Second Life (SL) ist halt sehr vielfältig, und letztendlich - wie das Internet auch - nur eine Plattform (halt in 3D statt in 2D wie das 'normale' Internet), was in der Summe und Vielfalt genau
das darstellt, was die User daraus machen ... da es keine vorgefertigten Inhalte gibt. Alles was man dort sieht, ist von Usern generiert. Und es ist erstaunlich und absolut faszinierend, was die User alles erstellen!
Und selbstverständlich gab und gibt es dort auch 'Schmuddelkram', wie im Internet auch, wenn man es so bezeichnen will. Ich würde erotische Adult-Inhalte aber nicht automatisch so bezeichnen, da ich Sexualität in seinen vielfältigen Formen für etwas natürliches halte; nicht alles muss einem natürlich gefallen. Ok, also es gibt dort Adult-Inhalte in vielfältigster Form, aber auch ganz andere Inhalte, Kunst in allen möglichen Formen, virtuelle Museen und Galerien, vielfältige Lern-Projekte, sehr viele Rollenspiel-Welten, Fan-Welten von Startrek und anderen (
es gab dort auch mal Perry Rhodan-Projekte), einfache und harmlose Vergnügungswelten, jede Menge Treffpunkte und Clubs, Orte zum Relaxen, Träumen und Abhängen, Shopping-Malls und-Events die dem Geldausgeben keine Grenzen setzen ... und das alles auf derzeit ca. 25.000 Sims im SL-Grid verteilt.
Man kann es sich aussuchen, welche dieser Sims man besucht, und wo man verweilt, und jeder kann sich dort kreativ austoben. Man kann Menschen von rund um den Globus treffen, Freund- und Feindschaften schließen, oder die Liebe seinen Lebens suchen - oder auch nur ganz schnöde versuchen dort das große Geld zu machen (beides gelingt naturgemäß nur selten) - oder einfach auch nur die Zeit totschlagen. Es liegt an einem selbst.
Und ja, es birgt auch eine Suchtgefahr, die Gefahr aller virtuellen Welten, sich der manchmal wenig erfreulichen reellen Welt in eine zum Teil selbst geschaffene Traumwelt zu entziehen. Das kann klar zu Lasten von Freundschaften, Beziehungen und der Arbeitssituation gehen, denn ein Engagement in einer solchen Welt kostet auch Zeit.
Ich habe dort nun inzwischen einige Jahre viel Zeit verbracht, betreibe dort ein Communityprojekt, verdiene dort auch ein bisschen Geld, was ich aber i.d.R. dort auch wieder reinstecke. Zeitlich kann ich mir das leisten, seitdem ich aus meinem Job ausgestiegen und Privatier geworden bin. Ich habe dort einige sehr interessante Menschen kennen gelernt, und Dinge getan, die ich so im wirklichen Leben nie hätte machen können. Inzwischen spüre ich, dass es mich wieder stärker reizt, mehr Zeit im wirklichem Leben zu verbringen und dem bequemen Couchpotato-Leben am PC doch etwas mehr zu entsagen. Ich mache wieder täglich Sport, restauriere gerade einen alten raren Synthesizer und habe Spaß am werkeln und schrauben, habe mein altes mehrfach geflicktes Kanu vom Efeu-Dschungel befreit und bastele daran gerade viel herum, um es dann in Kürze an der Mecklenburgischen Seenplatte zu Wasser zu lassen und mit meiner Freundin (die ich auch in SL kennengelernt habe) dort schöne Sommertage zu verbringen.
Ich finde virtuellen Welten faszinierend, und das Konzept von SL, wo die User ihre Träume und Welten selber gestalten können, genial - aber es gibt auch viele Menschen, die damit Garnichts anfangen können, die sich nach dem Einloggen fragen, worum geht es hier, was soll ich hier, wo geht es denn zum nächsten Level (gibt es nicht) und wo verflucht ist denn der Boss-Gegner (gibt es nicht) ... die ein vorgefertigtes Spiel erwartet haben und mit der Herausforderung eigener Kreativität völlig überfordert sind. Das ist vielleicht auch ein Grund, wieso SL nun zwischen schon 14 Jahre existiert, und auch eine große und verlässliche Anhängerschar gefunden hat, aber verglichen mit den großen sozialen Netzwerke eher ein Nischenprodukt geblieben ist. Aber vielleicht ist das ja auch ganz gut so ...