Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

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RBB
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Ja, das glaube ich auch. Vorher war er zwar existent, wurde aber hauptsächlich totgeschwiegen. Das mit der Hanse wusste ich nicht mehr, also habe ich einen Grund mehr, nochmal ein Paket alter Romane vom Speicher zu holen.

Heute wird HGA zwar immer noch dosiert eingesetzt, aber er hat sich zu einer Respektperson gewandelt. Hat der alte Knastbruder auch verdient.
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thinman
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von thinman »

RBB hat geschrieben: 11.03.2025, 06:10 Ja, das glaube ich auch. Vorher war er zwar existent, wurde aber hauptsächlich totgeschwiegen. Das mit der Hanse wusste ich nicht mehr, also habe ich einen Grund mehr, nochmal ein Paket alter Romane vom Speicher zu holen.

Heute wird HGA zwar immer noch dosiert eingesetzt, aber er hat sich zu einer Respektperson gewandelt. Hat der alte Knastbruder auch verdient.
Da ich da bald ankomme, werde ich noch genug über Homer, die halbvergessene wichtige Figur im Hintergrund, schreiben.

thinman
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1441 - Schwarze Sternenstraßen - ist von Arndt Ellmer, erschienen am 03.04.1989
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Sie materialisierten vor dem singenden Ochsen. Lee wollte hineingehen, indes, Gucky hielt sie zurück. Auf ihren fragenden Blick hin sagte er: "Ich weiß, was mit ihm los ist. Zugegeben, so hat es ihn lange nicht mehr erwischt und ich dachte eigentlich, er wäre darüber hinweg."

"Er hat ein Kind, dass er nie so richtig kennengelernt hat", mutmaßte Lee.

"Ja, eine Tochter. Und eine Enkelin. Das war alles eine ziemlich verschrobene Geschichte und wie bei vielen Kindern von den menschlichen Unsterblichen gab es keine normale Familie. Dazu kamen in Bullys Fall die Zeitsprünge mit dem ganzen hin und her. Er hat das nie richtig verarbeitet. Ein besonderes Problem ist die Tatsache des Alterns. Selbst wenn die Kinder von ZAC - Trägern ein längeres Leben als andere haben, muss dir als Elternteil klar sein, dass du irgendwann mal an dem Grab deines Kindes oder deiner Enkel stehst. Das kann einen schon aus den Pantinen hauen. Glaub mir das, ich musste das selber bei Jumpy erleben. Und das sogar zweimal."

Er seufzte.

"Aber das ist ein anderes Kapitel. Bully, nun, er hatte wohl mal einen Sohn, von dem wir zunächst nichts wussten. Den hatte er zu Grabe getragen. Dann sind später seine Frau und seine Tochter mit dem hinterlassenen Satz "Wir lieben dich!" verschwunden und bis jetzt nicht wieder aufgetaucht. Einfach so. Wo oder ob sie überhaupt leben, weiß niemand. Glaub mir, das haut den stärksten Ochsen um. Aber ihn belastet noch mehr. Ich habe das direkt gemerkt, als er hier auf Newengland aufgetaucht ist. Vielleicht ist er sogar mal ein Fall für dich."

Sie hatten sich auf die niedrige Mauer ein paar Meter neben dem Eingang gesetzt, es handelte sich wohl um eine Grundstückbegrenzung. Dabei hingen sie beide ihren Gedanken nach. Ab und zu ging die Tür des Singenden Ochsen und jemand betrat oder verließ den Pub. Sie konnten in diesen kurzen Momenten die herausdringenden typischen Kneipengeräusche hören.

"Hm.", meinte Lee.

"Was, hm?"

"Vor ein paar Tagen konnte ich Bully nicht ansehen, ohne umzufallen. Du hast mich grade erst von meinem Problem geheilt. Und jetzt soll ich, die Hinterwäldlerin, seine Seelenklemptnerin spielen? Das traust du mir zu? Einen Unsterblichen zu therapieren?"

"Klar!" Gucky strahlte Lee an. "Wer sonst, wenn nicht du?"

"Aber mal im Ernst", fuhr der Ilt fort. "Ich könnte dir über Bully aus dem Stehgreif einen sechsstündigen Vortrag halten. Ich weiß im Regelfall genau, was mit dem Kerl los ist. Aber wir, Bully und ich, kennen uns zu gut. Es gibt nicht allzu viele Worte, die wir noch nicht gewechselt haben und x - mal haben wir uns gegenseitig wieder auf die Füße gestellt. Wenn es im jetzt nur um seine Tochter ginge, würde ich ihn da rausholen, ihm erklären, dass er sie nicht mehr alle auf der Reihe hat und das wars dann. Er würde etwas herum mosern, sich aber relativ schnell beruhigen. Nein, da ist mehr und es muss jemand von außen ran. Eine Person, die er nicht kennt und die ihn nicht kennt. Okay, von mir aus von Geschichtsbüchern, aber nicht als Mensch, als Individuum. Da kommst du ins Spiel, zumal du auch noch die passende Ausbildung hast."

"Gut. Ich werde es versuchen. Aber gib mir etwas Zeit zur Vorbereitung."

"Keine Sorge, es wird ein paar Tage dauern. Er wird sich sowieso zunächst sträuben, da hab ich noch einiges an Vorarbeit zu leisten. Aber was tut man nicht alles für seine Freunde."

Gucky zuckte nachdenklich mit den Schultern. Dann lachte er.

"So. Bevor wir um ihn kümmern, lassen wir uns noch etwas Zeit und ich erzähle dir die nächste Geschichte. Du weißt, was ein Schwarzes Loch ist?"

Lee nickte. "Ein Sternenleiche. Wenn man einmal drin ist, kommt man nicht mehr raus. Jedenfalls nicht ohne ein paar Eimer fortgeschrittene Technik."

"Jepp. Ein energetisches Monster. Eine Gravitationsfalle erste Güte. Die Fluchtgeschwindigkeit ist höher als die Lichtgeschwindigkeit und im Zentrum befindet sich eine Singularität. Wenn man da ankommt, bleibt nicht allzu viel von einem übrig. Und in so ein Ding flog Julian Tifflor mit seinen Leuten hinein."

Spoiler
Gucky erzählt die Geschichte von den Schwarzen Sternenstraßen:


Tiff hatte mit seiner Gruppe den Auftrag, die abgeschottete Milchstraße über ein Schwarzes Loch zu erreichen. Das sollte das Siragusa Black Hole sein, 324.000 Lichtjahre von der Erde entfernt und damit weit außerhalb der Milchstraße gelegen. Seinen Namen hatte das Ding von einer terranischen Raumfahrerin namens Illi Siragusa, die sich mit ihrem Boot zu nahe an den Gravitationsstrudel herangewagt hatte. Sie verschwand hinter dem Ereignishorizont und ist nie wieder aufgetaucht.

Unser Aufbruch mit der CIMARRION war vierzehn Tage her. Da man keine Explosionen geortet hatte, konnte man in Ruhe davon ausgehen, dass wir es geschafft hatten. Tiff und seine Truppe jedoch hatten die Aussicht vor sich, über eine Einstein-Rosen-Brücke in das verknüpfte Netz von Schwarzen Löchern hineinzugeraten und so einen Weg in die Heimatgalaxis zu finden. Was auch immer passieren sollte, die machten das freiwillig. Niemand war gezwungen.

Du erinnerst dich, dass Icho Tolot bei den Cantaro in M 87 die Impulsfolgen erbeutet hatte, mit denen man die Schaltstationen der Cantaro im Inneren des Black Holes zu steuern gedachte? Nun, das war eigentlich alles, was man hatte. Ich könnte jetzt einfach mal behaupten, dass die Kameraden damals einen Sockenschuss hatten. Warum? Nun, das Unternehmen war hochgefährlich. Und trotz unseres Zusammentreffens mit der Freibeuter - Truppe von Roi Danton und Ronald Tekener war die Anzahl der zur Verfügung stehenden Raumschiffe samt zugehörigem Personal begrenzt. Und fünfdimensionale Technik hin oder her - ein Schwarzes Loch ist ein Schwarzes Loch. Ausprobieren konnte man da vorher nichts. Aber was solls. Die Zeiten waren damals eben nicht normal und man suchte einen Zugang zur abgeschotteten Milchstraße, den man relativ gefahrlos begehen konnte, ohne jedes Mal Probleme mit den Wällen zu kriegen. So ist das nun mal immer noch: Wer nichts riskiert, hat auch keinen Erfolg.

Tolotos hatte mit seiner HALUTA zwei Funkfolgen aufgefangen: Die erste beinhaltete den Abstrahlkode in die Schwarze Sternenstraße, die man dort vermutete, die zweite führte über den Ereignishorizont wieder hinaus in den Normalraum. Man wusste zudem in Etwa, wie die Cantaro - Station aussehen würde.

Aber so cool, wie Tiff tat, war er wohl doch nicht. Er verriet mir später, dass er beim Anflug durchaus an Umkehr gedacht hatte. Nun, er kam zu dem Ergebnis, dass er diesen Gedanken vorher hätte haben müssen. Jetzt galt es, das Funktionssystem der Schwarzen Sternenstraßen zu ergründen. Er wollte wissen, wo Illu Siragusa abgeblieben war und was es sich mit den Cantaro - Stationen hinter dem Ereignishorizont auf sich hatte.

Ich könnte dir jetzt stundenlang einen über Schwarze Löcher erzählen - das war eines der Lieblingsthemen meines damaligen Doktorvaters in klassischer Physik, aber dann sitzen wir übergestern noch hier. Stell dir einfach vor, dass Gravitation das einzige Merkmal ist, mit dem so ein Ding seine Existenz dem übrigen Universum kundtut. Alles, was reinfällt, egal, ob Materie oder Strahlung ist weg. Ab in die Mitte bis zur Singularität. Auf Grund der extremen Anziehungskraft ist die Fluchtgeschwindigkeit höher als die des Lichtes. Und tschüss, wie man so schön sagt.

Die drei Raumschiffe flogen hintereinander in Richtung Ereignishorizont. Schutzschirme an und los. Es muss ziemlich geruckelt haben auf dem Weg ins Black Hole. Masseprobleme auf Grund der Näherung an die Lichtgeschwindigkeit, Zeitverzerrungen und noch ein paar Dinge mehr machten den Verstand orientierungslos. Und dann war plötzlich Ruhe. Außerhalb der Schiffe war eine gleichmäßige konturlose Helligkeit und sie flogen zunächst ohne Probleme irgendwo im Black Hole durch den Raum. Sie waren durch.

Man trieb sich in einem Mikrokosmos herum, der über dem Ereignishorizont gerade mal 396 Kilometer Durchmesser hatte. Im Inneren hatte man das Gefühl, in einem anderen Universum zu sein. Die Abstände zwischen den terranischen Schiffen betrug jeweils 100.000 Kilometer und die Cantaro - Station hing circa vier Millionen Kilometern weit weg im Raum.

Also sandte man die erste Impulsfolge aus. Naja, es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn jetzt etwas passiert wäre. Man probierte es nochmal und nochmal. Erfolglos. Die Technik kündigte an, auch nicht mehr ewig zu halten. Die Grenze, die allein durch die Energiereserven der Schiffe bestand war in Bälde erreicht. Die ersten Leute schnappten über. Dann schickte die PERSEUS die zweite Impulsfolge. Wenn jetzt nichts passierte, war es das.

Wie heißt dieser dämliche Satz noch? Das Glück ist mit den Seligen oder so ähnlich? Denn Spruch Nummer zwei bewirkte etwas. Sie wurden abgestrahlt und fanden sich auf einmal ganz woanders wieder. Sicherlich, immer noch im Inneren eines Black Holes, aber es war nicht mehr das Siragusa Teil. Man fand sich unmittelbar vor einem relativ kleinen Himmelskörper wieder, auf dem man die Schaltstation des neuen Schwarzen Loches vermutete und wurde dort mit etwas Ähnlichem wie Traktorstrahlen festgehalten. Passieren konnte ihnen also nichts.

Materie - Antimaterie Reaktionen erzeugten wohl die gewaltigen Energiemengen, die für den Betrieb der Station benötigt wurden. Die hatten übrigens nichts mit den Cantaro - Stationen gemein, das hier war etwas ganz anderes. Das hieß also, dass man keine Ahnung hatte, wo oder wann man sich herumtrieb.

Tiff höchstdaselbst funkte nun die Station an und meinte, man würde sich freuen, wenn man über den Ereignishorizont nach draußen befördert würde und überhaupt seien die Neuankömmlinge die Allerliebsten überhaupt. Reaktion: Null. Nada. Da die Schiffe aber nicht unmittelbar gefährdet waren, bildeten unsere Freunde zwei Einsatzteams. Eines natürlich mit Tiff. Das schien überhaupt ein Problem der damaligen Führungspersönlichkeiten zu sein: Der Chef muss immer dazu gehören. Dass die das alles überlebt haben, wundert mich ab und zu heute noch. Ich meine, es ist ja nicht jeder so gut wie ich.

Dass unsere Helden trotzdem auch ohne mich weiterkamen, spricht dann aber doch für sie. Man kam in Inneren der Anlage mit Wesen in Kontakt, die so ähnlich wie Kartoffelsäcke ausgesehen hatten und mit denen man sich nicht verständigen konnte. Zum Einsatz von Translatoren sprachen sie zu wenig und das, was sie sagten, war ein absolut unverständliches Kauderwelsch. Fellmer Lloyd konnte mit seinen Paragaben zwar ein wenig weiterhelfen, aber auch das war eher rudimentär. Immerhin kam er dahinter, dass die Kartoffelsäcke - entschuldige bitte den schrägen Namen, aber ich habe vergessen, wie die hießen - die Ankömmlinge für Fremde aus dem Black Hole hielten. Erst ganz langsam funktionierte die Verständigung.

In der Zwischenzeit verschwanden die Mutterschiffe. Tiff und Co stellten eine steigende energetische Aktivität auf dem Planetoiden fest und - plöpp - weg waren die drei Raumer. Wohin? Wusste man nicht. Die Besatzung der so verschwundenen Schiffe fand sich indes außerhalb des Ereignishorizontes wieder, aber nur, um festzustellen, dass man natürlich nicht in der Milchstraße herausgekommen war. Noch nicht mal in der Lokalen Gruppe. Man fand sich in NGC 7331 wieder. Fünfzig Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt.

Herzlichen Glückwunsch, konnte man da nur sagen. Aber immerhin waren sie aus dem Schwarzen Loch herausgekommen und lebten noch. Die Zeit war auch noch normal. Immerhin etwas. Die drei Schiffe flogen zu einem bewohnten Planeten, auf den die gleichen Figuren wie auf den Planetoiden lebten und die das gleiche Zeug redeten. Da fällt mir der Name wieder ein: Aiscrou hießen die Kartoffelsäcke. Sie wussten um die Schwarzen Sternenstraßen innerhalb des Black Holes, hielten ihres aber für außer Betrieb. Sie verstanden sich nämlich als Wächter der Schaltstation und meinten, es handele sich hier um ein totes Ende. Da könne niemand herauskommen und man fand es überaus seltsam, dass doch drei Schiffe aufgetaucht waren.

Daher schickte man die drei Schiffe eine Kompetenzstufe höher: Zu den Vaasuren, die in der Peripherie der Galaxis Neyscuur, eben NGC 7331, beheimatet wären.

Und Tifflor samt dem Rest? Freundeten sich mit einem Aiscrou an, gingen zurück auf ihre Beiboote und hatten genauso das Glück, aus dem Schwarzen Loch zu verschwinden. Sie folgten einem eintausend Meter langen Schiff dieser Wesen. Es ging für sie ebenfalls in Richtung der Peripherie der Galaxis Neyscuur, wie die Aiscrou ihnen mitteilten.



"Fünfzig Millionen Lichtjahre von zu Hause weg. Wie schafft man es, bei solchen Ortungsergebnissen nicht verrückt zu werden?"

"Naja", meinte Gucky. "Man ist ja irgendwie dahin gekommen. Und wenn man es in eine Richtung geschafft hat, gibt es zumeist auch einen Weg zurück. Bis jetzt war das auf jeden Fall immer so."

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Der Roman besteht aus drei Teilen: Das erste Drittel beschäftigt sich mit der Außenbetrachtung des Schwarzen Loches und den Gedanken, die sich die Raumfahrer dazu machen. Teil zwei im Inneren der beiden Schwarzen Löcher und Teil drei außerhalb bei den Aiscrou. Der Beginn hat mich fasziniert, die Mitte war okay und der letzte Teil wars für mich nicht so ganz. 2 - 3 - 4, macht zusammen eine drei.

Der Band bezieht seine Spannung aus dem Ungewissen. Was passiert hinter dem Ereignishorizont? Überleben wir das? Wieso funktioniert Tolots erste Impulsfolge nicht? Dann: Zack, woanders herausgekommen. Die eigentliche Reise über 50 Millionen Lichtjahre wird nicht beschrieben, also kein wabernder Hyperraum oder dergleichen.

Wenn man sich jetzt mal überlegt, dass diese Schwarze Sternenstraßen ja irgendwie zusammenhängen müssen, kann man davon ausgehen, dass Neyscuur noch eine Rolle spielen wird. Sonst hätte es keinen Grund gegeben, ausgerechnet dort eine Station zu unterhalten. Denn: Hightech hin oder her, der Unterhalt muss teuer sein. Also scheint wieder alles mit allem verbunden. Wir wissen nur noch nicht, wie.

Nach dem Lesen des Romans erfahren wir im PR - Computer, dass ein Herauskommen in der Milchstraße ziemlich unwahrscheinlich gewesen war. Aber der Sinn der Sache und damit Hauptgrund der Aktion war es, solide und zuverlässige Kenntnisse über die Schwarzen Sternenstraßen zu erlangen. Denn nur dann habe man eine Chance, dem Teufel in Terras Hallen beizukommen.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1442 - Die grauen Eminenzen - ist von Kurt Mahr, erschienen am 10.04.1989
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"Könnt ihr einen nicht mal fünf Minuten alleine lassen?" Reginald Bull war äußerst missmutig.

"Nein!" sagte Gucky bestimmt. "Es gibt Situationen, in denen man gerade das nicht darf. Du wirkst hier sowieso von Anfang an ziemlich verdreht. Bei nächster Gelegenheit werde ich dich dazu mal was genauer befragen. Dann machst du auf mich im Moment den Eindruck, als wäre Alkohol eine Lösung. Ist es aber nicht. Auch nicht für ZAC-Träger."

"Lass mich in Ruhe, du..."

"Vorsichtig!" unterbrach der Ilt. "Sag jetzt nichts, was du später bereust. Irgendwann ist sogar bei mir Schluss mit lustig. Nur, weil du dir einen Schnaps nach dem anderen hinter die Binde gießt, brauchst du nicht blöde zu werden!"

Lee war die ganze Situation unangenehm. Wie krieg ich die zwei Querköppe da raus? ging ihr durch den Kopf. Gucky hatte ihr erklärt, dass Alkohol bei Zellaktivatorträgern nicht so extrem wirkte wie bei Normalsterblichen. Das galt auch für Mengen, die sie zwei Tage aus den Rennen geworfen hätten. Der ZA erkennt das Gift und arbeitet dagegen. Der Alkohol wird schneller abgebaut, schädigt die Organe nicht und man wird schneller wieder nüchtern und damit klar im Kopf. Ohne Katergefühle, seufzte sie neidisch. Alleine dafür hätte sie sich so manches Mal so ein Ding gewünscht. Aber ob sie denn wirklich unsterblich sein wollte?

Falsches Thema, dumme Gans!, fauchte sie sich in Gedanken selber an. Kümmer dich gefälligst um die zwei Streithähne.

Sie sah die fast leere Flasche Hochprozentigen und dachte an eventuelle Folgen. Natürlich, so hatte sie erfahren, galt das mit dem Alkohol wie bei allen Giften nur bis zu einer gewissen Grenze. Wo die lag, wusste aber niemand. War der ZAC nach drei Flaschen 45-prozentigem überfordert? Nach vier? Es gab zwar, so hatte Gucky sie informiert, irgendwelche Berechnungen, aber ob die stimmten, war völlig unklar. Weil sich eben noch kein ZAC - Träger zu Tode gesoffen hatte. Also musste zuerst mal die Flasche weg. Sie nickte dem Wirt Billy McGuyer zu. Billy war ein Kerl wie ein Baum und stark wie ein Ochse. Der Betrunkene, der ihm Schwierigkeiten machte, musste mit Sicherheit erst noch geboren werden. Und Ertruser gibt es auf Newengland ja nicht, ging Lee durch den Kopf.

Billy kam an ihren Tisch, nahm die mittlerweile nur noch rudimentär gefüllte Flasche mit und sagte: "Ich glaube, das reicht für heute. Obwohl du einen bewundernswerten Zug am Leib hast, das muss man dir ja lassen. Aber wenn Schluss ist, ist Schluss."

"Macht doch, was ihr wollt!" schimpfte ein immer schlechter gelaunter Reginald Bull.

"Weißt du was, Kerl?", fragte Gucky. "Das machen wir auch."

Er nahm Lees Hand, packte Bully am Arm und teleportierte mit dem Beiden zu ihren Schiffen. Den protestierenden Reginald Bull beförderte er danach telekinetisch in den naheliegenden Bach, der eiskaltes Wasser führte.

"Das macht müde Krieger munter", meinte er dazu und grinste. Parallel dazu hole er eine Spritze aus Bullys Beiboot und injizierte das Mittel.

"So", sagte er. "In ein paar Minuten ist er wieder normal".

Lee war völlig fassungslos. So etwas kannte sie nur aus Erzählungen der ganz Alten, selber erlebt hatte sie eine derartige Rosskur noch nicht. Aber bei Billy gab es immer wieder mal ein paar Figuren, die mehr in sich hineinschütten wollten, als ihnen guttat. Zum Glück hatte der Wirt ein geschultes Auge für solche Fälle. Aber trotzdem...

"Wenn du mal überhaupt nicht mehr weißt, was du tun sollst, hätte Billy glaube ich einen guten Job für dich." Sie sah Gucky an, der dazu allerdings meinte, einer von dieser Sorte würde ihm reichen. Er könne schließlich nicht auf die Bevölkerung eines ganzen Planeten aufpassen. Da wäre ja selbst ein Ilt überfordert.

Sie sahen nach Bull. Der war mittlerweile dem Bach entstiegen und hatte sich verzogen. Er wird schon wiederkommen. Und ich sollte mich wirklich mal als Außenstehende mit ihm unterhalten. Vielleicht kann ich ihm helfen, dachte Lee und sie sah Gucky an, dass ihm wohl ähnliches durch den Kopf ging.

"Mach dir keine Sorgen um ihn. Das passiert immer wieder mal, wenn die Rede auf seine Tochter kommt. Die hat er nämlich nie so richtig kennengelernt. Der Dicke wird sich wieder fangen und dann sehen wir weiter. Ich denke, ich bringe ihn dir die Tage mal vorbei", sagte der Mausbiber. "Ich würde nie zulassen, dass ihm wirklich was zustößt", ergänzte er noch. "Zumindest dann nicht, wenn ich dabei bin."

Lee saß auf dem Boden, hatte die Beine angewinkelt und mit den Armen umfasst. Sie blickte nachdenklich auf die grüne Wand hinter dem Bach.

"Ich glaube, für eine Geschichte reicht der Abend noch. Dann bringe ich dich zurück in die Stadt."


Spoiler
Gucky erzählt die Geschichte von den grauen Eminenzen:

Tiff und seine Leute waren ja bekanntlich samt ihrer drei Schiffe in der Galaxis Neyscuur angekommen, und zwar im Moischu Black Hole. Zurück könne man durch dieses Teil nicht, erfuhren sie vor Ort. Das war jetzt für unsere Leute nicht so ganz nachvollziehbar, weil man ist ja auch angekommen war. Also sollte man dort eigentlich auch wieder verschwinden können. Ging aber nicht, hatten ihm die Aiscrou schon eröffnet und empfahlen Julian den Vaasuren im Maurooda - System. Außerdem, so erfuhren unsere Freunde, gäbe es da, wo sie angeblich herkommen würden, nämlich in unserer Milchstraße, keine Schwarzen Sternenstraßen. Egal, welchen Argument Tiff und Co. vorbrachten. Was nicht sein kann, das nicht sein darf ist eben doch keine typisch terranische Eigenschaft.

Ich hätte bei derartigen Eindringlingen, wie sie zum Beispiel die drei Schiffe der Tifflor - Gruppe darstellten, mal genauer zugehört und mir so meine Gedanken gemacht. Aber vielleicht reichte es bei diesen beiden Völker, die sich immerhin als Schaltmeister der Sternenstraßen bezeichneten, nicht so weit. Auch nicht bei dem Schaltmeister Accurr, der doch schon ein etwas höheres Tier vor Ort auf dem Planeten Kaalix gewesen sein muss.

Jetzt könnte ja alles so einfach sein. Fellmer Lloyd war zum Beispiel Telepath und hätte eigentlich das große Rätsel ziemlich schnell lösen können. Aber leider schien der ganze Verein vor Ort nur aus Meistern der Mentalverschleierung zu bestehen. Sie schoben belangloses Zeug in den Vordergrund des Bewusstseins, das Fellmer einfach lesen konnte. Was sie in Wahrheit dachten, verbargen sie unlesbar dahinter. Freundlich waren sie allesamt, aber das brachte niemanden weiter.

Es passierte also nicht allzu viel, bis auf einmal Vertreter des nächsten Volkes vor Tifflor standen. Das waren Insektoide, die tatsächlich an der Geschichte unserer Freunde sehr interessiert waren. Im Gegenzug zu den erhaltenen Informationen sei man bereit, ihr eigenes Wissen mit den Neuankömmlingen zu teilen. Julian Tifflor hegte schon große Hoffnung, etwas auf die Reihe zu kriegen. Es hätte jetzt wirklich alles so einfach sein können. War es aber natürlich nicht.

Tiff redete zunächst von der Großen Katastrophe; die Cantaro erwähnte er sicherheitshalber nicht. Er sprach von dem Siragusa Black Hole und Illu Siragusa, die seinerzeit dort hineingefallen war. Den Namen hatte man natürlich nie gehört, aber immerhin sagte ihnen der Begriff Große Katastrophe etwas. Deren Ausläufer hatte man damals sogar in dieser Entfernung mitbekommen. In Folge durften die Terraner einen Blick auf die Karten zu den Schwarzen Sternenstraßen werfen. Detaillierte Angaben waren vorhanden, kein Wunder, die Cutenexer betrachteten sich immerhin als Verwalter der Sternenstraßen. Aber man fand keine Anbindung an die Lokale Gruppe. Dort könne es, wenn überhaupt, einige erloschene Schwarze Sternenstraßen geben, aber keinesfalls funktionierende. Näheres könnten aber die Gimtras wissen, erfuhr man.

Und schon wieder ein neues Volk, was? Eine komplette Galaxis inclusive bewohnender Völker innerhalb von dreißig Minuten. Toll was? Ich gebe zu, langsam wird es unübersichtlich. Aber der langen Rede kurzer Sinn: Dort erfuhr man selbstredent auch nichts. Hinhaltetaktik war das Wort der Stunde.

Und damit es nicht vollends langweilig wurde, war die Führung des Schiffes mit dem schönen Namen BARBAROSSA mit Julian Tifflors Führung sowieso nicht einverstanden. Er war denen zu nett, zu freundlich und haute zu wenig auf den Putz. Es gab einiges an Durcheinander und am Ende war die BARBAROSSA weg. In einer 50 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxis. Toll was? Gut, Perry kann das auch, aber der ist nun mal Perry Rhodan und kein x- beliebiger motzender Raumschiffskapitan. Freihändler hin oder her.

Unsere terranische Abordnung fühlte sich indessen beobachtet. Von Wesen, die menschenähnlich zu sein schienen. Da waren sie auch, diese Anoree, die uns noch eine Weile begleiten werden. Als einer von ihnen bei Tiff persönlich auftauchte und immer nur von Vorsichtsmaßnahmen sprach, wollte unser Freund wissen, für wen man sie denn eigentlich gehalten habe.

Für cantarui, antwortete der Anoree. So ganz langsam wird's was, siehst du? Jetzt glaub mir mal, dass Julian Tifflor ziemlich überrascht war, denn mit cantarui waren zweifellos die Cantaro gemeint. Ja, antwortete der Anoree Degruum. Sie entstammen unserem Volk, teilte er den überraschten Terranern mit. Ihr Streben sei schon immer gewesen, den Körper zu Hochleistungsmaschinen umzubauen. Aber sie hätten längst ihre Heimat verlassen und niemand wisse, wie sie inzwischen aussehen würden.

Die beiden schwiegen sich eine Weile an, bis Degruum weitersprach. Es gebe wohl vieles, was man sich gegenseitig zu erzählen habe, vermutete er. Tifflor frage nach Cantaro, nach einem Wesen namens Illu Siragusa und einem Raumschiff namens NARGA SANT. Er wisse ein paar Dinge, sei aber natürlich auch neugierig. Wo kommt ihr her, was wollt ihr hier, warum interessiert ihr euch für die Cantaro und dergleichen mehr. Ja, es gebe Zusammenhänge, die er erklären könne.

Das müsse man aber zeigen, Erklärungen alleine würde nicht reichen, fügte der Anoree noch hinzu. Er wolle sein Raumschiff holen und Julian Tifflor einladen.


"Ja, ganz langsam kristallisiert sich da etwas heraus", sagte Lee zu Gucky. "Also behalte ich den Namen Anoree und vergesse den Rest erstmal. Wie machst du das eigentlich, die ganzen Details zu behalten?"

"Das weiß ich auch nicht so genau", erwiderte der Ilt. "Sie sind einfach präsent, sozusagen abrufbereit. Wenn ich darüber rede, fallen sie mir ein. Danach sind sie wieder weg. Sowas ist mir schon mal passiert, aber da gab's am Schluss wenigstens eine Erklärung. Aber hier? Und überhaupt. Du wirst mir bei Gelegenheit sowieso noch Rede und Antwort auf ein paar Fragen stehen müssen."

Lee wusste natürlich genau, was Gucky meinte und wechselte lieber das Thema.

"Darf ich noch eine Frage zu Julian Tifflor stellen? Was ist aus dem eigentlich geworden? Da fehlen uns hier auf Newengland einige Informationen. Von Tiff, wie du ihn nennst, redete auf einmal keiner mehr. Lebt er noch?"

Gucky seufzte.

"Weißt du, wenn ich nochmal hier auftauche und die dreifache Menge Zeit habe, werde ich versuchen, es dir zu erklären. Der ist mal eine Million Jahre zu Fuß durch eine Raum - Zeit - Blase marschiert und war danach natürlich nicht mehr derselbe wie vorher. Eine Million Jahre! Das muss man sich mal vorstellen. Bei uns waren 36 Stunden oder so vergangen! Irgendwann später ist er in einer Art Paralleluniversum verschwunden. Glaub mir, das ist etwas für absolute Spezialisten. Aber auch die werden sich das nicht einig. Nein, der dürfte noch leben. Aber wo und wie? Keine Ahnung."

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Wieder ein Chefroman von Kurt Mahr. Nach bester Ewers'scher Art stellt er uns diverse Völker der Galaxis Neyscuur vor. So wirklich weiter führt uns das über den größten Teil des Romans nicht. Mehrfach war der kleine Quaker in meinem Kopf und nervte, weil das ganze Gevölks sich durch die Bank weg nur mit Hinhaltetaktik beschäftigte. Wirkliche Infos gab es erst auf Seite 59. Ergänzend ist das Schöne an den damaligen Romanen der PR - Computer, der einem die Handlung nochmal näherbringt und Verwirrungen wegräumt.

Was mir hier gefällt, ist die Tatsache, dass Telepathen nicht weiterkommen. Damit ist die Versuchung "Problem - Mutant - Lösung" außen vor. Okay, Teleporter gibt es noch, aber die können nun mal per se keine Gedanken lesen. Das verkompliziert die Sache für Tiff & Co. ziemlich und ermöglicht einen solchen Roman.

Obwohl das, was ich wissen wollte, erst ganz zum Schluss kam, hat mir der Band gefallen. Es waren zwar ein paar Völker zuviel auf einmal, aber man hätte auch für jedes Volk einen separaten Band verbrauchen können. Da liest es sich so schon besser. Und natürlich wechseln wir danach die Handlungseben. Seufz.
:wacko:
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1443 - Die Flucht der BARBAROSSA - ist von Arndt Ellmer, erschienen am 17.04.1989
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Fünf Tage später:

Naja, dachte Reginald Bull, vielleicht nützt es ja wirklich was, dass ich mal ein paar Tage hier sitze und meine Gedanken loswerde.

Der Terraner wusste natürlich selber, was mit ihm los war. Tatsache war, dass ihm niemand seine Probleme abnehmen konnte. Aber drüber reden soll ja manchmal was nützen, ging ihm durch den Kopf. Und so war er durch Guckys Vermittlung hier in Lees Praxis gelandet. Natürlich hatte er sich mit dem Kleinen heftig gestritten. Sollte er Schwierigkeiten haben, gehe das außer ihm selber niemanden etwas an, hatte er seinem alten Freund an den Kopf geworfen. Es ging eine Weile hin und her und dann...

Bully seufzte. Dann hatte Gucky sich mal wieder durchgesetzt. Wie eigentlich immer. Bull fragte sich, wie oft der Ilt ihm schon einen derartigen Streich gespielt hatte, ohne dass er es gemerkt hatte. Bei Perry war das auf jeden Fall ziemlich oft so gewesen. Gucky ließ sich im Zweifelsfall von unserem größten aller großen Meister reglementieren, auch in aller Öffentlichkeit, nur um dann hintenrum doch seinen Willen durchzusetzen. Anschließend griemelte er sich eins in dem Bewusstsein, mal wieder gewonnen zu haben.

Aber zurück zur Gegenwart, schalt er sich. Er sah sich in dem schönen hellen und großen Raum um. Durch eine geschickte Kombination von Möbeln, dem Einsatz von Pflanzen und einigen Bildern, Gemälden wie Fotos, kam man sich keinesfalls vor wie man sich eigentlich bei einer psychologischen Psychotherapeutin vorkommen sollte. Nix mit Behandlungscouch wie zu Siegmund Freuds Zeiten. Eigentlich ist sie für diesen Hinterwäldlerplaneten viel zu gut. Man müsste sie überreden, mitzukommen.

Als hätte Lee seine Gedanken gelesen, sagte sie: "Mach dir mal keine Sorgen über mich. Ich bin hier und ich bleibe hier. Auf meinem geliebten Provinz - Planeten. Da staunst du, was? Woher weiß die jetzt, was ich denke, geht dir durch den Kopf. Nun, ich kann es dir erklären: Das ist bei jeder Person, die hier sitzt, das gleiche Procedere. Wer ist die, was will die, was macht die mit mir? Auch der Gesichtsausdruck ist bei allen ähnlich. Sicherlich muss ich bei dir genauer hinsehen, jemand anderes hätte es vielleicht nicht bemerkt. Das liegt zweifellos an deiner Erfahrung. Aber um eine Lee Barringham zu täuschen, müsste der geneigte Delinquent etwas früher aufstehen."

Sie strahlte Bull an. Der zuckte mit den Schultern und erbat sich einen guten und starken Kaffee. Lee stand auf und verließ den Raum, um sich der Kaffeemaschine zuzuwenden. Tatsächlich, sie hat eine richtige Kaffeemaschine. Bull überlegte. Er war jetzt eine halbe Stunde hier und er fühlte sich so sicher wie lange nicht. Alle Sorgen, alle Probleme waren weg. Wann hatte er das in dieser Intensität zum letzten Mal erlebt? Außer bei seiner Mutter, die er gedanklich stets in Ehren hielt, eigentlich nie. Doch, damals, als er mit Toio und Shinae eine Zeitlang auf Krynn lebte. Das war auch so eine Welt am Ende der Milchstraße. Sie waren dort gelandet, als sie Allerorten verlassen hatten. Er schob den Gedanken an die Beiden an die Seite, da musste er mit Lee drüber reden.

Auf jeden Fall war ihm hier relativ schnell klar geworden, warum Lee als Streitschlichterin so erfolgreich war. Sie strahlte einfach eine Art von Würde, Respekt, Intelligenz und ja, auch Mütterlichkeit aus. Bull war der felsenfesten Überzeugung, dass Lee das mit der Mütterlichkeit nicht glauben würde - aber vielleicht war grade das ihr Erfolgsrezept. Man fühlte sich in ihrer Gegenwart wohl, absolut sicher und von allen Unbilden des Universums befreit. Und so jemand hatte Angst vor vermeintlich Höherstehenden gehabt. Gucky hat da ganze Arbeit geleistet.

Lee kam mit zwei gefüllten Tassen zurück, eine mit Kaffee, schwarz, stark und ohne Zucker, und eine mit Earl Grey gefüllt. Sie stellte die beiden Behältnisse auf den kleinen Beistelltisch zwischen ihnen, sah Reginald Bull offen und freundlich an und sagte nichts.

Der trank einen ersten Schluck von dem bitteren schwarzen Gebräu und hätte sich fast die Zunge verbrannt.

"Nun", sagte er, "ich sollte vielleicht mal irgendwo anfangen. Gib mir aber bitte etwas Zeit. Man sitzt ja schließlich nicht alle Tage bei Seelenklemptnerinnen herum. Ich glaube, zur besseren Einstimmung für uns beide mache ich erstmal mit dem nächsten Teil unserer Geschichte weiter. Währenddessen", Bull grinste tatsächlich ein wenig scheu, "kann ich mich überreden, hier in die Gänge zu kommen."

Lee nickte, fand das einen guten Opener und schaltete das Aufnahmegerät an ihrem Chrono wieder ein.


Spoiler
Reginald Bull erzählte die Geschichte von der Flucht der BARBAROSSA:


Der Typ hätte mir gehören müssen. Freihändler hin, Freihändler her. Stell dir die Situation vor: Julian Tifflor ist mit drei Schiffen über die Schwarzen Sternenstraßen, eine Art Einstein-Rosen-Brücken, ungefähr 50 Millionen Lichtjahre von zu Hause entfernt in einer fremden Galaxis. Und ob man auf dem Weg, über dem man dort hingekommen war, auch wieder zurückkonnte, war mehr als unklar. Immerhin war jeder, aber auch wirklich jeder, den man fragte, der Meinung, dass eine Rückkehr über dieses Moischu - Black Hole unmöglich war.

Man war fremd in dieser fremden Galaxis namens Neyscuur. Also gehörte erstmal äußerste Vorsicht angesagt. Julian Tifflor war immer ein guter Militär und hervorragender Flottenkommandeur gewesen und als solcher wusste er natürlich, was zu tun und was nicht zu tun war. Er war ihm klar gewesen, dass es sich eine ganze Weile hinziehen kann, bis man die Informationen hatte, die man haben wollte. Wir können die Situation jetzt drehen und wenden, wie wir wollen, die drei Schiffe waren im Einsatz und Tifflor galt als der unangefochtene Kommandeur. Einer muss in solchen Situationen das Sagen haben. Und das war Tiff. Keinesfalls ein stellvertretender Kommandant von einem der drei Schiffe.

In solchen haarigen Kommandounternehmen kommt es nun schon mal vor, dass man mit der Entscheidung von oben nicht einverstanden ist. Das hat nichts mit Sympathie oder Antipathie zu tun, es passiert einfach. Sogar zwischen Perry und mir hat es in der Vergangenheit das eine oder andere Mal geknallt, und zwar richtig.

Was war nun passiert? Einem ging es nicht schnell genug. Ihm war Tifflor zu lahm und zu langsam, er hätte mehr auf den Putz hauen sollen. Da kam eben dieser Stellvertreter, ein Kartanin namens Ferr-Moon an und erzählte, er habe von Tifflor eine geheime Anweisung bekommen. Die BARBAROSSA sollte sich absetzen und Erkundigungen auf eigene Faust durchführen. Die Verhandlung mit den Vaasuren hätten sich zerschlagen, da dürfte nichts mehr rauskommen, richtete er seiner Kommandantin aus. Was natürlich alles nicht stimmte. Die Chefin hatte aber keinen Grund, am Wahrheitsgehalt des Gehörten zu zweifeln. Man solle, so Ferr-Moon, nach Schwarzen Löchern suchen, die man auch prompt in der Nähe fand. Der Einfachheit halber nannte man sie Cantaro I, II und III.

Man flog Cantaro III an und entdeckte 3,7 Lichtjahre entfernt ein Sonnensystem mit 18 Planeten, davon drei Sauerstoffwelten. Die BARBAROSSA flog alle drei nacheinander an, um Informationen über die Cantaro zu erhalten. Die erhielten sie natürlich nicht, die Freihändler bekamen überall die Auskunft, man kenne keine Cantaro und habe überhaupt dieses Wort noch nie gehört. Kerr - Moon nun glaubte seinen Gegenübern natürlich absolut kein Wort und wurde frech bis zur Unverschämtheit. Ihr habt Dreck in den Ohren und ähnliches Zeug schmiss er ihnen an den Kopf.

Auf einer dieser Welten hatte er es übertrieben. Er hatte zwei Cutenexer an ein Gerät angeschlossen, das die gewünschten Informationen aus deren Unterbewusstsein holen sollte. Die beiden Fremden fingen an zu schreien, fielen steif wie ein Brett um, verdrehten die Augen und hatten Schaum vor dem Mund. Als die Facettenaugen der beiden Wesen ihre kräftige rote Farbe verloren hatten und zuerst rosarot und dann regelrecht bleich wurden, begriff Kerr - Moon, dass er es übertrieben hatte. Ganz langsam kapierte er, dass er etwas ausgelöst hatte, was er besser unterlassen hätte. Als dann plötzlich seine Kommandantin Heyda Minstral neben ihm stand, wurde ihm langsam aber sicher klar, dass seine Handlungsweise noch weitergehende Folgen für ihn haben würde.

Der Kartanin argumentierte natürlich, er habe nur Lügendetektor und Hypnoschuler ohne Überreizung angewandt. Das könne doch alles gar nicht sein. Seine Chefin indes sprang auf derlei Gedankengänge hin nicht an. Ob er denn Exobiologe sei, fragte sie ihn ziemlich eisig, dass er sich mit allen Völkern Neyscuurs so gut auskenne. Sollten die beiden Schäden davontragen oder gar versterben, habe Kerr - Moon sich vor einem Bordgericht zu verantworten, eröffnete sie ihm. Der war nun absolut fertig mit seiner Welt und gab die dann üblichen Floskeln von sich. Eben das, was man dann so hört. Von wegen "Es tut mir leid." oder "Ich dachte doch nur...".

Den beiden Cutenexern ging es in der Tat gar nicht gut. Sie veränderten sich immer mehr und eine seltsame Masse quoll aus ihren Leibern und bedeckte sie mit Ausnahme des Kopfes. Auf einmal erkannten die Freihändler, was da passierte. Aus einem insektenähnlichen Wesen war ein Neues entstanden. Ein Rätsel war gelöst: Die diversen Wesen, auf die unsere Leute bei der Ankunft trafen, waren allesamt miteinander verwandt. Es waren die Völker der vier Lebensalter: Geboren aus den Cutenexern lebten sie vierzig Normjahre als Aiscrou. Danach öffnete sich deren Körper und aus ihm schlüpfte ein Vaasure, der wiederum circa hundert Jahre lebte. Danach verpuppten sie sich, bis sie zu Cutenexern wurden, um als solcher erneute etwa sechzig Jahre zu leben. Letztlich wurden sie zu den Gimtras, die zwar nur eingeschränkte äußere Sinne hatten, dafür aber innere Qualitäten bis hin zu übersinnlichen Fähigkeiten besaßen. Eines hatten die vier "Arten" gemeinsam: das rote Facettenauge, dass sie in allen Inkarnationen aufwiesen.

Am Schluss hatten die Freihändler mehr Glück als Verstand. Ein Schiff der humanoiden Anoree tauchte auf. Die Anoree waren der BARBAROSSA gefolgt und sagten, sie hätte eine Botschaft Tifflors zu überbringen. Zwsichen den Parteien, so hörte die Kommandantin, sei ein Abkommen getroffen worden. Man wisse jetzt, dass man von dem Fremden nichts zu befürchten habe, sagte der Anoree. Sie hätten kapiert, dass man aus einer fremden Galaxie gekommen sei. Es herrsche Freundschaft. Tifflor bat darum, dass die BARBAROSSA zu zum Rendezvouspunkt fliegen solle, um dort zu warten, bis er von seinem Erkundungsflug zurück sei. Dann sehe man weiter.


"Was hättet ihr mit diesem stellvertretenden Kommandanten unter normalen Umständen gemacht?" fragte Lee den Terraner.

"Mitten im Einsatz die eigene Truppe auf diesem Weg erheblich schwächen? In einer absolut fremden Umgebung? Kriegsgericht. Sofort. Unehrenhafte Entlassung und Knast. Jahrelang. Auch wenn er letztlich nichts angestellt hatte und das Rätsel dieser vier Völker gelöst wurde. Aber Einsatz ist Einsatz. Auch bei Freihändlern. Der Kerl war draufgängerisch wie rücksichtslos, er bestand aus Großmannssucht und war ein Kriegstreiber. Ein Atlan früherer Tage hätte ihm in eine Schleuse gestellt. Ohne Raumanzug. Und dann die Schleuse geöffnet."

Lee erschauderte. So hatte sie Reginald Bull noch nicht kennengerlernt. Und sie war sich sicher, dass es noch sehr viele Dinge gab, die sie nicht über ihn wusste.

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Vielleicht bin ich im Alter nieselpriemiger geworden. Mit Sicherheit habe ich andere Prämissen als damals. Vielleicht habe ich diesen Roman seinerzeit auch einfach weggelegt, ich kann mich auf jeden Fall absolut nicht an ihn erinnern.

Und ich denke, ich werde ihn auch schnell wieder vergessen. Nicht, weil Arndt eine schlechte Schreibe hat, beileibe nicht. Nein, es ist ganz einfach die Story von Band 1443. Natürlich, so kann man sagen, Don Redhorse war auch ein Draufgänger. Und Gucky erst recht. Wie oft hat unser aller Lieblings - Mausbiber Befehle auf eine etwas eigene Art interpretiert? Doch hier liegt der Fall anders. Drei Raumschiffe, und seien sie noch so toll, in einer fremden Galaxis 50 Millionen Lichtjahre weit weg. Aber dann kommt einer an, belügt seine Kommandantin, verrennt sich total und macht einen auf Großkotz. Selbst wenn ein Rätsel gelöst wird, dass aber nicht handlungstragend sein dürfte.

Die Kommandantin ahnt die ganze Zeit von nichts und wird bewusst hintergangen. Wie nennt man sowas? Indirekte Meuterei? Kurt Mahr gibt sich zwar im Perry Rhodan Computer die allerbeste Mühe, Kerr - Moon zu verteidigen und klar zu stellen, warum er das gemacht hatte, aber damit läuft der damalige Chef-Physiker der Serie bei vor die Wand.

Nein, das wars nicht für mich. Absolut nicht. Daumen runter. :no:
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

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Band 1444 - Legende und Wahrheit ist von Kurt Mahr, erschienen am 24.04.1989
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"Eigentlich wollte ich nur mal ganz kurz Guten Tag sagen und dann direkt wieder verschwinden", sagte eine piepsige Stimme im Hintergrund. "Und was sehe ich? Bully am Rande eines Herzinfarktes. Sind das deine Therapie - Methoden? Holzhammer und so?"

"Das ist nicht auf ihrem Murks gewachsen", antwortete Bull dem Ilt. "Ich erzählte den nächsten Part unserer Geschichte. Sozusagen als Einstimmung für mich. Das war die Story mit der verschwundenen BARBAROSSA."

"Die mit dem stellvertretenden Kommandanten? Diesem Kartanin?"

"Genau dem."

"Okay. Dann verstehe ich deine Reaktion. Der Typ hätte mir gehören müssen. Freihändler hin, Freihändler her. Stell dir mal die Situation vor: Julian Tifflor ist mit..."

Gucky unterbrach sich, als er eine Lee sah, die Schwierigkeiten hatte, ernst zu bleiben. Sie stand augenscheinlich kurz vor einem Lachanfall. Als der Ilt verwirrt blickte und fragte: "Na, was denn?", war alles vorbei. Ihre Freundin fing an zu lachen und hörte einfach nicht mehr auf. Jedes Mal, wenn sie sich halbwegs beruhigt hatte, schaute sie einen der beiden Anderen an und das ganze Spiel ging wieder von vorne los. Irgendwann hielt sie sich den Bauch fest und kam langsam wieder zum Luftholen.

"So", sagte Gucky, "wir atmen jetzt dreimal tief ein, trinken einen Schluck Wasser und sind wieder okay. Was war das denn jetzt?"

Lee hatte immer noch Tränen in den Augen. "Ihr zwei seid wie ein altes Ehepaar. Herrlich. Gucky, du hast mit exakt den gleichen Worten angefangen wie Reginald hier. Wird man so, wenn man so steinalt ist? Oder habe ich in Bälde zwei Personen zum Therapieren? Weil ihr beide absolut gleich tickt?"

"Naja, ähnliche Situationen führen bei Individuen, die sich so lange kennen, zu ähnlichen bis gleichen Ergebnissen", erläuterte Bull. "Du hättest dabei sein sollen, als Tiff mit seinem Trupp zurückgekommen war und uns seine Erlebnisse erzählte. Ich hatte ihm damals recht deutlich unter die Nase gehalten, was ich von seinem Freihändler Führungsstil mit dem Laissez Faire gehalten habe."

Lee sah ihn an. "Okay, ich kann es mir jetzt vorstellen. Wie hatte Tifflor denn auf deine, sagen wir mal, Ansprache reagiert?"

"Oh, er meinte doch glatt, ich hätte es grade nötig und spielte auf Perrys und mein Verhalten nach der Rückkehr von unserem Mondflug an. Aus Sicht unserer damaligen amerikanischen Regierung war das, was wir da mit der Landung in der Wüste Gobi bewirkt hatten, schlicht und einfach Landesverrat. Draufgängerisch, rücksichtslos und Großmannssucht. Das waren seine Worte."

"Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ihr euch - sozusagen unter euch Unsterblichen - derart in die Wolle kriegen könnt."

Gucky grinste. "Dann solltest du mal zu uns kommen. Zwischen Bully und Perry, unseren beiden alten Kämpen, hat es mehr als einmal geknallt. Oder noch schöner, damals, in der schneller- weiter - höher - Zeit zwischen Perry und Atlan. Hat ab und zu richtig Spaß gemacht, da zuzusehen und sich eins zu grinsen. Ich könnte dir da Geschichten erzählen, beispielsweise als..."

"Eigentlich hatte ich gedacht, es dreht sich hier um mich", meinte Bull. "Du gehörst hier und heute ganz woanders hin. Also: Zieh Leine und verschwinde."

"Das hättest du wohl gerne", griente der Ilt. "Wisst ihr was? Ich erzähl euch noch den Rest von der Neyscuur - Geschichte und dann überlasse ich euch zwei Hübschen eurem Schicksal."


Spoiler
Gucky erzählt die Geschichte von Legende und Wahrheit:

Tiff war noch mit zwei der drei Schiffe vor Ort bei den Anoree. Das dritte war ja weg, weil man den Expeditionsleiter für ein Weichei hielt. Du sagtest grade Laissez-faire, Bully. Das konnte aber doch nicht sein, weil es ansonsten doch völlig unmöglich gewesen wäre, so eine Truppe wie die Freihändler zusammenzuhalten. Wenn Tiff wollte, konnte er ganz schön auf den Putz hauen, aber vielleicht wollte er so weit weg von zu Hause nicht. Es waren eben seltsame Zeiten damals.

Sie waren zu sechst von den Anoree eingeladen worden, sich an Bord ihres Schiffes YALCANDU auf einer Reise in Richtung - ich sag mal - Erläuterung diverser Unklarheiten zu begeben. Ein paar Fragen hatten sich ja aufgelistet: Wie war denn nun mit den Anoree und den Cantaro? Was war mit diesem Riesenschiff der Kartanin, der NARGA SANT? Und was Illu Siragusa? Zugegeben, die Fragen Nummer zwei und drei hatten nun nicht unbedingt etwas mit unseren aktuellen Schwierigkeiten zu tun, aber wenn man einmal da war, boten sie sich einfach an.

Was gibt es nun zu erzählen? Die drei Anoree, die als Gastgeber fungierten, machten eine lockere Rundreise mit unseren Freunden. Sie erfuhren etwas über die Funktionsweise der Schwarzen Sternenstraßen, einfach, indem man mittels ihrer Hilfe von einem Ort zum anderen reiste. Man flog durch den Ereignishorizont, war dahinter in einer dauerhaft milchig weißen Umgebung, in der man nicht klarkam und strahlte eine bestimmte Symbolfolge an die dort vorhandenen Stationen ab. Die gab es übrigens schon seit ewig und drei Tagen, Informationen über deren Errichtung konnten die Gastgeber nicht geben. Kurze Zeit später war man am Zielort angekommen, natürlich ebenfalls einem Schwarzen Loch. Das wars. Völlig unromantisch, wenn man die Technik beherrscht.

Was ein wenig seltsam war, war die Tatsache, dass Tiff & Co über die Sternenstraßen nur Anschauungsunterricht bezüglich der Nutzung erhielten. Informationen über die Erbauung gab es nicht. Und dabei sollten die Anoree ja die Erbauer dieser Dinger sein.

Wie dem auch sei. Am ersten Zielort fand man die teilweisen Überreste der NARGA SANT, diesem 90 Kilometer langen und 28 Kilometer breiten Schiff der Kartanin aus dem sterbenden Universum Tarkan. Ja, genau, da, wo die Galaxis Hangay hergekommen ist, die die Ursache für all den Murks war, den wir seinerzeit erlebten und wieder regeln durften. Ich sag ja immer, ohne Perry hätten wir eine ganze Menge Probleme nicht, die wir mit ihm zusammen lösen müssen. Ab und zu weiß ich nicht, ob das alles immer so richtig ist. Aber das ist ein ziemlich langes und separates Thema.

Das nächste Ziel war der Planet Temminalop. Toller Name, was? Den konnte ich mir gut merken, weil er die Verballhornung des Namens "Terminal Hope" in der Sprache der Anoree ist. 200.000 Menschen lebten dort. Sie nannten sich "Illumenschen" und hatten sich technisch zurückentwickelt, aber auf dem Niveau des zwanzigsten Jahrhunderts aller Zeitrechnung stabilisiert. Verbrennungsmotoren und so. Und schon war klar, wo Illu Siragusa abgeblieben war. Sie war ja mit ihrer Space Jet bekanntlich in das Siragusa - Black Hole hineingeraten und anscheinend warum auch immer hier in dieser Kleingalaxis wieder ausgespuckt worden. Die Besatzung der Jet bestand aus ihr und zwei männlichen Begleitern. Die müssen ganz schön was zu tun gehabt haben, wenn sich die Bevölkerung jetzt auf so eine Menge vervielfacht hatte. Das Problem an der Sache war nun das fehlende neue Blut. Wenn zweihunderttausend Wesen von nur drei Personen abstammen, führt das zu Inzucht mit den bekannten zumeist geistigen Problemen der bedauernswerten Nachkommen. Aber auch das regelte unser Tiff, nachdem man sich vor Ort kenngelernt hatte. Die Anoree versprachen, den Illumenschen vor Ort mit ihrer höher entwickelten medizinischen Technik zu helfen.

Das ist doch nett, oder? Zwei von drei Fragen sozusagen im Vorbeifliegen beantwortet. Aber dann, zum Schluss, sollten unseren Freunde noch eine besondere Ehre zuteilwerden. Ihre Gastgeber flogen mit ihnen zu den Planeten Aylay, der Ursprungswelt der Anoree. Aylay umkreiste eine kleine rote und steinalte Sonne mit zu vielen Milliarden Jahren auf dem Buckel. Allzu lange würde es wohl nicht mehr dauern, bis es zum finalen Kollaps des roten Sterns kam. Dann würde ein lauwarmer, dichter, brauner Zwerg übrigbleiben. Die ihn umkreisenden Planeten würden spätestens dann erkalten.

Demzufolge sah es auf Aylay nicht mehr besonders gut aus. Es war eine trostlose, kalte Welt. Ab und zu gab es ein paar Flüsse und kleinere Meere mit ein paar Inselchen. Hauptsächlich fand man aber an den Polen ausgedehnte Eiskappen. Kein Wunder, dass dort niemand mehr lebte und die Bewohner vor wer weiß wie langer Zeit ausgewandert waren.

Man landete auf diesem öden Ding und einer der Anoree führte Tifflor zur letzten Hinterlassenschaft seines Volkes, einer etwa einen Meter hohen, anthrazitfarbenen, mit Symbolen beschrifteten Pyramide. Und genau an dieser Stelle überfiel unseren große Julian Tifflor ein Anfall von Wissen und Weisheit. Er glaubte nämlich nicht, dass die Anoree die Schwarzen Sternenstraßen gebaut hatten. Sie würden mit den Urkräften des Universums spielen und wären nicht in der Lage, den Niedergang einer schlappen roten Sonne aufzuhalten? Da wäre ja wohl völlig unmöglich, argumentierte er. Er wurde ziemlich aufbrausend und donnerte wie Odin die Anoree an. So warf er ihnen allen Ernstes vor, die Milchstraßen - Expedition wäre verfolgt und bespitzelt worden. Toll was?

Da tauchen drei fremde Raumschiffe aus einem Schwarzen Loch auf. Man sieht sich die noch nicht mal an und sorgt für Informationen, was die wollen und wo sie hinfliegen? Ich war zum Beispiel noch nicht ganz hier, da standest du neben mir, Lee. Und ich bin die Friedfertigkeit in Person. Ab und zu war der gute Tiff dann doch ein bisschen daneben. Hätte er ansatzweise eine derart stringente Führung, wäre die BARBAROSSA niemals auf die Idee gekommen, ihr Glück woanders zu suchen. Aber er, Tifflor, der Große, darf natürlich in anderen Galaxien auftreten wir Graf Koks. Es waren eben seltsame Zeiten.

Naja, irgendwann legte sich die Aufregung. Das Ende vom Lied war, dass die Anoree tatsächlich nicht die Erbauer der Schwarzen Sternenstraßen waren, sondern nur so was wie deren Erben. Die tatsächlichen Erbauer nannten sie die Herren der Straßen Archäonten. Wobei sich hinter diesem Namen natürlich nur die Übersetzung des Translators verbarg. Über Zeitabläufe konnten sie natürlich nichts sagen, wäre ja auch zu schön gewesen. Sie wussten auch nicht mehr, wer diejenigen waren, denen sie das große Erbe zu verdanken hatten. Ein Erbe, das sie befähigte, mit geringem Zeitaufwand in die fernsten Abschnitte des Universums zu reisen.

Und da die Anoree nur verwalteten, aber selber nicht wirklich Ahnung von der Materie hatten, war Tiff sich ziemlich sicher, dass sie durch das schwarze Loch ihrer Ankunft auch wieder zurückreisen konnten. Egal, was sie vor Ort dazu hörten. Julian bewirkte sogar, dass die drei Forscher, mit denen sie die ganze Zeit unterwegs gewesen waren, sie mit in Richtung Milchstraße begleiten wollten. Als die BARBAROSSA wieder zurückkehrte, brachen sie auf.


"Die ganze Aktion war für die Anoree ziemlich verwirrend. Zum Beispiel, als sie erfuhren, dass die Cantaro in der Milchstraße äußerst übel herrschten und einen auf dicken Maxe machten. Denn eines muss man sagen: Die Anoree waren zwar ein wenig seltsam, aber absolut friedlich. Die Cantaro kannten sie als, nun, eine Art Ableger, die sich mit Hochtechnologie spickten. Aber friedlich wären sie unbedingt geblieben, schworen sie. Die Stories, die sie von unseren Freunden hörten, konnten sie nicht nachvollziehen.

Aber damit ist der Abschnitt Neyscuur beendet. Beim nächsten Mal geht es in der Heimat weiter", schloss Gucky seine Erzählung ab.

Lee schaltete ihr Aufzeichnungsgerät ab und sah Gucky an. Bevor sie etwas von sich geben konnte, sagte der Ilt: "Ich wollte tatsächlich nur kurz Hallo sagen und hier keinesfalls als überflüssiger Ballast erscheinen. Ich verziehe mich wieder und wünsche euch gute Gespräche."

Sprachs und war mit einem Plopp verschwunden.
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Der Roman war nett. Aber mehr nicht. Es gab ein paar neue Erkenntnisse, ja, aber die wirklichen Hintergründe wissen wir noch nicht. Die Story? Seicht, kein bisschen Spannung. Wenn die Anoree ein Problem damit hatten, offen zuzugeben, dass sie nicht die Erbauer der Schwarzen Sternenstraßen waren - warum flogen sie mit Tiff & Co nach ihrer Ursprungswelt Aylay? Die Beschriftung der dortigen Pyramide führte ja erst zu Tifflors Erkenntnis. Gut, Verdacht hatte er sowieso schon geschöpft, aber exakt dort wurde es so gut wie zur Gewissheit.

Und überhaupt: Denn stellvertretenden Kommandanten der BARBAROSSA fasst er, so wie es aussieht, mit Samthandschuhen an und bei den Anoree haut er dermaßen auf den Putz, dass mir die armen Teufel direkt leidgetan hatten. Solch ein Verhalten halte ich für äußerst unstrukturiert. Immerhin waren sie als absolut Fremde soeben erst in Neyscuur aufgetaucht.

Der Ausflug nach Neyscuur hatte es für mich nicht gebracht. Der nächste Band spielt wieder in heimatlicheren Gefilden, stammt von KHS und kann eigentlich nur besser werden.

Vorher geht es aber noch in dem Gespräch zwischen Bully und Lee weiter.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

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Zwischenspiel:


"Ich muss irgendwo anfangen", sagte Reginald Bull zu Lee Barringham. "Du sollst wissen, wer ich bin und wie ich geworden bin, wer ich bin. Das dürfte die sinnvollste Art und Weise sein."

Lee nickte. Ja, dachte sie. Um seine Persönlichkeiten einschätzen zu können, ist das am besten. Sofern das bei einem Unsterblichen mit seiner Lebenserfahrung überhaupt möglich ist. Sie nickte und meinte: "Das sehe ich auch so. Darf ich ein Aufzeichnungsgerät mitlaufen lassen?"

"Natürlich. Mir ist ja klar, dass ich sowohl ein lebendes Geschichtsbuch als auch eine öffentliche Person bin. Schriften, die mich analysieren, füllen ganze Bibliotheken. Du dürftest in der Lage sein, selber zu erkennen, was davon raus darf und was nicht."

"Dieses Wissen ist der Sinn meiner Ausbildung. Aber alles, was du sagst, bleibt hier in diesem Raum. Die Aufzeichnung sind nur für mich zur weiteren Arbeit bestimmt. Auch auf Newengland unterliegt man dem hippokratischen Eid."

Bull sah sie an und trank einen Schluck Kaffee, schwarz, stark und ohne Zucker. "Entschuldige bitte, dass meine Äußerungen Zweifel bei dir wecken mussten. Ab und zu bin ich nach all den Jahren immer noch ein Trottel."

Lee winkte ab.

Reginald Bull begann:

"Irgendwann hat mal jemand Kriegstreiber zu mir gesagt. Auf meine Frage, ob er das ernst meinte, kriegte ich zu hören, dass ich mir mal überlegen solle, wieviel Tote in welchen Kriegen auch immer ich zu verantworten hätte. Ich stellte meine Frage nochmal und als ich dann ein arrogantes "Selbstverständlich" zu hören bekam, hätte ich diese Figur am liebsten quer über den Tisch gezogen und ihm links und rechts ein paar um die Ohren gehauen.

Zu seinem Glück war der Kleine bei mir und hat mich wieder beruhigt. Was nämlich Krieg bewirken kann, weiß ich seit 1944 alter Zeitrechnung, da war ich sechs Jahre alt. Mein Vater starb im Juni 1944 in der französischen Normandie bei dem letzten großen planetarischen terranischen Krieg, dem damaligen zweiten Weltkrieg. Ich meine, man kann sich als Sechsjähriger den Krieg nicht wirklich vorstellen. Das kann man ja kaum als Erwachsener, wenn man das Glück hat, bis dato nichts damit zu tun zu haben. Aber ich hatte kapiert, dass irgendwo etwas ganz Schlimmes passiert war und ich meinen Daddy nie mehr sehen sollte. Sowas prägt einen fürs Leben, glaub mir das. Egal, wie lang es dauert. Es gibt Dinge, die vergisst du nicht. Daraus folgte eines der Ziele, die ich für mein Leben habe. Egal, wie lange es noch dauern wird. Sollte ich durch aktives oder passives Handeln dazu beitragen, dass Leben erhalten bleibt, hat sich mein Einsatz gelohnt. Auch wenn es dazu führt, dass man dafür so manches Mal eine Faust in der Tasche machen muss.

Im Übrigen: Wenn du Fragen hast, scheue dich nicht, sie mir zu stellen."

"Okay, hier ist die Erste: Hast du das Grab deines Vaters jemals besucht?"

Der Terraner seufzte. "Nein", sagte er. "Anfangs war ich zu klein. Später musste meine Mutter sehen, wie sie alleinerziehend meine Schwester und mich durchbrachte. Es war einfach kein Geld da. Noch später war keine Zeit da. Irgendwas war immer."

"Gibt es die Kriegsgräber heute noch?"

"Als Gräber in der Nähe von Omaha Beach wohl nicht mehr. Aber eine Gedenk - Stele dürfte meines Wissens immer noch zu finden sein. Um die mahnenden Gedanken wach zu halten, auch nach all der Zeit. Um immer wieder darüber zu berichten, was Menschen anderen Menschen antun können."

"Kannst du dich noch an deinen Vater erinnern?"

"Ein bisschen ist hängen geblieben. Wenn ich es als kleiner Junge übertrieben hatte, gab es auch schon Mal ein paar hintendrauf. Da waren, nun ja, ich habe es mal als heilsame Lehren bezeichnet, die mir halfen, in die richtige Spur zu kommen."

"Bist du sicher, dass das dem kleinen Reginald gutgetan hat? Hattest du damals Angst vor deinem Vater?"

Bull lehnte sich zurück und sah Lee nachdenklich an.

"Naja, es ist eine Ewigkeit her und irgendwo im Hintergrund verschwunden. Aber jetzt, wenn die Bilder nach vorne kommen, hm, ich denke ja. Du hast Recht. Mein Bestreben danach war, meinen Dad zu gefallen. Ich wollte, dass er sich mit mir beschäftigen würde."

Lee stand auf, wischte einmal mit der Hand und ein tafelähnliches Ding entstand mitten im Raum. Sie hielt plötzlich einen ebenso virtuellen Stift in der Hand und sah, dass ihr Gesprächspartner anerkennend nickte. Sie lachte.

"Was denn, hättest du uns das nicht zugetraut? Bier, Steaks, teetrinkende alte Damen und über die Politik schimpfende Honoratioren, was? Mehr scheinen wir in deinen Augen nicht zu sein. Glaub mir, wir sind moderner als du denkst!"

Bull fühlte sich ertappt und sah, wie Lee die Worte Vater, Mutter und Anerkennung auf die Tafel schrieb. Unter das Wort "Vater" schrieb sie "Krieg" und "Tod". Unter der Mutter vermerkte sie Schwester - "Madison", ergänzte Bull. Das Wort Schwester verschwand und ihr Name tauchte auf. Darunter stand "Reginald" sowie "alleinerziehend" zu lesen.

"Lebtet ihr in auf dem Land oder in einer Stadt?"

"Ha!", machte der Terraner. "Wir lebten in der Stadt der irdischen Städte. Der Großstadt der Großstädte, die später wahrscheinlich eine Art Vorbild für Terrania wurde. Wir wohnten mitten in New York City, Bezirks Queens, Stadtteil Flushing. Eine grundsätzlich ordentliche Wohngegend, die unsere Mutter sich auf Grund der staatlichen Versorgung der Kriegswitwen so grade noch leisten konnte. Aber trotzdem war es nicht einfach. Sie musste jeden Cent dreimal rumdrehen, bevor sie ihn ausgab."

Lee notierte das Wort "Großstadt" an die Wand mitten in der Luft - unter das bisher Geschriebene. Hinter die Namen der Kinder setzte sie eine Klammer und schrieb "Freunde?" dahinter.

"Wie meinst du das? Madison und ich haben uns vertragen, wie das bei Geschwistern nun mal so ist. Wir liebten uns, was uns nicht davon abhielt, uns ab und zu gegenseitig vermöbeln zu wollen. Mum zog uns dann beide an den Ohren auseinander. Ja", nickte er. "Ich glaube, wir waren nicht nur Bruder und Schwester. Wir waren auch Freunde."

"Andere Kinder?"

"Ja. Jede Menge. Ein loser Haufen mit ein paar engeren Beziehungen dabei, wie das halt so ist. Ich denke, in dieser Richtung hatte ich eine völlig normale Großstadt - Kindheit."

Lee nickte. Sie stellte weitere Fragen zu dieser Zeit, die Bull zu seinem großen Erstaunen nach all den Jahren noch ziemlich gut beantworten konnte und ganz langsam wurde ihm klar, worauf dieser erste Teil hier hinauslaufen sollte. Nach einiger Zeit setzte Lee zu einer Erklärung an.

"Wenn wir hier zu einem Ergebnis kommen sollen, muss ich ganz offen sein dürfen, auch wenn dir vielleicht das eine oder andere nicht passt."

"Ich bitte ausdrücklich darum, dafür sitzen wir ja hier. Mach dir keine Sorgen, dass ich das in den falschen Hals kriege. Für mich gab es mit absoluter Sicherheit unangenehmere Situationen als diese hier."

"Ich habe keine Ahnung", begann Lee, "wie Großstädte damals in der rein planetaren terranischen Zeit funktionierten. Ich nehme aber mal an, dass sie sich von ein paar Eimern Technik abgesehen nicht großartig von den heutigen unterschieden. Mehr Krach, mehr Gestank, schon alleine durch die mit fossilen Energien betriebenen Fahrzeuge, keine Gleiter, aber das dürfte es im Großen und Ganzen sein."

Bull nickte bestätigend.

"Und dort lebtet ihr mit eurer alleinerziehenden Mutter. Mitten drin. Sie hatte die wenig beneidenswerte Aufgabe, auf euch zwei Kinder nicht nur aufzupassen, sondern euch auch zu beköstigen, alles für euch zu regeln, für Geld zu sorgen und nebenbei noch den Haushalt zu führen. Ein Kind, ihr Sohn Reginald, hatte zudem eine Art Sockenschuss. Der lief ständig zum nahen Militärflughafen und sah den startenden Flugzeugen nach. Dann las der zu Hause in Heften herum, in denen der Weltraum mit irgendwelchen Raumschiffen eine Rolle spielte. Zum Leidwesen deiner Mutter konnte sie dem kleinen Reginald diese Flausen nicht austreiben. Sie hatte große Sorgen, dass aus ihm nichts Vernünftiges wird. Deine Hefte waren hauptsächlich geklaut, du hast anderen Menschen Streiche gespielt und ansonsten den größten Teil deines Lebens mit Tagträumen verbracht. Soweit richtig?"

"Besser hätte ich es nicht beschreiben können."

"Okay. Mit wenigen Worten, deine Mutter funktionierte. Ich mutmaße mal, ein großartiges wirklich eigenständiges Leben hatte sie nicht. Ehemann im Krieg geblieben, Kinder klein. Wie hat sich dieses Funktionieren später auf dich ausgewirkt?"

"Hm", machte Bull. "Wen ich ehrlich bin, war das im meinem späteren Leben ziemlich identisch. Nur eben mit anderen Voraussetzungen. Egal wo, egal wie. Galakto - City, später Terrania, Solares Imperium. Trotz gefühlter ständiger Angriffe auf uns alles am Laufen halten. Funktionieren. Privatleben? Von ganz wenigen Situationen abgesehen keins. Der Kleine würde jetzt sagen, das, was er Privatleben nannte, hat er in Raumfahrerkneipen verbracht und seine Trinkfestigkeit erhöht. In einem viel zu langen Leben viel zu wenig Zeit für mich selber."

Lee schrieb das Wort "Zeit" an die Tafel, umkreiste es und machte Pfeile zu Reginald und seiner Mutter.

"Kinder sehen sich viel von ihren Eltern ab und übertragen es in ihr späteres Leben. Für gewöhnlich erst, wenn sie erwachsen sind. Den fehlenden Vater kann sie nicht ersetzen, aber da die Mutter zumeist sowieso die erste Bezugsperson für die Kinder ist, fällt das nicht ganz so schlimm aus, als wäre die Mutter die Verstorbene. Und du? Du warst sechs Jahre alt, als die Nachricht von Tod des Vaters eintraf."

"Ja. Mutter erhielt einen amtlich aussehenden Brief. Ich sehe heute noch ihr entsetztes Gesicht, als sie ihn in Empfang nahm. Sie wusste schon vor der Öffnung, was drinstand, schloss sich aber zuerst mit dem Schreiben in der Küche ein. Wir mussten vor der Tür warten. Nach einer Weile machte sie die Tür wieder auf, sah uns mit Tränen in den Augen an und sagte uns, was passiert war."

"War deine Schwester im Laufe ihres Lebens am Grab eures Vaters?"

Reginald Bull wurde sehr ruhig, bewegte sich kaum noch und flüsterte kaum hörbar: "Ja."

Lee sah dem ihr überantworteten Reginald Bull direkt ins Gesicht. "Lektion eins", sagte sie. "Du wirst dich an die Stelle begeben, an der dein Vater begraben wurde."

"Das hat schon fast Befehlscharakter. Du lässt mir keine Wahl?"

"Nein. Es muss sein. Es gibt nach einer Zeit, die für mich als Normalsterbliche eine schiere Ewigkeit ist, immer noch viel zu viel Unausgesprochenes zwischen deinem Vater und dir. Geh zu dieser Stele. Und wenn sie nicht mehr da ist, setz dich ins Gras oder wohin auch immer. Und sprich dich endlich mit deinem Vater aus. Sag ihm, was du zu sagen hast. Auch nach all den Jahren. Er hat es verdient, denn er ist auch für dich, seinen Sohn, gestorben. Und der hat es auch verdient. Der gehört zwar zu den absoluten Leistungsträgern seiner Gesellschaft und seiner Zeit, aber er ist immer noch ein Mensch."

Reginald Bull wurde sehr nachdenklich, lehnte sich zurück und sagte lange Zeit nichts.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

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Band 1445 - Gensklaven für Uulema ist von K. H. Scheer, erschienen am 02.05.1989
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Als Lee Barringham zusammen mit Reginald Bull den Singenden Ochsen betrat, sahen sie an dem Tisch in ihrer Stammecke bereits Gucky in heftiger Diskussion mit John Talbot, ihrer alten und neu wiedergefundenen Liebe.

"Ich sehe ja ein", sagte Gucky just in diesem Moment, "dass es nicht immer falsch war, sich aus allem herauszuhalten. Wenn ihr Pech gehabt hättet, wäre eure Welt vor Urzeiten schon von den Bestien vernichtet worden. Die Verdummungsphase mit dem Schwarm habt ihr überstanden, weil eure Sonne einen leichten 6d - Hau hat. Deswegen funktionieren meine telepathischen Sinne nicht. Gleichzeitig seid ihr hier in einer Ecke der Milchstraße versteckt, in der man euch sowieso so gut wie nicht findet. Und wenn ANANSI schon dreieinhalb Sekunden braucht, um mit einer Information rauszurücken, will das was heißen. Kapier ich alles. Aber ihr könnt die Leute, die mal was anderes sehen wollen, nicht auf ewig wegsperren!"

"Du meine Güte!" Das war John Talbot. "Ich habe doch nur versucht, die Geschichte Newenglands mit ein paar Begründungen zu liefern. Wir wollen ja einen Weg für die Öffnung finden. Geht das in deinen Mausbiberkopf rein? Da diskutiere ich ja lieber mit den Knochenköppen der Regierung!"

Da komm ich ja grade richtig, dachte Lee und begutachtete die beiden Streithähne aus der Nähe. "Wenn man dich so kennenlernt, machst du ja den Eindruck, als könntest du keiner Fliege etwas zu Leide tun", sprach sie Gucky an. "Aber aus der Nähe betrachtet, kannst du ein ganz schön sturer und eigensinniger Hund sein."

"So wird man eben, wenn man so lange unter Terranern lebt. Entweder man setzt sich durch oder man geht unter." Er zeigte auf Reginald Bull, der sich sein Bier wieder aus dem Zapfhahn Nummer zwölf geholt hatte. "Im Übrigen hat der da damit angefangen. Irgendwann im 20. Jahrhundert alter Zeitrechnung."

"Das war 1975", echote Reginald Bull. "Hätte ich damals schon gewusst, was auf mich zukommt, hätte ich mich als Schafzüchter nach Schottland verzogen und Whisky getrunken."

Lee umarmte John, die beiden küssten sich kurz, anschließend setzte sie sich mit an den Tisch. Sie seufzte und sah Gucky an. "Als sie mich anfangs zu dir schickten und sagten - Pass mal auf den was auf - hatte ich nur einen Verrückten am Hals. Jetzt darf ich mich mit drei von eurer Sorte herumschlagen. Wie kann man so etwas nur ertragen?"

Sie nickte dem Wirt Billy McGuyer zu, der ihr anschließend eine Flasche mit augenscheinlich äußerst obskurem Inhalt und ein Glas brachte. Sie goss sich eine Flüssigkeit, die eine entfernte Ähnlichkeit mit Bier hatte, in ihr Glas und trank einen Schluck. "Aber wo ihr zwei Herzblätter grade beim Thema seid, wie steht denn die Diskussion über unsere Freiheitsliebenden?"

"Du hast bei deinem Auftritt schwer Eindruck hinterlassen", berichtete John. "Der hat mittlerweile zu einem halben Aufruhr geführt. Wie zu erwarten war, haben sich etliche Fraktionen gebildet. Die einen wollen alles so lassen, wie es ist. Die ganz Sturen wollen noch nicht mal mehr Exporte oder Einfuhren. Newengland den Newenglandern. Alle anderen raus und weg. Das genaue Gegenteil gibts natürlich auch in diversen Schattierungen. Die neue Bewegung hat inzwischen eine parlamentarische Mehrheit und einen Misstrauensantrag eingebracht, der zum Rücktritt des Premierministers führte. Jetzt hat man sich zunächst auf Neuwahlen geeinigt. Danach wird es wohl eine Grundsatzabstimmung über das weitere Wohl Newenglands zum Thema Öffnung geben."

"Das Ergebnis kenne ich schon jetzt", knurrte Bull. "Da Parlamente im Regelfall die Strömungen innerhalb der Bevölkerung abbilden, wird euch die Meinungsvielfalt zu diesem Thema erhalten bleiben. Es ist grundsätzlich egal, wie ihr euch entscheiden werdet, ihr müsst auf die Bevölkerungsteile an den äußeren Enden achten. Die brauchen auf jeden Fall ein Zückerchen, sonst werden aus extremen Ansichten plötzlich extremistische. Alles schon x - mal erlebt."

Gucky nickte. "Ja, wo der Dicke recht hat, hat er recht. Aber unser junger Freund hier", er zeigt auf John, "hat, wie ich meine, ziemlich vernünftige Ansichten und lässt sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen. Noch nicht mal von mir. Und das will was heißen. Wie wäre es denn mal mit richtiger politischer Verantwortung?"

Er sah John dabei an, der just in dem Moment aus seinem Glas eine größere Menge "Billy McGuyers Original Pear Cider" trinken wollte und sich prompt verschluckte.

"Wenn Gucky sowas sagt, ist das so gut wie ein Ritterschlag und mindestens die halbe Miete", meinte Bull, lehnte sich zurück, trank sein Bier aus dem Zapfhahn Nummer zwölf aus und stand auf, um sich ein Neues zu holen.

Mit dem frisch gezapften Bier zurückgekehrt, eröffnete Bully dem Ilt, dass er die nächste Folge erzählen dürfe, ehe er weiter Unsinn rede.

Der seufzte entsagungsvoll. "Immer auf die armen Kleinen! Dann wollen wir mal."
Er holte tief Luft und begann zu erzählen.


Spoiler
Gucky erzählt von den Gensklaven für Uulema:

Es gibt Leute, die sind ganz arme Teufel. Yart Fulgen von Stiftermann III war so einer. Der Typ mit dem scharfen und analytischen Verstand, der von den Cantaro als Syntronstatistiker benutzt wurde.

Es war einfach zuviel für ihn. Eine übermütig lachende Frau hatte ihn ins Wasser gestoßen. Dabei konnte er nicht schwimmen und wollte sich lediglich die Füße baden. Panikerfüllt schaffte er es so grade noch hampelnd und strampeln ans Ufer, nur um dort festzustellen, dass ein reptiloides Ungeheuer seine beiden Kameraden zu verspeisen gedachte.

Er musste sich selber in Sicherheit bringen und dann sollte er das Monster noch erschießen. Nach einigem Hin und Her schaffte er es tatsächlich, sein Cantaro - Wundergewehr Z4K startklar zu machen. Er sollte das Monster damit erledigen, traute sich aber nicht so ganz. Er war mit den zwei anderen, eben den beiden, die auf dem Vorspeisenteller des Reptils landen sollten, zu einem Erkundungsflug auf dem Planeten Uulema unterwegs. Zu dem Auftrag von Widder - Chef Homer G. Adams gehörte es zudem, alles zu vermeiden, was die hier arbeitenden Cantaro - Roboter aufmerksam machen könnte. Und so ein Teil war in der Nähe von dem Tümpel, in dem die zwei anderen sich zu verlustieren gedachten, unterwegs und ebnete alles ein.

Er durfte also nicht schießen, sein Hochenergieschuss wäre mit Sicherheit geortet worden. Andererseits - vielleicht waren die im Moment eingesetzten Maschinen derart dämlich, dass sie nichts orten würden. Weil sie eben einfach nur Gelände einebneten. Yart Fulgen entschied sich also, das Gewehr zwar zu benutzen, aber nur einen kurzen und scharf fokussierten Thermostrahl abzugeben. Der musste natürlich das Ungeheuer sofort treffen und töten, was natürlich auch gelang. Was auch sonst? Das Monstrum war tot und die Cantaromaschine machte weiter, als ob nichts gewesen wäre. Glück gehabt.

Das war auch die Meinung von Aktet Pfest, einem Springer von einer 2,1g Welt, der prustend aus dem Wasser kam. Für die dritte im Bunde, die Widder Agentin Ondri Newtton, galt das leider nicht. Sie musste wiederbelebt werden. Was wiederum für den Springer überhaupt kein Problem war, für Yart Fulgen dafür umso mehr. Denn zum einen befürchtete er, dass Pfest der armen Ondri ein paar Rippen brechen würde und zum zweiten war Ondri so gut wie völlig unbekleidet ins Wasser gesprungen.

Da staunt ihr, was? Splitterfasernackt sind die beiden ins Wasser gehüpft und nun wusste Yart Fulgen nicht wohin mit seinen Blicken. Anstatt Pfest zu helfen, fing er verschämt an, Newttons unbekleideten Oberkörper einzuwickeln. Der Springer erklärte ihn für endbescheuert, hatte aber zum Glück mit seinen Versuchen Erfolg. Wasser quoll aus Ondris Mund, sie rang krampfhaft nach Luft und fing an zu husten. Unbekleidet aber lebendig fand sie sicher besser als angezogen und tot.

Was? Das siehst du auch so, Lee? Dann pass aber auf, wen du mitnimmst, wenn es mal gefährlich werden sollte. Und spring nur nicht nackt in irgendwelche Tümpel hinein. Dann fressen dich erstens keine Monster und zweitens gibt es keine Probleme bei der Wiederbelebung.

Aber ich will mich mäßigen. Hier über so einen armen Teufel zu lachen, ist auch nicht die feine englische Art. Man ist ja schließlich ein anständiger Mausbiber. Naja, Fulgen zeigte danach, dass auch er etwas taugt: Der Tierkörper des Reptils und verräterische Restspuren verschwanden in einem Desintegratorfeld. Aktet Pfest kam daher zu dem Ergebnis, dass man Yart Fulgen eigentlich ganz gut brauchen könne, wenn er nicht grade nackte oder fast nackte Schönheiten betreuen musste.

Als die junge Frau ihre Lebensgeister wieder verspürte, richtete sie sich auf und wollte sich orientieren. Da wäre der arme Yart fast in Ohnmacht gefallen, als sie so plötzlich in voller Schönheit vor ihm stand. Ondri merkte, dass ihr Gegenüber in dieser Beziehung mehr als nur verklemmt war und zog ein von Fulgen angeschlepptes Notkleidungsstück über. Verstanden hatte sie das Verhalten des armen Teufels nicht, aber sie wollte ihn nicht noch mehr in Verdrückung bringen und verhielt sich entsprechend. Zumindest solange, bis sie erfuhr, dass bewusstes Notkleidungsstück eine modifizierte Unterhose war...

Ihr Menschen seid eben komische Leute. Sowas hätte es bei Ilts nie gegeben. Deswegen sind ja auch wir Mausbiber und nicht irgendwelche Affenabkömmlinge die Zierde des Universums. Aber zurück zum Thema. Was wollten die drei eigentlich auf Uulema, einer Eastside - Welt? Perry hatte auf Arhena, der Stützpunktwelt von WIDDER eine Information erhalten, dass auf Uulema eine gewaltige Mehrzweckbasis der Cantaro errichtet werden solle. Da galt es natürlich, sich das ganze mal anzusehen, um dort vor Baubeginn einen Beobachtungsposten zu errichten.

Normalerweise ist so etwas ganz einfach. Perry kommt, sieht und siegt. Relativ locker. Diesmal klappte das aber nicht so einfach, zumal ein weiterer WIDDER Mann namens Tetch Wossonow erstmal sehen wollte, was dieser, ich zitiere wörtlich, ich stand nämlich daneben, Anachronismus namens Perry Rhodan überhaupt leisten könne. Endlich mal einer, der sich sowas getraut hat. Ja, wir waren ein paar Jahrhunderte verschwunden gewesen, tauchten aus dem Nichts wieder auf und meinten, wir könnten die Milchstraße retten. Da darf man sicherlich mal nachfragen, ob das alles so richtig ist. Wobei mir bis heute nicht klar ist, ob ich den Typ leider kann oder nicht. Er hat sich zum Beispiel geweigert, mich beim Namen zu nennen. Bepelzter hat er zu mir gesagt. Bepelzter! Er hatte Glück, dass die Cantaro schon landeten und ich somit meine Psi - Kräfte nicht einsetzen durfte. Sonst hättest du Konkurrenz beim Fliegen über dem Suppentopf bekommen, Dicker!

Wir schafften es auf jeden Fall, eine Art fünfter Kolonne in einem der Bautrupps unbemerkt zu erreichten, um zu sehen, was sich dort abspielte. Zuerst landeten ein paar Schiffe, die spezielles Arbeitsgerät abluden, um mit dem eigentlichen Ausbau des Stützpunktes zu beginnen. Ein paar Tage später wurde es dann weniger schön. Man konnte sehen, dass die Fundamente für eine Genfabrik fertig waren. Die nächsten Schiffe sollten dann auch das benötige Genmaterial bringen. Gefangene ohne Ende.

Die kamen dann auch. Hauptsächlich humanoide Fremde wurden von den Transportern entladen und von Spezialzüchtungen der Cantaro bewacht. Diesmal waren das genmanipulierte Topsider, brutale Wesen ohne Mitleid. Das hatten die Cantaro heraus experimentiert. Die armen Schweine vor Ort mussten darunter leiden. Aber der Bedarf an Wesen, auf die die Cantaro sich verlassen konnten, war immens. Versuche mal, sagte Tetch zu Perry und mir, eine geklonte Besatzung von irgendwas wozu auch immer zu überreden. Sie wird dich sofort vernichten. Sofort. Die Cantaro, so erklärte er weiter, regierten mit NATHANs Hilfe wie Götter. Und dann kommt ihr von außen und wollt alles im Handstreich regeln, meinte er.

Perry sagte nichts. Ihm war klar, dass er ein lebendes Fossil war. Mehr nicht. Und dass er die Leiter des Erfolgs wieder von unter zu erklimmen hatte. Was Tetch von mir, dem Bepelzten, hielt, ist mir nie so ganz klar geworden.

Für uns alle aber war das ganze Procedere derart ungeheuerlich, dass sich alles in uns weigerte, auch an die Konsequenzen der Handlung der Cantaro auch nur zu denken. Wir mussten feststellen, dass auch wir die Milchstraße nicht über Nacht aus den Angeln heben konnten. Noch nicht mal ich. Stellt euch das mal vor. Ich durfte auf Uulema sowieso nicht allzu viel, jetzt wo die ganze Sache Form annahm. Man hätte mich anmessen können und die Cantaro hatten ganz nette Antipsi - Felder und Waffen. Also musste ich schön brav einen auf ganz lieben Mausbiber machen. Nicht, dass mir das schwergefallen wäre. Ihr braucht mich ja nur anzusehen, dann dürfte das klar sein. Sogar Bully müsste das mittlerweile begriffen haben.

Aber Gedanken lesen, das durfte ich noch. Und so stellte ich zu meinem großen Erstaunen fest, dass unser Freund Pedrass Foch unter den Neuankömmlingen war. Den galt es natürlich zu befreien. Perry und Tech Wossonow mischten sich unter die Ankömmlinge, ich war unter einem Deflektor - Schirm auch dabei. Natürlich schafften wir es, Foch zu befreien. Obwohl, wenn ich da schon gewusst hätte, was ich später erfahren sollte, wer weiß, wie ich dann reagiert hätte. Wusste ich aber nicht. Für uns war Foch ein Verbündeter, dem es zu helfen galt.

Wir schafften es, die Cantaro zu übertölpeln und sie in dem Glauben zu lassen, eine Space - Jet mit Perry und Foch an Bord vernichtet zu haben. Das Ding war natürlich leer. Aber für diese Wunderknaben galten Perry und Foch erstmal als tot und unseren Stützpunkt fanden sie auch nicht.

Foch erzählte uns noch, die Cantaro gedächten hier eine riesige Hyperfunkstation zu errichten, über die sämtliche Einsätze in der Eastside koordiniert werden sollten. Daraufhin ging es für Perry zurück auf Bullys CIMARRON. Ziel war es, nach Phönix zu fliegen, um dort Freihändler zur Unterstützung mit kampfstarken Raumschiffen samt Besatzung zu bewegen. Foch und ich blieben vor Ort.




"Wenn die ganze Angelegenheit nicht so traurig wäre, könnte ich mich stundenlang über diesen armen verklemmten Teufel amüsieren", meinte Lee. "Aber so? Wenn ich nur an diese ekelhafte Zuchtgeschichte mit den Genexperimenten denke, wird mir schlecht."

"Ja", sagte Reginald Bull. "Wir hatten damals schon mehr in unseren Leben gesehen, als die meisten anderen Wesen. Aber diese Endzeitvisionen? Heere von hörigen Kreaturen. Und wir hatten im Grunde von nichts eine Ahnung. Und waren auch zu diesem Zeitpunkt immer noch ganz am Anfang."


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Der arme Karl Herbert konnte einem leidtun. Da war eines der Hauptthemen auf den damaligen LKS das Thema "Sex in Perry Rhodan". Rauf und runter und immer wieder. Als Mitglied der lesenden Zunft merkte man deutlich, dass dieses Thema Einzug in die Romane nahm, allerdings so manches Mal auf eine Art, die mich den Kopf schütteln lässt. Die arme Frau wird in eine zurechtgeschnittene Unterhose gesteckt, damit Fulgen wusste, wo er hinsehen durfte. Du meine Güte. Clark Darlton hätte ich das geglaubt. Aber Scheer?

Ob Scheer sich das "Abenteuer" von Yart Fulgen selber ausgedacht hat oder ob das im Exposé vorgegeben war? Würde mich mal interessieren. Aus heutiger Sicht wirkt sein Versuch, in dieser Richtung tätig zu werden, ein wenig antiquiert. Ich könnte mir vorstellen, dass eine derartige Szene in heutigen Romanen geschrieben zu Lachsalven oder aber eher noch gefüllten Garagendächern führen würde. Gucky sieht das weiter oben völlig richtig: Lieber nackt und lebendig als angezogen und tot. Ich bin mal neugierig, welche Stilblüten da noch kommen werden.

Aber wenn man dieses Thema mal ausklammert, ist das ein durchweg guter Roman. Scheer serviert keine Überhelden, die uns als verkappte Supermänner rüberkommen. Nein, er hat zwei erfahrene Agenten und mit Tetch Wossonow jemanden, der sich nicht scheut, Rhodan deutlich zu sagen, dass er eigentlich komplett aus der Zeit gefallen ist und ganz brav zu sein hat. Und sogar Rhodan wird dies endlich mal klar. Er macht es geschickt: Vor meinem geistigen Auge schlurften Massen von hauptsächlich humanoiden Wesen angsterfüllt umher, der Autor geht aber nicht in den persönlichen Bereich. "Das kannst du dir hier abschminken", sagt Wossonow dazu, egal, wie entsetzt Rhodan ist.

Wäre der Missgriff mit dem armen Yart Fulgen zu Beginn nicht gewesen (und der wars zumindest für mich überhaupt nicht), wäre dieser Band für mich knapp an einem "Sehr gut" vorbeigeschrammt. So liegt die Gesamtnote für mich bei einer drei. Aber trotzdem: Scheer kann auch ohne Superhelden. Daumen hoch!
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1446 - Robotersporen - ist von Peter Griese, erschienen am 08.05.1989
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"Ich weiß ja, dass dein neuer Kumpel Reginald Bull höchstpersönlich ist", sagte Wirt Billy McGuyer zu Lee Barringham. Lee war auf einem Wink Billys hin aufgestanden und zur Theke gegangen. Die beiden Anderen versuchten derweil, ihren armen John zu überreden, doch als Regierungschef zu kandidieren.

Lee blickte Billy an. "Und?", fragte sie.

"Der trinkt immer das Bier aus der Nummer zwölf. Das wollte früher kaum einer, das war sozusagen mein Exoten - Bräu. Aber seit Bull öffentlich Kund getan hat, dass diese Brühe besser schmecken würde als meine weiteren Angebote, wollen alle nur noch das Bully - Bier trinken. Das ist ein Problem."

"Warum? Nachschub bestellen, Preise leicht erhöhen und säckeweise Geld verdienen. Ganz einfach."

"Das ist es nicht. Soweit war ich auch schon. Bergster & Sons haben Probleme mit dem Nachschub. Ich weiß ja nicht genau, wo das Zeug ursprünglich herkommt, aus irgendsoeiner terranischen Stadt mit Halbverrückten, wenn man dem Glauben schenken darf. Da hat jetzt irgendwer eine uralte Vereinbarung, eine Art Konvention ausgegraben. Angeblich steht da drin, dass diese Plörre nur innerhalb der dortigen Stadtgrenzen gebraut werden darf. Jetzt will man der hiesigen Brauerei die Lizenz entziehen und dann dürfen sie nicht mehr. Ich habe noch ein paar Fässer, dann ist Schluss. Du musst deinen Freund überreden, was anderes zu trinken."

Lee seufzte. Warum eigentlich immer ich?, dachte sie. Steht mir auf der Stirn geschrieben, dass alle Probleme bei mir abgeladen werden sollen?

Sie ging zu Gucky und erklärte ihm das Problem. "Das musst du ihm sagen", flehte sie den Ilt an, "du kennst ihn besser als ich."

"Quatsch! Das klären wir anders." Er watschelte zur Theke und sah den Wirt von unten herauf an. "Du kriegst doch sonst alles geregelt. Das seltsamste Zeug ziehst du hinter deiner Theke hervor, die komplette Getränkewirtschaft der Milchstraße kommt bei dir zum Vorschein. Und dann hast du ein Problem mit dieser Sorte Bier? Das kannst du mir nicht erzählen."

Billy sah den Mausbiber äußerst unglücklich an. Es wäre tatsächlich das erste Mal, dass er Wünsche nicht erfüllen könnte. Er setzte eine Leichenbittemine auf und blickte Gucky mit hängenden Schultern wie ein armer Sünder an.

Gucky teleportierte auf die Theke und richtete sich zu seiner vollen Größe von einem Meter irgendwas auf. Er holte ein Teil, das wie ein altertümliches Aufzeichnungsgerät aussah, aus einer Tasche. "Alle mal herhören", rief er mit seiner Pieps - Stimme in den Pub hinein. Als er sicher war, die notwendige Aufmerksamkeit erlangt zu haben, redete er weiter. "Kraft der Sondervollmachten, die ich für Notsituationen gemäß § 678, Satz zwei, Absatz vier der Solaren Verfassung vom terranischen Parlament verliehen bekommen habe, erkläre ich hiermit die Lizenz dieser Brauerei für unbefristet gültig. Das Bier aus Zapfhahn Nummer zwölf darf weiterhin gebraut werden. Diese Erklärung gilt so lange, bis sie ein Solares Gericht oder das Parlament außer Kraft setzt. Die vorgeschriebene notwendige Bestätigung einer vertrauenswürdigen Person tätigt der derzeitige Minister für Sonderangelegenheiten, Reginald Bull."

Bull stand auf, gab einen ähnlichen Sermon von sich und ergänzte noch, dass es besser wäre, wenn niemand etwas dagegen hätte, sonst bekäme man es mit ihm zu tun. Gucky beschränkte die Anzahl der zu fertigenden Kopien auf zehn. "Eine für dich, eine für den Lizenzgeber und der Rest für die Brauerei, die die Dinger an andere Pubs weiterverteilen kann, wenn sie will."

Billy McGuyer strahlte von einem Ohr bis zum anderen und leitete Guckys Beschluss umgehend an Bergster & Sons weiter. Nachdem von dort aus die Zusage kam, diesen Teil der Brauerei umgehend wieder in Betrieb zu nehmen, legte sich die Aufregung im Singenden Ochsen wieder.

"Nachdem das geklärt wäre", rief Bull noch in den Pub hinein, "gebe ich einen aus. Der Rest des Abends geht auf meine Rechnung!" Unmittelbar danach war die Kneipe brechend voll. "Na, die Buschtrommeln scheinen hier zu funktionieren", brummte er noch.

"Keine Sorge", sagte er danach, Lee und John anblickend. "Wenn man so alt ist wie ich, braucht man sich finanziell nicht allzu viele Sorgen zu machen. Das geht schon klar so. Und", er drehte sich um und sah seine Gefährten an, "wir haben wieder Zeit für uns. Die Geschichte geht nämlich weiter. Wir sind wieder auf Phönix, der Freihändlerwelt..."



Spoiler
Reginald Bull erzählt die Geschichte von den Robotersporen:

Normalerweise fangen solche Vorgänge ganz harmlos an. So, dass man nicht merkt, dass überhaupt etwas im Gange ist. Hier nicht. Aber von vorne.

Chris Wayfar war einer von ungefähr 5.000 Freihändler und arbeitete in deren Hauptstadt Mandalay an neuen Raumschiffen. Naja, Stadt war etwas hochgegriffen, dafür war sie eigentlich zu klein.

Chris war ein Terraner, zwar nicht auf Terra geboren, aber er betrachtet sich als ein solcher. Seine Mutter war früh verstorben, an sie besaß er keine Erinnerung. Und sein Vater? Der wohnte zwar auf Phönix, hatte aber mit den Freihändlern eigentlich nix am Hut. Er war Entomologe, also ein Insektenforscher, und er weigerte sich standhaft, irgendwas anderes, was auch immer, zu lernen.

Das führte nun dazu, dass der Kontakt zu seinem Vater ziemlich rudimentär war, denn der zog stets und ständig durch die Wildnis von Phönix. Und das so gut wie allein, nun, so ganz einsam war er dann doch nicht. Er hatte einen robotischen Helfer namens Kappo-148 dabei, der ihn unterstützte, aber auch vor Leopard ähnlichem Getier oder Mastodon artigen Giganten warnte. Chris hatte sich mit dem Verhalten seines Vaters abgefunden. Alte Bäume, wusste er, verpflanzt man nicht, und so fand er sich mit den Schrullen seines Vaters ab.

Er selber war mit Raumschiffbau beschäftigt. Die Ankunft Perry Rhodans dürfte zu mehr Personal führen, war die allgemeine Erwartung und mehr Leute rauchten nicht nur mehr Platz, nein für ihre Aktivitäten brauchten sie auch mehr Schiffe. Und eigentlich lief alles nach Plan. Das Einzige, was ihm Sorgen bereitete, waren die Gedanken an seine geliebte Frau, Eileen Demandon. Die war mit Perry unterwegs und von dem hatte man drei Monate lang nichts mehr gehört. Dabei hatten die beiden sich erst ein paar Wochen vor dem Start angenähert. Vorher war sie mit Jacky Anderson befreundet gewesen, der ebenso wie Chris an neuen Raumschiffen herumbastelte.

Mit Jennifer Thyron und Ronald Tekener hatten sich hohe Herrschaften in der Werft angekündigt. Die beiden wollten sich einen Überblick über den Stand der Dinge verschaffen. Chris konnte in Ruhe warten. Er hatte alle Vorbereitungen für den Probelauf der Feldtriebwerke abgeschlossen und harrte der Dinge, die da kommen sollten.

Dann lief der Countdown zum Start und just in dem Moment, als das Startsignal freigeben wurde, sah er Jacky Anderson. Er dachte noch, da stimmt doch was nicht; aber da der Syntron nichts von sich gab, was zum Abbruch des Tests geführt hätte, unternahm er auch nichts. Aber trotzdem...

Er sah das Verglühen einiger Leitungen, mit dem bloßen Auge kaum erkennbar und vergrößerte das Bild mit der Lupe. Er erkannte noch ein winziges, spinnenähnliches Gebilde aus Metall, das einige Kontakte gegeneinander kurzschloss. Chris Wayfar wusste, dass es schlagartig zu einer Energieüberladung und damit zu einer Explosion kommen würde.

Sein letzter Gedanke galt Eileen. Dann hörte seine Existenz auf. Einfach so. Wie ausgeknipst.

Jenny und Ron spürten die Explosion, als sie mit einem der Interngleiter in Richtung der Werftanlagen unterwegs waren. Schnell war ihnen klar, dass da etwas ganz gewaltig aus dem Ruder gelaufen war. Fünf Tote und achtzehn Verletzte, teilte ihnen der Leiter der Werftanlagen, der Jülziish Ytrik-Yi, mit. Sabotage? Erweiterter Selbstmord? Grade Letzteres glaubten die Beiden nicht wirklich und Sabotage durch eigenes Personal? Eigentlich auch undenkbar.
Wie zu erwarten, war es nicht ganz einfach, den Tod von Chris dessen Vater Emmo Wayfar mitzuteilen. Er nahm es mit Fassung auf und meinte, er sei Biologe. Schon alleine daher sei der Tod für ihn etwas Natürliches und eigentlich kein Grund zur Aufregung. Der Tod seines Sohnes sei aber nichts Natürliches. Und schon gar kein Unglücksfall, wie Tekener ihm weis machen wolle. Denn da gäbe es seinen Kappo-148, der beweisen könne, dass es Mord war.

Der kleine Kugelkopfroboter erzählte vom Wechsel der persönlichen Beziehung von Eileen Demandon. Da Chris im Hause seines Vaters wohnte, hatte der Robot mitbekommen, dass Chris einen leider ungesehenen Besucher hatte. Der verlangte, dass der inzwischen zu Tode gekommene umgehend seine Beziehung von Eileen aufgebe. Täte er das nicht innerhalb von drei Tagen, würde er ihn töten. Und nochwas sagte der Robot: Der Besucher sei Jacky Anderson gewesen. Und das sprach natürlich für ein Eifersuchtsdrama.

Anderson wies das weit von sich. Ja, er habe an dem Fortgang von Eileen zu knabbern gehabt, aber deswegen so etwas zu veranstalten? Mit fünf Toten und achtzehn Verletzten? Er begab sich zu Emmo Wayfar und schwor ihm, nichts mit dem Tode seines Sohnes zu tun gehabt zu haben. Wayfar Senior hatte sich nun, wahrscheinlich zur Ablenkung, wieder mit seinen mitgebrachten Ameisen beschäftigt. Als er zwischendurch mal innehielt, machte er sich dann doch ziemlich viele Vorwürfe wegen seines Verhaltens seinem Sohn gegenüber. Er hatte seine Insekten seinem Sohn vorgezogen und jetzt war er tot. Er blickte wieder auf seine Ameisen. Die schienen eine Art Haustiere zu haben, er konnte deutlich noch kleinere Tiere sehen. Er experimentierte ein wenig mit Strahlung herum, die diese seltsamen winzigen Helfer anscheinend nicht vertrugen. Sie wären allesamt tot, eröffnete ihm Kappo-148. Danach meinte der Robot meinte doch tatsächlich, so wie Anderson seinen Sohn ermordet habe, genauso hätte er die Haustiere seiner Ameisen ermordet. Wayfar war kurz vor dem Überkochen, als der Donnerhall ertönte. Eine gewaltige Druckwelle schleuderte sowohl Emmo als auch Kappo-148 gegen eine Wand seines Bungalows. Er verlor die Besinnung.

Das, liebe Freunde, war erst der Anfang. Es wurde immer schlimmer. Zunächst waren es nur Einzelereignisse mit Maschineneinfluss. Hier mal was, da mal was. Das Vorgefallene war als Einzelfall zu erklären, in der Gesamtheit waren es aber zu viele Vorfälle. Es gipfelte in einem Roboteraufstand ein paar Tage später.

Natürlich waren unsere Freunde vor Ort nicht untätig. Insbesondere Icho Tolot untersuchte sämtliche Reste der Explosionen und identifizierte als "Täter" winzige bewegliche Dinge, die er als Robotersporen bezeichnete. Letztlich waren die Robotersporen nichts anderes als die Haustiere der von Wayfar untersuchten Ameisen. Und mit dem Ergebnis seiner Strahlenforschung hatte man die Möglichkeit, langsam aber sicher dieser seltsamen maschinellen Revolution Herr zu werden. Die Sporen waren cantarischer Bauart; so wie es aussah, hatte der Cantaro Darshool die Dinger auf Phönix zurückgelassen. Abschließend wurden sowohl Chris Wayfar als auch Jacky Anderson von jeglicher Schuld freigesprochen.

Einige Zeit später erreicht Sato Ambush den Planeten Phönix mit Perry Rhodans Bitte um Unterstützung. Da man, wie der Pararealist berichtete, mittlerweile die Möglichkeit habe, den Wall zu überwinden, wollte man mit fünf Schiffen aufbrechen.


"Das war ja wieder Glück im Unglück. Ist das bei euch eigentlich immer so??" fragte John Talbot, nachdem Bull geendet hatte.

Gucky fing an zu lachen. "Glück? Nennst du es Glück, wenn man ein paar hundert Jahre später auftaucht? Nennst du es Glück, wenn die Milchstraße, unsere Heimat, so gut wie vollständig erobert und von der Außenwelt abgeschnitten ist? Nennst du es Glück, wenn dabei wer weiß wie viele Intelligenzen zu Tode gekommen sind?"

"Entschuldigt bitte", erwiderte Talbot, leichenblass geworden. "Man sollte vor Öffnen des Mundes immer zuerst das Gehirn einschalten."

Bull grinste. "Endlich mal ein Politiker, der das einsieht", sagte er. "Deine Chancen steigen immer weiter."

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Das war eine Art SF - Krimi im Perry Rhodan Gewand. Ich habe zwar das Gefühl, dass seit einiger Zeit vermehrt Streck- und Füllromane erscheinen, um bis Band 1450 zu kommen, aber der hier war gut. Natürlich war dem geneigten Krimileser klar, dass Anderson nicht der Übeltäter sein konnte. Und spätestens, als Vater Wayfar bei seinen Ameisen noch diese seltsamen kleinen Haustiere fand, wusste man, wo der Zug hingeht. Aber ich fühlte mich während des Lesens gut unterhalten und das ist es doch, worauf es ankommt.

In den Leserbriefen ging es mal wieder um Sex in PR. Einige Leute gaben da Thesen von sich, da kann man heute nur den Kopf schütteln. Ich hatte 1989 gar nicht so vorsintflutlich in Erinnerung.

Und noch etwas ist hängen geblieben: Der damalige Leserbriefonkel Ernst Vlcek schreibt als Kommentar unter einen Brief, dass Klaus N. Frick ihn sicherlich auf dem Laufenden halte. Klaus gabs damals, vor 36 Jahren, also auch schon. Der ist mittlerweile genau wie andere älter geworden. Beruhigend. Da fühlt man sich nicht so alleine...
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von thinman »

RBB hat geschrieben: 02.04.2025, 07:37

Und noch etwas ist hängen geblieben: Der damalige Leserbriefonkel Ernst Vlcek schreibt als Kommentar unter einen Brief, dass Klaus N. Frick ihn sicherlich auf dem Laufenden halte. Klaus gabs damals, vor 36 Jahren, also auch schon. Der ist mittlerweile genau wie andere älter geworden. Beruhigend. Da fühlt man sich nicht so alleine...
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Und er war mir als Leser zu dem Zeitpunkt schon kein Unbekannter mehr.

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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

thinman hat geschrieben: 02.04.2025, 16:15 Und er war mir als Leser zu dem Zeitpunkt schon kein Unbekannter mehr.

thinman
Ja, er hatte mir im alten GF hierauf geschrieben, dass er seinerzeit die Fan-, Club- und Fanzinebetreuung innehatte.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1447 - Sturmwelt am Scheideweg - ist von H. G. Ewers, erschienen am 15.05.1989
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Lee wollte wieder zurück in die gnädige Dunkelheit. Irgendwer hatte nämlich an ihrem Kopf herumgeschraubt. Sie hatte das Gefühl, der wäre entschieden zu klein, ohne dass sie wusste warum. Hinter ihrer Stirn hämmerte etwas von innen gegen die Schädeldecke. Wahrscheinlich, um die ursprüngliche Größe wieder herzustellen. Dagegen sprach aber, dass über ihrem linken Ohr einer von außen auf ihrem Kopf herumklopfte. Und überhaupt: Von den Haar- bis zu den Zehenspitzen fühlte sie sich äußerst elend. Ihr Magen war schien ein ausgewrungener Waschlappen zu sein oder sowas in der Art. Die Vorstellung, jemals wieder etwas essen zu müssen, ekelte sie an. Mit Trinken war es auch nicht viel besser. Klares, kaltes Wasser. Ja. Aber sonst? Ihr wurde auf der Stelle wieder schlecht.

Was zum Teufel ist mit mir los? Sie stellte einen Gedanken fest, der sich seinen Weg durch die Hämmerei gebahnt hatte. Dann kam es ganz langsam aus den Tiefen ihres Hirns nach oben: Billys Kneipe. Bully hatte den kompletten Abend in Singenden Ochsen bezahlt. Der Laden war brechend voll und die Stimmung entsprechend gewesen. John hatte im letzten Moment den Absprung geschafft, er hatte heute einen wichtigen Termin. Sie war dageblieben und hatte mit den anderen Leuten weitergefeiert. Ich hab mich ins Gewühl gestürzt und dann? Filmriss. Die bange Frage, ob sie irgendeinen Blödsinn angestellt hatte. Wo bin ich hier eigentlich?

Sie versuchte, ein Auge halb zu öffnen. Schon dazu war eine gewaltige Kraftanstrengung notwendig gewesen. Sie blickte in ein Fellgesicht, das sie mit großen Augen, noch größeren Ohren und einem riesigen Nagezahn mittendrin neugierig betrachtete.

"Oh", piepste das Fellgesicht. Viel zu laut! "Weilen wir wieder unter dem Lebenden? Wie fühlen wir uns denn so?"

Lee schloss das Auge wieder und schwor sich, nie, aber auch wirklich nie wieder Alkohol zu trinken. Es würde nur noch Wasser geben. Ansonsten Kaffee, Tee oder Fruchtsaft. Keinen Alkohol mehr. Nie wieder.

"Willst du sie nicht langsam zurück ins Leben holen?" hörte sie eine knurrige Stimme aus dem Hintergrund. "Das arme Kind sieht ja immer noch ziemlich bedauernswert aus."

"Warum das denn?", fragte die Piepsstimme. Gucky. dachte sie. Das muss Gucky sein. Die Stimme redete weiter. "Sie ist grade in der Phase, in der sie sich schwört, nie, aber auch wirklich nie wieder Alkohol zu trinken. Dazu brauche ich noch nicht mal Telepath zu sein, das weiß ich auch so. Und da sollte man sie noch eine Weile drin lassen. Vielleicht nützt es ja was. Obwohl ich da so meine Zweifel habe."

Lee wollte sich aufrichten, fiel aber stöhnend wieder zurück auf das Bett - ähnliche Teil, auf dem sie komplett bekleidet lag. Nein, stimmt nicht. Die Schuhe hat mir jemand ausgezogen. Und ich hatte doch über meinem T-Shirt noch das metallicblaue Jackett an.

Auf einmal bemerkte sie einen leichten Piks im rechten Oberarm und die knurrige Stimme sagte zu ihr: "So. In ein paar Minuten wird es dir besser gehen. Unser kleiner Freund hier hätte dich mit Sicherheit hier liegengelassen und neugierig betrachtet, bis du von alleine wieder auf die Füße gekommen wärst."

Tatsächlich. Die Kopfschmerzen ließen nach einiger Zeit nach und sie konnte sich vorstellen, irgendwann aufstehen zu können. Nun gut, so ganz das blühende Leben war sie noch nicht, aber es ging ihr in der Tat schon wesentlich besser. Sie öffnete die Augen, setzte sich auf und schüttelte den Kopf. "Oh, Mann!", sagte sie.

"Sowas nennt man wohl einen generalstabsmäßig geplanten Totalabsturz." Das war Gucky. "Obwohl Bully ja eigentlich daran schuld ist. Deswegen fühlte er wohl auch die moralische Verpflichtung, dich wieder ins Diesseits zurückzuholen. Billy wollte dir schon nichts mehr geben, weil er meinte, du wärest so ziemlich am Sendeschluss. Dann hast du den Dicken becirct, auf dass er dich weiter versorgen möge."

Der Kleine grinste von einem Ohr zum anderen. Lee war das alles hochnotpeinlich. Gucky stellte sich vor sie und versuchte eine Imitation. "Aber du bist doch mein süßer kleiner Bully", sagte er mit verstellter Stimme. "Du kannst mich doch nicht vertrocknen lassen! Sonst muss ich armes kleines Mädchen noch verdursten!"

Der Ilt baute sich vor ihr auf. Lee wäre am liebsten im Boden versunken. "So ging das die ganze Zeit, bis eben nichts mehr ging. Dann haben wir Feierabend gemacht und dich vorsichtshalber mit zu uns genommen. Und das hier", er zeigte demonstrativ mit dem Zeigefinger der linken Hand auf sie, "ist das Ergebnis."

Reginald Bull lachte auf. "Alles ist gut", meinte er. "Zum einen ging es mir unlängst ähnlich und zum Zweiten soll man die Feste eben feiern, wie sie fallen. Und außerdem haben wir ja auf dich aufgepasst. Mach dir keine Sorgen. Auch wenn da noch der Filmriss ist. Aber so schlimm wars nun auch wieder nicht und der Kleine hier neigt ab und zu zu Übertreibungen."

Lee roch an ihren Klamotten, alles klebte und stank erbärmlich. Sie stand auf und sah sich um. Ja, hier waren sie an der Stelle, wo die kleinen Schiffe ihrer neuen Freunde gelandet waren. Sie hatte in Bullys Bett übernachtet und der hatte sich draußen ein Provisorium gebaut. Sie verließ das kleine Beiboot und sah ein paar Meter weiter den Bach, der mit erfrischendem kaltem Wasser vor sich hin sprudelte.

"Wenn du willst, können wir deine Kleidung in den Reiniger stecken", meinte Gucky. "10 Minuten, alles ist wieder wie neu und der Kneipenduft ist auch weg. Du müsstest allerdings raus aus den Klamotten."

Sie verschwendete einen halben Gedanken an ihre Nacktheit und schalt sich umgehend eine Närrin. Gucky ist sowieso kein Mensch und Bully dürfte schon mehr als eine Frau in seinem Leben gesehen haben, dachte sie. Außerdem lockte der Bach mit seinem klaren Wasser. Er war zwar nicht besonders breit, an dieser Stelle aber tief genug, um ein paar Züge auf und ab zu schwimmen. Sowas soll ja die Lebensgeister wieder erwecken, befand sie, legte ihre Kleidung ab und lief in Richtung des Baches. Davor stoppte sie kurz, nahm wegen der erwarteten Kälte des Wassers all ihren Mut zusammen und sprang hinein.

Was für eine Wohltat, dachte sie und war froh, dass Schweiß und Kneipe von ihrer Haut und aus ihren Haaren verschwanden. Nach ein paar Minuten reichte Reginald Bull, ganz Kavalier, ihr ein Handtuch mit integriertem Haartrockner und sah dabei diskret in eine andere Richtung. Sie trocknete sich ab, wickelte sich darin ein und wartete noch ein paar Minuten, bis sie sich wieder anziehen konnte.

"Nur Nachdurst und Filmriss, die bleiben, was?", fragte Gucky. "Komm, Mädel, trink erstmal ein paar Gläser Wasser, dann gibts Kaffee und Frühstück. Wenn's wieder zurück in die Stadt geht, brauchst du dir übrigens keine Sorgen wegen der anderen Kneipenbesuchern machen. Die sahen mehr oder weniger alle so aus wie du. Ihr seid ein ziemlich versoffenes Völkchen hier am Ende aller Welten."

"Wir feiern eben gerne", verteidigte Lee sich und ihre Artgenossen. "Was können wir dafür, dass du nur Möhrensaft trinkst!"

"Ha!" kam es aus der hinteren Ecke, in der Bulls Übernachtungsprovisorium stand. "Der Kleine ist nur vorübergehend geläutert und keinesfalls so, wie er daherkommt. Der ist so einer von der Sorte "Wehe, wenn sie losgelassen". Lass dir von dem nix weismachen. Und wenn er nicht aufhört, dich vollzulabern, erzähl ich mal ein paar Stories aus anderen Tagen. Du würdest dich wundern."

Der plötzliche Personenwechsel gefiel Gucky überhaupt nicht. Daher sah er es als das Beste an, wenn er jetzt schnell und diskret ein anderes Thema ansprach. "Was hältst du davon, wenn du ein vernünftiges Frühstück bereitest, Dicker? Derweil kann ich die nächste Etappe unserer Geschichte erzählen. Du hast dein Aufzeichnungsgerät dabei?"

Als Lee bestätigend nickte, begann er zu erzählen.

Spoiler
Gucky erzählt die Geschichte von der Sturmwelt am Scheideweg:


Wir sind auf Buglakis. Du erinnerst dich? Das ist diese Welt, auf der ein paar kleben gebliebene Menschen und Hauris lebten. Die Menschen stammten von einer gestrandeten BASIS - Besatzung ab und die Hauris von einem vor ein paar hundert Jahren abgeschossenen Schiff.

Genau. Es ist die Heimat von Eirenes ehemaligem Schützling Covar Inguard, der sich auf Dauer in seiner Heimat doch wohler fühlte als in unseren Raumschiffen.

Und auf Buglakis gab es zwei Probleme: Zum einen war das Atlans damalige Freundin Iruna von Bas-Teth, die irgendwo in einem ihrer seltsamen Zeroträume verschwunden war. Du weißt nicht mehr, was ein Zerotraum ist? Nun, das ist zunächst die Fähigkeit, sich im Schlaf vom eigenen Körper zu lösen und in die Träume anderer Wesen einzudringen. Zeroträumer können dabei große Entfernungen zurücklegen und sogar begrenzt telepathisch mit der anderen Person kommunizieren. Aber da das alles im Schlaf stattfindet, bleibt das alles sehr ungenau und vage. Pedotransferieren konnte sie auch. Sie hatte wohl irgendeine Cappin - Ader unter ihren Vorfahren und daher war ihr Geist in der Lage, andere Personen übernehmen. Und: Sie besaß auf Grund einer etwas seltsamen Vorgeschichte sogar die relative Unsterblichkeit.

Sie war auch der Grund, warum die CRAZY HORSE nach vier Monaten immer noch in der Nähe von Bugaklis weilte. Iruna war nämlich seit zwei Monaten in einem ihrer Zeroträume gefangen und kam da nicht mehr raus. Ihr Körper wurde auf der Medostation mit allem versorgt, was er brauchte, aber ohne Bewusstsein war das doch eine ziemlich geistlose Sache. Nichtsdestotrotz hatte man die Hoffnung, sie wieder zurückholen zu können.

Das andere Problem hieß Eirene Rhodan, die Tochter von Gesil und Perry Rhodan. Jetzt würde es sicherlich schon reichen, eine neunzehnjährige Tochter von Perry zu sein, um alle zu nerven und so verrückt zu machen, wie ihr alter Herr das auch so gut kann. Wenn dann aber die Mutter noch eine Inkarnation der Kosmokratin Vishna war, so hieß das, dass alle Voraussetzungen geschaffen waren, die Umwelt in Atem zu halten.

Was fragst du? Ob es bei uns auch normale Leute gibt? Bei uns liefen Töchter von Unsterblichen herum und Frauen, die durch Zufälle selber unsterblich würden? Wie man sowas macht? Keine Ahnung. Schicksal eben. Aber die Frage nach den normalen Leuten kann ich dir beantworten. Sieh mich an! In meiner vollen Pracht. Ich sage dir, ich bin der einzige Normalo unter diesen ganzen Gevölks. Nein, Dicker, du brauchst jetzt nicht mit irgendwelchen mehr oder weniger dussligen Bemerkungen zu kommen. Sieh lieber mal in den Spiegel.

Wo war ich stehen geblieben? Ihr macht einen ja ganz wuschig im Kopf. Ach ja. Bei unseren Problemkindern. Wie gesagt, die eine, Iruna, geisterte von einem Zerotraum in den nächsten. Sie beobachtete, wie Atlan mit Roi zusammen am Chronopulswall herumdokterten und scheiterten; dann sah sie die Beiden den Weg in die Milchstraße durch ein schwarzes Loch suchen und hatte Angst um deren Leben. Am Schlimmsten war für Iruna in dieser Situation, dass sie selber nicht helfen konnte. Sie war ja nur Zuschauerin. Ob Atlan und Roi sie in irgendeiner Weise als, ich sag mal, semipräsent bemerkten, wusste sie nicht.

Und Eirene? Machte Schwierigkeiten, wo eigentlich gar keine waren. Sie hatte sich beispielweise in ihr zartes Köpfchen gesetzt, die Große Mutter, also das Raumschiffswrack der Tronahae, also dieser Hauri - Abkömmlinge, zu untersuchen. Das waren mit Sicherheit Perrys Gene. Der sucht auch immer Probleme, wo keine sind. Das macht er dann mit großem Erfolg so lange, bis wir tatsächlich in der Bredouille stecken. Naja. Der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm. Wäre sie brav in der CRAZY HORSE geblieben, hätte man sich zumindest um sie keine Sorgen zu machen brauchen.

Dort, in der CRAZY HORSE stellte man unterdessen fest, dass bei den Tronahae im Einzelnen und auf Buglakis im Besonderen so einiges in Wallung gekommen war. Man setze das Schiff in Alarmbereitschaft und wollte so Eirene das Verlassen desselben verbieten. Man kannte ja schließlich seine Pappenheimer. Aber zu spät. Sie war schon weg. Nebenbei: Bei ihrem Vater klappt sowas auch nie. Der ist auch immer schon weg. Und das Töchterlein war inzwischen in die Hände von den großen Drachen, den Mördermajestäten, gelangt. Dieser Name kam nun nicht von ungefähr, das waren schon ziemliche Unholde.

Jetzt kommt unsere liebe Iruna. Von schwarzen Flammen umgeben, sah sie auf einmal eine schwarz gekleidete Gestalt, die sie aus einem bleichen Gesicht heraus anstarrte. Die Gestalt verbreitete Einsamkeit, aber auch Melancholie und Kraft und sagte zu ihr, dass sie hier herausmüsse. Sie erfuhr, dass Eirene in höchster Gefahr sei und sie würde Iruna helfen, aus diesen Pseudoträumen herauszukommen. Ist doch praktisch, nicht wahr? Wenn gar nichts mehr geht, kommen irgendwelche geheimnisvollen Figuren und helfen einem aus der Misere. Wer dieser Dunkeltyp war, ist übrigens nie bekannt geworden.

Iruna wurde also wieder wach, widersetzte sich selbstredent den Anordnungen der Ärzte und machte sich auf den Weg, Eirene zu befreien. Dabei stolperte sie über Eirenes alten Schützling Covar Inguard, der natürlich auch unterwegs war, der Kleinen zu helfen. Was soll ich sagen? Die Rettung klappte unter der Leitung unserer akonischen Freundin natürlich bestens. Dabei stellen sie fest, dass Eirene irgendeine Psi - Schaltung aktiviert hatte, die für das seltsame Verhalten der Buglakis Bewohner verantwortlich war. Das Ding wurde abgeschaltet und was Wunder, alle waren sofort friedlich. Sogar die Mördermajestäten verzichteten ab sofort darauf, andere Leute verspeisen zu wollen. Sie unterlagen einer seltsamen Konditionierung, die jetzt weg war.

Also war zum Schluss Friede, Freude, Eierkuchen. Alles ab in die CRAZY HORSE und ab nach Phönix. Dort wurde die Besatzung auf den aktuellen Stand der Dinge gebracht und es ging ab in Richtung Perry zur Milchstraße.



Bull hatte während Guckys Erzählung die Vorbereitungen eingestellt und mit zugehört. Als er wieder aufstehen wollte, um weiterzumachen, kam auf einmal der ihnen schon bekannte stocksteife und steinalte Roboter zwischen zwei Bäumen hervor. "Über den müssen wir auch noch reden", grummelte Gucky, hatte aber nichts dagegen, dass Bully eine umfangreiche Bestellung aufgab.

Und wie gewohnt, sagte die Maschine "Sehr wohl, Sir!", ging die schwerfällig wieder zurück durch die Bäume; aber nur, um vier bis fünf Minuten später mit dem Gewünschten in vortrefflicher Qualität wieder zum Vorschein zu kommen.

Gucky sah die beiden Anderen an. "Ihr Menschen seid komische Wesen. Wieso betrinkt ihr euch derart, dass ihr danach im wahrsten Sinne des Wortes halbtot seid? Man kann doch irgendwann mal aufhören. Oder drei Glas Wasser trinken und dann geht's weiter. Aber so?" Er schüttelte den Kopf. "Was ein Glück", schloss er seine Überlegungen ab, "dass Ilts da wesentlich vernünftiger sind. Im nächsten Urlaub gehe ich auf Suche nach meinen Artgenossen. Irgendwo muss es noch welche geben. Dann werden wir in Massen über die Milchstraße herfallen und das Imperium der Mausbiber gründen."

Gucky war sich sehr sicher, dass es eines schönen Tages genau dazu kommen würde.

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Ewers konnte tatsächlich auch Romane schreiben, die nur auf einem Planeten spielen, ich glaub‘s ja nicht. Sonst hat der die halbe Zeit einen kompletten Zyklus auch 60 Seiten untergebracht.

Der Roman hat mich jetzt nicht von Hocker gehauen. Eirene musste zurück, Iruna aus ihrem Zerotraum befreit werden und irgendwie wollte ja die Strecke bis Band 1450 überbrückt werden. Ein bisschen Abenteuer, ein bisschen Drachen mit den Mördermajestäten und ein nicht näher bezeichneter Typ in einem schwarzen Umhang, der wohl für den Sense of Wonder herhalten sollte. Nein, der Roman wars nicht.

Vielleicht ist das nicht fair, weil ich mit HGE die meiste Zeit nichts anfangen kann. Oder weil mich Personen wie Eirene oder Iruna schon damals nicht vom Hocker gehauen haben. Aber das Erleben der Rhodan'schen Romanwelt ist nun mal ein äußerst subjektives. Andere mögen zu anderen Ergebnissen kommen. Für mich war dieser Band einer der Sorte fünfmal weggelegt und sechsmal wieder angefangen.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Die Bände 1448 - Der Kaiser von Karapon, erschienen am 22.05.1989 und 1449, erschienen am 29.05.1989 sind von Marianne Sydow
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Nach dem umfangreichen Frühstück hatte Reginald Bull sich verabschiedet, um, wie er sagte, "die Natur Newenglands noch eine Weile zu genießen, bevor der Stress wieder weitergeht." Dabei hatte er Lee angesehen und ihr zugezwinkert.

Die wiederum hatte sich erholt und war so wie neu. "Ich möchte dich etwas fragen, Gucky", sagte sie.

"Nur zu. Ich beiße nicht."

"Ich kann mir das nicht vorstellen, kein Ende vor Augen zu haben. Ich meine, ihr seid biologisch unsterblich. Mal abgesehen davon, dass ich gar nicht weiß, ob ich das überhaupt sein wollte, wie ist das? Wenn ich richtig informiert bin, wurdest du im 19. Jahrhundert der alten terranischen Zeitrechnung geboren und dürftest damit nach Atlan das älteste Wesen in eurem Clan - so nenne ich euch mal - sein. Älter noch als Homer G. Adams. Mehr an Jahren zählt natürlich Julian Tifflor mit seiner Millionen - Wanderung, dann habt ihr sicherlich noch ein paar Sonderfälle, aber das wars dann auch. Erreicht ihr nicht mal den Punkt, an dem ihr nicht mehr wollt?"

"Das kommt darauf an, was man daraus macht. Speziell bei mir ist das nicht ganz so schlimm, weil Ilts sowieso ziemlich langlebig sind. Wir haben eine Lebenserwartung von so ungefähr 600 Jahren und das auf einem Planeten wie Tramp. Du würdest sagen, da lag ja der Hund begraben und wolltest da nicht abgemalt sein. Für mich ist es immer noch Heimat. Mein Ursprung. Auch wenn es meine ureigene Welt seit ein paar tausend Jahren nicht mehr gibt. Aber wenn du es auf Tramp aushältst, wo so gut wie nie etwas herausragendes passiert, wird dir unter einem Völkchen wie euch Menschen sowieso nicht langweilig. Ich muss aber darauf achten, dass ich in der Gegenwart lebe und darf nicht ständig vergangenen Zeiten nachtrauern. Dann hast du ziemlich schnell einen in der Waffel. Außerdem ist das mit der Unsterblichkeit relativ. Wenn jetzt einer aus dem Gesträuch kommt und mich erschießt, dann war es das. Ewig leben heißt nun mal nicht zwangsläufig unbegrenzt leben. Von unseren Freunden von ganz früher sind so viele nicht übrig: Atlan, Perry, Bully, Homer und ich. Okay, Icho Tolot auch noch, aber Tiff zählt nicht mehr. Und wir? Leben gegen alle Wahrscheinlichkeiten immer noch. Ich habe keine Ahnung, warum das so ist, aber alle anderen sind tot. Fellmer Lloyd, Ras Tschubai, Iwan Iwanowitsch Goratschin und noch viele mehr. Aber Langweile? Nein, bei mir nicht."

"Wie ist das bei den anderen? Die menschliche Lebenserwartung lag doch zu Rhodans Aufbruchzeiten bei 70 - 80 Jahren und nicht bei 600. Haben die eher Schwierigkeiten?"

"Hm. Perry und Atlan fallen aus dieser Betrachtung wohl raus. Ich glaube, die Zwei haben als kosmische Menschen eine andere Bestimmung. Atlan ist sowieso nicht so gestrickt wie wir. Und Perry? Der scheint mir ab und zu, als wäre er einer von der Sorte "Wenn ich keine Probleme habe, mache ich mir welche". Dummerweise sind die dann entstehenden Schwierigkeiten regelmäßig derart überdimensioniert, dass er da alleine nicht mehr rauskommt. Aber dafür hat er ja mich. Stände der jetzt vor dir, würde er ganz normal mit dir reden. Er nimmt zum Beispiel sogar Lehren von anderen an und würde sich mit dir hochinteressiert über die menschliche Psyche unterhalten. Wenn er aber zu dem Ergebnis kommt, dass seine Meinung die beste überhaupt ist, kannst du genauso gut gegen Wände reden. Dafür handelt er Verträge mit Kosmokraten aus, besiegt Superintelligenzen und ist auf eine noch im Detail zu klärende Art mit unserer Haus- und Hof SI ES verbandelt. Nein. Auf den passt das Wort Langeweile nicht. Ich glaube, der hat eine Schranke im Kopf, was dieses Thema angeht.

Dann Icho Tolot. Haluter leben sowieso 3.000 Jahre lang, da kommt es auf ein paar Tausend mehr auch nicht an. Und Homer? Der ist trotz all der vergangenen Zeit immer noch ein Engländer, wie er im Buche steht. Und da klassische Engländer die Langeweile in Person sein können, fühlt der sich da höchstens zu Hause und hält alle anderen für Barbaren. Aber mit solchen Leuten kennt ihr euch hier ja aus. "

"Jetzt werd mal nicht frech. Außerdem fehlt da ja noch einer."

"Ja. Unser alter Freund Bully. Ein Mann aus den allerersten Anfängen. Ich glaube, Perry wäre ohne ihn nie so weit gekommen, wie er jetzt ist. Der Dicke hat die Bodenhaftung nie verloren und hat uns sicherlich mehr als einmal von unseren Wolken heruntergeholt und auf den Boden der Tatsachen gestellt. Sein Problem ist, dass er überall nur als die Nummer Zwei gilt. Mit entsprechendem Abstand zu unserem größten aller großen Meister. Im Regelfall gibt es immer die gleiche Aufgabenverteilung: Perry löst unterwegs die großen Probleme und Bully passt auf, dass daheim nichts anbrennt. Und: Er ist an der Reihe, wenn es gar nicht mehr weitergeht und darf dann dafür seinen Kopf hinhalten. Es ist ja nicht so, dass Bully vom Universum nichts mitgekriegt hat. Im Gegenteil, er hat eine immense Erfahrung und es gibt unterm Strich kaum Jemanden, der ihm über ist. Seine Bodenständigkeit ist seine Stärke, aber wohl auch sein Problem. Wenn es einen gibt, der das alles irgendwann mal Leid sein könnte, wird das Bully sein. Bestimmte politische Strömungen dürfte er circa 397-mal erlebt haben und es gibt keine Mode, die nicht mindestens 100-mal da war. Ihm fehlt die kindliche Begeisterungsfähigkeit und manchmal die Neugierde, die einen Perry Rhodan antreibt. Aber ich denke, was ihn nun wirklich bedrückt, erzählt er dir am besten selber. Weißt du, Bully und ich, wir sind uralte und dicke Freunde. Jeder von Beiden würde auf der Stelle alles hinschmeißen, um dem anderen zu helfen. Ich könnte dir noch tagelang über ihn Geschichte erzählen, aber das wäre zu subjektiv gefärbt."

Lee sah den Kleinen lange und nachdenklich an. Sie holte sich noch einen Kaffee und sage: "Das muss ich erstmal verarbeiten und auf die Reihe kriegen. Es kann sein, dass von mir später noch mehr Fragen zu diesem Thema kommen. Vielleicht stelle ich die aber auch Bully. Mal sehen."

Gucky lehnte sich zurück und meinte: "Ja, das kann ich nachvollziehen. Wie sieht es aus? Hast du noch etwas Zeit?"

"Ja. Heute Mittag muss ich spätestens zurück. Meine Patienten warten."
"Gut. Dann erzähle ich dir die beiden letzten Etappen vor der Halbzeit."
Lee nickte, trank einen Schluck Kaffee und schaltete ihr Aufzeichnungsgerät ein.
"Du erinnerst dich an Dao-Lin H'ay?"
"Das war die Kartanin. Die war doch von irgendeinem Typen gefangen genommen worden."
"Genau. Von dem Kaiser von Karapon. Und um den geht es hier."

Spoiler
Gucky erzählt die Geschichte des Kaisers von Karapon:

Nicht nur Dao alleine war gefangen, sondern auch ihre Leute von ihrem Schiff, der MARA-DHAO. Aber natürlich war Dao die Hauptperson. Und: Sie war selbstbewusst. So Kerle wie Sar-Teh, der sowas wie ihr Hauptaufpasser und gleichzeitig Adjutant des Großadmirals Feng-Lu war, konnten sie keinen Millimeter beeindrucken. Der befragte sie zwar andauernd in Verhör - ähnlichen Situationen, erhielt aber immer nur die gleiche oder eben gar keine Antwort.

Dao lehnte sich beruhigt zurück. Dieser Knilch konnte ihr gar nichts, auch wenn er ihr die halbe Zeit mit Tod drohte. Darüber hätte sie mehr als einmal laut lachen können, denn wenn dieser Sar-Teh sie tatsächlich erschossen hätte oder auch nur den Versuch gestartet hätte, wäre sein Leben verwirkt gewesen. Denn erstens war Dao eine Wissende und mit dieser Selbstsicherheit sagte sie ihm, dass sie ihn jederzeit mit einem einzigen Wort ins Jenseits befördern könne.

Zum Zweiten und Wesentlichen sollte sie dem Kaiser von Karapon, Thoy-P'ang vorgeführt werden. Der vermutete, dass Dao Wissen über die Perle Moto besaß. Diese Perle war ein Datenspeicher. Was darauf war, wusste aber niemand so genau. Nun besaß der Kaiser einen Teil dieses seltsamen Kunstwerkes und vermutete seinerseits, Dao wüsste, wo der andere Splitter sei. Zusammengesetzt konnte man das Ding in Betrieb nehmen. Jetzt darfst du dreimal raten, ach nein, einmal reicht, was der Kaiser mit Herrn Adjutanten angestellt hätte, wäre Dao als Leiche auf Karapon angekommen.

Richtig. Er hätte ihn ganz langsam auf kleine Scheiben geschnitten. Deswegen fand Dao die Bemühungen ihres Gegenübers höchstens als belustigend. Zumal sie in dieser Situation ziemlich viel über die Lage ihrer Gegner erfuhr. Zum Beispiel, dass sie einander misstrauten und in Machtkämpfen zerstritten waren, wie das in solcherlei totalitären Regimen so ist. Der Obermotz, hier eben ein Kaiser, misstraute alles und jedem. Die Chargen darunter machten sich allesamt lieb Kind bei ihm und gönnten sich das Schwarze unter den Fingernägeln nicht. Okay, hinter den Krallen in diesem Fall. Im Klartext gesagt: Sie waren einander spinnefeind. Jeder hätte den Anderen sofort geopfert, hätte man Vorteile darauf erzielen können.

Und der Kaiser? Ein absoluter Herrscher. Aber anscheinend war er nicht ganz so schlimm wie sein Vorgänger, eben sein alter Herr. Der war mal der Meinung, er hätte eine Lebensmittelvergiftung gehabt. In Folge ließ er Köche, Diener nebst Lieferanten bis hin zu den Erzeugern der Nahrungsmittel hinrichten. Einer musste ja schuld sein, dass er fast beim Essen umgekommen war. Dabei wusste so gut wie jeder, dass seine geliebte kaiserliche Majestät sich nur überfressen hatte. Tyrannenstandarts eben. Das scheint eine universelle Konstante zu sein, ein Verhalten dieser Art.

Wie gesagt: So brutal war Thoy wohl nicht. Aber er musste stets auf der Hut sein, da so gut wie keiner seiner Vorgänger brav im Heiabett gestorben war. Alle ereilte ein gewaltsamer Tod. Und potenzielle Nachfolger gab es zu Hauf.

Das war nun die Situation zur Zeit der Ankunft von Dao und ihren Kartanin.

Du möchtest wissen, worin der Unterschied zwischen Kartanin und Karaponiden lag? Das hatten wir doch schon mal. Die Karaponiden waren ein Splittervolk der Kartanin, das sich während dieser ominösen 695 Jahre gebildet hatte und die Herrschaft über alle von ihrer Sorte anstrebte.

Nach der Ankunft auf Karapon wurde Dao ziemlich schnell dem erlauchten Kaiser vorgeführt und hätte das erste Zusammentreffen beinah nicht überlebt. Was aber nicht an Kaiser Thoy lag, sondern an Admiral Feng-Lu, der eigentlich Dao nur identifizieren sollte. Feng-Lu war nun nicht vorher informiert worden, was er denn beim Kaiser sollte. Er betrat also ohne Vorwarnung den Raum, sah Dao und gleichzeitig rot. Er schoss auf sie und hätte sie fast umgebracht.

Der Kaiser ließ einen Brüll von sich und der ebenfalls anwesende Kontrahent von Feng-Lu, Del-Mion, warf sich auf sie und rettete ihr wohl das Leben. Durch den Schrei des Kaisers wurden in Folge die Palastwachen munter, die den Herrn Großadmiral umgehend festsetzten. Dao hatte ein paar brennende Splitter an der Schulter abgekriegt und litt höllische Schmerzen. Natürlich ließ sie sich nichts anmerken. Wäre mir auch nicht anders gegangen. Man muss seinem Gegner ja nicht unter die Nase reiben, wie mies es einem geht.

Als sich alle wieder beruhigt hatten, sollte Dao verhört werden, wobei natürlich nichts Neues rauskam. Also ging es zu einer Kameradin in die Zelle. Sie wurde immer wieder geholt und befragt. Dao wusste nichts und sagte nichts. Ihr Beinahe - Mörder Feng-Lu hatte wohl großes Glück, dass er nicht hingerichtet, sondern nur degradiert wurde. Das, und die Tatsache, dass sein größter Konkurrent Del-Mion sein Nachfolger als Großadmiral wurde, veranlasste ihn, Plänchen zu schmieden. Er wollte die Gefangenen befreien und mit ihnen samt des hiesigen Bruchstücks der Perle Moto nach Ardustaar, hier besser bekannt als M 33 oder Pinwheel, fliegen. Dort wollte er Dao gegen das zweite Bruchstück der Perle eintauschen und mit Glanz und Gloria zu seiner kaiserlichen Majestät zurückfliegen. Der strahlende Sieger überreicht die vollständige Perle und wird rehabilitiert. Naja. Aber soweit waren wir noch nicht.

Dao wurde weiter verhört, in bessere Räumlichkeiten gesteckt und wieder verhört. Nützen tat's nichts. Sie erzählte dem Kaiser von ihrem Wissen über das Riesenschiff NARGA SANT, aber immer noch nichts über die Perle. Damit hatte sie ihn aber erstmal beruhigt, denn Thoy-P'ang vermutete dort das zweite Bruchstück der Perle. Er wusste nun, dass die NARGA SANT in zwei Teile zerbrochen war, von denen eines in einem Schwarzen Loch verschwunden war.

Am nächsten Tag zeigte er ihr eine seltsame Aufzeichnung, die augenscheinlich aus der BASIS stammte. Du weißt hoffentlich, wer Anson Argyris war? Genau, der ehemalige Chef der Freihändler und eigentlich ein Roboter. Der tauchte nun in diesem Bericht auf der BASIS auf und gab Hamiller den Auftrag NATHAN's, die BASIS zu dezentralisieren, also zu zerlegen. Sie erfuhr von Plänen der Karaponiden, die BASIS wieder zusammenzusetzen und ab ging's in die Zelle.

In der Folgezeit scharwenzelte seine Majestät immer weiter um Dao herum. Anscheinend war er von ihr fasziniert, weil sie mal eine Person war, die nicht vor ihm katzbuckelte. Passendes Wortspiel, nicht wahr? Er bot ihr sogar an, sie nach der Eroberung des kompletten Kartanin - Gebietes als Kaiserin einzusetzen, erntete dafür aber nur ein paar spöttische Blicke. Also: Ab in den Knast.

Wieder einen Tag später holte er sie wieder und wollte ihr in seinem privaten Studienzimmer die schwarzen Sternenstraßen näherbringen. Und er wollte ihr erklären, warum sie der Meinung waren, das Bruchstück der Perle wäre an Bord der NARGA SANT zu finden. Dazu sollte es nie kommen. Denn Feng-Lu schaffte es tatsächlich, in des Kaiser Räume einzudringen und ihn zu paralysieren. Das wars dann aber auch. Denn die Konkurrenz schlief nicht. Irgendwelche anderen Strolche folgen ihm, erschossen ihn samt Spannmann und es ging mit Dao, den anderen Gefangenen, seiner kaiserlichen Hoheit und dem vorhandenen Bruchstück der Perle zur MARA-DHAO, dem Schiff der Kartanin.

Da sie den Kaiser in ihrer Gewalt hatten, konnte man ihnen nicht wirklich etwas antun. Ihr verbliebener Gegner, der neue Großadmiral Del-Mion, versprach Dao und Co, er würde sie bis ans Ende Universums jagen, wenn es denn sein sollte. Er erntete aber nur ein mitleidiges Grinsen. Was konnte Del-Mion denn schon unternehmen? Die Kartanin besaßen seine Majestät und natürlich die Perle des Kaisers.

Das Gespräch mit dem Großadmiral endete. Zuvor konnte man noch erkennen, dass die Offiziere im Hintergrund diesen mit offener Wut anstarrten. Man mochte diesen Del-Mion nicht, wie es schien.

Die MARA-DHAO startete.



"Diese Dao- Lin-H'ay fasziniert mich. Ich hätte sie gerne kennengelernt", meinte Lee, als Gucky eine Pause einlegte. "Was ist aus ihr geworden? Hat sie diese Abenteuer überlebt?"

Gucky sah sie belustigt an. "Ein Trick durch die Hintertür, um etwas mehr zu erfahren, was? Keine Sorge, du musst dich schon noch etwas gedulden. Das ist wie im Märchen: Wenn sie nicht gestorben ist, dann lebt sie noch heute. Aber du kannst sitzen bleiben. Heute dauerts noch was. Es folgt der zweite Teil über Dao und die Perle."

Spoiler
Gucky erzählt von der Perle Moto:

Eigentlich war alles bestens. Den Kaiser gefangen genommen, mit der MARA-DHAO ein gutes Schiff im Besitz und die Perle Moto war auch dabei. Natürlich nur die Hälfte, aber das war ja mehr als nix. Demzufolge war also Dao's Hauptbeschäftigung, seiner Hoheit ein paar Geheimnisse bezüglich der Perle abzuschwatzen.

Das klappte natürlich nicht, noch nicht mal mit Psi - Überwachung. Der Typ schien sein Gedanken extrem gut unter Kontrolle zu halten, so dass auch Dao's telepathisch begabte Kampfgefährtin Ge-Liang-P'uo keinen Millimeter weiterkam. Irgendwann erzählte der Kaiser etwas von einer auf eine bestimmte Art und Weise modulierte Hyperfrequenz, mit der man die Perle bestrahlen müsste, dann käme der Rest von ganz allein. Und einmal, ein einziges Mal passte Thoy-P'ang nicht auf. Denn unsere beiden Freundinnen merkten, dass da etwas nicht stimmte. Hätten sie die von Thoy genannte Funkfolge abgespielt, hätte die Perle sich nicht geöffnet. Nein, die Bestrahlung hätte sie zerstört.

Dao wusste jetzt, dass sie dem Kaiser auf den bisherigen Wegen nie beikommen würde. Also passierte das, was bei uns immer passiert, wenn gar nichts mehr geht: Wird die Sache eklatant, ruf ich schnell einen Mutant!

Was sagst du? Für Shakespeare oder Goethe reicht das nicht? Jetzt werde mal nicht vorlaut! Wenn erwachsene Mausbiber reden, haben kleine Mädchen zu schweigen. Also: Lausche sie ehrfurchtsvoll und ergriffen weiter meinen Worten und unterbreche sie mich nicht! Sowas aber auch!

Nun, Ge-Liang-P'uo, meine Güte, diese Namen!, aber es sind eben Katzen und die sind die natürlichen Feinde der Mäuse, deshalb kann ich das auch nicht aussprechen. Aber an mir würden sie sich die Zähne ausbeißen, die Damen! Wo war ich stehengeblieben? Wird Zeit, dass ich eine Pause einlege, meine Stimmbänder wollen nicht mehr!

Also: Die Mutantendame konnte andere Wesen auch mit leichten Suggestiv - Impulsen bearbeiten und das funktionierte bei seiner Majestät dann auch prompt. Thoy stellte sich vor die Untersuchungsgeräte, spielte ein bisschen daran herum und siehe: Es klappte. Es wäre eigentlich ganz einfach, sagte er. Die Perle würde wie ein Hypersender funktionieren und begänne auf einen bestimmten Kode hin zu arbeiten. Das sei alles. Den Kode habe er im Übrigen von seinem Vater. Und da Dao nicht dumm war, hatte sie die Einstellung natürlich aufgezeichnet und war jetzt von dem ollen Tyrannen unabhängig. Dann signalisierte ihr ihre Kameradin Geli - warum bin ich darauf nicht schon früher gekommen, kannst du das mal sagen? Also, Geli teilte ihr mit, dass bei seiner Majestät alles in Ordnung war und sie ihn unter Kontrolle habe.

Dann wurde es allerdings interessant, als eine Stimme auf Interkosmo sagte, sie sei Ernst Ellert. Ich gehe jetzt mal davon aus, dass du weißt, wer das ist bzw. war. Wenn nicht, Namen merken und recherchieren. Wenn ich anfange, über den zu erzählen, sitzen wir in drei Monaten noch hier. In groben Zügen ist er bekannt? Sehr gut. Hier berichtete er zum Beginn seiner Ausführung von seinem Erscheinen samt der Perle Moto auf Luna. NATHAN liest den Amimotuo genannten Datenträger aus und erteilte danach Anson Argyris den Auftrag, sich zur BASIS zu begeben und Hamiller den Auftrag zur Dezentralisierung zu erteilen. Das sei für die Sicherheit der Menschheit unerlässlich. Erklärungen gab es natürlich nicht und der Widerstand Deightons nützte auch nichts. Unsereins war ja nicht vor Ort, um die Welt zu retten und das verkompliziert natürlich alles. Da kannst du mal sehen, was so passieren kann, wenn Gucky nicht dabei ist.

Naja, Ernst hatte sich auf diesem Wege vorgestellt, da bemerkte Dao, dass Thoy-P'ang plötzlich irgendwie in einer anderen Welt weilte und nicht mehr unter dem Einfluss Gelis stand. Er sah auf einmal so aus, als wöllte er die Perle zerstören. Der war völlig weg, der Kerl. Natürlich blieb die Perle heil, Thoy aber nicht. Sie ließen ihn daher zurück in seine Kabine bringen, aber nur, um später festzustellen, dass er sich selber getötet hatte. Kein Mitleid mit Tyrannen, mein Kind! Er hat lediglich das vollzogen, was ihm sowieso gedroht hätte, wäre er wieder auf Karapon erschienen. Außerdem erwartete er von seinen Soldaten in ähnlichen Situationen gleiches Handeln. Immerhin kriegte er eine schöne Raumbestattung, statt ihn in den Konverter zu schieben.

Und was machte die Perle? Mit unserem Ernst Ellert darin? Die berichtet, dass unser Freund auf der Suche nach Hilfe für Terra nach Kartan gelangte. Die Hohen Frauen wollten aber nicht so richtig, die ganz große Energie war mit dem Transport Hangays in unser Universum wohl erloschen. Also suchte man auf halbvergessenen Welten genügend Abenteurer und schickte sie an Bord der NARGA SANT. Das zig Kilometer lange Riesenschiff brach in Richtung Milchstraße auf, was dazu führte, dass Kartan sein Symbol, eben dieses gigantische Schiff nicht mehr hatte. Von nun an ging's bergab mit den Kartanin, konnte man sagen. Das einst so stolze Reich zerfiel.

Und die NARGA SANT? Es kam, wie kommen musste. In der Milchstraße legte man wenig Wert auf die Unterstützung von ein paar jungen Heißspornen. Die sahen das aber nicht ein und wollten sich über das Siragusa Black-Hole sozusagen hintenrum Zugang verschaffen. Das funktionierte natürlich auch nicht. Da ein Schwarzes Loch aber nun mal ein Schwarzes Loch ist, wirkten ungeheure Kräfte auf die NARGA SANT ein, sie zerbrach; ein Fünftel blieb hier und der Rest verschwand in dem Schwerkraftmonster. Natürlich zerbrach die Perle auch. Ernst konnte sich einen der Bruchteile schnappen, verschwand und der Bericht war endgültig zu Ende.

Dao war wieder in der Gegenwart angekommen. Sie regelte ein paar familiäre Dinge, trennte sich nach einigen Überlegungen zumindest geistig von ihrer Sippschaft und begab sich zu dem NARGA SANT Fünftel, um das zweite Bruchstück der Perle zu suchen. Nach einigem Durcheinander fand sie es und ging mit beiden Teilen auf große Fahrt in Richtung Milchstraße.




"Das war's", beendete Gucky seine Erzählung. "Dao war unterwegs zu Meister Perry und die Hälfte unserer großen Geschichte ist geschafft. Mit einem kleinen bisschen Sadismus kannst du sicherlich leben, so zum Beispiel, dass die Perle Moto zwar unterwegs in Richtung Heimat ist, aber immer noch niemand weiß, wozu sie eigentlich gut ist. Aber etwas Spannung muss ja erhalten bleiben. Sonst machts es ja keinen Spaß mehr."

"Es wäre wohl zuviel verlangt, wenn du mir vorab eine Kurz - Zusammenfassung von der ganzen Story lieferst und dann erst ins Detail gehst?" fragte Lee, allerdings ohne sich irgendwelche Hoffnung zu machen.

"Das glaubst du doch wohl selber nicht, oder? Sei froh, dass ich meinen Urlaub hier an dieser Stelle nicht abbreche und verschwinde. In fünf Jahren oder so käme ich dann wieder. Solange würdest du selbstredent auf dem größten aller Ilts warten, denke ich mal. Nein, das Einzige, was ich liefere, ist eine Ablieferung. Und zwar dich. In deinen Praxisräumen. Ich denke, deine Patienten brauchen dich noch irgendwann mal. Und vielleicht kommt die Tage ja nochmal dein prominentester Schützling vorbei."

Sprachs, ergriff Lees rechte Hand und teleportierte mit ihr mitten in ihr Behandlungszimmer. Und wie gehabt musste Lee sich nach der immer noch ungewohnten Transportmethode erst noch einige Zeit orientieren.

Gucky meinte derweil: "So. Ich habe erstmal genug geredet und mache jetzt einige Zeit wirklich Urlaub. Aber keine Sorge. Ich komme wieder. Dann geht's weiter"

Sprach, verschwand und ließ eine verwirrte Lee zurück.

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Marianne Sydow entführt uns für zwei Romane zu den Kartanin und das in vollendeter Form. Faszinierend beschreibt sie das Innenleben dieser Wesen, namentlich natürlich von Dao-Lin H'ay. Und ich habe jede Seite der Bände 1448 und 1449 genossen. Okay, Kaiser respektive Tyrannen funktionieren ähnlich wie bei uns, das scheint eine Art universelles Naturgesetz zu sein.

Dao zeigt uns, wie sie zunächst von ihrer Familie entfernt und dann auch noch von ihren Artgenossen. Wie zu erwarten war, ist die Perle Moto nun komplett. Wozu das Ding gut ist, wissen wir aber noch nicht. Von einigen wenigen Dateien abgesehen, scheint sie einfach nur schön zu sein. Aber dafür ist sie ja zu unserem größten aller großen Meister unterwegs.

Beide Romane sind auf eine Art geschrieben, die mich sofort vereinnahmt haben und ich es als schade empfand, dass ich zu schnell durch war. Mit Ernst Ellert und Kytoma werden uns zudem ein paar Namen und Brocken hingeworfen, die leider den armen Lesenden nicht nähergebracht werden. Es ist, wie bei PR üblich: Einige Fragen werden geklärt, dafür gibt es in Folge zehn neue. Nun geht's m nächsten Band, das soll aber keine Abwertung der anderen Autoren sein, wieder in die Niederungen des Kampfes gegen die Cantaro. Schade, ich hätte noch eine Weile bei Dao & Co bleiben können.

Wenn von den aktuellen Autorinnen und Autoren jemand in der Lage ist, derart mit Dao und den Kartanin umzugehen, darf sie jederzeit gerne zurückkommen. Ja, ein solcher Versuch ist mit Alaska Saedelaere ziemlich schief gegangen, bis er bei MAH in guten Händen war. Aber wenn man es nicht ausprobiert, erfährt man es nicht.

Nun, das hat sich ja mittlerweile geändert. Im Moment überlege ich mir, die aktuelle Miniserie zu erwerben und herunterzuladen. Mal sehen.

Auf der LKS geschah etwas Erwähnenswertes: Der alte Leserbriefonkel Ernst Vlceck übergab den Staffelstab für die Leserbetreuung an Jemanden, der eine gefühlte halbe Ewigkeit diesen Job übernehmen sollte und ohne den man sich diese Seiten nicht mehr vorstellen konnte. Ob AE damals wohl schon ahnte, wie lange er diesen Job ausüben sollte?
:gruebel:
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Halbzeit

Zeit für ein erstes Resümee. Bis jetzt hat mir das alles bis auf wenige Ausnahmen gut gefallen. Das Zykluskonzept stimmt und daher macht es Spaß, die Handlung zu verfolgen. Keine höheren Mächte, keine Superintelligenzen. Bis auf ein wenig Zeitreisegeschwurbel "normale" SF. Ich glaube, das war bis einschließlich heute der letzte Zyklus, der komplett ohne dieses Gevölks auskam. Mit dem Transport der Galaxis Hangay in unser Universum war allerdings ein Punkt erreicht, der kaum noch zu toppen war und die "Verschwörung der Autoren" (Kurt Mahr im PR Computer Band 1450) kam zum richtigen Zeitpunkt. Die damals wohl ursprünglich angedachte Vereinigung zweier Universen wäre wirklich eine Nummer zu groß gewesen.

Ich erinnere mich noch genau an mein Empfinden, als der Zyklus damals losging. Abgeschottete Milchstraße, keiner kommt rein, keiner kommt raus, der Teufel in Terras Hallen und dann irgendwann zu Beginn dieser Spielzeug - Cantaro...

Das hatte schon was und das ist immer noch da. Natürlich sind mittlerweile ein paar Erklärungen abgeliefert worden, aber eben nur wohl dosiert und wohl ebenso natürlich tauchen in Band 1449 mit Ernst Ellert und Kytoma zwei Namen auf, die die geneigten Lesenden neugierig werden lassen. Ob ich in 50 Bänden noch genauso begeistert bin? Ich lasse mich mal überraschen. Bis jetzt gehört der Cantaro Zyklus zu den ganz Großen der Reihe.

Ich brauche jetzt erstmal eine Pause. Ab und zu muss man mal was anderes lesen, außerdem habe ich noch keine Ahnung, wie meine Geschichte weitergeht. Aber da mache ich mir weniger Sorgen, da fällt mir sicherlich noch was ein.

Das war vor mehr als zwei Jahren und es hat anderthalb Monate gedauert, bis mir etwas zum weiteren Verlauf der Rahmenhandlung eingefallen war. So lange braucht es jetzt nicht, bei dem Rhythmus ca. zwei pro Woche wird es bleiben. Die Story spielt noch eine Weile auf Newengland, dann wird das Vorhaben unserer Protagonistin langsam klarer.


Viel Spaß bei Lesen!
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1450 - Die Herren der Straßen - ist von H.G. Francis, erschienen am 06.06.1989
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Lee war enttäuscht. Nachdem sich weder Gucky noch Reginald Bull in den folgenden drei Wochen blicken ließen, begab sie sich zu der Stelle, an der die zwei Minibeiboote ihrer Gäste gestanden hatten. Und? Nichts. Beide Schiffe waren verschwunden, natürlich samt ihrer Besitzer. Die waren ebenfalls weg, ohne ein Wort verloren zu haben.

Ich dachte, da wären Freundschaften geschlossen worden. Aber anscheinend bin nur Irgendwer von diesem seltsamen Hinterwäldlerplaneten und noch nicht mal ein Tschüss oder so wert, ging ihr durch den Kopf und sie fand das alles mehr als frustrierend. Ohne den Halt, den John ihr gab, wäre das alles noch enttäuschender geworden.

Drei Monate später traten Bull und der Ilt langsam aber sicher in den Hintergrund und sie wurde wieder lebensfroher. "Sie sind eben unsterblich und ticken anders als unsereins", hatte John ihr gesagt. "Sei lieber stolz, dass du sie so gut kennenlernen durftest!"

Wo John Recht hat, hat er Recht! dachte sie und kümmerte sich wieder um ihre Patienten und ihre abgeschiedene Welt. Zum Teufel mit der hohen Politik. Man hatte hier auf Newengland genug mit sich selber zu tun. Immerhin hatte man sich auf Neuwahlen in vierzehn Monaten geeinigt. Das dauerte ihr zwar alles viel zu lange, aber man war ja schließlich auf Newengland und da wollte gut Ding eben Weile haben.

Dann passierte es doch: Vier Monate und fünfzehn Tage nach dem Verschwinden ihrer vermeintlichen Freunde saß sie noch an ihrem Schreibtisch und machte sich noch ein paar Notizen zu ihrer letzten Patientin, einer ziemlich abgerissen aussehenden Vierzehnjährigen, die nach dem Tod des Vaters mit ihrem Leben nicht mehr klarkam. Danach galt es, noch ein paar Vorbereitungen für ihre morgen stattfindenden Termine zu treffen und es ging in den Feierabend. John war noch in Sachen Politik unterwegs und so freute sie sich auf einen ruhigen Tagesausklang.

Gerade, als sie dem Rechner den Ausschaltbefehl geben wollte, klopfte es an die Eingangstür ihrer Praxis. Bei dem Blick auf den Bildschirm auf ihrem Schreibtisch wäre sie fast vom Stuhl gefallen

"Ich bin deinem Rat gefolgt", sagte Reginald Bull nach der Türöffnung ohne Vorwarnung. "Ich war auf Terra in Omaha Beach bei meinem Vater, habe drei Tage im Gras neben der Stele gesessen und mich mit ihm ausgesprochen. Mittlerweile bin ich überzeugt, dass er ganz zufrieden mit seinem Sohn ist. Auch wenn es natürlich viel zu lange gedauert hatte, bis wir endlich miteinander reden konnten. Aber alte Trottel wie ich bleiben eben alte Trottel. Und wenn du mir jetzt ein paar scheuerst, weil ich einfach so abgehauen bin, hab ich das mehr als verdient. Ansonsten hätte ich gerne einen guten Kaffee."

Lee gab ihn tatsächlich einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. "Eigentlich hättest du eine ganze Tracht Prügel verdient, Reginald Bull", eröffnete sie ihm, ließ ihn hinein und holte das erbetene Heißgetränk.

"Schwarz, stark und ohne Zucker", sagte sie, setzte sich Bull gegenüber und sah ihn an.

"Gucky lässt dich herzlich grüßen. Er wäre gerne hier, gab er mir mit auf den Weg, aber er müsse zuerst mal wieder die halbe Milchstraße retten. Sobald er das geschafft hat, kommt er nach, soll ich dir ausrichten.

Nein, im Ernst: Entschuldige bitte. Uns ist ein Einsatz in die Quere gekommen. Es war wie so häufig: Natürlich war alles schon vorgestern vonnöten und die ganze Chose ist ebenso natürlich streng geheim. Außer meinem Wort, dass es absolut nichts mit dir oder Newengland überhaupt zu tun hatte, kann ich dir leider nichts sagen. Aber ich soll die angefangene Cantaro - Geschichte weitererzählen, meinte der Kleine."

Lee seufzte. "Dann will ich dir das mal glauben", sagte sie, schaltete das Aufnahmegerät ein und lehnte sich zurück.

"Stell dir vor", begann Reginald Bull, "du wärest mit zwei anderen Menschen zusammen als Dreiertrupp in einem Gefangenenlager. Nimm von mir aus John und deinen Kneipenwirt, diesen McSowieso. Und dann kommt jemand und pickt ausgerechnet dich aus über zehntausend Häftlingen raus und nimmt dich mit ins Ungewisse."


Spoiler
Reginald Bull erzählt die Geschichte von den Herren der Straßen:


Genauso erging es Jesco Tomaskon. Er unterhielt sich mit seinen zwei Kameraden über Sinn und Zweck des Lagers auf Uulema. Uulema war eine erdähnliche und mit jeder Menge Sauriern und schrägem Getier bevölkerte Welt. Das heißt, aktuell waren noch ein paar andere Wesen vorzufinden. Hauptsächlich waren es Abkömmlinge der alten Lemurer, also Terraner, Arkoniden, Akonen, Aras und so weiter. Vereinzelt mochte man auch Unither und andere gefunden haben, aber das Gros wurde von den Lemuroiden gestellt.

Die drei beobachteten, wie Riesenmengen an Material geliefert wurden, das offenbar für die Errichtung einer richtig großen Hyperfunkstation und einer Gen - Fabrik diente. Einerseits war man nun froh, dass die Cantaro noch anderweitig beschäftigt waren und keine Zeit hatten, sich ausgiebig mit ihnen zu befassen. Andererseits verfolgten sie mit wachsendem Unbehagen, wie umfangreich die Lieferungen waren.

Sie rechneten sich aus, wie lange es wohl nach der Fertigstellung dauern würde, bis sie in puncto genetischer Spielchen an der Reihe wären und wollten es so genau gar nicht wissen. Ja, und dann stand auf einmal Veegran, der Kommandant der Cantaro auf Uulema vor ihnen. Und nahm Jesco Tomaskon mit.

Dass auf Uulema außer den Gefangenen sowie ein paar Cantaro noch einige weitere Leute zu finden waren, wusste Veegran erstmal nicht. Namentlich wären hier Homer G. Adams, selbstverständlich Gucky und unser Freund Pedrass Foch zu nennen. Natürlich gab es noch ein paar mehr, aber ich und Namen behalten so wie Gucky? Keine Ahnung, wie der das macht. Bully und sich anderer Leute Namen merken, da treffen zwei Welten aufeinander.

Auf jeden Fall gingen Gucky und Pedrass Foch in getrennte Einsätze, wobei der Kleine relativ schnell einen Sack voller Probleme bekam. Seine Parakräfte waren massiv beeinträchtigt und er litt unter Erschöpfungszuständen, ohne dass er feststellen konnte, warum dem so war. Es ging alles etwas langsamer bei ihm.

Unterdessen wurde Jesco Tomaskon von Veegran in ein provisorisch errichtetes Gebäude geführt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ihm besonders gut ging, als er im Inneren des Objektes eine rötlich pulsierende Masse durch ein paar Rohre fließen sah. Ich denke, er wird gemutmaßt haben, der er jetzt wisse, wo die in der Vergangenheit bereits abgeholten Gefangenen gelandet waren. Als rötlich pulsierende Masse in ein paar Rohren. Dann merkte er plötzlich, wie etwas seinen Kopf berührte. Er verlor die Gewalt über seinen Körper und befürchtete sein Ende.

Nun wussten weder der Cantaro noch Tomaskon, dass sie von Gucky beobachtet wurden. Unserem kleinen Freund ging es nach wie vor nicht gut. Inzwischen war ihm, als ob jemand das Blut aus seinen Adern saugen würde. Daher war er auch nicht in der Lage, Tomaskons Gedanken zu lesen. Bei dem Cantaro hätte das sowieso nicht funktioniert, aber bei Jesco? Er beobachtete sie noch eine Weile, dann waren sie aus seinem Gesichtsfeld verschwunden.

Pedrass Foch war mit seinen Leuten nach einigen Aktionen in den Besitz eines Datenträgers gekommen. Als Homer und seine Leute das Teil in ihrem Versteck ausgelesen hatten, stellten sie mit großem Schrecken fest, dass die Cantaro drauf und dran waren, ihre Station mitsamt den darin befindlichen Rebellen zu finden. Also griffen Foch und noch einige weitere Kameraden die Baumaschinen an, bei Gucky reichte es noch zur Zerstörung einiger Schirmfeldgeneratoren und die meisten der Häftlinge gelang die Flucht. Dabei war auch Jesco Tomaskon, der auf einigen Umwegen bei den WIDDER - Agenten gelandet war und vorher noch mitgeholfen hatte, einen Spion der Cantaro zu enttarnen und unschädlich zu machen.

Wir, das heißt Perry und Co, saßen auf Phoenix und bekamen von der ganzen Misere nichts mit. Bis auf einmal ein Mayday - Ruf von der QUEEN LIBERTY, Homers Flaggschiff, bei uns einging. Man brauchte Hilfe. Sofort. Was natürlich nicht ging, weil so gut wie alle Schiffe im Ruhezustand waren und gerade gewartet wurden. Nur die BLUE JAY unter Reno Yantill konnte sofort losfliegen. Er verschwand umgehend Richtung Uulema.

Vor Ort ging es Gucky immer noch nicht besser. Er hatte zwar Veegran samt einiger Datenträger ausfindig gemacht und auf die mittlerweile aufgetauchte HALUTA entführt, aber das wars dann auch. Der Kleine vegetierte nur noch vor sich hin und wurde immer weniger.

Da konnte es uns auch nicht begeistern, dass wir den Cantaro endlich mal eine Schlappe beigebracht haben. Sie hatten sich zurückgezogen. Natürlich gaben wir Fersengeld und verschwanden in Richtung Arhena, einer Ödwelt in einem System in M 55. Anschließend trompeteten wir unseren Sieg über die Cantaro in die ganze Milchstraße hinaus. Sie waren eben doch besiegbar.

Gucky wurde ging es immer schlechter und wir begannen, uns ernsthaft Sorgen um ihn zu machen. Sogar in der Medostation konnte man ihm kaum helfen. Der Zellaktivator nützte seltsamerweise auch nichts. Wir wussten bald nicht mehr weiter.

Wer auch nicht mehr weiter wusste, war Jesco Tomaskon. Denn ihm war mittlerweile klar geworden, was die Cantaro mit ihm angestellt hatten, als er neben Veegran aus den Latschen gekippt war. Man hatte ihn umgedreht und einen Spitzel der Cantaro aus ihm gemacht. Die Anwesenheit Veegrans hatte ihn angeknipst, wenn man so will. Ob er wollte oder nicht: Er musste ein Hyperfunksignal absetzen und er musste gehorchen. Auch wenn es dazu führte, dass er einen Kameraden umbrachte.

Bei uns stand die Sorge über Gucky über allem. Wir hätten wer weiß was gegeben, wenn wir ihm hätten helfen können. Konnten wir aber nicht. Und Perry durfte zu allem Überfluss auch noch Veegran verhören, wobei er eine handfeste Überraschung erlebte. Die Herren der Straßen werden dich besiegen, sagte der Cantaro. Sie werden dich einfach zertreten. Wie Ameisen. Dann explodierte Veegran.

Gucky wurde schwächer und schwächer. Es hat keinen Zweck mehr, brachte er mühsam hervor. Alles geht einmal zu Ende, sagte er. Hoffnung gab es keine mehr. Er lag im Koma, seine Vitalfunktionen erloschen. Schluss. Aus. Vorbei.

Dann geschah das Unwahrscheinliche. Eine junge Frau hatte Jesco Tomaskon entdeckt, ihn entlarvt und erschossen, als er ihr ans Leben wollte. Das war Gucky Rettung. Langsam, aber sicher wurde er wieder lebendig. Perry wischte sich die Tränen aus den Augen.




"Das war wohl knapp, was?", fragte Lee.

"Das kannst du wohl sagen. Hätte diese junge Kybernetikerin nicht den umgedrehten Tomaskon entlarvt und hätte dieser nicht seinen Befehlen gehorcht und versucht, die Frau zu töten, wäre der Kleine gestorben. Trotz Zellaktivator. Relativ ist eben relativ. Irgendwann werden wir wohl alle vor unserem Schöpfer oder wem auch immer stehen. Manche früher, manche später. Aber letztlich gehen wir alle den gleichen Weg."

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Der Roman hat mir grundsätzlich gefallen. Grundsätzlich war er gut. Aber eben nur grundsätzlich. Der Reihe nach:
H.G. Francis schildert die Abenteuer auf der Cantaro - Welt Uulema und man fragt sich die ganze Zeit, warum zum Teufel dieser Roman eigentlich "Die Herren der Straßen" heißt.

Homer G. Adams und sein Einsatztrupp, zu dem immerhin neben Gucky auch Haudrauf Pedrass Foch zählen, wollen den Cantaro nach bester Partisanen - Art einen Schlag verpassen. Natürlich werden sie zunächst fast und später dann richtig entdeckt, aber man weiß sich zu wehren. Häftlinge werden befreit und damit das alles nicht zu einfach wird, hat Gucky ein Problem. Zunächst macht sich das nur mit einer allgemeinen Müdigkeit und abnehmenden Psi - Fähigkeiten bemerkbar, später geht's ihm dann wirklich ans Leben. Das hat H.G. Francis auf faszinierende Art beschrieben, zumindest bei mir ist das gut angekommen und ich habe direkt mit gefiebert, obwohl mir natürlich klar war, dass der Kleine das überstehen wird. Aber damals war ja eben erst Waringer gestorben und wer weiß schon, was sich in den Köpfen von Perry Rhodan Autoren Sadistisches abspielt?

Kurz vor Ende des Romans erfahren wir dann auch, warum er so heißt, wie er heißt. Wir wissen also jetzt, dass es noch eine den Cantaro übergeordnete Instanz geben muss. Auch wenn wir bis jetzt nur den Namen kennen, wird klar, dass die Cantaro nicht der Weisheit allerletzter Schluss sind. Und denen kann man durchaus heftige Nadelstiche verpassen.

Was mir aber damals schon nicht gefallen hat, ist die Tatsache, dass Bully nicht an Guckys Krankenbett stand. Die Möglichkeit hätte er gehabt, die CIMARRON war immerhin mit dabei. Nach der Flucht von Uulema war man zudem nicht mehr im unmittelbaren Einsatz. Die Freundschaft zwischen Bull und dem Ilt wurde auch seinerzeit als eine besondere bezeichnet. Und dann hat der nicht alles liegen und stehen gelassen? Wie hätte unser größter aller großen Meister diesen Teil der Geschichte denn Bully rübergebracht? "Ach, übrigens, ich habe vergessen, dich zu informieren. Gucky hat sich bei seinem Einsatz einen weggeholt. Er lag auf unserer Medostation und jetzt ist er tot." Oder was?
:gruebel:
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