Im Nachhinein kann man natürlich viele politische Fragen stellen - ich habe das als Leser damals nie groß getan.
Ob ich wollte oder nicht, mir wurden diese Fragen aufgedrängt und zwar von meiner Deutschlehrerin. Tatsächlich war Perry Rhodan Stoff... als Beispiel für Trivialliteratur. Dafür war die Deutschlehrerin ein Fan von Leo Lukas... und hat ihn... sozusagen als "besseres Beispiel" für intelligentere Unterhaltung tatsächlich in die Schule eingeladen. Darüber muss ich heute noch schmunzeln.
Selbstverständlich ist die Idee einer "geeinten" Menschheit überfällig. Die Vorstellung alle Menschen würden davon mehr profitieren wenn Differenzen und Unstimmigkeiten ausdiskutiert würden und Lösungen gefunden würden mit denen alle leben können klingt ja sicher nicht schlecht.
Allein die Produktivität die in unsinnigen Kriegen, Rüstung und Militär verballert wird sollte ein Hinweis dafür sein was sein könnte... wenn man wollte. Der Vorstellung wenn es die militärische Drohung nicht gäbe würde sämtlicher Fortschritt einschlafen und die Wissenschaft die Füße hochlagern kann ich nicht folgen. Dazu sind Menschen zu neugierig.
Wie ist das jetzt mit Perry als dem "Diktator" und "Erster Administrator"?
Man kann davon ausgehen die Abgeordneten des solaren Parlaments mit den beiden Kammern "Reichstag" und "Senat" nach bestimmten Schlüsseln gewählt wurden. Zumindest im Jahre 2044 gab es da noch vertreten Gruppen aus der "afrikanischen Förderation" und der "asiatischen Gruppe". Später dann die besiedelten anderen Sonnensysteme bis zu deren Abspaltung.
Diese Abspaltung ist ja ein Beispiel warum Perry kein "Diktator" war. Ein "guter Diktator" hätte natürlich diese undemokratischen Gebilde als solche erkannt und ihnen den Frieden, die Freiheit und die Demokratie mit der Transformkanone gebracht.
Wie demokratisch diese Wahlen waren (Gerrymandering ist sicher jedem ein Begriff) und wie fair darüber schweigt sich die Serie aus. Manchmal wird Perry Talent im Umgang mit den Medien deutlich, vor allem wenn er Journalisten Zugriff auf Berichte aus erster Hand ermöglicht.
Was aber aber nicht eindeutig ist ob Perry Rhodan während der gesamten Zeit immer das Amt des Ersten Administrators oder später des Großadministrators innehatte. Das geht einfach nicht aus den Heften und ihren große Lücken hervor.
Oder ob es so war immer wenn Sturm am Horizont aufzog Perry zu den Wahlen angetreten ist ... und in solchen Fällen auch gewonnen hat. Ich würde eher zweiteres vermuten... eine Klarstellung der Historie gibt es diesbezüglich aber meines Wissens noch immer nicht.
Das solare Imperium wird meiner Meinung nach als komplexes aber demokratisches Gebilde beschrieben. Die Wahl des Großadministrators erfolgte historisch auch unterschiedlich: Am Anfang über die Wahl des Parlaments und später direkt von der Bevölkerung.
Perry Rhodan regierte nicht über "Verordnungen" wie es scheindemokratische Diktatoren heute weltweit machen. In Gerichtsverhandlungen schien Rhodan ebenfalls keine Weisungsbefugnis gehabt zu haben oder per "Verordnung" sich Ergebnisse absegnen lassen.
Das Argument ist immer "aber er hätte gekonnt wenn er gewollt hätte". Diesen Detailgrad gibt die Serie aber nicht her.
Also ein Freispruch bis auf ein paar Punkte: Anscheinend ist der Großadministrator gegenüber seinen Ministern weisungsbefugt. Wie weit man damit kommt Ministern dreinreden zu wollen ohne Instabilität zu riskieren sei einmal dahingestellt... aber ganz grundsätzlich halte ich das für keine so gute Idee.
Auch die Rotzigkeit mit der gerade zu Beginn der Serie Perry agierte, ganz nach Art des Archetypen des "Tricksters" ist nicht sehr demokratisch. Da wird schon mal allen Erdbewohnern mit realistischen 3D Filmen eine Invasion vorgegaukelt um Angst zu erzeugen... um den politischen Widerstand gegen eine vereinigte Menschheit durch "Fakenews" zu reduzieren. Die echte Invasion die zu der Zeit schon am laufen war macht es nicht besser... der Zweck heiligt nicht die Mittel.
Da wird an der Börse spekuliert und mit überlegener Technik manipuliert.
Es gibt sie also die kritikwürdigen Szenen... bleibt also die Frage ob derartiges "verherrlichend" dargestellt wird so wie Robin Hood von den Reichen stiehlt und das dann OK ist oder ob sich die Serie der Implikationen bewußt ist und dies als Stilmittel darstellt. Damit Perry eben NICHT der perfekte gute, starke Führer ist sondern ein Mensch wie Du und ich. Fehlbar... und menschlich. (Was man meiner Meinung nach auch mit der Handlung um seinen Sohn weitergeführt wurde)
Und das Frauenbild von damals: Das war damals halt (leider) so.
Das Frauenbild in der Anfangszeit der Serie war für die Zeit damals extrem progressiv. Frauen als Raumschiffkommandantinnen (wenn auch nur bei den Außerirdischen)? 1961? Frauen in Elitetruppen wie dem Mutantenkorps? Frauen als Expeditionsteilnehmer an vorderster "Front"?
Tut mir leid aber wer da ein verkorkstes Frauenbild ortet dem ist nicht klar es war 1961. Es ist der Serie meiner Meinung nach sehr hoch anzurechnen ein anderes Frauenbild zu transportieren. Die Serie war hier Pionier. Das zu kritisieren empfinde ich als unfair.
Und damals in meiner Jugend in den 80ern war der globale nukleare Overkill real.
Das hat sich meiner Meinung nach niemals geändert oder war seit den 80ern jemals anders. Hier gibt es ein gewisses Reibungspotential zwischen mir und Jüngeren die darauf pochen es hätte eine Zeit gegeben wo das nicht so war. Ich halte das aber für eine Illusion der Jugend. Allerdings wenn hier jemand Fehler gemacht hat dann die ältere, sprich meine, Generation die es verabsäumt hat der Jugend hier das deutlich klarzumachen.