Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

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Zwischenspiel:

"Du meintest, dein Vater wäre ganz zufrieden mit seinem Sohn," sagte die Therapeutin und sah Reginald Bull an.

Der wusste zunächst nicht so ganz, wie er anfangen sollte.
"Nun ja", er zögerte. "Zuerst war das eine ziemlich einseitige Geschichte. Ich saß da bei schönstem Frühlingswetter und erzählte aus meinem Leben. Von meinem mehr als unwahrscheinlichen Glück - oder Unglück, wie man will - ein so langes Leben haben zu dürfen. Von meinem Respekt vor ihm und seinen Kameraden, die zur Schaffung einer freieren und besseren Welt in diesem Krieg gestorben sind. Und dass er mir gefehlt hat."

"Hattest du das Gefühl, dass etwas davon angekommen war?"

"Ja. Als ich sagte, dass ich hin als Kind vermisst hatte, saß er auf einmal neben mir. Ich hatte ein Gefühl wie damals, als Delorian Rhodan mir seine Ideen von seinem eigenen Weltall, dem Neuroversum, schilderte. Ich sah in eine Traumwelt hinein, die ich mit meinem Geist steuern konnte. Dort war alles möglich. Wirklich alles. Man konnte die Toten wieder auferstehen lassen, wenn man wollte. Da hatte ich meinen Vater gesehen. Genauso wie jetzt an der Stele an Omaha Beach. Er saß neben mir und antwortete."

"Hattest du das Gefühl einer körperlichen Anwesenheit?"

"Schwer zu sagen. Zwischen uns war eine Art Schild, der nicht zu überwinden war. Jetzt kann man natürlich der Meinung sein, dass an einem solchen Ort mit KI und allerlei Spiegeltricks gearbeitet wird, aber ich denke, das hätte ich gemerkt. Dort wird nicht nur dem letzten großen planetarischen Krieg auf der Erde gedacht, sondern die Stele ist ein Mahnmal gegen Krieg und kriegerische Auseinandersetzungen jeglicher Art - aus grauer Vorzeit bis zum heutigen Tage. Es ist ein Erinnerungsort für Angehörige, Nachfahren und Freunde, der vor vielen Jahrhunderten nach dem Dolan - Krieg von einer Stiftung errichtet wurde. Leider muss hier immer noch aktualisiert werden. Die Stiftung ist nach wie vor noch die gleiche und das Kuratorium schwört Stein und Bein, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht.

Ich war auch nicht er Einzige vor Ort, ich gehe von so fünfzig bis sechzig Leuten aus. Alle Anwesenden sitzen für sich einfach so im Gras, sie sind aber durch ein Zerrfeld sichtgeschützt. Wenn man abends bei einem Glas Rotwein zusammen ist, redet man über den Tag. So ungefähr 10 Prozent der Besucher haben das Gefühl, dass die Person, wegen der sie vor Ort sind, auf einmal neben ihnen sitzt. Ich war einer von denen."

Reginald Bull holte tief Luft.

"Der Besuch war sehr wertvoll für mich, daher schulde ich dir meinen Dank," sagte er zu Lee. "Denn ich habe etwas gelernt und begriffen. Als mein Vater mir eröffnete, dass aus mir ja nun auch ohne ihn etwas geworden wäre, wurde mir zum ich weiß nicht wievielten Male klar, dass ich nicht nur wie meine Mutter funktionieren muss. Dass Auszeiten sinnvoll und wichtig sind. Und deshalb sitze ich jetzt wieder hier."

Lee nickte und sah ihr Gegenüber an. "Dann hat sich unsere erste Sitzung gelohnt", sagte sie. "Zeit für sich selber ist ab und zu das Wichtigste im Leben."
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1451 - Die Siragusa - Formeln - ist von Robert Feldhoff, erschienen am 13. Juni 1989
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"Ich gehe mal davon aus, dass der bisherige Fokus der Geschichten auf einer Außenbetrachtung der Milchstraße lag und dass sich das jetzt nach innen verändert", meinte Lee zu ihrem Geschichtenerzähler Reginald Bull.

"Grundsätzlich ja. Aber so schnell schießen die Preußen nun auch wieder nicht, das..."

"Wer schießt?" unterbrach Lee mit etwas ratlosem Gesicht ihr Gegenüber.

"Die Preußen. Das ist eine Redensart aus archaischen Steinzeiten über einen präatomaren Menschenschlag auf der alten Erde. Die waren ziemlich obrigkeitshörig und dazu militaristisch angehaucht, daher kommt dieser Spruch."

"Hm. Ich weiß ja nicht viel aus dieser uralten Zeit, aber alleine das, was du mir hier erzählst reicht schon, um heilfroh zu sein, dass ich hier und heute lebe. Wie habt ihr das damals eigentlich ausgehaltern?"

"Stellenweise war es schlimm. Sinnlose Kriege, sinnlose Umweltverschmutzung und wenn man auf einem falschen Fleck der Erde geboren wurde, konnte man schnell zu der Meinung kommen, dass das Leben auch sinnlos war."

"Was wäre denn eigentlich passiert, wenn ihr auf dem Mond keine Arkoniden gefunden hättet? "

"Keine Ahnung. Und ich glaube, ich will das auch gar nicht so genau wissen. Eine Zerstörung der Erde durch einen Atomkrieg wäre wenigstens ein schneller Abgang geworden. Ich fürchte, um Einiges schlimmer wäre es auf Dauer sogar noch ohne ein rasches Ende gekommen. Unsere alte Heimat wäre nach und nach durch die zunehmende Umweltverschmutzung alleine durch das Verbrennen fossiler Energieträger vor die Hunde gekommen. Was dann passiert wäre, stelle ich mich lieber nicht vor. Weißt du, manchmal frage ich mich, ob die Affen vor Urzeiten nicht besser auf den Bäumen geblieben wären. Denn, sei mal ehrlich, sind wir heute so viel besser? Kriege gibt es immer noch, okay, nicht mehr wegen Hautfarben oder Religionen, dafür aber zum Beispiel um Bodenschätze."

"Davon hört man aber doch nicht allzu viel. Ich meine, Nachrichten kommen ja auch bei uns an."

"Oh, das läuft auch nicht mehr in offenen Raumschlachten wie früher. Das geht sozusagen hintenrum. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Aber glaube mir, unter der Decke brodelt es überall ganz gewaltig. Es dreht sich in den weitaus meisten dieser Fälle um Macht. Ganz einfach nur um Macht, das wird den Leuten natürlich unter einem anderen Deckmäntelchen verkauft. Nein, viel schlauer geworden ist die Menschheit nicht unbedingt geworden."

"Dabei sollte man meinen, dass solche Unterdrückungsszenarien über ein paar Jahrhunderte hinweg zur Vernunft führen", sinnierte Lee. "Damit sind wir wieder bei deiner Geschichte. Es geht also doch nicht innerhalb der Milchstraße weiter?"

"Zunächst mal nicht. Truppen wurden gesammelt, Wunden wurden geleckt und wir überlegten, wie wir am besten vorgehen würden. Ab und zu sollte auch noch Hilfe von außen kommen. Womit wir beim Thema wären. Dao-Lin H'ay und ihre Kartanin waren mit der Perle Moto in Richtung Milchstraße unterwegs."


Spoiler
Reginald Bull erzählt die Geschichte von den Siragusa-Formeln:

Die Perle Moto hatte die Form von einem Ei, war vierzehn Zentimeter hoch und acht Zentimeter breit. Sie wirkte perfekter als perfekt. Sie war in 65536 Facetten gegliedert, von denen sich jede Einzelne wiederum in die gleiche Anzahl Mikrofacetten gliederte. Dao-Lin-H'ay hielt das Teil in der Hand und fragte sich zum wiederholten Mal, ob das Ding die Mühe wert war. Für diesen Kristall hatten Millionen Intelligenzen ihr Leben verloren.

Jetzt waren sie an Bord der MARA-DHAO im Besitz des Eis und unterwegs in Richtung Milchstraße, um es den Terranern zu übergeben. Das sollte in der Hoffnung geschehen, dass man dort mit der Perle etwas mehr anfangen konnte als anderswo. Aber das sollte die Kartanin nicht davon abhalten, selber tätig zu werden.

Sie wussten, dass die Perle mit Strahlen aus dem hyperenergetischen Spektrum berieselt werden musste. Der Haken an der Sache war, dass die Anzahl möglicher Kombinationen so gut wie unendlich war - mit Wundern durfte daher nicht gerechnet werden. Daher war das Staunen groß, als Dao schon nach zwei Tagen einen Anruf erhielt. Die Perle hätte reagiert, sagte man ihr.

Es war nicht viel, aber immerhin hatte man ein paar Daten gefunden. Kein Ton, kein Bild, nur ein paar wirr aussehende Informationen, die über den Bildschirm flimmerten. Ab in den Syntron damit, das war klar, und eine halbe Stunde später lag das erste Ergebnis vor. Es waren Koordinaten, ein ebenfalls vorgefundenes Gleichungssystem und ein Wort: Yttra. Eine Weile später, für die damaligen Hochleistungs - Syntrons eigentlich eine Ewigkeit, hatten die Rechner den Bezugspunkt des Koordinatensystems ermittelt. Es war ein Punkt im Leerraum, ein paar hunderttausend Lichtjahre von Terra entfernt. Genau an diesem Punkt lag ein Schwarzes Loch. Point Siragusa.

Natürlich gab es jetzt ein neues Ziel. Es ging nicht mehr irgendwie Richtung Milchstraße, sondern zu dem Ort, den man aus der Perle Moto herausgekitzelt hatte. Sie sahen sich die Gleichungen näher an und stellten fest, dass sie den Zustand innerhalb eines solchen Schwarzen Lochs beschrieben. Sie bekamen den Namen Siragusa - Formeln und, jetzt wird es ein wenig kryptisch, es handelte sich um sechzehn nichtlineare Differenzialgleichungen mit hyperkomplexen Variablen, die ein in sich logisches System darstellten.

Alles klar, Lee? Mach dir keine Sorgen, ich kapiere sowas die halbe Zeit auch nicht. Dafür gibt es Fachleute. Man braucht nicht alles zu wissen, man muss nur einen kennen, der es weiß. Reicht völlig aus. Auf jeden Fall beschrieben die Formeln die Zustände unterhalb des Ereignishorizontes des Schwarzen Lochs am Point Siragusa. Es gäbe da einen eigenen Mikrokosmos und man erhielt Ansatzpunkte dafür, wie dieses Schwarze Loch manipuliert werden konnte, um es als Einstein-Rosen-Brücke zu benutzen.

Natürlich wollte Dao in das Black Hole hinein. Und ebenso natürlich war der ganzen Besatzung der MARA-DHAO nicht wohl dabei. Aber was solls. Der Kleine würde jetzt sagen: Stell dich nicht so an, ein bisschen Schwund ist immer. Also flog man mit gemischten Gefühlen in das Schwarze Loch hinein. Sie fanden genau das vor, was uns in den letzten Geschichten schon geschildert wurde: Alles war irgendwie milchig - weiß, eine einheitliche Suppe und nach einigem Suchen fand man die Schaltstation.

Sie drangen ein und fanden erstmal keine Besatzung. Nur ein paar nervige Wartungs- und Reinigungsroboter wuselten herum und griffen sie sogar an. Das war selbstredent zwecklos, mit den Dingern wurde man spielend fertig. Die danach gefundene Zentrale war auch leer und alles deutete darauf hin, dass die Station automatisch gesteuert wurde. Nur wie?

Aber immerhin stellte Dao fest, dass sich hinter dem Begriff Yttra, den sie aus der Perle hervorgelockt hatten, das zentrale Steuergehirn der Anlage verbarg. Obwohl Yttra sie nun als berechtigte Besucher einstufte, gab es noch den einen oder anderen Durcheinander mit einem Haufen Reinigungsroboter, die aber nie wirklich gefährlich werden konnten.

Wenn ich eben gesagt habe, das Ding wäre leer gewesen, stimmte das nicht so ganz. Grade, als Dao-Lin-H'ay mit Yttra konferierte, stand auf einmal die Projektion eines Nakk vor ihr. Der Nakk schimpfte in der Sprache der Cantaro herum, schoss auf etwas, dass niemand sah, schimpfte weiter und verschwand. Was das sollte, blieb völlig unklar.

Sie vergaßen den Nakk. Sie hatten auch allen Grund dazu, denn von jetzt auf gleich erschienen drei terranische Raumschiffe in der Ortung. Es handelte sich um Julian Tifflor mit seinen drei Schiffen, der ja bekanntlich bei den Anoree, den Vorfahren der Cantaro, unterwegs gewesen war. Sie trafen sich, erzählten sich ihre Geschichten und wurden erneut von der Ortung unterbrochen. Ein Fragment war aufgetaucht. Ein Bruchstück eines terranischen Schiffes. Tifflor und seine Leute identifizierten es. Es gehörte zur SORONG. Die SORONG war das Schiff von Nikki Frickel. Tifflor wurde schlecht. Ein Irrtum war nicht möglich.



"Das sieht fürs nächste Mal nicht so gut aus, wie?", fragte Lee.

"Leider kann es nicht immer nur gradlinig vorwärts gehen", erhielt sie als Antwort.
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Ein Roman mit Dao-Lin-H'ay, der nicht von Marianne Sydow stammt? Kann das gutgehen? Ja, denn der Autor heißt Robert Feldhoff. Robert schafft es, hier einen guten Roman zu schreiben. Dao nimmt man ihm ab und obwohl in Band 1451 eigentlich nicht viel passiert, ist das Teil gut lesbar.

Die Kartanin waren im Besitz der Perle Moto, entdeckten sogar eine Datei, flogen ins Schwarze Loch hinein und trafen nach etwas Gewühl auf Tifflor. Robert hatte noch eine Geschichte um eine psychisch blockierte Kartanin eingebaut, um die Handlung voll zu kriegen. Spannend war der Band für mich nicht, denn es war ja klar, dass unsere felide Freundin mit ihren Leuten den Inhalt der Perle in Band 1451 noch nicht knacken konnten. Ebenso war klar, dass sie den Aufenthalt im Inneren des Ereignishorizonts meistern würden.

Trotzdem hat mit Roberts Roman gefallen. Dao kommt bei mir etwas, ich kann es nur schwer beschreiben, technischer und bestimmender rüber als bei MS, aber es passt.

Ich glaube, bei Band 1451 besteht die Kunst darin, einen absolut nicht spannenden und unspektakulären Roman gut rüberzubringen und die Leserschaft zu unterhalten. Das hat Robert geschafft. Und zum Schluss hat er uns mit Nikki Frickels SORONG Bruchstück noch ein schönes Bröckchen vorgeworfen.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1452 - Entscheidung am Ereignishorizont - ist von Ernst Vlcek, erschienen am 20. Juni 1989
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"Ich hätte große Lust, den nächsten Teil unserer Geschichte nicht zu erzählen, sondern einfach zu überspielen." Reginald Bull hob seinen rechten Arm an und zeigte auf sein Multifunktions - Chrono. "Manchmal hat man keine Lust, das alles nochmal vor dem geistigen Auge zu erleben."

"Ja, das kann ich mir vorstellen, aber damit käme ich nicht weit. Geschichtsunterricht kann ich mir an jedem Rechner holen. Nein, für mich zählt das persönliche Erleben von dir. Oder von Gucky. Sonst komme ich mit meinen Plänen nicht weit. Die elfundneunzigste sachliche Abhandlung bringt keinen weiter. Ich will die ganze Story neu veröffentlichen, eben mit euren Kommentaren. Aus eurem Erleben heraus geschildert. Das ist mein Traum. Und wenn ihr nochmal Urlaub macht, kommt die nächste Geschichte an die Reihe."

Lee bereitete sich einen Tee zu, setzte sich wieder und sah ihr Gegenüber an.

"Dann bleibt ich besser gleich noch zehn Jahre oder so hier. Dann dürften wir durch sein. Aber okay, machen wir weiter."

Bull trank einen Schluck Kaffee.

"Dabei waren wir so optimistisch nach dem Sieg auf Uulema. Es ging endlich, endlich in die richtige Richtung."


Spoiler
Reginald Bull erzählt die Geschichte von der Entscheidung am Ereignishorizont:



Wir hatten auf Arhena, dieser atmosphärelosen Ödwelt, die erbeuteten cantarischen Datenträger ausgewertet. Danach war es keine Frage, ob wir in Richtung Anti-Paura starteten, sondern höchstens wann. Alle wollten sie dabei sein. Selbstredend auch ich mit der CIMARRON. Ich glaube, ich hätte Perry die Freundschaft aufgekündigt, wenn er mich nicht um Beistand gebeten hätte. Und alle dachten, es ging in Richtung eines besseren Betriebsausfluges. Was sollte uns schon noch passieren? Immerhin hatten wir auf Uulema die Cantaro besiegt. Natürlich würde das so weiter gehen. Nachfolgend ein Spaziergang nach Terra, dort den Teufel aus Terras Hallen vertreiben und alles ist in Butter.

Oder so ähnlich.

Der Einzige, der sich mit Unkenrufen beschäftigte, war unser größter aller großen Meister. Ich sollte nur Freiwillige mitnehmen, meinte er. Der Rest hätte auf Arhena bessere Überlebenschancen. Ich hatte ihm gesagt, er wäre ein Witzbold. Wenn ich auf der CIMARRON nach Freiwilligen gefragt hätte, würde sich sowieso die komplette Besatzung gemeldet haben. Also konnten wir derartigen Unsinn auch gleich bleiben lassen. Am 3. Juli 1144 starteten wird. Punkt 12 Uhr. Acht Schiffe in Richtung Perseus Black Hole, das wir mit dem Begriff Anti-Paura verbanden.

Die schlappen 24.000 Lichtjahre hätten wir in einem durch fliegen können, klar. Aber vorsichtshalber gab es ein paar Unterbrechungen aus Sicherheitsgründen. Wir mussten uns mit aktuellen Ortungsergebnissen absichern, um nicht in eine Falle zu fliegen.

Ha! Ortungsergebnisse, um nicht in eine Falle zu fliegen. Wir nichtsahnenden Idioten! Vielleicht hätten wir gleich zu diesem gelben Stern fliegen sollen, der uns beim letzten Halt so bekannt vorkam. 697 Lichtjahre war diese Sonne von uns entfernt. Absolute Helligkeit glatt eins und Masse glatt eins, sahen wir. Sol. Unsere Heimat. Wir standen in der Zentrale allesamt um diesen einen Bildschirm herum und starrten auf den kleinen Punkt, der unsere Sonne war. Wenn mir da einer gesagt hätte, flieg dahin, hätte mich niemand davon abhalten können. Was dann passiert wäre, weiß ich nicht. Vielleicht gäbe es uns jetzt nicht mehr und die Milchstraße wäre immer noch eine vom Rest des Universums abgeschlossene Diktatur. Viellicht wären wir früher mit dem Teufel, der in Terras Hallen hausen sollte, fertig geworden. Keine Ahnung.

Die Frage stellte sich aber nicht, denn Homer zog uns aus genau diesem Grund weiter in Richtung Raumsektor Perseus. Unser Zielort war übrigens komplett frei von Raumschiffen. Normalerweise wäre uns das seltsam vorgekommen. Wenn etwas zu glatt geht, taugt es zumeist nichts. Aber da die allgemeine Euphorie jetzt auch Perry und mich angesteckt hatte, merkten wir eben nichts.

Vor Ort lief alles so, wie es sollte. Icho Tolot wollte keine Zeit verlieren. Er bot sich an, vorab in das Schwarze Loch zu fliegen und nachzusehen. Nach ein paar Minuten tauchte er wieder auf und vermeldete: Erfolg! Das führte letztlich dazu, dass mit Ausnahme der QUEEN LIBERTY von Homer alle sechs Schiffe unseres Trupps der HALUTA hinter den Ereignishorizont folgten.

Natürlich fanden wir die Station mit dem Nakk Lakardón darin. Der meinte nach unserem Aufeinandertreffen zu uns, es ginge ihm nicht gut. Er leider unter Amnesie und könne uns daher absolut nichts über die Station verraten. Gucky kam auch nicht weiter. Der Kleine kann die Gedanken eines Nakks nicht lesen und das Verhängnis nahm seinen Lauf.

Warum wir nichts gemerkt haben? Nun, dass ein Nakk nicht unbedingt der ideale Gesprächspartner ist, war uns bekannt. Und so dachten wir uns nichts dabei. Zumal der Kerl einen ziemlich erbarmungswürdigen Eindruck machte, krank, wie er aussah. Also gehörte er eher auf Tolots Medostation.

Später kam Sato Ambush ins Spiel. Wenn einer in der Lage war, sich mit diesen Figuren einigermaßen vernünftig zu unterhalten, dann unser Professor mit seinen parallelen Wirklichkeiten. Sato fand dann aus irgendwas über einen Zeittransmitter heraus, den die Station vor ein paar hundert Jahren mal beinhaltet haben muss. Schräg wurde es, als wir allesamt von einer Art Träumen heimgesucht wurden, die zudem einen sehr realistischen Eindruck hinterließen. So zum Beispiel wurde einer von uns Zeuge, wie vor ein paar hundert Jahren eine Space-Jet eingefangen wurde, um an der Besatzung gentechnische Experimente durchzuführen. Sato Ambush sprach von echten Dateien, die eine eingefrorene Realität enthielten.

Du schüttelst den Kopf? Was? Ambush redete nur konfuses Zeug? Keine Sorge bei unverständlichen Begriffen! Wenn Ambush zu Gange war, hat sowieso kaum einer was kapiert.

Und unser Nakk? Der meinte doch glatt, man solle ihn von diesem halutischen Monster befreien. Dann dürften wir alle diese Datenspeicher sehen, die Station würde uns gehören. Sato glaubte Lakardón nicht allzu viel und redete von restrukturierten Wirklichkeiten mitsamt einer Inventarliste. Gucky habe sowas entdeckt. Was auch immer er damit meinte.

Letztlich hatte der Nakk uns nach Strich und Faden veräppelt. Er selber war nämlich auch nur eine solche Datei. Mit der machte er uns weiß, dass er vor uns stand und mit uns redete. Sato Ambush hatte das zwar gemerkt, aber er war mittels eines Suggestivimpulses am Sprechen gehindert. In Wirklichkeit war der Nakk ganz woanders und trieb sein Spiel mit uns.

Sato taute ganz langsam wieder auf und versuchte, uns mit den paar Worten, die wieder von sich geben konnte auf die Gefahr hinzuweisen. Irgendwann hatten wir es kapiert. Er hatte uns mit einer Projektion von sich getäuscht, während er selber in der Kontrollstation weiter sein Unwesen trieb.

Ja, und den Rest würde ich mir jetzt lieber ersparen. Da kam nämlich ein Funkspruch von der Kontrollstation. Lakardón fragte uns, ob wir sein Täuschungsmanöver durchschaut hätten. Es würde uns aber nicht mehr nützen, wir wären ihm in die Falle gegangen. Genauso, wie man es erwartet hätte. Dann aktivierte er einen Transferimpuls, mit dem er uns aus dem Schwarzen Loch herausschleuderte. Wir materialisierten direkt über dem Ereignishorizont. Dann passierte es. Wir hatten gegen die Mengen von Cantaro - Schiffen keine Chance. Gar keine.

Sieben Schiffe von uns gegen dreißig Cantaro - Raumer. Die QUEEN LIBERTY war weg, hoffentlich früh genug geflüchtet. Die BLUEJAY, das Freifahrerschiff, explodierte als erstes. Nikki Frickels SORONG war der nächste Ausfall. Das Schiff verschwand wieder hinter dem Ereignishorizont. Unsere CIMARRON war zum Glück mitten in unserem Pulk, so wurde sie nicht komplett zerstört und konnte so grade noch fliehen. Aber Atlan? Und Roi Danton, Perrys Sohn? Wir hatten wohl viele unserer besten Freunde verloren.

Der Syntron wies uns noch den Weg zu einer erdähnlichen Welt, zu der wir es so eben noch schafften. Um etwas Ruhe zu finden und unser Schiff zu reparieren.




"Puh!", machte Lee. "Wenn so ein Schiff sagen wir mal zweihundert Leute Besatzung hat, sind das bei fünf zerstörten Raumern eintausend Tote. Eher mehr als weniger. Das ist harter Tobak."

Sie überlegte eine Weile.

"Dann seid ihr schon auf Uulema reineingelegt worden. Euer vermeintlicher Sieg mit der Eroberung dieser Dateien war ein Pyrrhussieg. Eure Niederlage war von vornherein genauso berechnet und kalkuliert worden. Und es hat funktioniert."

"Wir ich sagte", erwiderte Bull. "Wenn etwas zu glatt geht, taugt es nichts."

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Unsere Helden sind hereingelegt worden und eindeutig auf der Verliererstraße. Der Verlust der derartigen Zahl von Raumschiffen dürfte Folgen haben. Die Herrschaften von der unsere Lieblingsserie lesenden Zunft werden sich ganz schön erschreckt haben, denke ich mal. Waringer war tot, es war also unverkennbar, dass man sich seitens der schreibenden Zunft mit Aufräumen bei den Unsterblichen beschäftigte.

Nun gut, dass Atlan einfach so sang- und klanglos verschwinden sollte, habe ich damals nicht geglaubt, aber Roi Danton hätte durchaus dazu gehören können. Es war in der Tat so, wie AE eine LKS später unter einen Leserbrief schrieb. Wenn man nicht ab und zu mal einen Unsterblichen dahin gehen lässt, wird es unglaubwürdig. Auch von der HALUTA hatte man nichts mehr mitbekommen...

Der Roman selber hinterlässt mich zwiespältig. Der war so einer von der Sorte "Jetzt komm doch endlich mal in die Gänge!". Dass irgendwas schiefgelaufen war, wusste wir vom Ende der Nummer 1451. Da hatte man ein paar Trümmer von der SORONG gefunden. Also hieß es warten. So ähnlich wie in Band 398. Da wurde von allem Möglichen geschrieben, nur nicht vom Solsystem. Die Katastrophe fand in wenigen Sätze gegen Ende hin statt. Hier war es genauso. Wir mussten bis Seite 64 warten.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

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Band 1453 - Der unbekannte Feind - ist von Kurt Mahr, erschienen am 27. Juni 1989
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Lee betrachtete ihr Gegenüber Reginald Bull und sah zu, wie er seinen Kaffee schlürfte. Sie wirkte nachdenklich.

"Ich weiß nicht, ob ich dich das schon mal gefragt habe. Aber wieso lebt ihr eigentlich noch? Es ist ja nicht so, dass ich jemandem von euch den Tod wünsche. Aber..."

"Ich weiß, was du sagen willst", wurde sie unterbrochen. "Wie finden diese Leute immer wieder eine Möglichkeit, dem Teufel manchmal im allerletzten Moment von der Schüppe zu springen? Es ist doch mehr als unwahrscheinlich, dass es immer nur die anderen erwischt! Warum ist das so?"

Lee nickte.

"Keine Ahnung", meinte Bull. "Sicherlich ist da zum ersten in all den Jahren eine Unmenge Erfahrung, die andere nicht haben. Sicherlich sind da all die, die ihren Kopf für uns und früher für die Menschheit hinhielten und jetzt für die ganze Galaxis im Einsatz sind. Ohne diese vielen, vielen Intelligenzen wären wir nichts. Gar nichts. Was soll ein Perry Rhodan mit sich alleine? Der würde doch höchstens verrückt werden. Wir haben sowieso riesengroßes Glück, dass von unserem Club der Unsterblichen, und da schließe ich Gucky und Tolot jetzt mal mit ein, noch als Menschen anerkannt werden und Leute wie du völlig normal mit uns reden. Oder dein McSowieso im Pub, auch wenn er mich mal rauswerfen wollte. Aber er akzeptiert mich und macht keinen Bogen um mich. Das war Punkt zwei.

Punkt drei zu deiner Frage heißt zum Beispiel Gucky."

Bull sah sich um, ob der Ilt mittlerweile den Weg hierhin gefunden hatte und in einer Ecke stehen würde. Der würde ihm, dass, was er jetzt sagen wollte, ein paar Jahrhunderte unter die Nase reiben.

"Ohne den Kleinen gäbe es uns lange nicht mehr. Er hat uns so oft rausgeholt, dass wir ihm eigentlich von morgens bis abends zu Füßen liegen und uns im Nackenkraulen abwechseln müssten. Das galt früher für das komplette Solare Imperium und gilt heute für das Galaktikum und was weiß ich noch. Manchmal habe ich bei dem eh das Gefühl, dass er uns auf welche Art auch immer leitet. Ab und zu darf Perry ihn fertig machen. Dann grinst er sich eins und macht dann doch weiter, wie er will.

Aber trotzdem hast du natürlich völlig recht. Über 3.000 Jahre laufen wir jetzt schon hier herum. Hätte mir das damals einer ernsthaft erzählt, hätte ich den für reif für die Klapse gehalten oder ihn zumindest zu jemandem wie dir geschickt. Aber Klartext: Ich kann deine Frage nicht beantworten."

"Glaubst du etwas wie Vorsehung?"

"Du meinst, sowas wie einen persönlichen Schutzengel oder dergleichen?"

Lee nickte.

"Nein. Ich glaube, da bin ich zu sehr Realist. Selbst wenn ich ehedem mal an was auch immer geglaubt habe, ist das in all den Katastrophen verschwunden. Die Dolankriege mit kaum zählbaren Toten. Der Schwarm mit galaxisweiter Verdummung. Da müssen Billionen gestorben sein. Oder eben der Wahnsinn aus der Cantaro - Zeit. Nein, da ist nicht Personfizierbares, das auf mich aufpasst. Zumindest nicht im Sinne eines persönlich liebenden Gottes oder so. Wenn es ihn denn gäbe, hätte er mit mir ein ziemliches Problem. Ich würde im Zweifelsfall mal ein paar ernste Worte mit dem reden wollen. Was es aber mit dem Universum, Multiversum oder Omniversum oder wie auch immer du die Gesamtheit aller Existenz nennen willst, nun überhaupt soll, steht auf einem anderen Blatt Papier. Aber das ist was für die berühmten zwei Philosophen in ihrem Elfenbeinturm.

Was aber nichts daran ändert, dass auch unsereins mal an die absolute Grenze der persönlichen Belastbarkeit kommt. An einen Punkt, an dem auch kein Gucky helfen kann. Sogar Perry war da mal.

Das war damals, als wir nach der Katastrophe an dem Schwarzen Loch auf dieser erdähnlichen Welt gelandet waren. Die CIMARRON war eigentlich nur noch ein Wrack. Durch ein großes Wunder hatten die Triebwerke gehalten und uns hierhergebracht. Zu der Welt, deren Sonne wir Megaira genannt hatten. Megaira ist eine der Rachegöttinnen der alten griechischen Mythologie. Sie ist eine der drei Erinnyen. Den Planeten nannten wir Sisyphos."


Spoiler
Reginald Bull erzählt die Geschichte von dem unbekannten Feind:

Die CIMARRON warf mit ihrem mächtigen Umriss einen ziemlichen Schatten. Das war aber auch alles, was sie noch konnte. Der Rest war überholungswürdig und wir versuchten unser Bestes. Das war auch notwendig, denn wir sind mit letzter Kraft zu diesem erdähnlichen Planeten gekommen. Aber genau das sollte sich als seltsam herausstellen. Denn das Megaira System war in keinem der uns bekannten Sternenkataloge verzeichnet. Der Syntron der Notautomatik behauptete zum Beispiel stocksteif, er habe die Daten aus den Tiefen eines bestimmten Speichers geholt. Der war aber leer und da ist nach Meinung unserer Techniker auch nie etwas drin gewesen.

Das Gerät wurde untersucht und nochmal untersucht. Nichts. Logische Folgerung: Wir hätten eigentlich keinesfalls hier erscheinen dürfen, weil dieses System völlig unbekannt war. Da Notautomatiken sich aber nach bekannten Katalogen richten, muss da etwas von außen gekommen sein. Unter normalen Umständen wären wir in einem anderen System aufgetaucht. Aber immerhin waren wir 1.250 Lichtjahre von dem Schwarzen Loch unserer Niederlage entfernt.

Die Stimmung an Bord war mies. Die BLUEJAY, die CRAZY HORSE und die SORONG waren ohne Überlebende explodiert. Die HALUTA sahen wir mit halsbrecherischer Beschleunigung davonpreschen. Über die Schiffe Atlans, Dantons und Adams hatten wir keinerlei Informationen. Homers QUEEN LIBERTY hatte sich vielleicht noch retten können, wenn sie vom eigentlichen Geschehen weit genug entfernt gestanden hätte. Trotzdem: Mehr als eintausend Tote. Samt bis zu sechs unersetzlichen Raumschiffen. Und unser Schiff? Ein Wrack.

Aber wir lebten noch und solange man noch lebt, besteht Hoffnung. Wie lange wir allerdings auf Sisyphos festsitzen würden, wussten wir nicht. Also bedurfte es einer Art Beschäftigungstherapie, um die Gehirne in Wallung zu halten. Unsere zwei intakten Space-Jets CIM 1 und CIM 2 wurden in Richtung Black Hole geschickt, um zu sehen, ob sich dort Überlebende in Beibooten oder andere befreundete Schiffe herumtrieben. Ihre Aufgabe war, eventuelle Schiffe zu finden und nach Megaira zu schicken. Das alles natürlich, ohne selber entdeckt zu werden. Nach zehn Tagen würden wir sie wieder zurückerwarten.

Sedge Midways beschäftigte sich inzwischen mit unserem Freund Pedrass Foch. Der war mal in Cantaro - Gefangenschaft gewesen und die hatten ihm einen Hypnoblock verpasst. Der Drakist erinnerte sich an alles, nur an die Cantaro nicht. Ein Job also für unseren außerordentlich fähigen Mediker. Was soll ich sagen? Sedge war tatsächlich erfolgreich. Zumindest teilweise. Er benachrichtigte Perry, der sich das Aufgefundene direkt ansehen wollte. Perry, Sedge und Pedrass sahen auch etwas. Einen Cantaro, der Foch zwischengehabt hatte. Der Cantaro quälte den Drakisten mit Nervenschocks und wollte etwas zu einer bestimmten Person wissen. Foch ächzte mehrmals und flüsterte, dass er die gezeigte Person nicht kenne. Als die fragliche Person erkenntlich wurde, schrie Perry auf. Es war seine Frau. Gesil. Pedrass Foch stöhnte zum wiederholten Male, er kenne diese Person nicht. Dann verschwammen die Konturen und die Aufzeichnung war zu Ende.

Perry war völlig fertig. Woher wussten die Cantaro von ihr? Und ausgerechnet jetzt war er auf dieser elenden Dschungelwelt gefangen und konnte nicht weg. Der Gedanke, dass die Cantaro von seiner geliebten Frau wussten, machte ihn halb wahnsinnig. Er musste sich tatsächlich ein Medikament geben lassen, damit er zur Ruhe kam. Das habe ich bei ihm nicht allzu oft erlebt.

Als er fünf Stunden später wieder wach wurde, ging es ihm besser. Aber er brauchte immer noch Ablenkung. Die fand er, als er zusammen mit seiner Tochter Eirene den Süden unseres Kontinents untersuchen wollte. Dass sie ein paar Mal fast von räuberischem Gestrüpp verspeist worden wären, bedarf eigentlich keiner Erwähnung.

Was meinst du? Die beiden hätten doch hochgezüchtete SERUNs angehabt? Man hätte doch bloß die Schutzschirme einschalten müssen? Grundsätzlich hast du Recht, mein Kind. Aber wenn ein halber Urwald gleichzeitig auf dich einstürmt, hast du sogar mit einem hochwertigen SERUN Probleme. Dann fanden sie etwas. Zuerst ein Stück Polymermetall, das laut Untersuchung fünfzehn bis achtzehn Millionen Jahre alt sein sollte. Beim zweiten Versuch entdeckten sie eine komplette Station. Darin erblickten die beiden etwas, dass sie so gut wie komplett aus den Schuhen gehauen hatte. Eirene sah es zuerst. Danach Perry. Gesil. Sie lag schmerzverzerrt auf dem Boden und sagte mit letzter Kraft: Perry...Eirene...helft mir! Sie quälen mich zu Tode! Es war natürlich nur eine Projektion, die unmittelbar nach dem letzten Satz von Gesil erlosch.

Zum Glück hatten wir fähige Wissenschaftler an Bord. Die stellten nach eingehenden Untersuchungen fest, dass die Station mitnichten so uralt war, wie sie schien. Da hatte einer künstlich dran gedreht. Wer auch immer, irgendeiner zielte mit diesen Dingen geradezu auf Perry, um ihm ganz langsam aber sicher fertig zu machen. Und der fragte sich, wie das alles zusammenhing. Diese Welt kannte keiner, es wusste niemand, dass er hier war und trotzdem war man ihm augenscheinlich auf der Spur. Ortete ihn irgendwer oder irgendwas? Wenn ja, wie?

Stundenlang saß er da und grübelte nutzlos und selbstquälerisch. Wir konnten ihn nicht da rausholen. Und dann, dann kam auf einmal eine positive Nachricht. Die KARMINA und die MONTEGO BAY waren geortet worden. Perry freute sich, zweifellos. Aber so wie ich konnte er das nicht. Zu tief saß der Schmerz und die Sorge um seine geliebte Frau.

Atlans und Rois Schiffe wurden von einer der beiden ausgesandten Space Jets begleitet. Es war aber nur die CIM-1. Die CIM-2 war weg und ist vor Ort an dem Schwarzen Loch nicht aufgefunden worden. Die kam dann einige Zeit später und reagierte auf keinerlei Anrufe. Die Jet landete auf unserem Planeten, Gucky sprang an Bord und entdeckte niemanden. Die Besatzung war weg. Verschwunden. Allerdings fand er einen circa 50 Zentimeter großen Behälter vor. Und der hatte es in sich. Mit aller Vorsicht begaben wir uns an Bord. Das Ding wechselte die Farbe und eine Stimme erklang. "Willkommen an Bord, Perry Rhodan", sagte die Stimme. Er, Perry, habe sich mit einem mächtigen Feind angelegt. Der Augenblick seines Untergangs sei nicht fern. "Dein Feind, Perry Rhodan, bin ich". Er solle sein Geschenk annehmen. Dann war Ruhe.

Nun, man entdeckte in dem Behälter eine Flüssigkeit. Darin schwamm eine Art Lappen. Bei der Flüssigkeit handele es sich um eine Nährlösung, sagte Sedge Midways nach einer Untersuchung. Der Lappen sei eine Zellgewebeprobe. Von einem Menschen. Sofort kam die Meinung auf, dass die nur von dem Teufel, der in Terras Hallen wohnt, stammen könne.

Midways untersuchte weiter. Es stehe fest, dass es sich um einen Terraner handele. Um einen Vertreter der der Spezies homo sapiens terrestris. Er hatte das Genom untersucht. Die eine Hälfte war völlig unbekannt. Die andere Hälfte des Erbgutes ließ sich zuordnen. Man hätte es mit einem Wesen zu tun, dass wie jedes andere aus zwei Eltern hervorgegangen war. Der identifizierte Teil des Genoms stammte von Gesil.


"Wie Perry nach dieser Eröffnung aussah, brauche ich wohl nicht näher zu erläutern."

Lee war fassungslos und unfähig, einen Satz von sich zu geben. Eine solche Enthüllung hatte sie nicht erwartet.

"Du kannst mir jetzt sagen, was du willst, ich brauche jetzt mindestens drei Bier aus Zapfhahn Nummer zwölf von dem ollen McSowieso. Für heute sind die Geschichten durch", sagte Bull.

Lee nickte. "Ja, das kann ich nachvollziehen", meinte sie.

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Das saß. So hatte Perry Rhodan noch niemand gesehen: grau im Gesicht, mit eingefallenen Zügen, schreibt Kurt Mahr am Ende eines Romans, der es für mich in sich hatte.

Die letzten Sätze wirken sogar noch beim Neu lesen Jahrzehnte später. Im Gegensatz zum Vorgängerband gelingt hier die Überraschung. Gesil mal drei: Beim ersten Mal relativ harmlos als Foto oder dergleichen, beim zweiten Mal als Videodatei, die wohl ebenso falsch war wie die fünfzehn Millionen Jahre alte Station und beim dritten Mal...

Der Band hat mir gut gefallen. Mahr spielt geschickt mit den Gefühlen der Lesenden, in dem er Perry Rhodan mit seiner Frau konfrontiert und jedes Mal noch einen draufsetzt. Vermeintliche Randfiguren wie Sedge Midways oder Reginald Bull werden als handelnde Personen dargestellt und nicht nur als Mitläufer. Sogar das Monster der Woche jagt Schauder über den Rücken. Dass Atlan und Danton wieder auftauchen, ist nicht mehr als schmückendes Beiwerk.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

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Zwischenspiel:

Man hatte sich für später in Billy McGuyers Pub verabredet. Zunächst trennten sie sich. Lee wollte sich noch frisch machen und danach auf John treffen, sofern diesem nicht wieder irgendwelche politischen Verabredungen dazwischenkamen. 14 Monate bis zu den Neuwahlen waren schnell herum und die Belastung für Talbot nahm schon jetzt deutlich zu. Wohin das noch führen sollte, war Lee völlig unklar. Was denn, wenn John tatsächlich Spitzenkandidat seiner Partei würde? Dann hätten sie gar keine Zeit mehr füreinander. Aber soweit waren sie ja noch nicht.

Lee seufzte. Hoffentlich gibt das was mit uns beiden! dachte sie. Wenn ich so überlege, dass wir ohne diesen Abend, den Gucky vor ein paar Monaten organisiert hatte, nie so weit gekommen wären, dann...Nein, da will ich erst gar nicht drüber nachgrübeln, unterbrach sie ihren Gedankengang. Sie blieb stehen, blickte in die Ferne in Richtung Sonnenuntergang und war zum wiederholten Male in ihrem Leben von dem fantastischen Anblick begeistert.

"Natürlich gibt das was mit euch!", piepste eine Stimme hinter ihr. "Meinst du, ich hätte mir die ganze Mühe umsonst gemacht?"

"Gucky! Ich freu mich, dass du wieder da bist. Aber wie..."

"Um festzustellen, was grade in deinem Kopf vorgegangen ist, braucht man nicht unbedingt Telepath zu sein. Vergiss nicht, ich lebe schon länger unter Gestalten wie euch. Und nein, ich darf dir nicht erzählen, wo wir gewesen sind und was zu unserer Abwesenheit geführt hat. Denn sollte sich unsereins ausnahmsweise wo auch immer zwecks Urlaubes oder so rumtreiben, ist das meistens nur auf Abruf. Wenn unser größter aller großen Meister meint, er braucht uns, dann ist Schluss mit lustig. Dabei, überlege ich im Moment, eigentlich könnte er es ja auch mal alleine probieren, anstatt immer nur die armen Kleinen auszunutzen. Grundsätzlich fühle ich mich in solchen Momenten äußerst bedauernswert." Er setzte eine beleidigte Miene auf.

Lee lachte, ging in die Hocke und umarmte den Ilt. "Wichtig ist, dass ihr das alles überstanden habt. Alles andere zählt nicht. Bully ist heute Nachmittag schon aufgetaucht. Der dürfte im Wald an unserem Bach sein, so er wieder dort gelandet ist. Wir wollen uns gleich in Billys Pub treffen."

"Dann bis nachher", meinte Gucky, ließ seinen Nagezahn aufblitzen und verschwand.

Als er wieder materialisierte, saß Bully grübelnd auf den Stufen an seinem Beiboot.

"Was ist los, Dicker?" fragte er. "Immer noch Fragezeichen im Hinterkopf?" Er setzte sich neben seinen Gefährten, holte eine Möhre aus seiner Tasche und knabberte daran herum. "Wie geht es dir denn mittlerweile, Bully?", fragte er leise.

"Es wird", sagte der Terraner. "Langsam aber sicher. Ich werde wohl noch ein paar Gespräche mit Lee führen, aber tendenziell weiß ich, wo die Reise hingeht."

Gucky richtete sich auf und war so mit seinem uralten Kumpel auf Augenhöhe. "Ich werde dich vermissen", sagte er leise. "Obwohl es Zeiten gab, in denen wir uns verdammt lange nicht gesehen hatten. Aber das hier fühlt sich anders an."

"Erstens", brummte Reginald Bull, "hab ich noch gar nichts gesagt. Zweitens schon mal überhaupt nichts Konkretes. Und drittens, wer sagt denn, dass ich hier weggehen will? Hat..."

"Vorsicht", zischte der Kleinere. "Bevor du jetzt wen auch immer beschuldigst, mir etwas erzählt zu haben. Ich bin vor zwölfeinhalb Minuten hier angekommen. Lee hat mir gesagt, dass du wohl an diesem Ort zu finden seist. Mehr nicht. Und jetzt bin ich auch hier. Du vergisst, mein dicker Freund, dass wir uns schon ein paar Tage länger kennen und ich eine abgeschlossene Ausbildung als Kosmopsychologe habe. Außerdem kenne ich dich wie meinen Raumanzug. Also: Maul halten und weiter nachdenken. Dabei aber das Einschalten des Hirns nicht vergessen. Ich werde dich aber trotzdem vermissen."

"Ich weiß nicht, ob das richtig ist", erwiderte Bull. "Ich kann doch nicht einfach so einen auf Alaska machen und weg bin ich. Ohne einen möglichen Rückweg zu meiner Heimat würde ich sowieso verrückt."

"Ja", sagte Gucky. "Das verstehe ich. Ich stand ein paar Mal kurz davor. Aber so weit sind wir ja noch nicht." Er gab Bully einen telekinetischen Schlag in den Nacken. "Wir sehen uns noch eine dreiviertel Stunde die schöne Natur an und dann geht es ab."

Gute sechzig Minuten später standen sie vor dem Singenden Ochsen und gingen hinein.

"Sieh mal an", griente Billy McGuyer, der Wirt. "Unser roter Stachelkopf und abgebrochener Riese. Sozusagen der größte frei rumlaufende Meterfünfzig der Galaxis!"

"Jetzt hör mir mal gut zu, McSowieso! Du zapfst mir jetzt in Windeseile zwei Große aus Zapfhahn Nummer zwölf oder ziehe ich dich über deine Theke und dann gibt es was hinter die Horchlappen!"

Billy baute sich zu seiner vollen Größe von 1,98 Meter auf. Breite Schultern und mächtige Oberarme rundeten das Bild ab. "Da müssten schon Ertruser kommen und keine Zwerge. Also: Brav sein und Maul halten!"

Dann stürmte Bull hinter die Theke und die zwei vermeintlichen Streithähne umarmten sich voller Wiedersehensfreude.

"Ob du es glaubst oder nicht, McSowieso, ich habe deine seltsame Kneipe mit all den noch seltsameren Gestalten darin vermisst."

"Mir beziehungsweise uns geht es genauso. Wir würden gerne noch ein paar von deinen alten Raumfahrergeschichten hören. Meinst du, das kriegst du hin? Ach übrigens, ehe ich es vergesse." Er zeigte in Richtung eines Tisches in einer ruhigen Ecke. Gucky und Bull sahen Lee, aber nicht mit ihrem John Talbot, sondern mit einer großen weißhaarigen Gestalt bei einer Flasche sündhaft teuer aussehenden Rotweins in ein Gespräch vertieft.

"Das da ist eine Flasche Chateau Lafite Rothschild 1er Cru Pauiliac 2018 NGZ. Original terranisch und unbezahlbar. Wo immer er die auch her hat. Soweit, so seltsam. Aber wer zum Teufel ist dieser dazugehörige weißhaarige, eloquente Typ neben Lee?"

Weder Gucky noch Reginald Bull wunderten sich. Schon gar nicht, dass er umgehend die schönste Frau Thamestowns an Land gezogen hatte und sich mit ihr angeregt unterhielt. Im Gegenteil: Alles andere hätte sie aus den Socken gehauen.

Reginald Bull hob seine Stimme und wurde lauter.

"Dieser Typ, der sich da so weltgewandt mit unserer gemeinsamen Freundin Lee unterhält, mein lieber Billy McGuyer", er wurde noch lauter, damit alles es mitbekamen, "dieser Typ ist Arkonide. Er heißt Atlan da Gonozal."

Schlagartig erloschen sämtliche Gespräche. Alle Anwesenden erstarrten und blickten in ihre Richtung.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1454 - Psychoterror - ist von Peter Griese, erschienen am 4. Juli 1989
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Der Arkonide nickte seiner Gesprächspartnerin zu, lehnte sich zurück und blickte offen in den Innenraum des Pubs hinein. Von Gucky und Bull abgesehen, starrten alle anderen Anwesenden zurück, als säße der Leibhaftige persönlich in ihrer höchsteigenen Kneipe, um sie zweifellos alle mitzunehmen. Niemand sagte etwas.

Jetzt müsste einer den Bann brechen, dachte Gucky. Dann wäre es relativ schnell geschafft. Anschließend teleportierte der Ilt auf die Theke, setzte sich dort im Schneidersitz auf eine freie Fläche und begutachtete seine Finger, als gäbe es nicht wichtigeres auf dieser Welt. Reginald Bull seufzte, ging zu seinem Zapfhahn Nummer zwölf und bediente sich selber. Er nahm einen tiefen Schluck von dem Gebräu, dass ursprünglich aus dieser terranischen Stadt mit den Vollverrückten stammte und lehnte sich ebenfalls zurück. Was ein Glück, dass Icho Tolot nicht hier ist, ging ihm durch den Kopf. Ich hab ja schon Schwierigkeiten, ernst zu bleiben, aber der würde spätestens jetzt den Singenden Ochsen zu Trümmern lachen. Er kam sich vor wie in einem Uralt - Western aus seiner Jugend. So eine Saloon Szene. Wer sich als erster bewegt, wird erschossen.

Gucky knabbert schon an der zweiten Möhre. Bully war grade dabei, sich sein drittes Bier zu zapfen, als plötzlich Regung in die Erstarrung kam. Ein etwa neunjähriger Junge schob sich nach vorne. In der linken Hand hatte er einen Teller mit etwas, dass wohl ursprünglich mal Fish & Chips gewesen sein mochte. Der Fisch war allerdings schon weg, so dass er sich mit der anderen Hand die frittierten Kartoffelstäbchen in den Mund schob.

Er stellte sich vor Atlan und besah ihn sich von oben bis unten, verfolgt von mindestens vierzig Augenpaaren. Er machte seinen Mund auf, aber nur, um mit Guckys telekinetischen Kräften Bekanntschaft zu machen. "Mit vollem Mund spricht man nicht. Schon gar nicht mit Ex - Imperatoren und ehemaligen Admirälen", erklärte er. "Aber immerhin bist du mutig. Ohne dich wäre hier wohl in drei Stunden noch nichts passiert."

Als er seinen Mund wieder öffnen konnte, fragte der Junge: "Du bist Atlan, der Arkonide?"

"Ja, junger Mann, der bin ich." Atlan nickte dem kleinen Kerl zu, der inzwischen seinen Teller leer gegessen und auf dem Nebentisch abgestellt hatte. "Und wer bist du?"

"Ich bin Chick O'Leary, der Sohn von Susan und Charlie O'Leary. Unsere Vorfahren stammen aus Irland und sind keine Engländer. Wir sind die einzige vernünftige Familie unter einem fürchterlichen Haufen englischer Barbaren, sagt mein Vater immer."

Sollten die Zwei hier sein, steht ihnen wohl noch bevor, die eine oder andere Runde ausgeben zu dürfen. Um den englischen Barbarenhaufen zu beruhigen. Bully musste grinsen.

"Es freut mich, dich kennen zu lernen", sagte Atlan freundlich. "Was kann ich denn für dich tun?"

Chick holte tief Luft, dann sprudelte es aus ihm heraus. "Bist du wirklich so uralt? Wie machst du das? Hast du denn tatsächlich zehntausend Jahre auf der Erde gelebt? Unter all diesen Barbaren? Warst du auch mal in Irland? Wie sieht es da denn aus? Und was muss ich anstellen, um bei dir in die Lehre zu kommen?"

Atlan lachte. "Weißt du, mit den Barbaren hast etwas völlig richtig ausgesprochen. Aber wenn ich mich da recht entsinne, ist der Unterschied der damaligen Menschen zu denen von heute nicht allzu groß. Egal, ob sie aus England, Irland oder sonst woher stammen."

Er beugte sich vor. "Und ich fühle mich sehr geehrt, dass du mir eine Ausbildung machen willst. Dummerweise müsstest du dazu in die Flotte eintreten und die nehmen nur Volljährige. Also muss ich leider bitten, dich noch etwas in Geduld zu üben."

Der Weißhaarige hatte auf einmal ein etwas entrückten Blick drauf, kurze Zeit später war er wieder da und meinte: "Aber ich habe eine Idee, um dir und deinen Leuten die Wartezeit etwas zu verkürzen. Gibt es eure Schule nur virtuell oder tatsächlich als Gebäude?"

"Unsere Schule ist so ziemlich das älteste Haus Newenglands. Es wurde unmittelbar nach der Landung der OLD LONDON TOWN von den ersten Kolonisten gebaut und steht immer noch." Nicht nur der Junge war sichtlich stolz darauf.

"Sehr gut. In fünf Tagen komme ich euch besuchen. Sucht Örtlichkeiten aus, in die sämtliche Schülerinnen und Schüler hineinpassen. Kameras dürfen mit dabei sein. Und dann erzähle ich euch etwas aus diesen zehntausend Jahren auf der Erde."

Ein Raunen ging durch die Anwesenden. Chick wäre vor Stolz fast geplatzt und dann kam Beifall auf. Wann zum Teufel hatte man denn die Möglichkeit, dem echten Atlan zuzuhören.

"Naja", meinte Gucky dazu. "Er soll es aber nicht übertreiben. Denn von diesen ominösen zehntausend Jahren hat er die meiste Zeit verschlafen. So aufregend wars also auch wieder nicht." Er machte eine gönnerhafte Handbewegung und nickte der Menge zu. "So" sagte er, "man darf weiter trinken und sich seinen derben Lustbarkeiten hingeben." Anschließend watschelte er zu dem Tisch, an dem mittlerweile auch Bully Platz genommen hatte und setzte sich dazu.

"Wir waren grade im Gespräch über vergangene Zeiten und spielten diverse Möglichkeiten der Veröffentlichung von der ganzen Geschichte hier durch." Atlan brachte damit den Ilt auf den aktuellen Stand der Dinge. "Bevor wir über andere Themen reden, sollten wir weitermachen und in die Gänge kommen", meinte er noch mit Blick auf die langsam aber sicher voller werdende Kneipe.

Der Arkonide lehnte sich zurück und begann.

"Es ist ja durchaus so, dass auch Leute unseres Schlages", er zeigte auf Bully und Gucky, "nicht ab und zu an ihre absoluten Grenzen kommen. Jeder könnte dir dazu abendfüllende Geschichten erzählen. Aber das hier war schon hart."


Spoiler
Atlan erzählt die Geschichte vom Psychoterror:


Ich hatte schwere Stunden zu durchleben. Meine Lebensgefährtin Iruna von Bas-Thet war in der Falle der Cantaro an diesem verdammten Schwarzen Loch umgekommen. Gucky würde jetzt dazu sagen, dass man mich damals komplett in die Tonne hätte kloppen können. Ich liebte Iruna, sie war durch Begünstigungen des Schicksals ebenso relativ unsterblich wie ich. Wir hätten für die Ewigkeit bestimmt sein können. Aber Unsterblichkeit ist nun mal relativ. Denn wenn mir gleich jemand eine Waffe an den Kopf hält und abdrückt, dann war es das.

Nein, frag mich jetzt nicht, warum ich immer noch lebe. Ich denke, hier konnte Bully dir schon keine Antwort geben. Bei mir sähe das nicht anders aus. Im alten Rom habe ich den Zirkus Maximus überstanden, ebenso wie Agenteneinsätze, Raumschlachten und dergleichen mehr. Da sollte man meinen, es gäbe nichts mehr, was dich aus den Socken haut. Und dann stirbt deine große Liebe durch unser aller Dämlichkeit, du kennst diesen Teil der Story. Aber ich wusste im Gegensatz zu anderen wenigstens, wo ich dran war.

Perry wusste das nicht. Überhaupt nicht. Eine der großen Lieben seines Lebens, Gesil, war verschollen. Wir hatten allesamt nicht die geringste Ahnung, ob sie noch lebt und wenn ja, wo. Spuren von ihr hatten wir nicht gefunden. Das heißt, doch, es gab sie, die Hinweise. Einer davon hatte Perry fast in den Wahnsinn getrieben. Er wollte nicht mehr. Er wollte einfach nur noch der Wirklichkeit entfliehen und irgendwo sein, nur nicht hier.

Fotos bzw. Aufzeichnungen von Gesil hatten uns erreicht, sich aber als falsch herausgestellt. Dann aber kam es knüppeldick. Gesil war ein Elternteil unseres, nein, seines Gegners. Eines Über - Verbrechers. In seinem Kopf brauten sich gefährliche Gedankenketten auf: Gesil, Verbrecher, Monstrum, Schänder. Oder Verzweiflung, Scham, Erniedrigung, Entsetzen. Nur um mal einige zu nennen.

Perry war zwar körperlich da, aber seelisch zerstört und geistig irgendwo. Er litt, meinte unser Medospezialist Sedge Midmays, an einer Art unfreiwilligen Wachtraums, einer Entrückung aus der Wirklichkeit oder eines psychosomatischen Schwebezustands. Ausgelöst durch die genetische Untersuchung des seinerzeitigen besonderen Geschenks. Sedge meinte damals, er sei das schuld, weil er Perry ohne Vorwarnung mit diesem Horror - Ergebnis konfrontiert hatte. Dazu kamen die Misserfolge der letzten Zeit, es war einfach zu viel für ihn.

Was fragst du? Ob wir gewusst hätten, was in ihm vorging? Nun, er bekam alles mit. Seine Ohren hörten, was sich um ihn herum abspielte. Seine Organe funktionierten einwandfrei, der Zellaktivator arbeitete fehlerlos. Aber der seelische Schock war zu groß. Das Gehörte drang nicht in die Tiefen seines Bewusstseins vor. Er war apathisch und vegetierte nur noch vor sich hin.

Bei einer der nächsten Sitzungen hielt eine Assistentin von Sedge, Acaranda Berzy hieß sie, einen Vortrag über das Leben auf Raumschiffen, über Lachen, über Humor aber auch die verrückte Welt. Lachen, sagte sie, lässt uns das schlimmste Leid und die größten Schmerzen vergessen. Lachen führe zu Akzeptanz der eigenen verkorksten Situation und befreite somit von unerträglicher Last. Und zum ersten Mal kam von Perry ein Lebenszeichen. Sie war an ihn herangekommen. Kurze Zeit später konnte er wieder sprechen. Er verlangte seine Kleidungsstücke und schickte nach mir.

Und so saßen wir in Perrys Kabine. Nach einer Eröffnung mit Selbstmitleid mussten wir fast schon mit Gewalt daran gehen, rationalere Blicke auf die Gegenwart zu haben. Wir mussten in die Zukunft sehen. Bully, Roi und die anderen taten es auch. Und jeder hatte so sein eigenes Ding mitzuschleppen. Da kam es nicht gut, wenn ausgerechnet wir in der Ecke herumhängen würden.

Also versuchten wir, klarer zu denken. Wir sprachen die unmittelbare Vergangenheit erneut durch und kamen zu dem Ergebnis, dass der unbekannte Dunkelmann genau wusste, wo Perry zu finden war. Damit hatte er ein Teilziel erreicht: Etliche Schiffe waren am Perseus Black Hole zerstört worden. Die CIMARRON war schwer angeschlagen und wir beide auch.

Ich frage mich immer noch, warum der Feind nicht gleich kurze 15 gemacht hat. Aber er wollte wohl noch eine Weile Katz und Maus mit uns spielen. Dazu musste er aber wissen, wo wir waren. Uns war aber völlig unklar, wie das funktionieren sollte. Körperstrahlung? Aura des Aktivators? Wie dem auch war, Perry betrachtete sich als eine Gefahr für die Widder. Homer und seine Leute gehörten gewarnt.

Und so planten wir, am 11. August 1144 mit meinem Schiff KARMINA aufzubrechen. Unser Ziel wollten wir über Umwege erreichen, um eventuelle Verfolger festzustellen und wenn nötig, abzuschütteln.

Dann gingen Perry Probleme wieder los. Zudem wurde er auch noch gewalttätig, er hatte sich nicht mehr komplett unter Kontrolle. Selber erlebte er immer wieder vermeintliche Gespräche mit Gesil. Wenn er klar im Kopf war, wusste er, was diese geistigen Attacken waren: Psychoterror. Seine Erlebnisse waren nicht real. Aber sowas musst du erstmal in deinen Kopf hineinkriegen. Untersuchungen wie Diskussionen folgten. Immer wieder Gesil. Sie sei entführt worden. Und Perry stellte die Frage aller Fragen: War der unbekannte Entführer identisch mit jenem Wesen, das gemeinsam mit Gesil den Bastard gezeugt hat, der ihm diese teuflische Grußbotschaft eines Gewebeklumpens geschickt hatte?

Parallel dazu war Sato Ambush mit seiner Pararealistik zu Gange. Er stellte immerhin fest, dass Gesil damals auf Sabhal entführt worden sein musste.

Wir tauchten dann im Sumac - System auf Arhena auf und trafen auf Icho Tolot. Der wollte nochmals nach Halut, nachdem er beim ersten Mal irgendwo in einer von den Cantaro errichteten Technik hängen geblieben war. Ich wollte ihn begleiten, um auf andere Gedanken zu kommen. Wenn ich Perry immer wieder in seinen Problemphasen sah, reichte das nicht unbedingt dazu, dass es mir besser gehen würde. Ich wagte die Flucht nach vorn. Abhalten konnte mich sowieso niemand von meinem Plan.

Perry hatte dagegen den Traumjob, Homer davon zu überzeugen, dass die Widder - Organisation Arhena verlassen solle. Und zwar am liebsten vorgestern. Die Cantaro könnten zum Vernichtungsschlag ausholen. Dann wäre sowieso alles vorbei. Natürlich sträubte sich Homer, lief mit seinen Argumenten bei Perry aber vor die Wand. Dann hielt er Perry einen Funkspruch von der KARMINA unter die Nase. Rhodan sei, so hieß es da, seelisch zerstört und mir ginge es auch nicht viel besser. Man solle uns kein Wort glauben, denn wir hätten unseren Schwachsinn ausgiebig bewiesen. Keine Unterschrift, kein Hinweis auf den Absender.

Homer glaubte Perrys Argumenten wegen der notwendigen Räumung von Arhena nicht und der fühlte sich vollkommen allein gelassen. Jeder andere wäre jetzt zerbrochen. Perry nicht. Er kämpfte sich zurück und nach einer Diskussion mit Icho Tolot und mir über die Anzahl der in der Milchstraße lebenden Cantaro sowie deren Raumschiffe saßen wir wieder mit Sedge und Acaranda zusammen. Wir sprachen über Burn-Outs und natürlich psychische Probleme.

Ein paar Tage später kam mir die Erleuchtung. Acaranda Berzy hatte in unserer Runde den Burn-Out erwähnt. Mit ihr hatte aber niemand über dieses Thema geredet und schon gar nicht dieses altmodische Wort erwähnt. Woher hatte sie es also? Als der Groschen ganz langsam zu fallen anfing, erreichte uns ein speziell kodierter und extrem geraffter Hyperfunkspruch. Er war an Perry oder mich gerichtet und personenbezogen verschlüsselt und kam von der CIMARRON.

Danach war uns einiges klarer. Man hatte durch Zufall die Leiche der wirklichen Acaranda Berzy gefunden. Wir waren einer Betrügerin aufgesessen. Im letzten Moment schoben wir sie in einen Transmitter, der sie an die Oberfläche unserer Welt
führte. Dort explodierte sie. Damit war für Homer klar, dass Perry und ich keinen Unsinn von uns gegeben hatten, als wir vor einem Hierbleiben warnten.

Die Widder zogen um. Der Psychoterror und die Traumattacken waren zu Ende. Neue Taten standen an.





"Da meint man von hier unten aus immer, bei euch gäbe es solche Probleme nicht, bis man tatsächlich selber mal auf einen oder mehrere eurer Sorte trifft", sagte Lee nach dem Ende von Atlans Bericht.

"Oh", meinte Gucky. "Ich alleine könnte mit Erzählungen dieser Art und nur von mir wahrscheinlich monatelang Abende füllen. Da ist, denke ich, einfach die Langlebigkeit mit dem Wissen, immer irgendwie aus der Misere herauszukommen, der Grund, warum wir noch nicht übergeschnappt sind."

"Ja", ergänzte Bull. "Wo der Kleine Recht hat, hat er Recht. Obwohl, übergeschnappt…"

Guckys Blick hätte Bully an den nächsten Baum nageln können.
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Peter Griese führte uns in die seelischen Tiefen der Abgründe, die sich in Atlan, vor allem aber in Perry Rhodan auftun. Geschickt schildert er uns, dass die beiden ganz Großen letztlich auch nur Menschen sind und keine Halbgötter. Obwohl sie in der Serie so manches Mal diesen Status innehaben.

Atlan war bei dem Autor, der bis 1988 die Exposés zur gleichnamigen Serie geschrieben hatte, in besten Händen. Realistisch wirkt der Arkonide, dem es nach dem Tod seiner Partnerin ausgesprochen mies geht, ebenso wie Perry Rhodan, der noch schlechter dran ist. Natürlich war den Lesenden klar, dass unsere zwei Helden da wieder rauskommen. Aber das machte es nicht aus. Mir brachte PeGe sowohl Rhodan als auch Atlan noch einmal näher. Letztlich sind auch sie trotz all ihrer Erfahrung und Lebenszeit normal geblieben.

Ein gut lesbarer und kurzweiliger Roman, der zum Ende hin mit der falschen Assistentin noch mit einer Überraschung aufwartete, mit der ich nicht gerechnet hatte.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1455 - Kundschafter für Halut - ist von H. G. Ewers, erschienen am 11. Juli 1989
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"Ich glaube, du hältst besser gleich den Mund." Atlan sah den Ilt scharf an. "Mein Ruf ist mir durchaus bekannt und der ist sogar bis hierhin ans Ende der Milchstraße durchgedrungen. Nur scheint mein Gesicht nicht jedem vertraut zu sein, sonst wäre hier wohl schon vorher Stille eingekehrt."

"Ich hab doch gar nichts gesagt!" Gucky machte einen möglichst beleidigten Gesichtsausdruck. "Warum bist du denn überhaupt hier?"

"Es ist ja nicht so, dass ich nicht wusste, was ihr hier treibt oder getrieben habt. Da kam ich zu dem Ergebnis, dass es für diese überaus reizende Dame in meiner Begleitung besser wäre, wenn auch ich ein paar Episoden zum Gesamtergebnis beitrage. Und bei einem Glas Rotwein redet es sich einfach besser."

Der Arkonide hielt die Flasche des edlen Rebensaftes hoch. "Es war übrigens ganz praktisch, auf unseren alten Bekannten, den Bedienungsrobot zu treffen. Der hier kann zwar ein wenig sprechen, aber ansonsten ist er so ziemlich identisch mit dem Kerl von dem angeblichen CREST Beiboot aus unserer letzten Erzähl - Runde."

"Er ist steinalt und stammt eigentlich aus unserem Heimatmuseum", informierte Lee den Arkoniden. "Er muss regelmäßig bewegt werden, sonst rostet er ein Aber angeblich stammt er von dem Schiff der ersten Siedler, der OLD LONDON TOWN."

"Hast du gehört, Dicker?", flüsterte Gucky Bully zu. "Wenn man so alt ist, muss man sich regelmäßig bewegen, sonst rostet man ein." Er entging einem Nackenschlag nur durch eine sofortige Teleportation.

"Ich fand den Kerl übrigens ganz praktisch. Als er mich fragte, ob er was für mich tun könne, dachte ich, probier's einfach mal aus und bestellte mir eine Kiste eines etwas nobleren Rebensaftes. Es dauerte keine zwei Minuten, da kam er mit dem Zeug an. "

"Ja, das war bei uns genauso", ergänzte Bull. "Da fällt mir ein, meine Flasche Whisky ist noch über halb voll. Die lasse ich mir bei nächster Gelegenheit wieder vorbeibringen."

"Auf jeden Fall warst du noch nicht ganz hier, da hast du dir unsere Freundin Lee geklaut und dich zwecks Konsumierung obigen roten Gesöffs mit ihr hier in Billys Kneipe verzogen." Das war Gucky. "Hoffentlich machst du keinen auf Herzensbrecher."

Bevor Atlan antworten konnte, sagte Lee: "Keine Sorge, sein Verhalten war selbstverständlich einwandfrei. Ihr solltet euch allesamt vielleicht mal gegenseitig etwas Vernunft zumuten. Das vereinfacht das Leben. Obwohl ich mir vorstellen kann, dass ihr Ventile bei eurer Verantwortung braucht, aus denen ab und zu Dampf abgelassen werden kann oder sogar muss."

Die drei Freunde merkten, dass hier die Therapeutin redete. "Der alte und mittlerweile leider verstorbene McMillan wurde in seinen letzten Jahren immer wunderlicher. Es wäre, als würde er sich zurück in einen Fünfjährigen verwandeln. Aber er hatte einen guten Spruch drauf: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so kommt ihr nicht ins Himmelreich. So ähnlich sehe ich das bei euch auch. Außerdem", sie sah sich in der Runde um, "weiß Atlan, dass John und ich liiert sind. Wir sprachen grade über Politik und die diversen Arten, sie zu gestalten, als ihr Zwei auftauchtet. John ist im Übrigen im Bilde, wer hier neben mir sitzt und er will nachher zu uns kommen."

In der Kneipe wurde es langsam lauter, die Stimmung stieg.

"Dann werde ich weitermachen, bevor wir unser eigenes Wort nicht mehr verstehen", meinte Atlan und lehnte sich zurück.


Spoiler
Atlan erzählte die Geschichte von dem Kundschafter für Halut:


Meine Gefährten auf dem Weg nach Halut waren zum einen natürlich Icho Tolot, unser halutischer Freund auf der Suche nach seinem Volk. Mein zweiter Begleiter war Yelyaz, ein Klon aus dem Genmaterial der Jülziish. Damals sagte man noch Blues. Meine terranischen Freunde waren beim ersten Aufeinandertreffen auf diesen Namen gekommen, als sie den blauen Pelz sahen.

Zum Ausgleich nennen sie uns Lemurerabkömmlinge verächtlich Tsi-yhü'iitschyn, das bedeutet soviel wie Bleichhäutige ohne Pelz. Nein Gucky, ich weiß nicht, was Nagezahnträger mit Pelz in ihrer Sprache heißt. Ja, mein kleiner Freund, wir wissen, dass du hier mit Abstand der Schönste bist. Du weißt, dass du ab und zu nervst? Lee kann froh sein, dass ich sie so gut leiden kann, sonst würde ich dich hierlassen. Genau, mitten in der Einöde. Und noch nicht mal Bully bliebe bei dir. Der wäre nämlich froh, wenn er dich mal los wäre.

Aber zurück zu Yelyaz. Die Klone der 600er Serie wurden von den Cantaro offensichtlich als Superkämpfer gezüchtet und sorgten für das harte Durchgreifen auf der galaktischen Eastside. Jetzt waren allerdings rund ein Drittel dieser Blues - Klone Fehlzüchtungen. Eigentlich waren sie ja sogar noch besser als die "richtigen" Klone, denn sie erwiesen sich als immun gegen die Psycho - Koordinierungsmethoden der Cantaro und rebellierten im Regelfall irgendwann später gegen das System.

So einer war Yelyaz. Klone wie er waren allerdings auch aus unserer Sicht nicht mit normalen Maßstäben zu messen. Sie mochten sich noch so normal geben, aber sie konnten einfach nicht wie unsereins reagieren, weil sie sich ihrer Abnormität bewusst waren und ihre daraus resultierenden Minderwertigkeitskomplexe kompensieren mussten.

Das war uns natürlich bekannt, so konnte er mit einer gewissen Nachsicht rechnen. Ein Kämpfer war Yelyaz allemal. So hatte er es tatsächlich geschafft, aus dem Klon - Getto zu fliehen. Die fast schon zwingende logische Folgerung war der Anschluss an WIDDER. Zu Icho Tolot brauche ich sicherlich nicht so viel zu erklären, oder? Haluter sind mit Sicherheit sogar hier ein Begriff.

Nun, der Weg zu ihrer Heimatwelt ist nicht unbedingt einfach. Das Haluta - System liegt tief innerhalb der galaktischen Zentrumsballung, und damit an der Peripherie des eigentlichen Kerns der Milchstraße. Da flog man nicht so ohne Weiteres nonstop hin. Es sei denn, man wollte Selbstmord begehen. Ein brodelnder Hexenkessel, energetische Wirbelstürme bauten kurzfristig Überschlagsbrücken in andere Dimensionen auf, mit der Folge, dass die komplette Raum-Zeit Struktur in diesem Bereich entarten konnte. Eine Durchreise in einem Rutsch ging also nicht, entweder waren es etliche Hyperetappen oder man benutzte der Einfachheit halber das von WIDDER geschaffene Röhrensystem. Da hatte zudem den Vorteil, dass man vor Fremdortung geschützt war.

Ein normaler Anflug war nicht nur wegen der Raumverzerrungen kaum möglich, nein, die Cantaro waren auch noch zu berücksichtigen. Icho Tolot, dieser gigantische hochintelligente Kämpfer war beim ersten Versuch, seine Heimatwelt zu erreichen, gescheitet. Und jetzt stand er da. Mitten in seinem Schiff, der HALUTA, wie ein Felsbrock. Er hatte die Augen geschlossen und hatte Angst. Angst um seine Welt und Angst um sein Volk. Als ob er sich erst in diesem Augenblick bewusst geworden war, wie tief er in Halut und der Gemeinschaft aller Haluter verwurzelt war. Ja, das hat ähnliche Dimensionen wie sich ein Terraner ohne Terra, die alte Erde, fühlen würde. Der weitaus größte Teil der Menschen lebt nicht auf der Erde und sieht sie noch nicht einmal im Leben. Aber ohne die Erde wäre der zentrale Punkt ihrer Existenz verschwunden, ihre Heimat gäbe es nicht mehr. In solchen Momenten frage ich mich immer wieder, wie es auf Arkon aussieht. Auch wenn ich nur einen verschwindend geringen Bruchteil meines Lebens dort verbracht habe, meine Existenz ohne diese und meine fantastischen Welten kann und will ich mir nicht vorstellen. Sollte man mich wann auch immer vor die Wahl stellen, entweder mein Leben oder die Existenz des Arkon - Systems, ich würde keine zwei Sekunden nachdenken und den letzten Weg gehen. So ungefähr ging es Icho Tolot, als wir uns durch die Röhre seiner Welt näherten.

Ein problemloser Anflug war also nicht möglich. Wir mussten zudem auf dem Weg dahin einmal die Tunnelröhre wechseln und wurden natürlich prompt von cantarischen Wachforts geortet. Damit hatte sich das Thema erstmal erledigt. Wir gingen davon aus, dass die Cantaro die Tunnel erkannt und zu Fallen ausgebaut hatten. Und tatsächlich war da nicht nur das Wachfort, dass sich durch Transformbeschuss selbstredent nicht beeindrucken ließ, sondern auch noch sieben Buckelschiffe der Cantaro. Also: Ab in den Hyperraum und flüchten.

Yelyaz schlug nun vor, ins ungefähr 80 Lichtjahre entfernte Hancour zu fliegen. Dort kannte er die Welt Andalor, ein Ablageplanet für Genmüll, wie die Cantaro ihre missglückten Zuchtversuche nannten. Aus unserer Sicht waren diese unglücklichen Wesen Bionten, uns gleichberechtigte Lebewesen, die sich ihre Existenzform nicht ausgesucht hatten. Auf jeden Fall gab es dort eine WIDDER - Station und wir erfuhren, dass die Cantaro tatsächlich das Röhrensystem aufgespürt hatten und es mit Fallen gespickt hatten.

Aber die seinerzeit zum Schutz des Röhrensystems initiierten Strukturverzerrungen existierten noch, teilte man uns mit. Die sollten uns helfen, das Halutasystem zu erreichen, ohne entdeckt zu werden.

Natürlich kämpften wir mit höheren Dimensionen und waren heilfroh, Tolots Heimatsystem lebendig erreicht zu haben. Halut gab es noch. Aber wie. Der Planet war noch da, er war auch noch genauso groß wie ehedem, aber es war keine bewohnbare Welt mehr. Die Oberfläche war komplett durch die nach der Großen Kosmischen Katastrophe aufgetretenen Blitzer glasiert worden. Keine Erhebungen, keine Täler, kein Wasser, nichts. Alles glatt. Und natürlich auch kein Leben mehr. Tolot fürchtete um seine Haluter.

"Dein Volk lebt, Tolotos", sagte ich zu unserem Freund. "Auch die Cantaro dürften es nicht geschafft haben einhunderttausend Haluter zu vernichten und alle auszulöschen." Er glaubte mir nicht. Und ich, ich hatte keine Ahnung, wie ich seinen Schmerz noch lindern konnte. Doch dann meinte mein Logik - Sektor, dass es noch Leben auf Halut gäbe. Das ist so eine der Situationen, in denen ich mich über diesen Teil meiner Selbst wundere. Die Ortungsimpulse oder was auch immer er da bemerkt hatte, waren zu schwach für Instrumente, aber für eine intuitive Reaktion seinerseits reichte es aus.

Und tatsächlich: In den Tiefen von Halut gab es noch Leben. Zahlreiche Bionten, die vor den Cantaro geflüchtet waren, bewohnten die Höhlen, die wir vorgefunden hatten. Einer von ihnen war ebenso wie Yelyaz ein Blue-600-Klon und er hatte Parafähigkeiten. Das wird es wohl auch gewesen sein, was mein Extrasinn geortet hatte. Und tatsächlich, er wies uns den Weg zu einer Stelle, an der einer der alten Haluter eine Art Vermächtnis hinterlassen hatte. Wir fanden einen Memowürfel aus dem Jahr 493 NGZ. Die Haluter hatten den Angriff der Blitzer im letzten Moment überstanden und waren nach Terzrock geflüchtet. Terzrock, eine Welt, mit der die Haluter in früheren Zeiten schon zu tun hatten.

Damit war Icho Tolots neues Ziel klar. Yelyaz und ich baten noch darum, wieder bei unseren Kameraden abgesetzt zu werden.




"Dass es jemand geschafft haben soll, diese Riesenkämpfer von ihrer Heimatwelt zu vertreiben, kann ich mir nicht vorstellen. Da fehlt mir einfach jegliche Fantasie zu", sagte John Talbot, der inzwischen den Weg zu den Anderen gefunden hatte.

"Das geht nicht nur dir so", meinte Reginald Bull dazu. "Wenn man vor einem dieser Riesen steht, kommt man sich einfach nur klein und winzig vor. Hunderttausend von ihnen gehen dann gar nicht mehr. Dazu kommt, dass diese Wesen mit ihren zwei Gehirnen lebende Hochleistungsrechner sind. Aber das ist vielleicht der Grund, warum sie überlebt haben. So gut wie alle Bewohner anderer Welten, die Besuch von den Blitzern hatten, fanden den Tod."

Jede der fünf Personen an diesem Tisch hing eigenen Gedanken nach. Warum gab es und gibt es so viel Krieg, ging Lee durch den Kopf. Ist es verdammt noch mal nur diese eine Fünfbuchstabenwort? Macht?

"Auf die, die uns durch Einsatz ihres Lebens, wann und wo auch immer, ermöglicht haben, dass wir hier friedlich sitzen können", sagte Gucky und erhob sein Glas frisch gepressten Möhrensafts.

"Ja", meinte Atlan. "Da hast du Recht, Kleiner. Auf all die Helden."

Draußen dunkelte es und in Billy McGuyers Pub wurde es schummerig. Im Halbdunkel stießen sie mit ihren Gläsern an und waren froh, dass die Stimmung am anderen Ende der Kneipe langsam aber sicher anstieg.

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Ach ja, der gute, alte H.G. Ewers. Ich bin immer erstaunt, wenn ich einen Roman von ihm in Händen halte, der keinen kompletten Zyklus auf seinen 60 Seiten beinhaltet.

Ewers beschreibt einen Icho Tolot, der Angst hat. Das kann natürlich nur psychische Gründe haben. Es müsste schon Werweißwas passieren, wenn ein Haluter vor körperlichen Angriffen Befürchtungen hätte. Nein, hier ist es die pure, nackte Angst um sein Volk. Icho Tolot, der halbe Terraner, stellt sich auf einmal ein Leben ohne sein Volk vor und fürchtet sich. Er, der Einzelgänger, der im Universum so viele Wunder gesehen und Kämpfe überstanden hat, fürchtet sich wie ein kleines Kind vor dem Alleinsein.

Das bringt Ewers gut rüber. Und: Auf seinem Schiff ist Tolot natürlich der Chef. Atlan ist zwar dabei, aber nur in einer Art Nebenrolle. Er deckelt die Differenzen zwischen Yelyaz, dem rebellierenden Klon, und dem Haluter. Er tröstet Tolot, als klar wird, dass Halut unbewohnbar ist und ergo keine Haluter vorzufinden sind. Er respektive sein Extrasinn macht aber auch die entscheidende Entdeckung, die in Richtung Terzrock zeigt.

Es sind ein paar Klopper dabei, wie zum Beispiel der Flug zum Hancour System. Kaum 80 Lichtjahre von Halut entfernt, war es in den halutischen Sternenkarten nicht enthalten. Das fand ich schon schräg bei diesen lebenden Rechenmaschinen, die zudem seit 50.000 Jahren dort lebten. Dazu kommt, dass seine Art zu schreiben, nicht meine ist. Bei manchen Sequenzen fragte ich mich, wo das Planhirn des Haluters abgeblieben ist. Aber vielleicht tickt das bei all den Ängsten, die unser Freund entwickelt hat auch nicht so richtig.

Wie dem auch sei. Für mich hat Ewers hier einen ordentlichen Roman abgeliefert.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1456 - Fremde in der Nacht - ist von K.H. Scheer, erschienen am 18. Juli 1989
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"Du redest am besten gleich weiter", meinte Lee im Hinblick auf die immer voller werdende Kneipe. "Gleich versteht man hier sein eigenes Wort nicht mehr. Heute wird es nämlich noch kräftig abgehen. Morgen ist frei, wir haben den Gedenktag unserer planetaren Besiedlung."

Grade, als Lee ihren Freunden erläutern wollte, was es denn genau zu feiern gebe, murmelte Reginald Bull ein paar Worte, stand auf und verschwand im Gewühl auf der anderen Seite des Singenden Ochsen.

"Eigentlich sollten Bully und ich den nächsten Teil gemeinsam erzählen", murmelte Atlan und wollte dem Terraner etwas hinterherrufen. Gucky drückte leicht auf Atlans linken Unterarm und schüttelte für Dritte unmerklich den Kopf.

Der Arkonide hob verwundert die Brauen und schaute Bully hinterher, bis der in auf der anderen Seite des Pubs unter den Menschen verschwunden war. Er wusste, dass er die dazu gehörenden Erklärungen noch erhalten würde und lehnte sich zurück. Er holte Luft und begann mit einem weiteren Part der Geschichte über die Cantaro.


Spoiler
Atlan erzählt die Geschichte über Fremde in der Nacht:

Stellt euch vor, ihr seid in eurer eigenen Heimat fremd. Stellt euch zudem vor, ihr kommt an den Ort eurer Herkunft nicht heran. An die Welt, die für euch alles ist. Ihr seid vor Newengland und kommt keinen Meter weiter, weil rundherum alles abgeschottet ist. Dabei wisst ihr, dass der Teufel in den hiesigen Hallen hausen soll. Ihr seht eure Sonne, die mit unbeirrbarer Leuchtkraft strahlt wie seit gefühlten Ewigkeiten. Und zum werweiß wievielten Mal denkt ihr über diese Jahrhunderte nach. Von den letzten 700 Jahren habt ihr 693 übersprungen. Alle Leute, die ihr kennt, gibt es nicht mehr. Von so ein paar Seltsamkeiten wie Unsterblichen abgesehen. Ihr seid und bleibt fremd.

Das Einzige, was euch gefühlsmäßig retten könnte, wäre ein Besuch eures Heimatplaneten. Just in dem Moment als ihr doch ein wenig weiterwollt, eröffnet euch der Syntron: Energieverlust führt bei gleichbleibenden Werten zur Totalauflösung binnen vier Monaten Standartzeit. Letztlich kommt ihr so grade noch frei und könnt wieder auf eigenen Füßen stehen.

Das war nun die Situation, in der sich Perry und seine Leute befanden, als sie mit meinem Schiff KARMINA vor dem Solsystem standen. Perry dachte an Gesil und seinen Intimfeind, wie er ihn nannte. Daher wollte er natürlich auf die Erde, um endlich herauszukriegen, was an den Geschichten dran war, die man überall hörte.

Die Ortung hatte inzwischen knapp 200 Lichttage vor Sol ein hyperenergetisches Feld festgestellt, das sich mit Lichtgeschwindigkeit von der Sonne entfernte. Das Ding hatte Ähnlichkeit mit einem Transmitter - Feld und circa zwanzig Millionen Kilometer Durchmesser. In der Hoffnung, Terra durch dieses Teil erreichen zu können, ließ Perry auf das Feld anfliegen. Natürlich klappte es nicht. Sol verschwand aus der Optik. Visuell war die Sonne verschwunden, einfach so. Zum Ausgleich tauchten ein paar Buckelschiffe der Cantaro auf, um der KARMINA den Garaus zu machen. Heutzutage hätte das wohl zu mindestens einem Volltreffer geführt. Damals ließ man sein Schiff übergangslos aus dem Einsteinraum in das vom Triebwerk aufgebaute Pseudo-Black-Hole stürzen und weg war man.

Die KARMINA verließ den Bereich des solaren Systems in Richtung Sisyphos, knapp siebeneinhalbtausend Lichtjahre entfernt. Dort wurde die CIMARRON repariert und war hoffentlich einsatzbereit, denn man ging korrekterweise davon aus, dass ich nach der Rückkehr mit Icho Tolot mein Schiff zurückhaben wollte.

Das Wesentliche bei der Landung der KARMINA war aber nicht die Fertigstellung der CIMARRON, beileibe nicht. Nein, es war eine Nachricht, angeblich von Galbraith Deighton. Ihr wisst in groben Zügen, wer das war? Ja, einer aus der Gilde der Unsterblichen, der die Expedition nach Tarkan nicht mitgemacht hatte. Welche Rolle der aktuell spielte, war nicht ganz klar. Auf jeden Fall hatte er eine Nachricht hinterlassen. Wenn Perry einen alten Freund treffen wolle, hörte er, soll er sich Mitte November nach Orion-Delta begeben. Mehr nicht. Wie dem auch gewesen sein mag: Das nächste Ziel Perrys stand fest. Gut, dass die CIMARRON wieder heil war.

Wo bleibe ich in diesem Spiel? Ich war auf Heleios, einem neuen WIDDER - Stützpunkt, der aus einem geheimen Hanse - Kontor hervorgegangen war. Dieses geheime Kontor war so geheim, dass noch nicht einmal NATHAN davon wusste. Und wie sich nun herausstellte, hatte Homer G. Adams das seinerzeit völlig richtig gemacht. Man konnte sich relativ ungestört dort aufhalten und zum Beispiel die Frischfleisch - Vorräte erneuern. Was wir auch taten. Perry war nicht hier und es war auch nicht geplant, ihn hierher zu holen, denn er hatte nach wie vor das Gefühl, dass sein Zellaktivator geortet werden konnte.

Also saßen Homer G. Adams, Icho Tolot und ich zusammen, Plänchen schmiedend. Unterschätze mir niemand Homer G. Adams. Schon damals nicht. Der kannte nämlich dieses Transmitter - ähnliche Teil in der Nähe des Solsystems. Er hatte uns aber nichts davon gesagt, weil er wohl zu Recht befürchtete, dass wir alles liegen lassen und uns nur noch mit diesem Soltransmitter beschäftigen würden. So ganz unrecht hatte er sicherlich nicht.

Und die Tatsache, dass niemand seiner Agenten es geschafft, dieses Ding zu nutzen, hielt uns natürlich nicht von weiteren Maßnahmen ab. Wichtig war nur, dass WIDDER nicht gefährdet wurde.

Ich denke, ihr erinnert euch an Yart Fulgen, diesen ehemaligen Statistiker von Stiftermann III. Der wusste aus seiner früheren Tätigkeit heraus, dass in der Transmitter - Station ein Cantaro seinem Dienst nachkam. Den wollten wir natürlich haben, weil er mit Sicherheit die eine oder andere Information über das Solsystem samt Zugang hatte. Tatsächlich schafften wir es ins Innere der Station und wollten ihn entführen.

Ihr werdet es erraten: Es klappte selbstredent nicht. Gucky holte uns im letzten Moment aus der komplett leeren Station wieder heraus. Ja, Kleiner, wir wissen es. Du bist der größte, schönste und beste Mausbiber von ganz Newengland. Manchmal fragte ich mich, wie wir das mit dir so lange ausgehalten haben...

Das Ende vom Lied war, dass das Transmitter - Ding zunächst zu pulsieren begann und dann explodierte. Von diesem Moment an war das Solsystem endgültig verschwunden. Niemand wusste, weshalb die Cantaro einen derartigen Aufwand betrieben. Aber wir waren sicher, es eines Tages zu erfahren.



"Eigentlich wart ihr ein ganz schön verlorener Haufen", meinte John, nachdem Atlan seine Erzählung beendet hatte.

"Ja", sagte Gucky dazu. "Auf Halut gab es keine Haluter mehr, nur ein paar versprengte Galaktiker hatten irgendwie die Wälle um die Milchstraße durchquert. Die durften jetzt in irgendwelchen Kavernen irgendwelcher Planeten ihr Dasein fristen. Aber, meine sehr verehrte Dame sowie meine Herren", Gucky unterbrach seine Rede, erhob sich und richtete sich zu seiner vollen Größe von einem Meter und ein paar Zentimetern auf, "der verlorene Haufen hatte allen Grund zum Optimismus. Sie hatten mich."

Die Vier erhoben ihre Gläser und prosteten sich zu. Danach wandten sie sich dem Rest der Kneipe zu und sahen Bully mitten im Gewühl.

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nanograinger hatte Recht. Zu Beginn des Zyklus hatte mir ein KHS-Roman (ich glaube, es war 1404) mit seinem Superhelden Ratber Tostan nicht gefallen. Nach dessen Verschwinden prophezeite er bessere Scheer Bände.

Das hier ist so einer. Scheer in Bestform. Virtuellbildner und peitschender Mündungsknall. Atlan, Reginald Bull, Roi Danton und Homer G. Adams. Aufladungsmodus für Übergang in nächsthöhere Dimension, lichtschnelle Driftung und Abstrahlschwund. Das volle Programm, aber ohne einen scheer'schen Supermann.

Beim Lesen fühlte ich mich in die gute alte Zeit zurückversetzt. Er konnte es also noch. Mich würde ja glatt mal interessieren, wie KHS heute schreiben würde und ob er als Relikt aus grauer Vorzeit ins aktuelle Team passen würde. Ich befürchte eher nein. Aber hier hat er mit Band 1456 einen tollen Roman abgeliefert, der für mich mit einer glatten eins benotet würde.

Und der Zyklus insgesamt? Nimmt ganz langsam aber sicher Fahrt auf. Die Erde ist nicht mehr nur graue Theorie.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Im Regelfall gibt's hier jeweils Mittwoch und Sonntag einen weiteren Band. Nächsten Mittwoch setze ich aus, wir sind ein paar Tage weg..
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1457 - Bomben für Topsid - ist von Robert Feldhoff, erschienen am 25. Juli 1989
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Drei Tage später, in der Lichtung, in der die drei kleinen Jets gelandet waren:


"Wieso habt ihr eigentlich Probleme mit dem genauen Datum eurer Erstbesiedelung? Und wieso habt ihr es nie geklärt?" fragte Atlan Lee und John, als sie am abendlichen Lagerfeuer saßen. Er trank einen Schluck Rotwein, mit dem er nunmehr vorsichtig umgehen musste, da dieser seltsame Robot sich geweigert hatte, ihm sechs weitere Flaschen zu besorgen.

"Naja", antwortete Lee. "Den Tag wissen wir. Das ist der 28. August gewesen. Und da die Tage auf Terra und Newengland ziemlich gleich sind, wird der Rest jährlich durch ein paar Schaltminuten und einen Schalttag alle paar Jahre ausgeglichen. Dann passen wir einigermaßen überein. In die Berechnung werden die geringfügigen Unterschiede im tropischen Jahr mit einbezogen."

"Das ist ja ganz nett", meinte Bull und nippte an seinem Whisky, der Clynelish Sonderedition von Anno Pief. Da Atlan keinen Wein mehr bekam, befürchtete er gleiches bei sich und hielt seine Flasche in Ehren. John und Lee hatten zu seiner Erleichterung dankend abgelehnt. "Wo sind denn jetzt die Schwierigkeiten?"

"Wir wissen nicht, ob es 2061 oder 2067 war. Es soll in dieser Zeit zwei Arten der Darstellung der "eins" gegeben haben. In der alten kontinentalen Schreibweise, was immer kontinental auch gewesen sein sollte, wurde die Ziffer eins mit einem Strich vor der senkrechten Linie geschrieben." Sie malte eine 1 in den Sand. "In der angelsächsischen Darstellung - was auch immer das schon wieder war - sah die eins wie ein einfacher Strich aus."

Atlan nickte. Er wusste, worauf sie hinauswollte. "Okay. Die sieben wirkte nun aus europäischer Sicht wie eine eins. Aus irgendwelchen Gründen ist das durcheinander geraten und es wusste niemand mehr, ob 61 oder 67. Auf NATHAN seid ihr wegen eurer Abgeschiedenheit nicht zugegangen. Ihr habt es also nie geklärt, so könnt ihr im Zweifelfalls alle hundert Jahre zweimal feiern."

Und feiern konnten sie auf Newengland, wie die drei Besucher festgestellt hatten. Das war zwar nur die Sicht aus Billy McGuyers Singendem Ochsen, aber sie gingen ohne weitere Nachfrage davon aus, dass anderswo genauso auf den Putz gehauen wurde wie hier.

"Wie feiert eigentlich eure erlauchte Königin? Allein in ihrem Schloss?" fragte Bull.

Lee lachte. "Unsere Zweihundertsiebenunddreißig? Die ist jedes Jahr in einer anderen Kneipe dabei. Diesmal war Billy an der Reihe. Sie mag es aber nicht, wenn ihretwegen Aufheben welcher Art auch immer gemacht wird. Daher tun alle so, als würde niemand merken, dass sie unter uns ist. Du hast es übrigens auch nicht mitgekriegt. Das war die kleine Blonde, mit der du die halbe Nacht so ausgelassen getanzt hast."

"Die, die diesen langen Typ, bei dem wohl ein paar zuviel intus waren, so entschlossen vor die Tür gesetzt hatte? Respekt. Und die bei diesem seltsamen Sprung-In-Die-Luft Tanz die Vorturnerin abgegeben hat? Was hat es eigentlich damit auf sich?"

Lee drehte sich nach John um. "Und?", fragte sie. "Sollen wir es ihm erklären?"

Der Angesprochene schüttelte den Kopf und beide sprachen beide wie aus einem Mund. "Reginald Bull", sagten sie. "Du darfst alles essen, aber nicht alles wissen." Sie sahen sich erstaunt an und bekamen einen heftigen Lachanfall.

"Was hältst du davon, uns zunächst noch eine weitere Episode zu erzählen?", fragte Lee mit aufgesetzt kokettem Augenaufschlag.

Bull seufzte. "Wenn es denn sein muss..."

Spoiler
Reginald Bull beginnt mit der Geschichte von den Bomben für Topsid:


Wir waren mit der CIMARRON in Richtung Topsid unterwegs. Ihr erinnert ja euch an die Nachricht Galbraith Deightons, der sich mit uns dort treffen wollte. Perry war selbstredent mit an Bord, aber zu absolut nichts zu gebrauchen. Er hing nur seinen Gedanken nach, was natürlich nachvollziehbar war. Zum einen war sein augenscheinlicher Erzfeind ein Nachkomme seiner geliebten Frau Gesil und zum anderen hatte er ständig die Sorge, dass er wie auch immer geortet wurde und er damit die komplette Schiffsbesatzung in Gefahr brachte.

Und wenn der Oberguru nicht gut drauf ist, geht es dem Rest von dem Verein auch nicht besser. Zumal die Niederlage am Perseus Black Hole noch nicht verdaut war. Die BLUE JAY und die CRAZY HORSE waren vernichtet und die SORONG von Nikki Frickel war in das schwarze Loch gefallen. Niemand von der Besatzung hatte sich retten können, alle tot. 693 Jahre von zu Hause weg und das, was man von Heimat vorfindet, ist von irgendwelchen Monstern besetzt. Ja, da darf man schon mal zuviel kriegen.

Das war die Situation, als Perry nach einem Gespräch mit Sato Ambush die Zentrale betrat. Der hatte ihm ein Gerät in Aussicht gestellt, mit dem man ihn wohl nicht mehr orten konnte. Als Perry dieses Teil schon vorgestern haben wollte, eröffnete ihm unser Pararealist, die Herstellung würde sich noch einige Zeit hinziehen. Was Perrys Laune nun auch nicht besserte. Das ändert sich auch nicht, als er die Besatzung bei seinem Erscheinen mit vor Staunen geöffneten Gesichtern vorfand. Messgeräte? Rechner? Völlig unbekanntes und überflüssiges Zeug. Denn ich höchstpersönlich flog Purzelbäume in der Luft schlagend mit einem Affenzahn durch die Zentrale.

Was? Nein, ich hatte keinen Raumanzug an. Gucky und ich trieben unser uraltes Spielchen von ehedem, als er mich mittels Telekinese mehr oder weniger täglich durch Kommandozentralen fliegen ließ. Ian Longwyn, unser Kommandant, hatte diese Stories aus der guten alten Zeit Gucky und mir nicht glauben wollen. Da hatten wir es mal vorgeführt.

Sollte also jemand von euch beiden das Bedürfnis nach Achterbahn ähnlichen Schleudervorgängen in Hochgeschwindigkeit haben, wendet euch vertrauensvoll an unseren kleinen Freund hier. Ihr solltet aber vorsichtshalber eine Weile vorher nichts gegessen haben. Was meinst du, John? Das wäre ja Guckys Problem, wenn dir in der Höhe alles aus dem Gesicht und auf Gucky drauf fiele? Sehr gut, muss ich sagen. So hab ich das noch nie gesehen. Also, Kleiner, nimm dich in Acht!

Wie dem auch sei, Perry war not amused. Gucky und ich beruhigten ihn mit der Erklärung, dass wir in letzter Zeit verdammt wenig zu lachen hatten. Und wo nicht gelacht wird, wird auch nicht gelebt. Jedenfalls nicht richtig. Als er dann wissen wollte, ob wir schon im Topsid - System angekommen wären, gefiel er uns schon besser.

Topsid. Die Heimat der Echsenwesen bleibt für uns alte Säcke für immer mit der Gründung des Solaren Imperiums verbunden. Damals, als wir mit einigen wenigen Schiffen und ohne wirkliche Macht meinten, die Galaxis erobern zu können. Und jetzt? Uns ging es nicht viel besser. Macht hatten die anderen. Wir hatten einige wenige Schiffe, das wars. Und wir waren wieder vor Topsid.

Aber was fanden wir vor? Das war nicht das stolze und raumfahrende Volk, das wir von früher her kannten. Nein, die komplette topsidische Zivilisation ist gezielt ruiniert worden, wie wir das auf anderen Welten auch festgestellt hatten. Man erinnere sich an den Bau des Humanidroms und das Schicksal der Bewohner von Lokvorth. Nur, dass hier vor 600 Jahren Robotersporen am Werk waren. Die Topsider waren inzwischen von der technischen Entwicklung ungefähr da angekommen, wo die Menschheit nach dem Ende des ersten großen planetarischen Krieges war: Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, erste Flugzeuge, verbesserte Waffen und mehrere Staaten bzw. Staatenverbünde auf einer Welt.

Irgendwer hatte ihnen etwas von Atombomben geflüstert, die von Außertopsidischen gebracht werden sollten. Die Topsider wussten zwar nicht genau, was sich hinter den Begriff Atombombe verbarg, aber dass die Sprengkraft eines solchen Teiles riesig und die Wirkung verheerend sein sollte, war ihnen klar.

Ich glaube, Kleiner, jetzt machst du besser weiter.



Gucky beendet die Geschichte der Bomben für Topsid:


So. Der Dicke weiß nicht mehr weiter. Wie so häufig. Was wären die hier allesamt ohne mich, den schönsten, größten und intelligentester aller Mausbiber? Was meinst du? So groß wäre ich nun auch wieder nicht? Und dann würde der Rest auch nicht stimmen? Erinnere mich nachher daran. Dann drehst du auch hier ein Runde. Die wird etwas länger ausfallen und mit mehrfachen Dreier - Salti ausgestattet sein. Wollen wir doch mal sehen!

Wie dem auch sei. Wir ließen die CIMARRON samt unserem zweitgrößten aller großen Meister hier im Ortungsschutz der Sonne und landeten. Es dauerte dann auch nicht lange, bis uns die ersten zwei Echsen über den Weg liefen. Sie kamen zwar grade erst aus so etwas wie dem terranischen Mittelalter, aber sie sprachen immerhin noch Interkosmo. So erfuhren genug über den Aufbau ihrer Zivilisation und was sie uns nicht erzählten, konnte ich ihren Gedanken entnehmen. Ich brauchte sie ja nur zu fragen.

So haben wir dann auch von der Atombomben - Geschichte erfahren. Sie sollten ein paar Verräter und sonstige Unholde parat halten, im Austausch dagegen gäbe es das Vernichtungsmittel. Natürlich waren sie der Meinung, dass wir als erkennbar Fremde die Lieferanten wären. Nach einigen Hin und Her stellte sich aber heraus, dass der Liefertermin erst in zwei Wochen erreicht sei und das war - o Wunder - genau der Termin, an dem wir auf Galbraith Deighton treffen sollten. Und genau am 14. November erreichte uns ein Funkspruch von der ODIN, dass Galbraith Deighton Perry Rhodan um Landeerlaubnis bittet.

Dahinter steckte aber etwas anderes. Gal hatte offiziell immer noch die Funktion des Obersten Galaktikers inne, was sich auch immer dahinter verbarg. Wir trauten ihm nicht, es sah nicht so aus, als würde er auf unserer Seite stehen. Auf jeden Fall ließ er die ODIN räumen, um Perry zu empfangen. Unser Freund Bully war zum Beispiel felsenfest davon überzeugt, dass da eine Teufelei zu Gange war. Und nicht nur Reginald war dieser Meinung. Warum war er überhaupt gekommen? Letztlich hatte Perry sich auf seinen Instinkt verlassen. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass aus dem alten Freund ein Feind geworden war. Er ging hinüber.

Mich wollte er nicht mitnehmen. Mich! Ich können im Falle eines Falles nichts für ihn tun, sagte er. Deightons Gedanken lesen könne ich auch nicht, sagte er. Immerhin konnte ich ihn davon überzeugen, wenigstens einen SERUN anzuziehen.

An Bord der ODIN hatte Perry fast einen Schlag erhalten. Gal hatte zuerst Maske gemacht. Sein Aussehen wäre ein wenig ungewöhnlich, meinte er. Naja, das, was sich dann als Galbraith Deighton entpuppte, hatte mit dem Gal früherer Tage nichts mehr gemein. Ein Androidenkörper stand vor Perry. Die ursprüngliche humanoide Form war erhalten geblieben, das wars aber auch. Gal war einem Roboter ähnlicher als einem Menschen. Das Einzige, was nach seiner Auskunft als Original herausstellte, war sein Gehirn. Der Rest - ein Cyborg.

Natürlich sprach Perry ihn auf die Atombombe an. Gal wies das weit von sich und redete von Agrarmaschinen, die er liefern wolle. Warum man denn Topsid überhaupt zerstört habe, wenn man es jetzt wieder aufbaue, wollte Perry wissen. Gal gab sich zerknirscht. Vor 600 Jahren wären ein paar Robotersporen entkommen und hätten alles in Schutt und Asche gelegt. Seitdem helfe man. Perry glaubte kein Wort davon.

Dann bot er ohne Vorwarnung eine Passage ins Solsystem an. Worauf unser großer Meister fast umgefallen wäre. Sie sprachen über die Cantaro und die Herren der Straßen, ohne dass wirklich neue Informationen kamen. Aber Terra! Die Erde sei ein wahres Paradies, eine Welt ohne Schranken, Höhepunkte von Künsten und Wissenschaften könne man erleben. Perry kommentierte das mit dem Wort Unfug. Er käme nur mit der CIMARRON, keinesfalls alleine. Die Menschen im Solsystem hätten sich abgekapselt, sagte Deighton. ES sei kein einziges Mal in all den Jahren aufgetaucht, daher entwickele sich die Menschheit selber zu einer Superintelligenz. Perry glaubte ihm nichts. Gar nichts.

Ob Gal denn etwas von Gesil oder einem Kind von Gesil gehört habe? Nein, war die Antwort. Er versuchte es etwas leichter. Was denn bitte aus einem Mann namens Pedrass Foch und seinem Raumschiff NARVENNE geworden sei? Das wusste der Androide. Die NARVENNE sei mit Mann und Maus vernichtet worden, sie habe sich in der Nähe einer cantarischen Brutwelt aufgehalten und das wäre nicht so gut gewesen.

Sie sprachen grade über Perfektion und Gals neuen Körper, als Deighton plötzlich erstarrte. Perry rief mich hinzu und wollte wissen, was los sei. Ich stellte fest, dass Gal in einer Art Wachtraum gefangen war. Er dachte daran, dass ihm im Jahr 491 NGZ sein Aktivator von einer schemenhaften Gestalt abgenommen worden war. Man half ihm, ihn am Leben zu halten, in dem man in langsam aber sicher immer mehr mit künstlichen Elementen versetzte. Gleichzeitig konnten die Machthaber ihm nunmehr einfacher kontrollieren.

Das war wohl zuviel. Er wies uns an, umgehend zu verschwinden. Er würde explodieren, sagte er. Perry wollte das nicht wahrhaben, aber ab und zu müssen andere für ihn Entscheidungen treffen. Wie ich diesmal. Ich nahm ihn an die Hand und teleportierte mit ihm in Sicherheit. Und tatsächlich, der Androide war vernichtet. Galbraith Deighton war tot. Der nächste aus unserer Gilde hatte uns verlassen.

Die leere ODIN wurde von uns eingehend untersucht und in Beschlag genommen. Die Besatzung der CIMARRON wurde halbiert und zu 50 Prozent mit auf die ODIN genommen. Die Klone aus der Besatzung ließen wir auf einer Insel zurück. Dort konnten sie leben und niemandem schaden.



"Ist es schlimmer, wenn jemand aus eurer Garde, wie du dich ausgedrückt hast, stirbt? Im Klartext, sind diese Leute für euch wichtiger als unsereins?" John sah die drei Aktivatorträger an und erwartete eine Antwort.

"Gegenfrage." Das war der Ilt. "Du kennst jemanden drei Wochen und mit einer anderen Person bist du seit hundertzwanzig Jahren eng befreundet. Beide sterben. Wessen Tod nimmt dich mehr mit?"

John nickte. Er hatte verstanden.

"Niemand ist ersetzbar. Auch wir nicht", sagte Gucky abschließend.

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Robert Feldhoff in Bestform. Er begann seinen Band auf Topsid und entführte uns in eine Welt, aus der zumindest ich nicht mehr herauswollte. Wir waren auf Topsid und erlebten diese Zivilisation, deren technische Errungenschaften der unsrigen Anfang des 20. Jahrhunderts entsprachen. Perry Rhodan und Co? Ja, die spielten auch eine Rolle. Aber erst ab Seite 28 und auch dann nicht durchgehend.

WiVo konnte das genauso gut. Diese Schilderungen von Welten, bei denen ich mich als Leser frage, was das denn bitteschön mit der Haupthandlung zu haben soll, faszinieren mich. Leider muss man irgendwann wieder da raus. Schade. Der Autor hatte mit der Handlung auf Topsid und den Topsidern seine Stärken ausgespielt. Der Rest, mithin selbst Rhodan war schmückendes Beiwerk für mich, mehr nicht.

Wir erfahren etwas über Terra, aber eben nichts Wesentliches. Unsinn, sagt Rhodan dazu. Unsinn, denke ich als Leser ebenso. Immerhin erzählt Deightons Traum uns etwas von seinen Gefühlen und seiner Geschichte, daraus kann Rhodan seine Schlüsse ziehen. Und seinen Aufpassern war das wohl eine Nummer zuviel und daher die Explosion.

Rhodan selber macht auch in diesem Roman den Eindruck eines Menschen, der an seine Grenzen gekommen ist. Er wirkt nicht so durchgeistigt wie so manches Mal sonst, er kann einfach nicht mehr. Sonst der große Motivator, muss er hier diesen Job an Bully und Gucky abtreten und Bully muss ihn sogar beruhigen.

Diese Menschlichkeit Rhodans ist eine der Stärken dieses Zyklus. Wir sind immerhin schon bei Band 1457 und haben im Großen und Ganzen immer noch keine Ahnung, wo das hinführen wird. Großes Kino bis jetzt.

Eins ist mir nach der Lektüre unklar. Das schemenhafte Gespenst nahm Deighton vor einigen 100 Jahren den ZA ab. Soweit, so nachvollziehbar. Wieso lebt das Gehirn denn noch? Laut PP hat man ein paar Jahre gebraucht, um Deighton nach und nach mit dem Androidenkörper zu versehen. War da nicht mal von 62 Stunden die Rede?
:gruebel: :gruebel: :gruebel:
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Richard
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von Richard »

das wurde in jenem TB offenbar thematisiert: Vasall der Galaxis
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RBB
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Richard hat geschrieben: 10.05.2025, 21:05 das wurde in jenem TB offenbar thematisiert: Vasall der Galaxis
Danke für den Hinweis! Das war mir komplett neu!
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Zwischenspiel:

Die Therapeutin hatte die virtuellen Tafeln für ihren prominenten Patienten vorbereitet. Auf der Vorderen stand mittig untereinander der Name Reginald Bull. Von dort aus gingen strahlenförmig Linien ab, die oben links führte zu einem Feld "Kindheit". Wenn man dort drauf zeigte, ging die Tafel aus der letzten Sitzung auf. Deutete man auf den nächsten Strich rechts davon (in dem Feld stand "Jugend"), ging eine noch leere Tafel auf. Eigentlich wollte Lee anstelle des Namens Bullys Konterfei hinein gezeichnet haben, aber ihr waren ihre doch sehr moderaten Künste in dieser Richtung nur zu bewusst, sie beließ es bei dem Geschriebenen.

Es klopfte und der untersetzte Rothaarige trat ein. Er setzte sich umständlich hin, bestellte seinen üblichen Kaffee, stark, schwarz und ohne Zucker, dabei sah er Lee erwartungsvoll an.

Seltsam, ging es dem Terraner durch den Kopf, wenn man sie hier in ihren Praxisräumen sieht, wirkt sie ganz anders als draußen. Woraufhin ihm eine zweite innere Stimme direkt eröffnete, dass er auch nicht unbedingt wie ein Flottenkommandeur oder hochrangiger Politiker und schon gar nicht wie ein Unsterblicher wirkte, wenn man ihn zum Beispiel nach der vierten Nummer Zwölf mitten in einem Haufen Eingeborener in Billys Pub sah.

Nun gut. Er war ja hier, um sich eine zweite Meinung zu holen Er wollte wissen, ob Unparteiische Dritte den von ihm geplanten Weg genauso sahen. Selbst wenn sein Inneres auf Grund der langen Lebenszeit für Außenstehende nur schwer nachzuvollziehen war. Wenn zum Beispiel gewählte Politiker häufig nur von einer Wahl bis zur nächsten dachten, Teufel auch, das hat sich in all diesen Jahrhunderten kaum geändert!, gingen ihm Gedanken über wirklich langfristige Auswirkungen durch den Kopf. Aber da es keine unsterblichen Therapeuten gab, zumindest keine, die so normal waren wie Lee Barringham, saß er hier auf den Stuhl bei dieser Frau, die er akzeptierte, respektierte und über allen Maßen schätzen gelernt hatte. Spätestens als Gucky ihm unter vier Augen eröffnete, dass er hier absolut richtig sei, war für ihn alles klar.

Lee unterbrach seine Gedankengänge.

"Du wirkst so weit weg. Wo bist du grade?"

Bully schüttelte den Kopf und kam wieder in der Wirklichkeit an.

"Hier. Einfach nur hier. Ich dachte über dich nach, natürlich auch über mich und ob das alles so richtig ist."

"Und"

"Alles einwandfrei. Ich fühle mich ruhig, gelassen und einfach nur wohl. Die Unruhe, die mich Gucky hinterher und hierhin trieb, ist weg. Bei meinem ersten Auftauchen auf Newengland war ich einige Wochen alleine in der Wildnis eurer Welt unterwegs. Ich habe große Lust, einfach so wieder dorthin zu gehen und alles andere liegen zu lassen."

"Du hast nicht das Gefühl, dass dich jemand vermisst?"

"Man ist ja nie wirklich weg." Bull hielt seinen rechten Arm samt Chrono hoch. "Perry zum Beispiel findet mich jederzeit. Dann geht's wieder los. Hatten wir ja grade erst."

"Dann bist du wieder für andere tätig."

Bully seufzte. "Das ist wohl mein Los."

"Wann ist dir das zum ersten Mal passiert? Weißt du das noch?"

"Naja, das Datum natürlich nicht. Ich muss so 14 oder 15 gewesen. Maddie war ein Jahr jünger. Wir kamen zufällig zur gleichen Zeit heim und sahen unsere Mutter in Tränen aufgelöst in der Küche sitzen. Sie sagte, sie würde es nicht mehr schaffen. Das Geld reiche hinten und vorne nicht. Sie bekam eine kleine Rente von dem Tod unseres Vaters und ging selber noch arbeiten. Maddie und ich hatten uns noch nie Gedanken darüber gemacht, ob und wieweit wir mit dem Geld kommen könnten. Es gab ja immer zu Essen oder Kleidung. Gut, Restaurantbesuche waren nicht drin, aber das war sowieso nur etwas für die höhere Gehaltsklasse.

Wir saßen eine Weile zusammen und redeten und redeten. Sie erklärte uns in aller Deutlichkeit ihre Schwierigkeiten. Entweder Klamotten und Heizung im Winter oder Essen. Alles zusammen war völlig unmöglich geworden. Maddie und ich sahen uns kurz an, dann sagte ich, sie brauche sich ab sofort an vier Abenden in der Woche keine Gedanken mehr übers Essen machen. Für irgendwas müssten wir ja auch gut sein. Dann gingen wir, aber nur um einige Zeit später mit drei dicken Steaks, einem Berg Bratkartoffeln und einer großen Schüssel Salat beschäftigt zu sein. Das gäbe es jetzt öfters, eröffnete Maddie Ma und unsere Mutter fing sofort wieder an zu weinen. "Ich bin so stolz auf euch", sagte sie und umarmte uns jeweils einzeln. Natürlich wollte sie wissen, wie wir das gemacht hätten. Maddie sagte, sie verfüge über etwas Geld, weil sie ja Zeitungen austrage und in Millers Drugstore regelmäßig Regale auffülle. Bei mir waren es offiziell ein paar Dollar, die ich in Murrays Garage verdiente. Ich verfügte über ein natürliches Talent, Motorschäden aufzuspüren und konnte egal welche Maschine auseinandernehmen, Fehler beseitigen und wieder zusammenschrauben. Egal, ob Oldsmobile oder Schiffsdiesel. Bully konnte alles. Dann sagten wir ihr, dass wir das Geld bislang für blödes Zeug ausgegeben hätten, sich das aber jetzt ändere".

"Das stimmte aber nicht."

"Nun, nicht ganz." Bull grinste. "Ich war schon immer gut im Organisieren. Man muss einfach seine Quellen haben. Da spielt es keine Rolle, ob du eine Zylinderkopfdichtung oder drei Steaks brauchst. Das war einfach nur ein Gewusst wie."

Lee brauchte keine Frage zu stellen, ihr Blick reichte.

"In dieser Zeit habe ich nicht nur gelernt, wie wichtig es ist, sich für die Allgemeinheit einzubringen, selbst wenn es "nur" die eigene Familie ist. Wobei es natürlich einen Riesenunterschied macht, ob du deine Ma oder deinen Chef unterstützt. Deine Mutter ist zweifellos wichtiger. Nein, ich habe damals auch begriffen, dass es unerlässlich sein kann, Freunde zu habe, auf die du dich blind verlassen kannst. Umgekehrt muss das natürlich genauso funktionieren.

Meine Hilfs - Organisatoren waren JJ. John und Jim oder Jack oder Joe, ich hab den Namen von dem zweiten J vergessen. Aber ich sehe die zwei noch vor mir stehen: Mit einem Meter neunzig gefühlt doppelt so groß wie ich, beide spindeldürr, schwarze Haare, eine viel zu große Nase und beide hatten leicht abstehende Ohren. Sie hätten Brüder sein können. Da war nur ein Unterschied: Der eine war weiß, der andere pechschwarz."

Lee zeigt Verwirrung. "Was war denn daran so besonders? Siganesen sind grün, Ferronen blauhäutig, Aras haben einen spitzen Kopf. Wo war das Problem, wenn einer eine andere Hautfarbe hatte?"

"Damals war das was Besonderes. Die Vereinigten Staaten wurden von alten weißen Männern dominiert und die hielten sich für die besseren Menschen, o.k., nicht alle, aber doch ziemlich viele. Die Schwarzen taugten in deren Augen höchstens als niedere Arbeiter oder Diener. An Restauranttüren stand "Whites only". Wenn man da als Schwarzer reinging, riskierte man Leib und Leben, je nachdem, wo das war."

"Aus was für einer barbarischen Zeit stammst du eigentlich? Und wie sind die Zwei klargekommen?"

"Blendend. Denn es gab sie nur im Doppelpack. Den einen sah man nie ohne den anderen. Wenn man in dem schwarzen New Yorker Stadtteil Harlem als Weißer herumlief, konnte das ebenso ungesund enden, als wenn ein Schwarzer im Nobelviertel von Brooklyn solo aufgetaucht wäre. Seltsamerweise sagte niemand etwas, wenn JJ als Doppel erschienen. Sie standen füreinander ein und vertrauten sich rückhaltlos. Da hab ich gelernt, was echte Freundschaft bedeutet. Wieso sie mich auf einmal mitnahmen, ist mir heute wie damals völlig unklar. Man nannte uns "Die Zwillinge und der Zwerg". Tagträumer waren wir. Zu Essen gabs zu Hause, der Rest wurde eben organisiert. Und die halbe Zeit sahen wir uns nachts den Mond und die Sterne an, und dann flogen wir zum Mars. Mindestens. Eher noch weiter. Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen: Wir saßen am Hudson River im Riverside Park und warfen Steine ins Wasser. Damals reifte ein ganz bestimmter Entschluss in mir. Aber den hätte ich nicht verwirklichen können, wenn diese beiden Kerle mir nicht gezeigt hätten, dass man gemeinsam alles, aber auch wirklich alles hinbekommt. Man muss es nur wollen."

Lee nickte. "Ja, das ist ein üblicher, guter und gradliniger Verlauf einer Jugend. Bei dir gespickt mit der Tatsache, dass Andersartigkeit absolut kein Hinderungsgrund ist. Das dürfte dir später einiges vereinfacht haben."

Lee hatte die "Jugend - Tafel" mit Begriffen wie Mutter, Geld, Zusammenleben, Verantwortung, Einsatz und Freundschaft beschrieben. Sie waren durch Pfeile verbunden und mit weiteren Ergänzungen versehen. "So ganz langsam", meinte Lee, "wird klar, wie du zu dem Reginald Bull geworden bist, den du heute darstellst. Beim nächsten Mal, denke ich, geht es endgültig ans Eingemachte."

Bull konnte sich denken, was Lee meinte und ihm lief ein Schauer über den Rücken. Er kannte die Fehler, die er gemacht hatte. Nur verarbeitet hatte er sie nach wie vor nicht alle. Die Zeit, die verdammte Zeit fehlte immer. Und das bei einem wie mir...

"Nur interessehalber. Eure Wege haben sich ja irgendwann mal getrennt. Ich nehme an, du bist in den Staatsdienst gegangen, die beiden aber nicht. Da dürfte die Hautfarbe im Weg gestanden haben." Als Bull nickte, fragte sie: "Wie ging denn deren Geschichte weiter?"

"Nun, sie haben geheiratet. Zwei Frauen, die sich genauso ähnelten wie ein Ei dem anderen, aber auch mit unterschiedlicher Hautfarbe. Deren Namen weiß ich nicht mehr, aber der weiße J ehelichte die schwarze Dame und andersherum. Gegensätze ziehen sich eben an. Jedes Paar hatte zwei Kinder, die die Geschichte fortschrieben. Deren Kinder sind dann später in der im Aufbau befindlichen Solaren Flotte untergekommen. Ihre Großeltern müssen sehr stolz gewesen sein."

"Hast du sie später nochmal gesehen?"

Bull nickte.

"Ja. Kurz vor ihrem Tod. Ich machte mir damals wegen der Zellduschen keine allzu großen Sorgen mehr ums Altwerden. Bis auf einmal ein junger Mann vor mir stand und mir Grüße von seinen Großeltern ausrichtete. Die Figur des jungen Soldaten war unverkennbar. Lang, spindeldürr mit einer riesengroßen Nase im Gesicht. Ich weiß noch wie ich dachte, Reginald Bull, du bist eine treulose Tomate und der allerletzte Schwachkopf. Ich danke dem Überbringer der Grüße herzlich, ließ alles liegen und stehen und machte mich auf den Weg nach New York. Beide Frauen waren bereits verstorben, JJ lebten noch und waren für damals kaum vorstellbare 96 Jahre alt. Als sie mich sahen, freuten sie sich wie kleine Kinder. Drei Tage später waren sie tot. Es war, als hätten sie nur auf mich gewartet."

Bull seufzte und holte tief Luft.

"Die Beerdigung war die erste Begegnung mit dem Tod von guten und sehr guten Freunden. Ich bin froh, dass ich damals noch nicht wusste, was mir da noch bevorstehen sollte."
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1458 - Die Spur der Haluter - ist von H.G. Francis, erschienen am 1. August 1989
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John Talbot saß zusammen mit Atlan hinten links auf einem Baumstamm. Er hatte drei Wochen Urlaub und in dieser Zeit wollte er sich darüber klar werden, ob er bei den Neuwahlen im nächsten Jahr für das höchste Amt kandidieren sollte oder nicht.

Da hat er mit Atlan und Bully die besten Gesprächspartner, die er sich wünschen kann, dachte Lee und beobachtete die Beiden. "Ja, gestalten kannst du in dieser Position, keine Frage", hörte sie Atlan erklären. "Aber vergiss nicht, du bist grundsätzlich alles schuld, wenn etwas aus dem Ruder läuft. Alles!"

Lee konzentrierte sich auf ihre Gegenüber, Bully und Gucky. Sie saßen diskutierend um das Lagerfeuer in der Mitte der Lichtung. Reginald hatte dem Ilt in wenigen Worten über das Thema Hautfarbe aus ihrer letzten Sitzung berichtet. Danach hatte Lee den Terraner gefragt, ob sich die Menschen aus seiner Sicht gebessert hatten.

"Was den Umgang mit dem Andersartigen, seien es nun Kleinigkeiten wie Hautfarbe, Größe oder Herkunft von Menschen, eindeutig ja. Oder auch, was die Akzeptanz des völlig Fremden, zum Beispiel anderer Völker ungewohnten Aussehens, angeht, sind die Menschen erwachsen geworden. Jetzt ist Newengland vielleicht ein nicht ganz so gutes Beispiel, aber würde es hier jemanden stören, wenn du dich, sagen wir mal in einen Imarter verlieben würdest?"

"Das sind diese Grünhäutigen mit dem Tonnenbrustkorb?"

Bull nickte.

"Meine Hauptsorge wäre, dass der irgendwann mal einen Sauerstoffrausch bekommt, weil die Atmosphäre von Imart aus unserer Sicht zuwenig davon enthält. Aber sonst? Wenn ich eine vernünftige Begründung abliefern könnte, wieso der hier herumläuft und warum ich meine, dass der unseren Standort nicht verrät, würde noch nicht mal jemand ernsthaft aufschauen."

"Ja", sagte Gucky und sah Lee an. "Das kann ich bestätigen. Ich saß mal in deinem Wartezimmer. Da war eine Mutter mit ihrem kleinen Sohn und eine ziemlich schräg aussehende Jugendliche. Jetzt bin ich hier ja nun wirklich kein alltäglicher Anblick. Die Mutter begrüßte mich mit "Hallo Gucky", der Sechszehnjährigen war ich noch nicht mal einen halben Blick wert und das wars. Glaubt man eigentlich gar nicht. Aber unterm Strich muss es genau so sein. Die Probleme kommen aus einer anderen Richtung. Mit diesem ominösen Fünf - Buchstaben - Wort hatten wir eher Schwierigkeiten und haben sie eigentlich immer noch."

"Macht?" unterbrach Lee den Ilt.

"Ja. Immer wieder tauchen Gestalten auf, egal woher, die meinen, sie wären mehr wert als andere und müssten wahlweise die Milchstraße oder die Lokale Gruppe oder das ganze Universum umkrempeln. Und ich", Gucky setzt einen entsagungsvollen Blick auf, "darf sie dann alle wieder retten."

"Ab und zu", brummte Bully, "klappt ja auch mal was ohne dich. Selbst wenn du das nicht glaubst. Oder wie war das mit Icho Tolot mit seiner Suche nach den verschollenen Halutern?"

Gucky seufzte. "Das eine Mal!", meinte er, setzte sich in Positur und fing an zu erzählen.


Spoiler
Gucky erzählt die Geschichte von der Spur der Haluter:


Über Halut hatten wir hier schon geredet. Diese Welt war von den Blitzern besucht und sozusagen plan gemacht worden. Der Planet existiert noch, aber dort konnte niemand mehr leben. Noch nicht mal Haluter. Zudem war im Jahr 1144 NGZ das Gerücht in Umlauf, es gäbe keine Haluter mehr. Jetzt sind Haluter aber nun mal nicht irgendwelche Schwächlinge, sondern hochintelligente und auch technisch sehr entwickelte Wesen, die man nicht so schnell kaputtkriegt. Daher gab Icho Tolot auf dieses Gerede nichts. Gar nichts. Okay, im ersten Augenblick sah es tatsächlich so aus, als wären die Haluter samt und sonders in der Höllenglut der Blitzer umgekommen. Aber wozu war Halut dann Sperrgebiet? Tolotos ging davon aus, dass die Cantaro Sorge vor einer Rückkehr der Giganten hatten und deswegen ihre Wachforts installierten. Also lohnte sich ein Besuch auf der toten Welt.

Und siehe da, er fand etwas. Tief im Inneren von Halut lebte tatsächlich noch wer. Und dort fand unser Freund eine Spur, die ihn nach Terzrock führte.

Lee, du kennst die Geschichte der Haluter in groben Zügen? Bestien, M 87 und so? Gut.

Trotz psychischer Veränderungen und aller möglichen Technik kam es immer wieder vor, dass bei jungen Halutern äußerlich, vor allem aber charakterlich das Erbe der Bestien durchbrach. Meistens kriegten sie das in den Griff, aber nun mal nicht immer. Töten wäre für die friedlichen Riesen keine Alternative. Also suchte man eine Welt, auf der man die Sonderlinge deponieren konnte, ohne dass sie was anstellten. Dieser Planet war Terzrock in der Großen Magellanschen Wolke. Icho flog umgehend dort hin, um vielleicht weitere Spuren zu finden.

Das Erste, was er vor Ort feststellte, war die Anwesenheit von ein paar Hundert Posbischiffen. Jetzt kann ein halutischen Schiff ja technisch hochstehend sein, wie es will, gegen etliche dieser Fragmentraumer hat es keine Chance. Nicht die Geringste. Jetzt wusste Tolotos, dass die Posbis seit langer Zeit nach Perry Rhodan suchten. Wobei ich mich natürlich frage, warum sie immer alle nur nach unserem größten aller großen Meister suchen. Ich armes, kleines Wesen werde stets und ständig vernachlässigt. Dicker, denk sofort was anderes! Ich weiß auch ohne Telepathie, was in deinem Kopf vorgeht. Sonst kannst du dir unser Gespräch vom Nordpol aus ansehen. Soll ziemlich kalt da sein, wenn man zu Fuß unterwegs ist. Wo war ich stehengeblieben? Immer wird man aus dem Redefluss herausgerissen und dann hat man den Faden verloren.

Ach ja. Perry. Hätte Icho Tolot sich dort nun als Icho Tolot geoutet, würde er die Robotwesen auf lange Zeit am Hals haben. Denn er galt als vierarmiger Prophet und wollte keinesfalls als solcher identifiziert werden. Denn diesem vierarmigen Propheten traute man zu, dass er wusste, wo Perry Rhodan zu finden war. Der konnte die Posbis im Moment aber nicht brauchen, zudem wären sie mangels ausreichender Technik sowieso nicht durch den Chronopulswall gekommen. Also blieb am besten jeder da, wo er grade war und der Haluter musste sich mit den Posbis arrangieren.

Das gestaltete sich allerdings als ein wenig, sagen wir mal, seltsam. Sein Posbi - Gesprächspartner hieß Amme. Richtig gehört. Amme, wie Zieh- oder Nährmutter. Tolot hielt das zunächst für einen Scherz, weil er sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, dass dieser Posbi sich um die aus der Art geschlagenen Nachkommen der Verbannten von Halut kümmerte. Aber der hieß tatsächlich so. Man tauschte ein paar Freundlichkeiten aus, unser Freund erfuhr so zum Beispiel, dass die Posbis die Suche nach Perry Rhodan und damit natürlich auch nach mir mangels Erfolgsaussichten eingestellt hatten.

Nun gut. Er landete mit der Unterstützung von Amme, der ihm eigentlich viel zu - wie soll ich sagen - Hilfe andienend war. Und so entging der Posbi nur um Haaresbreite einem herzhaften Faustschlag, den er wohl nicht überstanden hätte. Als Tolot gelandet war und sich auf die Suche nach seinem alten Gefährten Domo Sokrat gemacht hatte, stellte er fest, dass mit seinen Halutern etwas nicht stimmte. Sie hingen in Gruppen zusammen und lachten. Haluter hängen nie in Gruppen zusammen und lachen. Sie sind absolute Einzelgänger und fragen im Zweifelsfall den Artgenossen erstmal, ob er sich überhaupt mit dem Ankömmling unterhalten wolle. Oder sie waren total apathisch. Posbis fand er überall. Sie hießen Führsorge, Pflege, Diener oder so ähnlich. So richtig weiter kam Tolots also nicht.

Aber Icho und ich, wir ähneln uns. Denn das Problem, dass wir nicht lösen können, muss erst noch kreiert werden. Natürlich fand er Domo Sokrat. Aber ebenso natürlich war der auch unter die Dösköppe gegangen. Mit Hilfe seiner Positronik an Bord der HALUTA konnte unser Freund feststellen, wieso das so war. Es gab dort eine kristalline Lebensform, die Kannibalkristalle. Die luden sich mit den negativen Emotionen der umgesiedelten Haluter auf und strahlten sie verstärkt wieder ab. Dem hatte Ronald Tekener irgendwann mal einen Riegel vorgeschoben, weil diese so verstärkten Emotionen nicht nur den kompletten Planeten ins Durcheinander brachten, sondern im Falle eines Falles von den so aufgeladenen Bestien Gefahr ausgegangen wäre. Also wurde alles ins Gegenteil verkehrt und die Kristalle sorgten dafür, dass aufmüpfige Riesen eben zu Dösköppen werden.

Tolot war auch auf dem besten Weg dahin, als er von seinem Rechner, der auf den Namen Taravastos hörte, zurück auf sein Schiff geholt wurde. Der Blechkasten verpasste Icho ein Howalflektor-Netz, mit dem man schon die Angriffe der Kristallagenten von ehedem abgewehrt hatte.

Ist doch praktisch, wenn man so einen guten Rechner hat, oder? Passend zur Gefahr gräbt der irgendwas aus, was zweieinhalbtausend Jahre vorher im Gebrauch war. Das ist fast so gut, als wenn ich im letzten Moment auftauche und mal wieder den Dicken hier retten muss, weil er irgendwelchen Blödsinn angestellt hat.

Und so hatte Icho Tolot Terzrock wieder auf die Füße gestellt, Domo Sokrat normal gemacht und - ganz wichtig - eine Spur seiner Haluter gefunden. Sie führte nach Andromeda. Da sollte es anschließend hingehen. Dummerweise bot sich jemand als Begleitung an: Der Posbi, der sich zu Beginn unserer Geschichte als Amme vorgestellt hatte, hieße in Wirklichkeit Pantalon, sagte er. Und er wolle Icho Tolot und Domo Sokrat nach Andromeda begleiten. Natürlich nicht als Amme. Sondern als Orbiter. Und es sei ihm eine große Ehre, proklamierte er.



"So ganz langsam kommt Butter bei die Fische", meinte Lee. "Also geht es demnächst mal nach Andromeda, um nachzusehen, was denn aus dem Halutern geworden ist. Natürlich nicht jetzt, wo ich wissen will, wie es bei diesem Thema weitergeht. Nein, das kommt irgendwann mal, wenn es woanders grade spannend ist.

Mein kleiner Freund, du bist ein Sadist. Hast du das absichtlich so zusammengebaut, damit du die 100 Teile eurer Geschichte vollkriegst?"

Als Gucky zur Antwort sein bravstes Mausbibergesicht auflegte, musste Lee lachen. Nein, dachte sie. Man kann ihm einfach nicht böse sein.

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H.G. Francis konnte gute Romane schreiben. Romane, bei denen es Spaß macht, sie zu lesen. Der hier ist nicht so gut bei mir angekommen. Dieses ganze Konstrukt mit Kristallen, Gurrads (die ich oben ausgelassen habe), apathischen Halutern und dem natürlich umgehend vorhandenen Howalflektor - Netz war ganz gar nicht meins. Zu Beginn war ich noch interessiert, aber als ich dann las, dass Tolot seinen Kumpel Sokrates suchte, wusste ich, dass in diesem Band nichts Wesentliches passiert.

Die Handlung hätte man auf ein paar Sätze reduzieren können. Dass Francis es schaffte, ein ganzes Heft damit zu füllen und das auch noch einigermaßen lesbar zu gestalten, sprach wiederum für ihn. Ein Füllroman. Aber die braucht man ja auch. Irgendwie muss man die 100 Bände ja vollkriegen. Gerüchten zufolge soll das ja heute noch so sein...
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Tell Sackett
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von Tell Sackett »

Anderen Gerüchten zufolge hat es nie Füllromane gegeben... :-D
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