldürr mit einer riesengroßen Nase im Gesicht. Ich weiß noch wie ich dachte, Reginald Bull, du bist eine treulose Tomate und der allerletzte Schwachkopf. Ich danke dem Überbringer der Grüße herzlich, ließ alles liegen und stehen und machte mich auf den Weg nach New York. Beide Frauen waren bereits verstorben, JJ lebten noch und waren für damals kaum vorstellbare 96 Jahre alt. Als sie mich sahen, freuten sie sich wie kleine Kinder. Drei Tage später waren sie tot. Es war, als hätten sie nur auf mich gewartet."
Bull seufzte und holte tief Luft.
"Die Beerdigung war die erste Begegnung mit dem Tod von guten und sehr guten Freunden. Ich bin froh, dass ich damals noch nicht wusste, was mir da noch bevorstehen sollte."
Die Therapeutin hatte die virtuellen Tafeln für ihren prominenten Patienten vorbereitet. Auf der Vorderen stand mittig untereinander der Name Reginald Bull. Von dort aus gingen strahlenförmig Linien ab, die oben links führte zu einem Feld "Kindheit". Wenn man dort drauf zeigte, ging die Tafel aus der letzten Sitzung auf. Deutete man auf den nächsten Strich rechts davon (in dem Feld stand "Jugend"), ging eine noch leere Tafel auf. Eigentlich wollte Lee anstelle des Namens Bullys Konterfei hinein gezeichnet haben, aber ihr waren ihre doch sehr moderaten Künste in dieser Richtung nur zu bewusst, sie beließ es bei dem Geschriebenen.
Es klopfte und der untersetzte Rothaarige trat ein. Er setzte sich umständlich hin, bestellte seinen üblichen Kaffee, stark, schwarz und ohne Zucker, dabei sah er Lee erwartungsvoll an.
Seltsam, ging es dem Terraner durch den Kopf, wenn man sie hier in ihren Praxisräumen sieht, wirkt sie ganz anders als draußen. Woraufhin ihm eine zweite innere Stimme direkt eröffnete, dass er auch nicht unbedingt wie ein Flottenkommandeur oder hochrangiger Politiker und schon gar nicht wie ein Unsterblicher wirkte, wenn man ihn zum Beispiel nach der vierten Nummer Zwölf mitten in einem Haufen Eingeborener in Billys Pub sah.
Nun gut. Er war ja hier, um sich eine zweite Meinung zu holen Er wollte wissen, ob Unparteiische Dritte den von ihm geplanten Weg genauso sahen. Selbst wenn sein Inneres auf Grund der langen Lebenszeit für Außenstehende nur schwer nachzuvollziehen war. Wenn zum Beispiel gewählte Politiker häufig nur von einer Wahl bis zur nächsten dachten, Teufel auch, das hat sich in all diesen Jahrhunderten kaum geändert!, gingen ihm Gedanken über wirklich langfristige Auswirkungen durch den Kopf. Aber da es keine unsterblichen Therapeuten gab, zumindest keine, die so normal waren wie Lee Barringham, saß er hier auf den Stuhl bei dieser Frau, die er akzeptierte, respektierte und über allen Maßen schätzen gelernt hatte. Spätestens als Gucky ihm unter vier Augen eröffnete, dass er hier absolut richtig sei, war für ihn alles klar.
Lee unterbrach seine Gedankengänge.
"Du wirkst so weit weg. Wo bist du grade?"
Bully schüttelte den Kopf und kam wieder in der Wirklichkeit an.
"Hier. Einfach nur hier. Ich dachte über dich nach, natürlich auch über mich und ob das alles so richtig ist."
"Und"
"Alles einwandfrei. Ich fühle mich ruhig, gelassen und einfach nur wohl. Die Unruhe, die mich Gucky hinterher und hierhin trieb, ist weg. Bei meinem ersten Auftauchen auf Newengland war ich einige Wochen alleine in der Wildnis eurer Welt unterwegs. Ich habe große Lust, einfach so wieder dorthin zu gehen und alles andere liegen zu lassen."
"Du hast nicht das Gefühl, dass dich jemand vermisst?"
"Man ist ja nie wirklich weg." Bull hielt seinen rechten Arm samt Chrono hoch. "Perry zum Beispiel findet mich jederzeit. Dann geht's wieder los. Hatten wir ja grade erst."
"Dann bist du wieder für andere tätig."
Bully seufzte. "Das ist wohl mein Los."
"Wann ist dir das zum ersten Mal passiert? Weißt du das noch?"
"Naja, das Datum natürlich nicht. Ich muss so 14 oder 15 gewesen. Maddie war ein Jahr jünger. Wir kamen zufällig zur gleichen Zeit heim und sahen unsere Mutter in Tränen aufgelöst in der Küche sitzen. Sie sagte, sie würde es nicht mehr schaffen. Das Geld reiche hinten und vorne nicht. Sie bekam eine kleine Rente von dem Tod unseres Vaters und ging selber noch arbeiten. Maddie und ich hatten uns noch nie Gedanken darüber gemacht, ob und wieweit wir mit dem Geld kommen könnten. Es gab ja immer zu Essen oder Kleidung. Gut, Restaurantbesuche waren nicht drin, aber das war sowieso nur etwas für die höhere Gehaltsklasse.
Wir saßen eine Weile zusammen und redeten und redeten. Sie erklärte uns in aller Deutlichkeit ihre Schwierigkeiten. Entweder Klamotten und Heizung im Winter oder Essen. Alles zusammen war völlig unmöglich geworden. Maddie und ich sahen uns kurz an, dann sagte ich, sie brauche sich ab sofort an vier Abenden in der Woche keine Gedanken mehr übers Essen machen. Für irgendwas müssten wir ja auch gut sein. Dann gingen wir, aber nur um einige Zeit später mit drei dicken Steaks, einem Berg Bratkartoffeln und einer großen Schüssel Salat beschäftigt zu sein. Das gäbe es jetzt öfters, eröffnete Maddie Ma und unsere Mutter fing sofort wieder an zu weinen. "Ich bin so stolz auf euch", sagte sie und umarmte uns jeweils einzeln. Natürlich wollte sie wissen, wie wir das gemacht hätten. Maddie sagte, sie verfüge über etwas Geld, weil sie ja Zeitungen austrage und in Millers Drugstore regelmäßig Regale auffülle. Bei mir waren es offiziell ein paar Dollar, die ich in Murrays Garage verdiente. Ich verfügte über ein natürliches Talent, Motorschäden aufzuspüren und konnte egal welche Maschine auseinandernehmen, Fehler beseitigen und wieder zusammenschrauben. Egal, ob Oldsmobile oder Schiffsdiesel. Bully konnte alles. Dann sagten wir ihr, dass wir das Geld bislang für blödes Zeug ausgegeben hätten, sich das aber jetzt ändere".
"Das stimmte aber nicht."
"Nun, nicht ganz." Bull grinste. "Ich war schon immer gut im Organisieren. Man muss einfach seine Quellen haben. Da spielt es keine Rolle, ob du eine Zylinderkopfdichtung oder drei Steaks brauchst. Das war einfach nur ein Gewusst wie."
Lee brauchte keine Frage zu stellen, ihr Blick reichte.
"In dieser Zeit habe ich nicht nur gelernt, wie wichtig es ist, sich für die Allgemeinheit einzubringen, selbst wenn es "nur" die eigene Familie ist. Wobei es natürlich einen Riesenunterschied macht, ob du deine Ma oder deinen Chef unterstützt. Deine Mutter ist zweifellos wichtiger. Nein, ich habe damals auch begriffen, dass es unerlässlich sein kann, Freunde zu habe, auf die du dich blind verlassen kannst. Umgekehrt muss das natürlich genauso funktionieren.
Meine Hilfs - Organisatoren waren JJ. John und Jim oder Jack oder Joe, ich hab den Namen von dem zweiten J vergessen. Aber ich sehe die zwei noch vor mir stehen: Mit einem Meter neunzig gefühlt doppelt so groß wie ich, beide spindeldürr, schwarze Haare, eine viel zu große Nase und beide hatten leicht abstehende Ohren. Sie hätten Brüder sein können. Da war nur ein Unterschied: Der eine war weiß, der andere pechschwarz."
Lee zeigt Verwirrung. "Was war denn daran so besonders? Siganesen sind grün, Ferronen blauhäutig, Aras haben einen spitzen Kopf. Wo war das Problem, wenn einer eine andere Hautfarbe hatte?"
"Damals war das was Besonderes. Die Vereinigten Staaten wurden von alten weißen Männern dominiert und die hielten sich für die besseren Menschen, o.k., nicht alle, aber doch ziemlich viele. Die Schwarzen taugten in deren Augen höchstens als niedere Arbeiter oder Diener. An Restauranttüren stand "Whites only". Wenn man da als Schwarzer reinging, riskierte man Leib und Leben, je nachdem, wo das war."
"Aus was für einer barbarischen Zeit stammst du eigentlich? Und wie sind die Zwei klargekommen?"
"Blendend. Denn es gab sie nur im Doppelpack. Den einen sah man nie ohne den anderen. Wenn man in dem schwarzen New Yorker Stadtteil Harlem als Weißer herumlief, konnte das ebenso ungesund enden, als wenn ein Schwarzer im Nobelviertel von Brooklyn solo aufgetaucht wäre. Seltsamerweise sagte niemand etwas, wenn JJ als Doppel erschienen. Sie standen füreinander ein und vertrauten sich rückhaltlos. Da hab ich gelernt, was echte Freundschaft bedeutet. Wieso sie mich auf einmal mitnahmen, ist mir heute wie damals völlig unklar. Man nannte uns "Die Zwillinge und der Zwerg". Tagträumer waren wir. Zu Essen gabs zu Hause, der Rest wurde eben organisiert. Und die halbe Zeit sahen wir uns nachts den Mond und die Sterne an, und dann flogen wir zum Mars. Mindestens. Eher noch weiter. Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen: Wir saßen am Hudson River im Riverside Park und warfen Steine ins Wasser. Damals reifte ein ganz bestimmter Entschluss in mir. Aber den hätte ich nicht verwirklichen können, wenn diese beiden Kerle mir nicht gezeigt hätten, dass man gemeinsam alles, aber auch wirklich alles hinbekommt. Man muss es nur wollen."
Lee nickte. "Ja, das ist ein üblicher, guter und gradliniger Verlauf einer Jugend. Bei dir gespickt mit der Tatsache, dass Andersartigkeit absolut kein Hinderungsgrund ist. Das dürfte dir später einiges vereinfacht haben."
Lee hatte die "Jugend - Tafel" mit Begriffen wie Mutter, Geld, Zusammenleben, Verantwortung, Einsatz und Freundschaft beschrieben. Sie waren durch Pfeile verbunden und mit weiteren Ergänzungen versehen. "So ganz langsam", meinte Lee, "wird klar, wie du zu dem Reginald Bull geworden bist, den du heute darstellst. Beim nächsten Mal, denke ich, geht es endgültig ans Eingemachte."
Bull konnte sich denken, was Lee meinte und ihm lief ein Schauer über den Rücken. Er kannte die Fehler, die er gemacht hatte. Nur verarbeitet hatte er sie nach wie vor nicht alle. Die Zeit, die verdammte Zeit fehlte immer. Und das bei einem wie mir...
"Nur interessehalber. Eure Wege haben sich ja irgendwann mal getrennt. Ich nehme an, du bist in den Staatsdienst gegangen, die beiden aber nicht. Da dürfte die Hautfarbe im Weg gestanden haben." Als Bull nickte, fragte sie: "Wie ging denn deren Geschichte weiter?"
"Nun, sie haben geheiratet. Zwei Frauen, die sich genauso ähnelten wie ein Ei dem anderen, aber auch mit unterschiedlicher Hautfarbe. Deren Namen weiß ich nicht mehr, aber der weiße J ehelichte die schwarze Dame und andersherum. Gegensätze ziehen sich eben an. Jedes Paar hatte zwei Kinder, die die Geschichte fortschrieben. Deren Kinder sind dann später in der im Aufbau befindlichen Solaren Flotte untergekommen. Ihre Großeltern müssen sehr stolz gewesen sein."
"Hast du sie später nochmal gesehen?"
Bull nickte.
"Ja. Kurz vor ihrem Tod. Ich machte mir damals wegen der Zellduschen keine allzu großen Sorgen mehr ums Altwerden. Bis auf einmal ein junger Mann vor mir stand und mir Grüße von seinen Großeltern ausrichtete. Die Figur des jungen Soldaten war unverkennbar. Lang, spindeldürr mit einer riesengroßen Nase im Gesicht. Ich weiß noch wie ich dachte, Reginald Bull, du bist eine treulose Tomate und der allerletzte Schwachkopf. Ich danke dem Überbringer der Grüße herzlich, ließ alles liegen und stehen und machte mich auf den Weg nach New York. Beide Frauen waren bereits verstorben, JJ lebten noch und waren für damals kaum vorstellbare 96 Jahre alt. Als sie mich sahen, freuten sie sich wie kleine Kinder. Drei Tage später waren sie tot. Es war, als hätten sie nur auf mich gewartet."
Bull seufzte und holte tief Luft.
"Die Beerdigung war die erste Begegnung mit dem Tod von guten und sehr guten Freunden. Ich bin froh, dass ich damals noch nicht wusste, was mir da noch bevorstehen sollte."
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1458 - Die Spur der Haluter - ist von H.G. Francis, erschienen am 1. August 1989
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John Talbot saß zusammen mit Atlan hinten links auf einem Baumstamm. Er hatte drei Wochen Urlaub und in dieser Zeit wollte er sich darüber klar werden, ob er bei den Neuwahlen im nächsten Jahr für das höchste Amt kandidieren sollte oder nicht.
Da hat er mit Atlan und Bully die besten Gesprächspartner, die er sich wünschen kann, dachte Lee und beobachtete die Beiden. "Ja, gestalten kannst du in dieser Position, keine Frage", hörte sie Atlan erklären. "Aber vergiss nicht, du bist grundsätzlich alles schuld, wenn etwas aus dem Ruder läuft. Alles!"
Lee konzentrierte sich auf ihre Gegenüber, Bully und Gucky. Sie saßen diskutierend um das Lagerfeuer in der Mitte der Lichtung. Reginald hatte dem Ilt in wenigen Worten über das Thema Hautfarbe aus ihrer letzten Sitzung berichtet. Danach hatte Lee den Terraner gefragt, ob sich die Menschen aus seiner Sicht gebessert hatten.
"Was den Umgang mit dem Andersartigen, seien es nun Kleinigkeiten wie Hautfarbe, Größe oder Herkunft von Menschen, eindeutig ja. Oder auch, was die Akzeptanz des völlig Fremden, zum Beispiel anderer Völker ungewohnten Aussehens, angeht, sind die Menschen erwachsen geworden. Jetzt ist Newengland vielleicht ein nicht ganz so gutes Beispiel, aber würde es hier jemanden stören, wenn du dich, sagen wir mal in einen Imarter verlieben würdest?"
"Das sind diese Grünhäutigen mit dem Tonnenbrustkorb?"
Bull nickte.
"Meine Hauptsorge wäre, dass der irgendwann mal einen Sauerstoffrausch bekommt, weil die Atmosphäre von Imart aus unserer Sicht zuwenig davon enthält. Aber sonst? Wenn ich eine vernünftige Begründung abliefern könnte, wieso der hier herumläuft und warum ich meine, dass der unseren Standort nicht verrät, würde noch nicht mal jemand ernsthaft aufschauen."
"Ja", sagte Gucky und sah Lee an. "Das kann ich bestätigen. Ich saß mal in deinem Wartezimmer. Da war eine Mutter mit ihrem kleinen Sohn und eine ziemlich schräg aussehende Jugendliche. Jetzt bin ich hier ja nun wirklich kein alltäglicher Anblick. Die Mutter begrüßte mich mit "Hallo Gucky", der Sechszehnjährigen war ich noch nicht mal einen halben Blick wert und das wars. Glaubt man eigentlich gar nicht. Aber unterm Strich muss es genau so sein. Die Probleme kommen aus einer anderen Richtung. Mit diesem ominösen Fünf - Buchstaben - Wort hatten wir eher Schwierigkeiten und haben sie eigentlich immer noch."
"Macht?" unterbrach Lee den Ilt.
"Ja. Immer wieder tauchen Gestalten auf, egal woher, die meinen, sie wären mehr wert als andere und müssten wahlweise die Milchstraße oder die Lokale Gruppe oder das ganze Universum umkrempeln. Und ich", Gucky setzt einen entsagungsvollen Blick auf, "darf sie dann alle wieder retten."
"Ab und zu", brummte Bully, "klappt ja auch mal was ohne dich. Selbst wenn du das nicht glaubst. Oder wie war das mit Icho Tolot mit seiner Suche nach den verschollenen Halutern?"
Gucky seufzte. "Das eine Mal!", meinte er, setzte sich in Positur und fing an zu erzählen.
"So ganz langsam kommt Butter bei die Fische", meinte Lee. "Also geht es demnächst mal nach Andromeda, um nachzusehen, was denn aus dem Halutern geworden ist. Natürlich nicht jetzt, wo ich wissen will, wie es bei diesem Thema weitergeht. Nein, das kommt irgendwann mal, wenn es woanders grade spannend ist.
Mein kleiner Freund, du bist ein Sadist. Hast du das absichtlich so zusammengebaut, damit du die 100 Teile eurer Geschichte vollkriegst?"
Als Gucky zur Antwort sein bravstes Mausbibergesicht auflegte, musste Lee lachen. Nein, dachte sie. Man kann ihm einfach nicht böse sein.
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H.G. Francis konnte gute Romane schreiben. Romane, bei denen es Spaß macht, sie zu lesen. Der hier ist nicht so gut bei mir angekommen. Dieses ganze Konstrukt mit Kristallen, Gurrads (die ich oben ausgelassen habe), apathischen Halutern und dem natürlich umgehend vorhandenen Howalflektor - Netz war ganz gar nicht meins. Zu Beginn war ich noch interessiert, aber als ich dann las, dass Tolot seinen Kumpel Sokrates suchte, wusste ich, dass in diesem Band nichts Wesentliches passiert.
Die Handlung hätte man auf ein paar Sätze reduzieren können. Dass Francis es schaffte, ein ganzes Heft damit zu füllen und das auch noch einigermaßen lesbar zu gestalten, sprach wiederum für ihn. Ein Füllroman. Aber die braucht man ja auch. Irgendwie muss man die 100 Bände ja vollkriegen. Gerüchten zufolge soll das ja heute noch so sein...
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John Talbot saß zusammen mit Atlan hinten links auf einem Baumstamm. Er hatte drei Wochen Urlaub und in dieser Zeit wollte er sich darüber klar werden, ob er bei den Neuwahlen im nächsten Jahr für das höchste Amt kandidieren sollte oder nicht.
Da hat er mit Atlan und Bully die besten Gesprächspartner, die er sich wünschen kann, dachte Lee und beobachtete die Beiden. "Ja, gestalten kannst du in dieser Position, keine Frage", hörte sie Atlan erklären. "Aber vergiss nicht, du bist grundsätzlich alles schuld, wenn etwas aus dem Ruder läuft. Alles!"
Lee konzentrierte sich auf ihre Gegenüber, Bully und Gucky. Sie saßen diskutierend um das Lagerfeuer in der Mitte der Lichtung. Reginald hatte dem Ilt in wenigen Worten über das Thema Hautfarbe aus ihrer letzten Sitzung berichtet. Danach hatte Lee den Terraner gefragt, ob sich die Menschen aus seiner Sicht gebessert hatten.
"Was den Umgang mit dem Andersartigen, seien es nun Kleinigkeiten wie Hautfarbe, Größe oder Herkunft von Menschen, eindeutig ja. Oder auch, was die Akzeptanz des völlig Fremden, zum Beispiel anderer Völker ungewohnten Aussehens, angeht, sind die Menschen erwachsen geworden. Jetzt ist Newengland vielleicht ein nicht ganz so gutes Beispiel, aber würde es hier jemanden stören, wenn du dich, sagen wir mal in einen Imarter verlieben würdest?"
"Das sind diese Grünhäutigen mit dem Tonnenbrustkorb?"
Bull nickte.
"Meine Hauptsorge wäre, dass der irgendwann mal einen Sauerstoffrausch bekommt, weil die Atmosphäre von Imart aus unserer Sicht zuwenig davon enthält. Aber sonst? Wenn ich eine vernünftige Begründung abliefern könnte, wieso der hier herumläuft und warum ich meine, dass der unseren Standort nicht verrät, würde noch nicht mal jemand ernsthaft aufschauen."
"Ja", sagte Gucky und sah Lee an. "Das kann ich bestätigen. Ich saß mal in deinem Wartezimmer. Da war eine Mutter mit ihrem kleinen Sohn und eine ziemlich schräg aussehende Jugendliche. Jetzt bin ich hier ja nun wirklich kein alltäglicher Anblick. Die Mutter begrüßte mich mit "Hallo Gucky", der Sechszehnjährigen war ich noch nicht mal einen halben Blick wert und das wars. Glaubt man eigentlich gar nicht. Aber unterm Strich muss es genau so sein. Die Probleme kommen aus einer anderen Richtung. Mit diesem ominösen Fünf - Buchstaben - Wort hatten wir eher Schwierigkeiten und haben sie eigentlich immer noch."
"Macht?" unterbrach Lee den Ilt.
"Ja. Immer wieder tauchen Gestalten auf, egal woher, die meinen, sie wären mehr wert als andere und müssten wahlweise die Milchstraße oder die Lokale Gruppe oder das ganze Universum umkrempeln. Und ich", Gucky setzt einen entsagungsvollen Blick auf, "darf sie dann alle wieder retten."
"Ab und zu", brummte Bully, "klappt ja auch mal was ohne dich. Selbst wenn du das nicht glaubst. Oder wie war das mit Icho Tolot mit seiner Suche nach den verschollenen Halutern?"
Gucky seufzte. "Das eine Mal!", meinte er, setzte sich in Positur und fing an zu erzählen.
"So ganz langsam kommt Butter bei die Fische", meinte Lee. "Also geht es demnächst mal nach Andromeda, um nachzusehen, was denn aus dem Halutern geworden ist. Natürlich nicht jetzt, wo ich wissen will, wie es bei diesem Thema weitergeht. Nein, das kommt irgendwann mal, wenn es woanders grade spannend ist.
Mein kleiner Freund, du bist ein Sadist. Hast du das absichtlich so zusammengebaut, damit du die 100 Teile eurer Geschichte vollkriegst?"
Als Gucky zur Antwort sein bravstes Mausbibergesicht auflegte, musste Lee lachen. Nein, dachte sie. Man kann ihm einfach nicht böse sein.
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H.G. Francis konnte gute Romane schreiben. Romane, bei denen es Spaß macht, sie zu lesen. Der hier ist nicht so gut bei mir angekommen. Dieses ganze Konstrukt mit Kristallen, Gurrads (die ich oben ausgelassen habe), apathischen Halutern und dem natürlich umgehend vorhandenen Howalflektor - Netz war ganz gar nicht meins. Zu Beginn war ich noch interessiert, aber als ich dann las, dass Tolot seinen Kumpel Sokrates suchte, wusste ich, dass in diesem Band nichts Wesentliches passiert.
Die Handlung hätte man auf ein paar Sätze reduzieren können. Dass Francis es schaffte, ein ganzes Heft damit zu füllen und das auch noch einigermaßen lesbar zu gestalten, sprach wiederum für ihn. Ein Füllroman. Aber die braucht man ja auch. Irgendwie muss man die 100 Bände ja vollkriegen. Gerüchten zufolge soll das ja heute noch so sein...
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- Tell Sackett
- Beiträge: 8245
- Registriert: 21.06.2024, 10:47
- Hat sich bedankt: 628 Mal
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Anderen Gerüchten zufolge hat es nie Füllromane gegeben... 
