Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Ja, das glaube ich auch. Vorher war er zwar existent, wurde aber hauptsächlich totgeschwiegen. Das mit der Hanse wusste ich nicht mehr, also habe ich einen Grund mehr, nochmal ein Paket alter Romane vom Speicher zu holen.
Heute wird HGA zwar immer noch dosiert eingesetzt, aber er hat sich zu einer Respektperson gewandelt. Hat der alte Knastbruder auch verdient.
Heute wird HGA zwar immer noch dosiert eingesetzt, aber er hat sich zu einer Respektperson gewandelt. Hat der alte Knastbruder auch verdient.
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Da ich da bald ankomme, werde ich noch genug über Homer, die halbvergessene wichtige Figur im Hintergrund, schreiben.RBB hat geschrieben: ↑11.03.2025, 06:10 Ja, das glaube ich auch. Vorher war er zwar existent, wurde aber hauptsächlich totgeschwiegen. Das mit der Hanse wusste ich nicht mehr, also habe ich einen Grund mehr, nochmal ein Paket alter Romane vom Speicher zu holen.
Heute wird HGA zwar immer noch dosiert eingesetzt, aber er hat sich zu einer Respektperson gewandelt. Hat der alte Knastbruder auch verdient.
thinman
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1441 - Schwarze Sternenstraßen - ist von Arndt Ellmer, erschienen am 03.04.1989
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Sie materialisierten vor dem singenden Ochsen. Lee wollte hineingehen, indes, Gucky hielt sie zurück. Auf ihren fragenden Blick hin sagte er: "Ich weiß, was mit ihm los ist. Zugegeben, so hat es ihn lange nicht mehr erwischt und ich dachte eigentlich, er wäre darüber hinweg."
"Er hat ein Kind, dass er nie so richtig kennengelernt hat", mutmaßte Lee.
"Ja, eine Tochter. Und eine Enkelin. Das war alles eine ziemlich verschrobene Geschichte und wie bei vielen Kindern von den menschlichen Unsterblichen gab es keine normale Familie. Dazu kamen in Bullys Fall die Zeitsprünge mit dem ganzen hin und her. Er hat das nie richtig verarbeitet. Ein besonderes Problem ist die Tatsache des Alterns. Selbst wenn die Kinder von ZAC - Trägern ein längeres Leben als andere haben, muss dir als Elternteil klar sein, dass du irgendwann mal an dem Grab deines Kindes oder deiner Enkel stehst. Das kann einen schon aus den Pantinen hauen. Glaub mir das, ich musste das selber bei Jumpy erleben. Und das sogar zweimal."
Er seufzte.
"Aber das ist ein anderes Kapitel. Bully, nun, er hatte wohl mal einen Sohn, von dem wir zunächst nichts wussten. Den hatte er zu Grabe getragen. Dann sind später seine Frau und seine Tochter mit dem hinterlassenen Satz "Wir lieben dich!" verschwunden und bis jetzt nicht wieder aufgetaucht. Einfach so. Wo oder ob sie überhaupt leben, weiß niemand. Glaub mir, das haut den stärksten Ochsen um. Aber ihn belastet noch mehr. Ich habe das direkt gemerkt, als er hier auf Newengland aufgetaucht ist. Vielleicht ist er sogar mal ein Fall für dich."
Sie hatten sich auf die niedrige Mauer ein paar Meter neben dem Eingang gesetzt, es handelte sich wohl um eine Grundstückbegrenzung. Dabei hingen sie beide ihren Gedanken nach. Ab und zu ging die Tür des Singenden Ochsen und jemand betrat oder verließ den Pub. Sie konnten in diesen kurzen Momenten die herausdringenden typischen Kneipengeräusche hören.
"Hm.", meinte Lee.
"Was, hm?"
"Vor ein paar Tagen konnte ich Bully nicht ansehen, ohne umzufallen. Du hast mich grade erst von meinem Problem geheilt. Und jetzt soll ich, die Hinterwäldlerin, seine Seelenklemptnerin spielen? Das traust du mir zu? Einen Unsterblichen zu therapieren?"
"Klar!" Gucky strahlte Lee an. "Wer sonst, wenn nicht du?"
"Aber mal im Ernst", fuhr der Ilt fort. "Ich könnte dir über Bully aus dem Stehgreif einen sechsstündigen Vortrag halten. Ich weiß im Regelfall genau, was mit dem Kerl los ist. Aber wir, Bully und ich, kennen uns zu gut. Es gibt nicht allzu viele Worte, die wir noch nicht gewechselt haben und x - mal haben wir uns gegenseitig wieder auf die Füße gestellt. Wenn es im jetzt nur um seine Tochter ginge, würde ich ihn da rausholen, ihm erklären, dass er sie nicht mehr alle auf der Reihe hat und das wars dann. Er würde etwas herum mosern, sich aber relativ schnell beruhigen. Nein, da ist mehr und es muss jemand von außen ran. Eine Person, die er nicht kennt und die ihn nicht kennt. Okay, von mir aus von Geschichtsbüchern, aber nicht als Mensch, als Individuum. Da kommst du ins Spiel, zumal du auch noch die passende Ausbildung hast."
"Gut. Ich werde es versuchen. Aber gib mir etwas Zeit zur Vorbereitung."
"Keine Sorge, es wird ein paar Tage dauern. Er wird sich sowieso zunächst sträuben, da hab ich noch einiges an Vorarbeit zu leisten. Aber was tut man nicht alles für seine Freunde."
Gucky zuckte nachdenklich mit den Schultern. Dann lachte er.
"So. Bevor wir um ihn kümmern, lassen wir uns noch etwas Zeit und ich erzähle dir die nächste Geschichte. Du weißt, was ein Schwarzes Loch ist?"
Lee nickte. "Ein Sternenleiche. Wenn man einmal drin ist, kommt man nicht mehr raus. Jedenfalls nicht ohne ein paar Eimer fortgeschrittene Technik."
"Jepp. Ein energetisches Monster. Eine Gravitationsfalle erste Güte. Die Fluchtgeschwindigkeit ist höher als die Lichtgeschwindigkeit und im Zentrum befindet sich eine Singularität. Wenn man da ankommt, bleibt nicht allzu viel von einem übrig. Und in so ein Ding flog Julian Tifflor mit seinen Leuten hinein."
"Fünfzig Millionen Lichtjahre von zu Hause weg. Wie schafft man es, bei solchen Ortungsergebnissen nicht verrückt zu werden?"
"Naja", meinte Gucky. "Man ist ja irgendwie dahin gekommen. Und wenn man es in eine Richtung geschafft hat, gibt es zumeist auch einen Weg zurück. Bis jetzt war das auf jeden Fall immer so."
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Der Roman besteht aus drei Teilen: Das erste Drittel beschäftigt sich mit der Außenbetrachtung des Schwarzen Loches und den Gedanken, die sich die Raumfahrer dazu machen. Teil zwei im Inneren der beiden Schwarzen Löcher und Teil drei außerhalb bei den Aiscrou. Der Beginn hat mich fasziniert, die Mitte war okay und der letzte Teil wars für mich nicht so ganz. 2 - 3 - 4, macht zusammen eine drei.
Der Band bezieht seine Spannung aus dem Ungewissen. Was passiert hinter dem Ereignishorizont? Überleben wir das? Wieso funktioniert Tolots erste Impulsfolge nicht? Dann: Zack, woanders herausgekommen. Die eigentliche Reise über 50 Millionen Lichtjahre wird nicht beschrieben, also kein wabernder Hyperraum oder dergleichen.
Wenn man sich jetzt mal überlegt, dass diese Schwarze Sternenstraßen ja irgendwie zusammenhängen müssen, kann man davon ausgehen, dass Neyscuur noch eine Rolle spielen wird. Sonst hätte es keinen Grund gegeben, ausgerechnet dort eine Station zu unterhalten. Denn: Hightech hin oder her, der Unterhalt muss teuer sein. Also scheint wieder alles mit allem verbunden. Wir wissen nur noch nicht, wie.
Nach dem Lesen des Romans erfahren wir im PR - Computer, dass ein Herauskommen in der Milchstraße ziemlich unwahrscheinlich gewesen war. Aber der Sinn der Sache und damit Hauptgrund der Aktion war es, solide und zuverlässige Kenntnisse über die Schwarzen Sternenstraßen zu erlangen. Denn nur dann habe man eine Chance, dem Teufel in Terras Hallen beizukommen.
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Sie materialisierten vor dem singenden Ochsen. Lee wollte hineingehen, indes, Gucky hielt sie zurück. Auf ihren fragenden Blick hin sagte er: "Ich weiß, was mit ihm los ist. Zugegeben, so hat es ihn lange nicht mehr erwischt und ich dachte eigentlich, er wäre darüber hinweg."
"Er hat ein Kind, dass er nie so richtig kennengelernt hat", mutmaßte Lee.
"Ja, eine Tochter. Und eine Enkelin. Das war alles eine ziemlich verschrobene Geschichte und wie bei vielen Kindern von den menschlichen Unsterblichen gab es keine normale Familie. Dazu kamen in Bullys Fall die Zeitsprünge mit dem ganzen hin und her. Er hat das nie richtig verarbeitet. Ein besonderes Problem ist die Tatsache des Alterns. Selbst wenn die Kinder von ZAC - Trägern ein längeres Leben als andere haben, muss dir als Elternteil klar sein, dass du irgendwann mal an dem Grab deines Kindes oder deiner Enkel stehst. Das kann einen schon aus den Pantinen hauen. Glaub mir das, ich musste das selber bei Jumpy erleben. Und das sogar zweimal."
Er seufzte.
"Aber das ist ein anderes Kapitel. Bully, nun, er hatte wohl mal einen Sohn, von dem wir zunächst nichts wussten. Den hatte er zu Grabe getragen. Dann sind später seine Frau und seine Tochter mit dem hinterlassenen Satz "Wir lieben dich!" verschwunden und bis jetzt nicht wieder aufgetaucht. Einfach so. Wo oder ob sie überhaupt leben, weiß niemand. Glaub mir, das haut den stärksten Ochsen um. Aber ihn belastet noch mehr. Ich habe das direkt gemerkt, als er hier auf Newengland aufgetaucht ist. Vielleicht ist er sogar mal ein Fall für dich."
Sie hatten sich auf die niedrige Mauer ein paar Meter neben dem Eingang gesetzt, es handelte sich wohl um eine Grundstückbegrenzung. Dabei hingen sie beide ihren Gedanken nach. Ab und zu ging die Tür des Singenden Ochsen und jemand betrat oder verließ den Pub. Sie konnten in diesen kurzen Momenten die herausdringenden typischen Kneipengeräusche hören.
"Hm.", meinte Lee.
"Was, hm?"
"Vor ein paar Tagen konnte ich Bully nicht ansehen, ohne umzufallen. Du hast mich grade erst von meinem Problem geheilt. Und jetzt soll ich, die Hinterwäldlerin, seine Seelenklemptnerin spielen? Das traust du mir zu? Einen Unsterblichen zu therapieren?"
"Klar!" Gucky strahlte Lee an. "Wer sonst, wenn nicht du?"
"Aber mal im Ernst", fuhr der Ilt fort. "Ich könnte dir über Bully aus dem Stehgreif einen sechsstündigen Vortrag halten. Ich weiß im Regelfall genau, was mit dem Kerl los ist. Aber wir, Bully und ich, kennen uns zu gut. Es gibt nicht allzu viele Worte, die wir noch nicht gewechselt haben und x - mal haben wir uns gegenseitig wieder auf die Füße gestellt. Wenn es im jetzt nur um seine Tochter ginge, würde ich ihn da rausholen, ihm erklären, dass er sie nicht mehr alle auf der Reihe hat und das wars dann. Er würde etwas herum mosern, sich aber relativ schnell beruhigen. Nein, da ist mehr und es muss jemand von außen ran. Eine Person, die er nicht kennt und die ihn nicht kennt. Okay, von mir aus von Geschichtsbüchern, aber nicht als Mensch, als Individuum. Da kommst du ins Spiel, zumal du auch noch die passende Ausbildung hast."
"Gut. Ich werde es versuchen. Aber gib mir etwas Zeit zur Vorbereitung."
"Keine Sorge, es wird ein paar Tage dauern. Er wird sich sowieso zunächst sträuben, da hab ich noch einiges an Vorarbeit zu leisten. Aber was tut man nicht alles für seine Freunde."
Gucky zuckte nachdenklich mit den Schultern. Dann lachte er.
"So. Bevor wir um ihn kümmern, lassen wir uns noch etwas Zeit und ich erzähle dir die nächste Geschichte. Du weißt, was ein Schwarzes Loch ist?"
Lee nickte. "Ein Sternenleiche. Wenn man einmal drin ist, kommt man nicht mehr raus. Jedenfalls nicht ohne ein paar Eimer fortgeschrittene Technik."
"Jepp. Ein energetisches Monster. Eine Gravitationsfalle erste Güte. Die Fluchtgeschwindigkeit ist höher als die Lichtgeschwindigkeit und im Zentrum befindet sich eine Singularität. Wenn man da ankommt, bleibt nicht allzu viel von einem übrig. Und in so ein Ding flog Julian Tifflor mit seinen Leuten hinein."
"Fünfzig Millionen Lichtjahre von zu Hause weg. Wie schafft man es, bei solchen Ortungsergebnissen nicht verrückt zu werden?"
"Naja", meinte Gucky. "Man ist ja irgendwie dahin gekommen. Und wenn man es in eine Richtung geschafft hat, gibt es zumeist auch einen Weg zurück. Bis jetzt war das auf jeden Fall immer so."
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Der Roman besteht aus drei Teilen: Das erste Drittel beschäftigt sich mit der Außenbetrachtung des Schwarzen Loches und den Gedanken, die sich die Raumfahrer dazu machen. Teil zwei im Inneren der beiden Schwarzen Löcher und Teil drei außerhalb bei den Aiscrou. Der Beginn hat mich fasziniert, die Mitte war okay und der letzte Teil wars für mich nicht so ganz. 2 - 3 - 4, macht zusammen eine drei.
Der Band bezieht seine Spannung aus dem Ungewissen. Was passiert hinter dem Ereignishorizont? Überleben wir das? Wieso funktioniert Tolots erste Impulsfolge nicht? Dann: Zack, woanders herausgekommen. Die eigentliche Reise über 50 Millionen Lichtjahre wird nicht beschrieben, also kein wabernder Hyperraum oder dergleichen.
Wenn man sich jetzt mal überlegt, dass diese Schwarze Sternenstraßen ja irgendwie zusammenhängen müssen, kann man davon ausgehen, dass Neyscuur noch eine Rolle spielen wird. Sonst hätte es keinen Grund gegeben, ausgerechnet dort eine Station zu unterhalten. Denn: Hightech hin oder her, der Unterhalt muss teuer sein. Also scheint wieder alles mit allem verbunden. Wir wissen nur noch nicht, wie.
Nach dem Lesen des Romans erfahren wir im PR - Computer, dass ein Herauskommen in der Milchstraße ziemlich unwahrscheinlich gewesen war. Aber der Sinn der Sache und damit Hauptgrund der Aktion war es, solide und zuverlässige Kenntnisse über die Schwarzen Sternenstraßen zu erlangen. Denn nur dann habe man eine Chance, dem Teufel in Terras Hallen beizukommen.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1442 - Die grauen Eminenzen - ist von Kurt Mahr, erschienen am 10.04.1989
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"Könnt ihr einen nicht mal fünf Minuten alleine lassen?" Reginald Bull war äußerst missmutig.
"Nein!" sagte Gucky bestimmt. "Es gibt Situationen, in denen man gerade das nicht darf. Du wirkst hier sowieso von Anfang an ziemlich verdreht. Bei nächster Gelegenheit werde ich dich dazu mal was genauer befragen. Dann machst du auf mich im Moment den Eindruck, als wäre Alkohol eine Lösung. Ist es aber nicht. Auch nicht für ZAC-Träger."
"Lass mich in Ruhe, du..."
"Vorsichtig!" unterbrach der Ilt. "Sag jetzt nichts, was du später bereust. Irgendwann ist sogar bei mir Schluss mit lustig. Nur, weil du dir einen Schnaps nach dem anderen hinter die Binde gießt, brauchst du nicht blöde zu werden!"
Lee war die ganze Situation unangenehm. Wie krieg ich die zwei Querköppe da raus? ging ihr durch den Kopf. Gucky hatte ihr erklärt, dass Alkohol bei Zellaktivatorträgern nicht so extrem wirkte wie bei Normalsterblichen. Das galt auch für Mengen, die sie zwei Tage aus den Rennen geworfen hätten. Der ZA erkennt das Gift und arbeitet dagegen. Der Alkohol wird schneller abgebaut, schädigt die Organe nicht und man wird schneller wieder nüchtern und damit klar im Kopf. Ohne Katergefühle, seufzte sie neidisch. Alleine dafür hätte sie sich so manches Mal so ein Ding gewünscht. Aber ob sie denn wirklich unsterblich sein wollte?
Falsches Thema, dumme Gans!, fauchte sie sich in Gedanken selber an. Kümmer dich gefälligst um die zwei Streithähne.
Sie sah die fast leere Flasche Hochprozentigen und dachte an eventuelle Folgen. Natürlich, so hatte sie erfahren, galt das mit dem Alkohol wie bei allen Giften nur bis zu einer gewissen Grenze. Wo die lag, wusste aber niemand. War der ZAC nach drei Flaschen 45-prozentigem überfordert? Nach vier? Es gab zwar, so hatte Gucky sie informiert, irgendwelche Berechnungen, aber ob die stimmten, war völlig unklar. Weil sich eben noch kein ZAC - Träger zu Tode gesoffen hatte. Also musste zuerst mal die Flasche weg. Sie nickte dem Wirt Billy McGuyer zu. Billy war ein Kerl wie ein Baum und stark wie ein Ochse. Der Betrunkene, der ihm Schwierigkeiten machte, musste mit Sicherheit erst noch geboren werden. Und Ertruser gibt es auf Newengland ja nicht, ging Lee durch den Kopf.
Billy kam an ihren Tisch, nahm die mittlerweile nur noch rudimentär gefüllte Flasche mit und sagte: "Ich glaube, das reicht für heute. Obwohl du einen bewundernswerten Zug am Leib hast, das muss man dir ja lassen. Aber wenn Schluss ist, ist Schluss."
"Macht doch, was ihr wollt!" schimpfte ein immer schlechter gelaunter Reginald Bull.
"Weißt du was, Kerl?", fragte Gucky. "Das machen wir auch."
Er nahm Lees Hand, packte Bully am Arm und teleportierte mit dem Beiden zu ihren Schiffen. Den protestierenden Reginald Bull beförderte er danach telekinetisch in den naheliegenden Bach, der eiskaltes Wasser führte.
"Das macht müde Krieger munter", meinte er dazu und grinste. Parallel dazu hole er eine Spritze aus Bullys Beiboot und injizierte das Mittel.
"So", sagte er. "In ein paar Minuten ist er wieder normal".
Lee war völlig fassungslos. So etwas kannte sie nur aus Erzählungen der ganz Alten, selber erlebt hatte sie eine derartige Rosskur noch nicht. Aber bei Billy gab es immer wieder mal ein paar Figuren, die mehr in sich hineinschütten wollten, als ihnen guttat. Zum Glück hatte der Wirt ein geschultes Auge für solche Fälle. Aber trotzdem...
"Wenn du mal überhaupt nicht mehr weißt, was du tun sollst, hätte Billy glaube ich einen guten Job für dich." Sie sah Gucky an, der dazu allerdings meinte, einer von dieser Sorte würde ihm reichen. Er könne schließlich nicht auf die Bevölkerung eines ganzen Planeten aufpassen. Da wäre ja selbst ein Ilt überfordert.
Sie sahen nach Bull. Der war mittlerweile dem Bach entstiegen und hatte sich verzogen. Er wird schon wiederkommen. Und ich sollte mich wirklich mal als Außenstehende mit ihm unterhalten. Vielleicht kann ich ihm helfen, dachte Lee und sie sah Gucky an, dass ihm wohl ähnliches durch den Kopf ging.
"Mach dir keine Sorgen um ihn. Das passiert immer wieder mal, wenn die Rede auf seine Tochter kommt. Die hat er nämlich nie so richtig kennengelernt. Der Dicke wird sich wieder fangen und dann sehen wir weiter. Ich denke, ich bringe ihn dir die Tage mal vorbei", sagte der Mausbiber. "Ich würde nie zulassen, dass ihm wirklich was zustößt", ergänzte er noch. "Zumindest dann nicht, wenn ich dabei bin."
Lee saß auf dem Boden, hatte die Beine angewinkelt und mit den Armen umfasst. Sie blickte nachdenklich auf die grüne Wand hinter dem Bach.
"Ich glaube, für eine Geschichte reicht der Abend noch. Dann bringe ich dich zurück in die Stadt."
"Ja, ganz langsam kristallisiert sich da etwas heraus", sagte Lee zu Gucky. "Also behalte ich den Namen Anoree und vergesse den Rest erstmal. Wie machst du das eigentlich, die ganzen Details zu behalten?"
"Das weiß ich auch nicht so genau", erwiderte der Ilt. "Sie sind einfach präsent, sozusagen abrufbereit. Wenn ich darüber rede, fallen sie mir ein. Danach sind sie wieder weg. Sowas ist mir schon mal passiert, aber da gab's am Schluss wenigstens eine Erklärung. Aber hier? Und überhaupt. Du wirst mir bei Gelegenheit sowieso noch Rede und Antwort auf ein paar Fragen stehen müssen."
Lee wusste natürlich genau, was Gucky meinte und wechselte lieber das Thema.
"Darf ich noch eine Frage zu Julian Tifflor stellen? Was ist aus dem eigentlich geworden? Da fehlen uns hier auf Newengland einige Informationen. Von Tiff, wie du ihn nennst, redete auf einmal keiner mehr. Lebt er noch?"
Gucky seufzte.
"Weißt du, wenn ich nochmal hier auftauche und die dreifache Menge Zeit habe, werde ich versuchen, es dir zu erklären. Der ist mal eine Million Jahre zu Fuß durch eine Raum - Zeit - Blase marschiert und war danach natürlich nicht mehr derselbe wie vorher. Eine Million Jahre! Das muss man sich mal vorstellen. Bei uns waren 36 Stunden oder so vergangen! Irgendwann später ist er in einer Art Paralleluniversum verschwunden. Glaub mir, das ist etwas für absolute Spezialisten. Aber auch die werden sich das nicht einig. Nein, der dürfte noch leben. Aber wo und wie? Keine Ahnung."
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Wieder ein Chefroman von Kurt Mahr. Nach bester Ewers'scher Art stellt er uns diverse Völker der Galaxis Neyscuur vor. So wirklich weiter führt uns das über den größten Teil des Romans nicht. Mehrfach war der kleine Quaker in meinem Kopf und nervte, weil das ganze Gevölks sich durch die Bank weg nur mit Hinhaltetaktik beschäftigte. Wirkliche Infos gab es erst auf Seite 59. Ergänzend ist das Schöne an den damaligen Romanen der PR - Computer, der einem die Handlung nochmal näherbringt und Verwirrungen wegräumt.
Was mir hier gefällt, ist die Tatsache, dass Telepathen nicht weiterkommen. Damit ist die Versuchung "Problem - Mutant - Lösung" außen vor. Okay, Teleporter gibt es noch, aber die können nun mal per se keine Gedanken lesen. Das verkompliziert die Sache für Tiff & Co. ziemlich und ermöglicht einen solchen Roman.
Obwohl das, was ich wissen wollte, erst ganz zum Schluss kam, hat mir der Band gefallen. Es waren zwar ein paar Völker zuviel auf einmal, aber man hätte auch für jedes Volk einen separaten Band verbrauchen können. Da liest es sich so schon besser. Und natürlich wechseln wir danach die Handlungseben. Seufz.

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"Könnt ihr einen nicht mal fünf Minuten alleine lassen?" Reginald Bull war äußerst missmutig.
"Nein!" sagte Gucky bestimmt. "Es gibt Situationen, in denen man gerade das nicht darf. Du wirkst hier sowieso von Anfang an ziemlich verdreht. Bei nächster Gelegenheit werde ich dich dazu mal was genauer befragen. Dann machst du auf mich im Moment den Eindruck, als wäre Alkohol eine Lösung. Ist es aber nicht. Auch nicht für ZAC-Träger."
"Lass mich in Ruhe, du..."
"Vorsichtig!" unterbrach der Ilt. "Sag jetzt nichts, was du später bereust. Irgendwann ist sogar bei mir Schluss mit lustig. Nur, weil du dir einen Schnaps nach dem anderen hinter die Binde gießt, brauchst du nicht blöde zu werden!"
Lee war die ganze Situation unangenehm. Wie krieg ich die zwei Querköppe da raus? ging ihr durch den Kopf. Gucky hatte ihr erklärt, dass Alkohol bei Zellaktivatorträgern nicht so extrem wirkte wie bei Normalsterblichen. Das galt auch für Mengen, die sie zwei Tage aus den Rennen geworfen hätten. Der ZA erkennt das Gift und arbeitet dagegen. Der Alkohol wird schneller abgebaut, schädigt die Organe nicht und man wird schneller wieder nüchtern und damit klar im Kopf. Ohne Katergefühle, seufzte sie neidisch. Alleine dafür hätte sie sich so manches Mal so ein Ding gewünscht. Aber ob sie denn wirklich unsterblich sein wollte?
Falsches Thema, dumme Gans!, fauchte sie sich in Gedanken selber an. Kümmer dich gefälligst um die zwei Streithähne.
Sie sah die fast leere Flasche Hochprozentigen und dachte an eventuelle Folgen. Natürlich, so hatte sie erfahren, galt das mit dem Alkohol wie bei allen Giften nur bis zu einer gewissen Grenze. Wo die lag, wusste aber niemand. War der ZAC nach drei Flaschen 45-prozentigem überfordert? Nach vier? Es gab zwar, so hatte Gucky sie informiert, irgendwelche Berechnungen, aber ob die stimmten, war völlig unklar. Weil sich eben noch kein ZAC - Träger zu Tode gesoffen hatte. Also musste zuerst mal die Flasche weg. Sie nickte dem Wirt Billy McGuyer zu. Billy war ein Kerl wie ein Baum und stark wie ein Ochse. Der Betrunkene, der ihm Schwierigkeiten machte, musste mit Sicherheit erst noch geboren werden. Und Ertruser gibt es auf Newengland ja nicht, ging Lee durch den Kopf.
Billy kam an ihren Tisch, nahm die mittlerweile nur noch rudimentär gefüllte Flasche mit und sagte: "Ich glaube, das reicht für heute. Obwohl du einen bewundernswerten Zug am Leib hast, das muss man dir ja lassen. Aber wenn Schluss ist, ist Schluss."
"Macht doch, was ihr wollt!" schimpfte ein immer schlechter gelaunter Reginald Bull.
"Weißt du was, Kerl?", fragte Gucky. "Das machen wir auch."
Er nahm Lees Hand, packte Bully am Arm und teleportierte mit dem Beiden zu ihren Schiffen. Den protestierenden Reginald Bull beförderte er danach telekinetisch in den naheliegenden Bach, der eiskaltes Wasser führte.
"Das macht müde Krieger munter", meinte er dazu und grinste. Parallel dazu hole er eine Spritze aus Bullys Beiboot und injizierte das Mittel.
"So", sagte er. "In ein paar Minuten ist er wieder normal".
Lee war völlig fassungslos. So etwas kannte sie nur aus Erzählungen der ganz Alten, selber erlebt hatte sie eine derartige Rosskur noch nicht. Aber bei Billy gab es immer wieder mal ein paar Figuren, die mehr in sich hineinschütten wollten, als ihnen guttat. Zum Glück hatte der Wirt ein geschultes Auge für solche Fälle. Aber trotzdem...
"Wenn du mal überhaupt nicht mehr weißt, was du tun sollst, hätte Billy glaube ich einen guten Job für dich." Sie sah Gucky an, der dazu allerdings meinte, einer von dieser Sorte würde ihm reichen. Er könne schließlich nicht auf die Bevölkerung eines ganzen Planeten aufpassen. Da wäre ja selbst ein Ilt überfordert.
Sie sahen nach Bull. Der war mittlerweile dem Bach entstiegen und hatte sich verzogen. Er wird schon wiederkommen. Und ich sollte mich wirklich mal als Außenstehende mit ihm unterhalten. Vielleicht kann ich ihm helfen, dachte Lee und sie sah Gucky an, dass ihm wohl ähnliches durch den Kopf ging.
"Mach dir keine Sorgen um ihn. Das passiert immer wieder mal, wenn die Rede auf seine Tochter kommt. Die hat er nämlich nie so richtig kennengelernt. Der Dicke wird sich wieder fangen und dann sehen wir weiter. Ich denke, ich bringe ihn dir die Tage mal vorbei", sagte der Mausbiber. "Ich würde nie zulassen, dass ihm wirklich was zustößt", ergänzte er noch. "Zumindest dann nicht, wenn ich dabei bin."
Lee saß auf dem Boden, hatte die Beine angewinkelt und mit den Armen umfasst. Sie blickte nachdenklich auf die grüne Wand hinter dem Bach.
"Ich glaube, für eine Geschichte reicht der Abend noch. Dann bringe ich dich zurück in die Stadt."
"Ja, ganz langsam kristallisiert sich da etwas heraus", sagte Lee zu Gucky. "Also behalte ich den Namen Anoree und vergesse den Rest erstmal. Wie machst du das eigentlich, die ganzen Details zu behalten?"
"Das weiß ich auch nicht so genau", erwiderte der Ilt. "Sie sind einfach präsent, sozusagen abrufbereit. Wenn ich darüber rede, fallen sie mir ein. Danach sind sie wieder weg. Sowas ist mir schon mal passiert, aber da gab's am Schluss wenigstens eine Erklärung. Aber hier? Und überhaupt. Du wirst mir bei Gelegenheit sowieso noch Rede und Antwort auf ein paar Fragen stehen müssen."
Lee wusste natürlich genau, was Gucky meinte und wechselte lieber das Thema.
"Darf ich noch eine Frage zu Julian Tifflor stellen? Was ist aus dem eigentlich geworden? Da fehlen uns hier auf Newengland einige Informationen. Von Tiff, wie du ihn nennst, redete auf einmal keiner mehr. Lebt er noch?"
Gucky seufzte.
"Weißt du, wenn ich nochmal hier auftauche und die dreifache Menge Zeit habe, werde ich versuchen, es dir zu erklären. Der ist mal eine Million Jahre zu Fuß durch eine Raum - Zeit - Blase marschiert und war danach natürlich nicht mehr derselbe wie vorher. Eine Million Jahre! Das muss man sich mal vorstellen. Bei uns waren 36 Stunden oder so vergangen! Irgendwann später ist er in einer Art Paralleluniversum verschwunden. Glaub mir, das ist etwas für absolute Spezialisten. Aber auch die werden sich das nicht einig. Nein, der dürfte noch leben. Aber wo und wie? Keine Ahnung."
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Wieder ein Chefroman von Kurt Mahr. Nach bester Ewers'scher Art stellt er uns diverse Völker der Galaxis Neyscuur vor. So wirklich weiter führt uns das über den größten Teil des Romans nicht. Mehrfach war der kleine Quaker in meinem Kopf und nervte, weil das ganze Gevölks sich durch die Bank weg nur mit Hinhaltetaktik beschäftigte. Wirkliche Infos gab es erst auf Seite 59. Ergänzend ist das Schöne an den damaligen Romanen der PR - Computer, der einem die Handlung nochmal näherbringt und Verwirrungen wegräumt.
Was mir hier gefällt, ist die Tatsache, dass Telepathen nicht weiterkommen. Damit ist die Versuchung "Problem - Mutant - Lösung" außen vor. Okay, Teleporter gibt es noch, aber die können nun mal per se keine Gedanken lesen. Das verkompliziert die Sache für Tiff & Co. ziemlich und ermöglicht einen solchen Roman.
Obwohl das, was ich wissen wollte, erst ganz zum Schluss kam, hat mir der Band gefallen. Es waren zwar ein paar Völker zuviel auf einmal, aber man hätte auch für jedes Volk einen separaten Band verbrauchen können. Da liest es sich so schon besser. Und natürlich wechseln wir danach die Handlungseben. Seufz.

Kölle es un bliev e Jeföhl!!
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1443 - Die Flucht der BARBAROSSA - ist von Arndt Ellmer, erschienen am 17.04.1989
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Fünf Tage später:
Naja, dachte Reginald Bull, vielleicht nützt es ja wirklich was, dass ich mal ein paar Tage hier sitze und meine Gedanken loswerde.
Der Terraner wusste natürlich selber, was mit ihm los war. Tatsache war, dass ihm niemand seine Probleme abnehmen konnte. Aber drüber reden soll ja manchmal was nützen, ging ihm durch den Kopf. Und so war er durch Guckys Vermittlung hier in Lees Praxis gelandet. Natürlich hatte er sich mit dem Kleinen heftig gestritten. Sollte er Schwierigkeiten haben, gehe das außer ihm selber niemanden etwas an, hatte er seinem alten Freund an den Kopf geworfen. Es ging eine Weile hin und her und dann...
Bully seufzte. Dann hatte Gucky sich mal wieder durchgesetzt. Wie eigentlich immer. Bull fragte sich, wie oft der Ilt ihm schon einen derartigen Streich gespielt hatte, ohne dass er es gemerkt hatte. Bei Perry war das auf jeden Fall ziemlich oft so gewesen. Gucky ließ sich im Zweifelsfall von unserem größten aller großen Meister reglementieren, auch in aller Öffentlichkeit, nur um dann hintenrum doch seinen Willen durchzusetzen. Anschließend griemelte er sich eins in dem Bewusstsein, mal wieder gewonnen zu haben.
Aber zurück zur Gegenwart, schalt er sich. Er sah sich in dem schönen hellen und großen Raum um. Durch eine geschickte Kombination von Möbeln, dem Einsatz von Pflanzen und einigen Bildern, Gemälden wie Fotos, kam man sich keinesfalls vor wie man sich eigentlich bei einer psychologischen Psychotherapeutin vorkommen sollte. Nix mit Behandlungscouch wie zu Siegmund Freuds Zeiten. Eigentlich ist sie für diesen Hinterwäldlerplaneten viel zu gut. Man müsste sie überreden, mitzukommen.
Als hätte Lee seine Gedanken gelesen, sagte sie: "Mach dir mal keine Sorgen über mich. Ich bin hier und ich bleibe hier. Auf meinem geliebten Provinz - Planeten. Da staunst du, was? Woher weiß die jetzt, was ich denke, geht dir durch den Kopf. Nun, ich kann es dir erklären: Das ist bei jeder Person, die hier sitzt, das gleiche Procedere. Wer ist die, was will die, was macht die mit mir? Auch der Gesichtsausdruck ist bei allen ähnlich. Sicherlich muss ich bei dir genauer hinsehen, jemand anderes hätte es vielleicht nicht bemerkt. Das liegt zweifellos an deiner Erfahrung. Aber um eine Lee Barringham zu täuschen, müsste der geneigte Delinquent etwas früher aufstehen."
Sie strahlte Bull an. Der zuckte mit den Schultern und erbat sich einen guten und starken Kaffee. Lee stand auf und verließ den Raum, um sich der Kaffeemaschine zuzuwenden. Tatsächlich, sie hat eine richtige Kaffeemaschine. Bull überlegte. Er war jetzt eine halbe Stunde hier und er fühlte sich so sicher wie lange nicht. Alle Sorgen, alle Probleme waren weg. Wann hatte er das in dieser Intensität zum letzten Mal erlebt? Außer bei seiner Mutter, die er gedanklich stets in Ehren hielt, eigentlich nie. Doch, damals, als er mit Toio und Shinae eine Zeitlang auf Krynn lebte. Das war auch so eine Welt am Ende der Milchstraße. Sie waren dort gelandet, als sie Allerorten verlassen hatten. Er schob den Gedanken an die Beiden an die Seite, da musste er mit Lee drüber reden.
Auf jeden Fall war ihm hier relativ schnell klar geworden, warum Lee als Streitschlichterin so erfolgreich war. Sie strahlte einfach eine Art von Würde, Respekt, Intelligenz und ja, auch Mütterlichkeit aus. Bull war der felsenfesten Überzeugung, dass Lee das mit der Mütterlichkeit nicht glauben würde - aber vielleicht war grade das ihr Erfolgsrezept. Man fühlte sich in ihrer Gegenwart wohl, absolut sicher und von allen Unbilden des Universums befreit. Und so jemand hatte Angst vor vermeintlich Höherstehenden gehabt. Gucky hat da ganze Arbeit geleistet.
Lee kam mit zwei gefüllten Tassen zurück, eine mit Kaffee, schwarz, stark und ohne Zucker, und eine mit Earl Grey gefüllt. Sie stellte die beiden Behältnisse auf den kleinen Beistelltisch zwischen ihnen, sah Reginald Bull offen und freundlich an und sagte nichts.
Der trank einen ersten Schluck von dem bitteren schwarzen Gebräu und hätte sich fast die Zunge verbrannt.
"Nun", sagte er, "ich sollte vielleicht mal irgendwo anfangen. Gib mir aber bitte etwas Zeit. Man sitzt ja schließlich nicht alle Tage bei Seelenklemptnerinnen herum. Ich glaube, zur besseren Einstimmung für uns beide mache ich erstmal mit dem nächsten Teil unserer Geschichte weiter. Währenddessen", Bull grinste tatsächlich ein wenig scheu, "kann ich mich überreden, hier in die Gänge zu kommen."
Lee nickte, fand das einen guten Opener und schaltete das Aufnahmegerät an ihrem Chrono wieder ein.
"Was hättet ihr mit diesem stellvertretenden Kommandanten unter normalen Umständen gemacht?" fragte Lee den Terraner.
"Mitten im Einsatz die eigene Truppe auf diesem Weg erheblich schwächen? In einer absolut fremden Umgebung? Kriegsgericht. Sofort. Unehrenhafte Entlassung und Knast. Jahrelang. Auch wenn er letztlich nichts angestellt hatte und das Rätsel dieser vier Völker gelöst wurde. Aber Einsatz ist Einsatz. Auch bei Freihändlern. Der Kerl war draufgängerisch wie rücksichtslos, er bestand aus Großmannssucht und war ein Kriegstreiber. Ein Atlan früherer Tage hätte ihm in eine Schleuse gestellt. Ohne Raumanzug. Und dann die Schleuse geöffnet."
Lee erschauderte. So hatte sie Reginald Bull noch nicht kennengerlernt. Und sie war sich sicher, dass es noch sehr viele Dinge gab, die sie nicht über ihn wusste.
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Vielleicht bin ich im Alter nieselpriemiger geworden. Mit Sicherheit habe ich andere Prämissen als damals. Vielleicht habe ich diesen Roman seinerzeit auch einfach weggelegt, ich kann mich auf jeden Fall absolut nicht an ihn erinnern.
Und ich denke, ich werde ihn auch schnell wieder vergessen. Nicht, weil Arndt eine schlechte Schreibe hat, beileibe nicht. Nein, es ist ganz einfach die Story von Band 1443. Natürlich, so kann man sagen, Don Redhorse war auch ein Draufgänger. Und Gucky erst recht. Wie oft hat unser aller Lieblings - Mausbiber Befehle auf eine etwas eigene Art interpretiert? Doch hier liegt der Fall anders. Drei Raumschiffe, und seien sie noch so toll, in einer fremden Galaxis 50 Millionen Lichtjahre weit weg. Aber dann kommt einer an, belügt seine Kommandantin, verrennt sich total und macht einen auf Großkotz. Selbst wenn ein Rätsel gelöst wird, dass aber nicht handlungstragend sein dürfte.
Die Kommandantin ahnt die ganze Zeit von nichts und wird bewusst hintergangen. Wie nennt man sowas? Indirekte Meuterei? Kurt Mahr gibt sich zwar im Perry Rhodan Computer die allerbeste Mühe, Kerr - Moon zu verteidigen und klar zu stellen, warum er das gemacht hatte, aber damit läuft der damalige Chef-Physiker der Serie bei vor die Wand.
Nein, das wars nicht für mich. Absolut nicht. Daumen runter.
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Fünf Tage später:
Naja, dachte Reginald Bull, vielleicht nützt es ja wirklich was, dass ich mal ein paar Tage hier sitze und meine Gedanken loswerde.
Der Terraner wusste natürlich selber, was mit ihm los war. Tatsache war, dass ihm niemand seine Probleme abnehmen konnte. Aber drüber reden soll ja manchmal was nützen, ging ihm durch den Kopf. Und so war er durch Guckys Vermittlung hier in Lees Praxis gelandet. Natürlich hatte er sich mit dem Kleinen heftig gestritten. Sollte er Schwierigkeiten haben, gehe das außer ihm selber niemanden etwas an, hatte er seinem alten Freund an den Kopf geworfen. Es ging eine Weile hin und her und dann...
Bully seufzte. Dann hatte Gucky sich mal wieder durchgesetzt. Wie eigentlich immer. Bull fragte sich, wie oft der Ilt ihm schon einen derartigen Streich gespielt hatte, ohne dass er es gemerkt hatte. Bei Perry war das auf jeden Fall ziemlich oft so gewesen. Gucky ließ sich im Zweifelsfall von unserem größten aller großen Meister reglementieren, auch in aller Öffentlichkeit, nur um dann hintenrum doch seinen Willen durchzusetzen. Anschließend griemelte er sich eins in dem Bewusstsein, mal wieder gewonnen zu haben.
Aber zurück zur Gegenwart, schalt er sich. Er sah sich in dem schönen hellen und großen Raum um. Durch eine geschickte Kombination von Möbeln, dem Einsatz von Pflanzen und einigen Bildern, Gemälden wie Fotos, kam man sich keinesfalls vor wie man sich eigentlich bei einer psychologischen Psychotherapeutin vorkommen sollte. Nix mit Behandlungscouch wie zu Siegmund Freuds Zeiten. Eigentlich ist sie für diesen Hinterwäldlerplaneten viel zu gut. Man müsste sie überreden, mitzukommen.
Als hätte Lee seine Gedanken gelesen, sagte sie: "Mach dir mal keine Sorgen über mich. Ich bin hier und ich bleibe hier. Auf meinem geliebten Provinz - Planeten. Da staunst du, was? Woher weiß die jetzt, was ich denke, geht dir durch den Kopf. Nun, ich kann es dir erklären: Das ist bei jeder Person, die hier sitzt, das gleiche Procedere. Wer ist die, was will die, was macht die mit mir? Auch der Gesichtsausdruck ist bei allen ähnlich. Sicherlich muss ich bei dir genauer hinsehen, jemand anderes hätte es vielleicht nicht bemerkt. Das liegt zweifellos an deiner Erfahrung. Aber um eine Lee Barringham zu täuschen, müsste der geneigte Delinquent etwas früher aufstehen."
Sie strahlte Bull an. Der zuckte mit den Schultern und erbat sich einen guten und starken Kaffee. Lee stand auf und verließ den Raum, um sich der Kaffeemaschine zuzuwenden. Tatsächlich, sie hat eine richtige Kaffeemaschine. Bull überlegte. Er war jetzt eine halbe Stunde hier und er fühlte sich so sicher wie lange nicht. Alle Sorgen, alle Probleme waren weg. Wann hatte er das in dieser Intensität zum letzten Mal erlebt? Außer bei seiner Mutter, die er gedanklich stets in Ehren hielt, eigentlich nie. Doch, damals, als er mit Toio und Shinae eine Zeitlang auf Krynn lebte. Das war auch so eine Welt am Ende der Milchstraße. Sie waren dort gelandet, als sie Allerorten verlassen hatten. Er schob den Gedanken an die Beiden an die Seite, da musste er mit Lee drüber reden.
Auf jeden Fall war ihm hier relativ schnell klar geworden, warum Lee als Streitschlichterin so erfolgreich war. Sie strahlte einfach eine Art von Würde, Respekt, Intelligenz und ja, auch Mütterlichkeit aus. Bull war der felsenfesten Überzeugung, dass Lee das mit der Mütterlichkeit nicht glauben würde - aber vielleicht war grade das ihr Erfolgsrezept. Man fühlte sich in ihrer Gegenwart wohl, absolut sicher und von allen Unbilden des Universums befreit. Und so jemand hatte Angst vor vermeintlich Höherstehenden gehabt. Gucky hat da ganze Arbeit geleistet.
Lee kam mit zwei gefüllten Tassen zurück, eine mit Kaffee, schwarz, stark und ohne Zucker, und eine mit Earl Grey gefüllt. Sie stellte die beiden Behältnisse auf den kleinen Beistelltisch zwischen ihnen, sah Reginald Bull offen und freundlich an und sagte nichts.
Der trank einen ersten Schluck von dem bitteren schwarzen Gebräu und hätte sich fast die Zunge verbrannt.
"Nun", sagte er, "ich sollte vielleicht mal irgendwo anfangen. Gib mir aber bitte etwas Zeit. Man sitzt ja schließlich nicht alle Tage bei Seelenklemptnerinnen herum. Ich glaube, zur besseren Einstimmung für uns beide mache ich erstmal mit dem nächsten Teil unserer Geschichte weiter. Währenddessen", Bull grinste tatsächlich ein wenig scheu, "kann ich mich überreden, hier in die Gänge zu kommen."
Lee nickte, fand das einen guten Opener und schaltete das Aufnahmegerät an ihrem Chrono wieder ein.
"Was hättet ihr mit diesem stellvertretenden Kommandanten unter normalen Umständen gemacht?" fragte Lee den Terraner.
"Mitten im Einsatz die eigene Truppe auf diesem Weg erheblich schwächen? In einer absolut fremden Umgebung? Kriegsgericht. Sofort. Unehrenhafte Entlassung und Knast. Jahrelang. Auch wenn er letztlich nichts angestellt hatte und das Rätsel dieser vier Völker gelöst wurde. Aber Einsatz ist Einsatz. Auch bei Freihändlern. Der Kerl war draufgängerisch wie rücksichtslos, er bestand aus Großmannssucht und war ein Kriegstreiber. Ein Atlan früherer Tage hätte ihm in eine Schleuse gestellt. Ohne Raumanzug. Und dann die Schleuse geöffnet."
Lee erschauderte. So hatte sie Reginald Bull noch nicht kennengerlernt. Und sie war sich sicher, dass es noch sehr viele Dinge gab, die sie nicht über ihn wusste.
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Vielleicht bin ich im Alter nieselpriemiger geworden. Mit Sicherheit habe ich andere Prämissen als damals. Vielleicht habe ich diesen Roman seinerzeit auch einfach weggelegt, ich kann mich auf jeden Fall absolut nicht an ihn erinnern.
Und ich denke, ich werde ihn auch schnell wieder vergessen. Nicht, weil Arndt eine schlechte Schreibe hat, beileibe nicht. Nein, es ist ganz einfach die Story von Band 1443. Natürlich, so kann man sagen, Don Redhorse war auch ein Draufgänger. Und Gucky erst recht. Wie oft hat unser aller Lieblings - Mausbiber Befehle auf eine etwas eigene Art interpretiert? Doch hier liegt der Fall anders. Drei Raumschiffe, und seien sie noch so toll, in einer fremden Galaxis 50 Millionen Lichtjahre weit weg. Aber dann kommt einer an, belügt seine Kommandantin, verrennt sich total und macht einen auf Großkotz. Selbst wenn ein Rätsel gelöst wird, dass aber nicht handlungstragend sein dürfte.
Die Kommandantin ahnt die ganze Zeit von nichts und wird bewusst hintergangen. Wie nennt man sowas? Indirekte Meuterei? Kurt Mahr gibt sich zwar im Perry Rhodan Computer die allerbeste Mühe, Kerr - Moon zu verteidigen und klar zu stellen, warum er das gemacht hatte, aber damit läuft der damalige Chef-Physiker der Serie bei vor die Wand.
Nein, das wars nicht für mich. Absolut nicht. Daumen runter.

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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1444 - Legende und Wahrheit ist von Kurt Mahr, erschienen am 24.04.1989
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"Eigentlich wollte ich nur mal ganz kurz Guten Tag sagen und dann direkt wieder verschwinden", sagte eine piepsige Stimme im Hintergrund. "Und was sehe ich? Bully am Rande eines Herzinfarktes. Sind das deine Therapie - Methoden? Holzhammer und so?"
"Das ist nicht auf ihrem Murks gewachsen", antwortete Bull dem Ilt. "Ich erzählte den nächsten Part unserer Geschichte. Sozusagen als Einstimmung für mich. Das war die Story mit der verschwundenen BARBAROSSA."
"Die mit dem stellvertretenden Kommandanten? Diesem Kartanin?"
"Genau dem."
"Okay. Dann verstehe ich deine Reaktion. Der Typ hätte mir gehören müssen. Freihändler hin, Freihändler her. Stell dir mal die Situation vor: Julian Tifflor ist mit..."
Gucky unterbrach sich, als er eine Lee sah, die Schwierigkeiten hatte, ernst zu bleiben. Sie stand augenscheinlich kurz vor einem Lachanfall. Als der Ilt verwirrt blickte und fragte: "Na, was denn?", war alles vorbei. Ihre Freundin fing an zu lachen und hörte einfach nicht mehr auf. Jedes Mal, wenn sie sich halbwegs beruhigt hatte, schaute sie einen der beiden Anderen an und das ganze Spiel ging wieder von vorne los. Irgendwann hielt sie sich den Bauch fest und kam langsam wieder zum Luftholen.
"So", sagte Gucky, "wir atmen jetzt dreimal tief ein, trinken einen Schluck Wasser und sind wieder okay. Was war das denn jetzt?"
Lee hatte immer noch Tränen in den Augen. "Ihr zwei seid wie ein altes Ehepaar. Herrlich. Gucky, du hast mit exakt den gleichen Worten angefangen wie Reginald hier. Wird man so, wenn man so steinalt ist? Oder habe ich in Bälde zwei Personen zum Therapieren? Weil ihr beide absolut gleich tickt?"
"Naja, ähnliche Situationen führen bei Individuen, die sich so lange kennen, zu ähnlichen bis gleichen Ergebnissen", erläuterte Bull. "Du hättest dabei sein sollen, als Tiff mit seinem Trupp zurückgekommen war und uns seine Erlebnisse erzählte. Ich hatte ihm damals recht deutlich unter die Nase gehalten, was ich von seinem Freihändler Führungsstil mit dem Laissez Faire gehalten habe."
Lee sah ihn an. "Okay, ich kann es mir jetzt vorstellen. Wie hatte Tifflor denn auf deine, sagen wir mal, Ansprache reagiert?"
"Oh, er meinte doch glatt, ich hätte es grade nötig und spielte auf Perrys und mein Verhalten nach der Rückkehr von unserem Mondflug an. Aus Sicht unserer damaligen amerikanischen Regierung war das, was wir da mit der Landung in der Wüste Gobi bewirkt hatten, schlicht und einfach Landesverrat. Draufgängerisch, rücksichtslos und Großmannssucht. Das waren seine Worte."
"Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ihr euch - sozusagen unter euch Unsterblichen - derart in die Wolle kriegen könnt."
Gucky grinste. "Dann solltest du mal zu uns kommen. Zwischen Bully und Perry, unseren beiden alten Kämpen, hat es mehr als einmal geknallt. Oder noch schöner, damals, in der schneller- weiter - höher - Zeit zwischen Perry und Atlan. Hat ab und zu richtig Spaß gemacht, da zuzusehen und sich eins zu grinsen. Ich könnte dir da Geschichten erzählen, beispielsweise als..."
"Eigentlich hatte ich gedacht, es dreht sich hier um mich", meinte Bull. "Du gehörst hier und heute ganz woanders hin. Also: Zieh Leine und verschwinde."
"Das hättest du wohl gerne", griente der Ilt. "Wisst ihr was? Ich erzähl euch noch den Rest von der Neyscuur - Geschichte und dann überlasse ich euch zwei Hübschen eurem Schicksal."
"Die ganze Aktion war für die Anoree ziemlich verwirrend. Zum Beispiel, als sie erfuhren, dass die Cantaro in der Milchstraße äußerst übel herrschten und einen auf dicken Maxe machten. Denn eines muss man sagen: Die Anoree waren zwar ein wenig seltsam, aber absolut friedlich. Die Cantaro kannten sie als, nun, eine Art Ableger, die sich mit Hochtechnologie spickten. Aber friedlich wären sie unbedingt geblieben, schworen sie. Die Stories, die sie von unseren Freunden hörten, konnten sie nicht nachvollziehen.
Aber damit ist der Abschnitt Neyscuur beendet. Beim nächsten Mal geht es in der Heimat weiter", schloss Gucky seine Erzählung ab.
Lee schaltete ihr Aufzeichnungsgerät ab und sah Gucky an. Bevor sie etwas von sich geben konnte, sagte der Ilt: "Ich wollte tatsächlich nur kurz Hallo sagen und hier keinesfalls als überflüssiger Ballast erscheinen. Ich verziehe mich wieder und wünsche euch gute Gespräche."
Sprachs und war mit einem Plopp verschwunden.
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Der Roman war nett. Aber mehr nicht. Es gab ein paar neue Erkenntnisse, ja, aber die wirklichen Hintergründe wissen wir noch nicht. Die Story? Seicht, kein bisschen Spannung. Wenn die Anoree ein Problem damit hatten, offen zuzugeben, dass sie nicht die Erbauer der Schwarzen Sternenstraßen waren - warum flogen sie mit Tiff & Co nach ihrer Ursprungswelt Aylay? Die Beschriftung der dortigen Pyramide führte ja erst zu Tifflors Erkenntnis. Gut, Verdacht hatte er sowieso schon geschöpft, aber exakt dort wurde es so gut wie zur Gewissheit.
Und überhaupt: Denn stellvertretenden Kommandanten der BARBAROSSA fasst er, so wie es aussieht, mit Samthandschuhen an und bei den Anoree haut er dermaßen auf den Putz, dass mir die armen Teufel direkt leidgetan hatten. Solch ein Verhalten halte ich für äußerst unstrukturiert. Immerhin waren sie als absolut Fremde soeben erst in Neyscuur aufgetaucht.
Der Ausflug nach Neyscuur hatte es für mich nicht gebracht. Der nächste Band spielt wieder in heimatlicheren Gefilden, stammt von KHS und kann eigentlich nur besser werden.
Vorher geht es aber noch in dem Gespräch zwischen Bully und Lee weiter.
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"Eigentlich wollte ich nur mal ganz kurz Guten Tag sagen und dann direkt wieder verschwinden", sagte eine piepsige Stimme im Hintergrund. "Und was sehe ich? Bully am Rande eines Herzinfarktes. Sind das deine Therapie - Methoden? Holzhammer und so?"
"Das ist nicht auf ihrem Murks gewachsen", antwortete Bull dem Ilt. "Ich erzählte den nächsten Part unserer Geschichte. Sozusagen als Einstimmung für mich. Das war die Story mit der verschwundenen BARBAROSSA."
"Die mit dem stellvertretenden Kommandanten? Diesem Kartanin?"
"Genau dem."
"Okay. Dann verstehe ich deine Reaktion. Der Typ hätte mir gehören müssen. Freihändler hin, Freihändler her. Stell dir mal die Situation vor: Julian Tifflor ist mit..."
Gucky unterbrach sich, als er eine Lee sah, die Schwierigkeiten hatte, ernst zu bleiben. Sie stand augenscheinlich kurz vor einem Lachanfall. Als der Ilt verwirrt blickte und fragte: "Na, was denn?", war alles vorbei. Ihre Freundin fing an zu lachen und hörte einfach nicht mehr auf. Jedes Mal, wenn sie sich halbwegs beruhigt hatte, schaute sie einen der beiden Anderen an und das ganze Spiel ging wieder von vorne los. Irgendwann hielt sie sich den Bauch fest und kam langsam wieder zum Luftholen.
"So", sagte Gucky, "wir atmen jetzt dreimal tief ein, trinken einen Schluck Wasser und sind wieder okay. Was war das denn jetzt?"
Lee hatte immer noch Tränen in den Augen. "Ihr zwei seid wie ein altes Ehepaar. Herrlich. Gucky, du hast mit exakt den gleichen Worten angefangen wie Reginald hier. Wird man so, wenn man so steinalt ist? Oder habe ich in Bälde zwei Personen zum Therapieren? Weil ihr beide absolut gleich tickt?"
"Naja, ähnliche Situationen führen bei Individuen, die sich so lange kennen, zu ähnlichen bis gleichen Ergebnissen", erläuterte Bull. "Du hättest dabei sein sollen, als Tiff mit seinem Trupp zurückgekommen war und uns seine Erlebnisse erzählte. Ich hatte ihm damals recht deutlich unter die Nase gehalten, was ich von seinem Freihändler Führungsstil mit dem Laissez Faire gehalten habe."
Lee sah ihn an. "Okay, ich kann es mir jetzt vorstellen. Wie hatte Tifflor denn auf deine, sagen wir mal, Ansprache reagiert?"
"Oh, er meinte doch glatt, ich hätte es grade nötig und spielte auf Perrys und mein Verhalten nach der Rückkehr von unserem Mondflug an. Aus Sicht unserer damaligen amerikanischen Regierung war das, was wir da mit der Landung in der Wüste Gobi bewirkt hatten, schlicht und einfach Landesverrat. Draufgängerisch, rücksichtslos und Großmannssucht. Das waren seine Worte."
"Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ihr euch - sozusagen unter euch Unsterblichen - derart in die Wolle kriegen könnt."
Gucky grinste. "Dann solltest du mal zu uns kommen. Zwischen Bully und Perry, unseren beiden alten Kämpen, hat es mehr als einmal geknallt. Oder noch schöner, damals, in der schneller- weiter - höher - Zeit zwischen Perry und Atlan. Hat ab und zu richtig Spaß gemacht, da zuzusehen und sich eins zu grinsen. Ich könnte dir da Geschichten erzählen, beispielsweise als..."
"Eigentlich hatte ich gedacht, es dreht sich hier um mich", meinte Bull. "Du gehörst hier und heute ganz woanders hin. Also: Zieh Leine und verschwinde."
"Das hättest du wohl gerne", griente der Ilt. "Wisst ihr was? Ich erzähl euch noch den Rest von der Neyscuur - Geschichte und dann überlasse ich euch zwei Hübschen eurem Schicksal."
"Die ganze Aktion war für die Anoree ziemlich verwirrend. Zum Beispiel, als sie erfuhren, dass die Cantaro in der Milchstraße äußerst übel herrschten und einen auf dicken Maxe machten. Denn eines muss man sagen: Die Anoree waren zwar ein wenig seltsam, aber absolut friedlich. Die Cantaro kannten sie als, nun, eine Art Ableger, die sich mit Hochtechnologie spickten. Aber friedlich wären sie unbedingt geblieben, schworen sie. Die Stories, die sie von unseren Freunden hörten, konnten sie nicht nachvollziehen.
Aber damit ist der Abschnitt Neyscuur beendet. Beim nächsten Mal geht es in der Heimat weiter", schloss Gucky seine Erzählung ab.
Lee schaltete ihr Aufzeichnungsgerät ab und sah Gucky an. Bevor sie etwas von sich geben konnte, sagte der Ilt: "Ich wollte tatsächlich nur kurz Hallo sagen und hier keinesfalls als überflüssiger Ballast erscheinen. Ich verziehe mich wieder und wünsche euch gute Gespräche."
Sprachs und war mit einem Plopp verschwunden.
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Der Roman war nett. Aber mehr nicht. Es gab ein paar neue Erkenntnisse, ja, aber die wirklichen Hintergründe wissen wir noch nicht. Die Story? Seicht, kein bisschen Spannung. Wenn die Anoree ein Problem damit hatten, offen zuzugeben, dass sie nicht die Erbauer der Schwarzen Sternenstraßen waren - warum flogen sie mit Tiff & Co nach ihrer Ursprungswelt Aylay? Die Beschriftung der dortigen Pyramide führte ja erst zu Tifflors Erkenntnis. Gut, Verdacht hatte er sowieso schon geschöpft, aber exakt dort wurde es so gut wie zur Gewissheit.
Und überhaupt: Denn stellvertretenden Kommandanten der BARBAROSSA fasst er, so wie es aussieht, mit Samthandschuhen an und bei den Anoree haut er dermaßen auf den Putz, dass mir die armen Teufel direkt leidgetan hatten. Solch ein Verhalten halte ich für äußerst unstrukturiert. Immerhin waren sie als absolut Fremde soeben erst in Neyscuur aufgetaucht.
Der Ausflug nach Neyscuur hatte es für mich nicht gebracht. Der nächste Band spielt wieder in heimatlicheren Gefilden, stammt von KHS und kann eigentlich nur besser werden.
Vorher geht es aber noch in dem Gespräch zwischen Bully und Lee weiter.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Zwischenspiel:
"Ich muss irgendwo anfangen", sagte Reginald Bull zu Lee Barringham. "Du sollst wissen, wer ich bin und wie ich geworden bin, wer ich bin. Das dürfte die sinnvollste Art und Weise sein."
Lee nickte. Ja, dachte sie. Um seine Persönlichkeiten einschätzen zu können, ist das am besten. Sofern das bei einem Unsterblichen mit seiner Lebenserfahrung überhaupt möglich ist. Sie nickte und meinte: "Das sehe ich auch so. Darf ich ein Aufzeichnungsgerät mitlaufen lassen?"
"Natürlich. Mir ist ja klar, dass ich sowohl ein lebendes Geschichtsbuch als auch eine öffentliche Person bin. Schriften, die mich analysieren, füllen ganze Bibliotheken. Du dürftest in der Lage sein, selber zu erkennen, was davon raus darf und was nicht."
"Dieses Wissen ist der Sinn meiner Ausbildung. Aber alles, was du sagst, bleibt hier in diesem Raum. Die Aufzeichnung sind nur für mich zur weiteren Arbeit bestimmt. Auch auf Newengland unterliegt man dem hippokratischen Eid."
Bull sah sie an und trank einen Schluck Kaffee, schwarz, stark und ohne Zucker. "Entschuldige bitte, dass meine Äußerungen Zweifel bei dir wecken mussten. Ab und zu bin ich nach all den Jahren immer noch ein Trottel."
Lee winkte ab.
Reginald Bull begann:
"Irgendwann hat mal jemand Kriegstreiber zu mir gesagt. Auf meine Frage, ob er das ernst meinte, kriegte ich zu hören, dass ich mir mal überlegen solle, wieviel Tote in welchen Kriegen auch immer ich zu verantworten hätte. Ich stellte meine Frage nochmal und als ich dann ein arrogantes "Selbstverständlich" zu hören bekam, hätte ich diese Figur am liebsten quer über den Tisch gezogen und ihm links und rechts ein paar um die Ohren gehauen.
Zu seinem Glück war der Kleine bei mir und hat mich wieder beruhigt. Was nämlich Krieg bewirken kann, weiß ich seit 1944 alter Zeitrechnung, da war ich sechs Jahre alt. Mein Vater starb im Juni 1944 in der französischen Normandie bei dem letzten großen planetarischen terranischen Krieg, dem damaligen zweiten Weltkrieg. Ich meine, man kann sich als Sechsjähriger den Krieg nicht wirklich vorstellen. Das kann man ja kaum als Erwachsener, wenn man das Glück hat, bis dato nichts damit zu tun zu haben. Aber ich hatte kapiert, dass irgendwo etwas ganz Schlimmes passiert war und ich meinen Daddy nie mehr sehen sollte. Sowas prägt einen fürs Leben, glaub mir das. Egal, wie lang es dauert. Es gibt Dinge, die vergisst du nicht. Daraus folgte eines der Ziele, die ich für mein Leben habe. Egal, wie lange es noch dauern wird. Sollte ich durch aktives oder passives Handeln dazu beitragen, dass Leben erhalten bleibt, hat sich mein Einsatz gelohnt. Auch wenn es dazu führt, dass man dafür so manches Mal eine Faust in der Tasche machen muss.
Im Übrigen: Wenn du Fragen hast, scheue dich nicht, sie mir zu stellen."
"Okay, hier ist die Erste: Hast du das Grab deines Vaters jemals besucht?"
Der Terraner seufzte. "Nein", sagte er. "Anfangs war ich zu klein. Später musste meine Mutter sehen, wie sie alleinerziehend meine Schwester und mich durchbrachte. Es war einfach kein Geld da. Noch später war keine Zeit da. Irgendwas war immer."
"Gibt es die Kriegsgräber heute noch?"
"Als Gräber in der Nähe von Omaha Beach wohl nicht mehr. Aber eine Gedenk - Stele dürfte meines Wissens immer noch zu finden sein. Um die mahnenden Gedanken wach zu halten, auch nach all der Zeit. Um immer wieder darüber zu berichten, was Menschen anderen Menschen antun können."
"Kannst du dich noch an deinen Vater erinnern?"
"Ein bisschen ist hängen geblieben. Wenn ich es als kleiner Junge übertrieben hatte, gab es auch schon Mal ein paar hintendrauf. Da waren, nun ja, ich habe es mal als heilsame Lehren bezeichnet, die mir halfen, in die richtige Spur zu kommen."
"Bist du sicher, dass das dem kleinen Reginald gutgetan hat? Hattest du damals Angst vor deinem Vater?"
Bull lehnte sich zurück und sah Lee nachdenklich an.
"Naja, es ist eine Ewigkeit her und irgendwo im Hintergrund verschwunden. Aber jetzt, wenn die Bilder nach vorne kommen, hm, ich denke ja. Du hast Recht. Mein Bestreben danach war, meinen Dad zu gefallen. Ich wollte, dass er sich mit mir beschäftigen würde."
Lee stand auf, wischte einmal mit der Hand und ein tafelähnliches Ding entstand mitten im Raum. Sie hielt plötzlich einen ebenso virtuellen Stift in der Hand und sah, dass ihr Gesprächspartner anerkennend nickte. Sie lachte.
"Was denn, hättest du uns das nicht zugetraut? Bier, Steaks, teetrinkende alte Damen und über die Politik schimpfende Honoratioren, was? Mehr scheinen wir in deinen Augen nicht zu sein. Glaub mir, wir sind moderner als du denkst!"
Bull fühlte sich ertappt und sah, wie Lee die Worte Vater, Mutter und Anerkennung auf die Tafel schrieb. Unter das Wort "Vater" schrieb sie "Krieg" und "Tod". Unter der Mutter vermerkte sie Schwester - "Madison", ergänzte Bull. Das Wort Schwester verschwand und ihr Name tauchte auf. Darunter stand "Reginald" sowie "alleinerziehend" zu lesen.
"Lebtet ihr in auf dem Land oder in einer Stadt?"
"Ha!", machte der Terraner. "Wir lebten in der Stadt der irdischen Städte. Der Großstadt der Großstädte, die später wahrscheinlich eine Art Vorbild für Terrania wurde. Wir wohnten mitten in New York City, Bezirks Queens, Stadtteil Flushing. Eine grundsätzlich ordentliche Wohngegend, die unsere Mutter sich auf Grund der staatlichen Versorgung der Kriegswitwen so grade noch leisten konnte. Aber trotzdem war es nicht einfach. Sie musste jeden Cent dreimal rumdrehen, bevor sie ihn ausgab."
Lee notierte das Wort "Großstadt" an die Wand mitten in der Luft - unter das bisher Geschriebene. Hinter die Namen der Kinder setzte sie eine Klammer und schrieb "Freunde?" dahinter.
"Wie meinst du das? Madison und ich haben uns vertragen, wie das bei Geschwistern nun mal so ist. Wir liebten uns, was uns nicht davon abhielt, uns ab und zu gegenseitig vermöbeln zu wollen. Mum zog uns dann beide an den Ohren auseinander. Ja", nickte er. "Ich glaube, wir waren nicht nur Bruder und Schwester. Wir waren auch Freunde."
"Andere Kinder?"
"Ja. Jede Menge. Ein loser Haufen mit ein paar engeren Beziehungen dabei, wie das halt so ist. Ich denke, in dieser Richtung hatte ich eine völlig normale Großstadt - Kindheit."
Lee nickte. Sie stellte weitere Fragen zu dieser Zeit, die Bull zu seinem großen Erstaunen nach all den Jahren noch ziemlich gut beantworten konnte und ganz langsam wurde ihm klar, worauf dieser erste Teil hier hinauslaufen sollte. Nach einiger Zeit setzte Lee zu einer Erklärung an.
"Wenn wir hier zu einem Ergebnis kommen sollen, muss ich ganz offen sein dürfen, auch wenn dir vielleicht das eine oder andere nicht passt."
"Ich bitte ausdrücklich darum, dafür sitzen wir ja hier. Mach dir keine Sorgen, dass ich das in den falschen Hals kriege. Für mich gab es mit absoluter Sicherheit unangenehmere Situationen als diese hier."
"Ich habe keine Ahnung", begann Lee, "wie Großstädte damals in der rein planetaren terranischen Zeit funktionierten. Ich nehme aber mal an, dass sie sich von ein paar Eimern Technik abgesehen nicht großartig von den heutigen unterschieden. Mehr Krach, mehr Gestank, schon alleine durch die mit fossilen Energien betriebenen Fahrzeuge, keine Gleiter, aber das dürfte es im Großen und Ganzen sein."
Bull nickte bestätigend.
"Und dort lebtet ihr mit eurer alleinerziehenden Mutter. Mitten drin. Sie hatte die wenig beneidenswerte Aufgabe, auf euch zwei Kinder nicht nur aufzupassen, sondern euch auch zu beköstigen, alles für euch zu regeln, für Geld zu sorgen und nebenbei noch den Haushalt zu führen. Ein Kind, ihr Sohn Reginald, hatte zudem eine Art Sockenschuss. Der lief ständig zum nahen Militärflughafen und sah den startenden Flugzeugen nach. Dann las der zu Hause in Heften herum, in denen der Weltraum mit irgendwelchen Raumschiffen eine Rolle spielte. Zum Leidwesen deiner Mutter konnte sie dem kleinen Reginald diese Flausen nicht austreiben. Sie hatte große Sorgen, dass aus ihm nichts Vernünftiges wird. Deine Hefte waren hauptsächlich geklaut, du hast anderen Menschen Streiche gespielt und ansonsten den größten Teil deines Lebens mit Tagträumen verbracht. Soweit richtig?"
"Besser hätte ich es nicht beschreiben können."
"Okay. Mit wenigen Worten, deine Mutter funktionierte. Ich mutmaße mal, ein großartiges wirklich eigenständiges Leben hatte sie nicht. Ehemann im Krieg geblieben, Kinder klein. Wie hat sich dieses Funktionieren später auf dich ausgewirkt?"
"Hm", machte Bull. "Wen ich ehrlich bin, war das im meinem späteren Leben ziemlich identisch. Nur eben mit anderen Voraussetzungen. Egal wo, egal wie. Galakto - City, später Terrania, Solares Imperium. Trotz gefühlter ständiger Angriffe auf uns alles am Laufen halten. Funktionieren. Privatleben? Von ganz wenigen Situationen abgesehen keins. Der Kleine würde jetzt sagen, das, was er Privatleben nannte, hat er in Raumfahrerkneipen verbracht und seine Trinkfestigkeit erhöht. In einem viel zu langen Leben viel zu wenig Zeit für mich selber."
Lee schrieb das Wort "Zeit" an die Tafel, umkreiste es und machte Pfeile zu Reginald und seiner Mutter.
"Kinder sehen sich viel von ihren Eltern ab und übertragen es in ihr späteres Leben. Für gewöhnlich erst, wenn sie erwachsen sind. Den fehlenden Vater kann sie nicht ersetzen, aber da die Mutter zumeist sowieso die erste Bezugsperson für die Kinder ist, fällt das nicht ganz so schlimm aus, als wäre die Mutter die Verstorbene. Und du? Du warst sechs Jahre alt, als die Nachricht von Tod des Vaters eintraf."
"Ja. Mutter erhielt einen amtlich aussehenden Brief. Ich sehe heute noch ihr entsetztes Gesicht, als sie ihn in Empfang nahm. Sie wusste schon vor der Öffnung, was drinstand, schloss sich aber zuerst mit dem Schreiben in der Küche ein. Wir mussten vor der Tür warten. Nach einer Weile machte sie die Tür wieder auf, sah uns mit Tränen in den Augen an und sagte uns, was passiert war."
"War deine Schwester im Laufe ihres Lebens am Grab eures Vaters?"
Reginald Bull wurde sehr ruhig, bewegte sich kaum noch und flüsterte kaum hörbar: "Ja."
Lee sah dem ihr überantworteten Reginald Bull direkt ins Gesicht. "Lektion eins", sagte sie. "Du wirst dich an die Stelle begeben, an der dein Vater begraben wurde."
"Das hat schon fast Befehlscharakter. Du lässt mir keine Wahl?"
"Nein. Es muss sein. Es gibt nach einer Zeit, die für mich als Normalsterbliche eine schiere Ewigkeit ist, immer noch viel zu viel Unausgesprochenes zwischen deinem Vater und dir. Geh zu dieser Stele. Und wenn sie nicht mehr da ist, setz dich ins Gras oder wohin auch immer. Und sprich dich endlich mit deinem Vater aus. Sag ihm, was du zu sagen hast. Auch nach all den Jahren. Er hat es verdient, denn er ist auch für dich, seinen Sohn, gestorben. Und der hat es auch verdient. Der gehört zwar zu den absoluten Leistungsträgern seiner Gesellschaft und seiner Zeit, aber er ist immer noch ein Mensch."
Reginald Bull wurde sehr nachdenklich, lehnte sich zurück und sagte lange Zeit nichts.
"Ich muss irgendwo anfangen", sagte Reginald Bull zu Lee Barringham. "Du sollst wissen, wer ich bin und wie ich geworden bin, wer ich bin. Das dürfte die sinnvollste Art und Weise sein."
Lee nickte. Ja, dachte sie. Um seine Persönlichkeiten einschätzen zu können, ist das am besten. Sofern das bei einem Unsterblichen mit seiner Lebenserfahrung überhaupt möglich ist. Sie nickte und meinte: "Das sehe ich auch so. Darf ich ein Aufzeichnungsgerät mitlaufen lassen?"
"Natürlich. Mir ist ja klar, dass ich sowohl ein lebendes Geschichtsbuch als auch eine öffentliche Person bin. Schriften, die mich analysieren, füllen ganze Bibliotheken. Du dürftest in der Lage sein, selber zu erkennen, was davon raus darf und was nicht."
"Dieses Wissen ist der Sinn meiner Ausbildung. Aber alles, was du sagst, bleibt hier in diesem Raum. Die Aufzeichnung sind nur für mich zur weiteren Arbeit bestimmt. Auch auf Newengland unterliegt man dem hippokratischen Eid."
Bull sah sie an und trank einen Schluck Kaffee, schwarz, stark und ohne Zucker. "Entschuldige bitte, dass meine Äußerungen Zweifel bei dir wecken mussten. Ab und zu bin ich nach all den Jahren immer noch ein Trottel."
Lee winkte ab.
Reginald Bull begann:
"Irgendwann hat mal jemand Kriegstreiber zu mir gesagt. Auf meine Frage, ob er das ernst meinte, kriegte ich zu hören, dass ich mir mal überlegen solle, wieviel Tote in welchen Kriegen auch immer ich zu verantworten hätte. Ich stellte meine Frage nochmal und als ich dann ein arrogantes "Selbstverständlich" zu hören bekam, hätte ich diese Figur am liebsten quer über den Tisch gezogen und ihm links und rechts ein paar um die Ohren gehauen.
Zu seinem Glück war der Kleine bei mir und hat mich wieder beruhigt. Was nämlich Krieg bewirken kann, weiß ich seit 1944 alter Zeitrechnung, da war ich sechs Jahre alt. Mein Vater starb im Juni 1944 in der französischen Normandie bei dem letzten großen planetarischen terranischen Krieg, dem damaligen zweiten Weltkrieg. Ich meine, man kann sich als Sechsjähriger den Krieg nicht wirklich vorstellen. Das kann man ja kaum als Erwachsener, wenn man das Glück hat, bis dato nichts damit zu tun zu haben. Aber ich hatte kapiert, dass irgendwo etwas ganz Schlimmes passiert war und ich meinen Daddy nie mehr sehen sollte. Sowas prägt einen fürs Leben, glaub mir das. Egal, wie lang es dauert. Es gibt Dinge, die vergisst du nicht. Daraus folgte eines der Ziele, die ich für mein Leben habe. Egal, wie lange es noch dauern wird. Sollte ich durch aktives oder passives Handeln dazu beitragen, dass Leben erhalten bleibt, hat sich mein Einsatz gelohnt. Auch wenn es dazu führt, dass man dafür so manches Mal eine Faust in der Tasche machen muss.
Im Übrigen: Wenn du Fragen hast, scheue dich nicht, sie mir zu stellen."
"Okay, hier ist die Erste: Hast du das Grab deines Vaters jemals besucht?"
Der Terraner seufzte. "Nein", sagte er. "Anfangs war ich zu klein. Später musste meine Mutter sehen, wie sie alleinerziehend meine Schwester und mich durchbrachte. Es war einfach kein Geld da. Noch später war keine Zeit da. Irgendwas war immer."
"Gibt es die Kriegsgräber heute noch?"
"Als Gräber in der Nähe von Omaha Beach wohl nicht mehr. Aber eine Gedenk - Stele dürfte meines Wissens immer noch zu finden sein. Um die mahnenden Gedanken wach zu halten, auch nach all der Zeit. Um immer wieder darüber zu berichten, was Menschen anderen Menschen antun können."
"Kannst du dich noch an deinen Vater erinnern?"
"Ein bisschen ist hängen geblieben. Wenn ich es als kleiner Junge übertrieben hatte, gab es auch schon Mal ein paar hintendrauf. Da waren, nun ja, ich habe es mal als heilsame Lehren bezeichnet, die mir halfen, in die richtige Spur zu kommen."
"Bist du sicher, dass das dem kleinen Reginald gutgetan hat? Hattest du damals Angst vor deinem Vater?"
Bull lehnte sich zurück und sah Lee nachdenklich an.
"Naja, es ist eine Ewigkeit her und irgendwo im Hintergrund verschwunden. Aber jetzt, wenn die Bilder nach vorne kommen, hm, ich denke ja. Du hast Recht. Mein Bestreben danach war, meinen Dad zu gefallen. Ich wollte, dass er sich mit mir beschäftigen würde."
Lee stand auf, wischte einmal mit der Hand und ein tafelähnliches Ding entstand mitten im Raum. Sie hielt plötzlich einen ebenso virtuellen Stift in der Hand und sah, dass ihr Gesprächspartner anerkennend nickte. Sie lachte.
"Was denn, hättest du uns das nicht zugetraut? Bier, Steaks, teetrinkende alte Damen und über die Politik schimpfende Honoratioren, was? Mehr scheinen wir in deinen Augen nicht zu sein. Glaub mir, wir sind moderner als du denkst!"
Bull fühlte sich ertappt und sah, wie Lee die Worte Vater, Mutter und Anerkennung auf die Tafel schrieb. Unter das Wort "Vater" schrieb sie "Krieg" und "Tod". Unter der Mutter vermerkte sie Schwester - "Madison", ergänzte Bull. Das Wort Schwester verschwand und ihr Name tauchte auf. Darunter stand "Reginald" sowie "alleinerziehend" zu lesen.
"Lebtet ihr in auf dem Land oder in einer Stadt?"
"Ha!", machte der Terraner. "Wir lebten in der Stadt der irdischen Städte. Der Großstadt der Großstädte, die später wahrscheinlich eine Art Vorbild für Terrania wurde. Wir wohnten mitten in New York City, Bezirks Queens, Stadtteil Flushing. Eine grundsätzlich ordentliche Wohngegend, die unsere Mutter sich auf Grund der staatlichen Versorgung der Kriegswitwen so grade noch leisten konnte. Aber trotzdem war es nicht einfach. Sie musste jeden Cent dreimal rumdrehen, bevor sie ihn ausgab."
Lee notierte das Wort "Großstadt" an die Wand mitten in der Luft - unter das bisher Geschriebene. Hinter die Namen der Kinder setzte sie eine Klammer und schrieb "Freunde?" dahinter.
"Wie meinst du das? Madison und ich haben uns vertragen, wie das bei Geschwistern nun mal so ist. Wir liebten uns, was uns nicht davon abhielt, uns ab und zu gegenseitig vermöbeln zu wollen. Mum zog uns dann beide an den Ohren auseinander. Ja", nickte er. "Ich glaube, wir waren nicht nur Bruder und Schwester. Wir waren auch Freunde."
"Andere Kinder?"
"Ja. Jede Menge. Ein loser Haufen mit ein paar engeren Beziehungen dabei, wie das halt so ist. Ich denke, in dieser Richtung hatte ich eine völlig normale Großstadt - Kindheit."
Lee nickte. Sie stellte weitere Fragen zu dieser Zeit, die Bull zu seinem großen Erstaunen nach all den Jahren noch ziemlich gut beantworten konnte und ganz langsam wurde ihm klar, worauf dieser erste Teil hier hinauslaufen sollte. Nach einiger Zeit setzte Lee zu einer Erklärung an.
"Wenn wir hier zu einem Ergebnis kommen sollen, muss ich ganz offen sein dürfen, auch wenn dir vielleicht das eine oder andere nicht passt."
"Ich bitte ausdrücklich darum, dafür sitzen wir ja hier. Mach dir keine Sorgen, dass ich das in den falschen Hals kriege. Für mich gab es mit absoluter Sicherheit unangenehmere Situationen als diese hier."
"Ich habe keine Ahnung", begann Lee, "wie Großstädte damals in der rein planetaren terranischen Zeit funktionierten. Ich nehme aber mal an, dass sie sich von ein paar Eimern Technik abgesehen nicht großartig von den heutigen unterschieden. Mehr Krach, mehr Gestank, schon alleine durch die mit fossilen Energien betriebenen Fahrzeuge, keine Gleiter, aber das dürfte es im Großen und Ganzen sein."
Bull nickte bestätigend.
"Und dort lebtet ihr mit eurer alleinerziehenden Mutter. Mitten drin. Sie hatte die wenig beneidenswerte Aufgabe, auf euch zwei Kinder nicht nur aufzupassen, sondern euch auch zu beköstigen, alles für euch zu regeln, für Geld zu sorgen und nebenbei noch den Haushalt zu führen. Ein Kind, ihr Sohn Reginald, hatte zudem eine Art Sockenschuss. Der lief ständig zum nahen Militärflughafen und sah den startenden Flugzeugen nach. Dann las der zu Hause in Heften herum, in denen der Weltraum mit irgendwelchen Raumschiffen eine Rolle spielte. Zum Leidwesen deiner Mutter konnte sie dem kleinen Reginald diese Flausen nicht austreiben. Sie hatte große Sorgen, dass aus ihm nichts Vernünftiges wird. Deine Hefte waren hauptsächlich geklaut, du hast anderen Menschen Streiche gespielt und ansonsten den größten Teil deines Lebens mit Tagträumen verbracht. Soweit richtig?"
"Besser hätte ich es nicht beschreiben können."
"Okay. Mit wenigen Worten, deine Mutter funktionierte. Ich mutmaße mal, ein großartiges wirklich eigenständiges Leben hatte sie nicht. Ehemann im Krieg geblieben, Kinder klein. Wie hat sich dieses Funktionieren später auf dich ausgewirkt?"
"Hm", machte Bull. "Wen ich ehrlich bin, war das im meinem späteren Leben ziemlich identisch. Nur eben mit anderen Voraussetzungen. Egal wo, egal wie. Galakto - City, später Terrania, Solares Imperium. Trotz gefühlter ständiger Angriffe auf uns alles am Laufen halten. Funktionieren. Privatleben? Von ganz wenigen Situationen abgesehen keins. Der Kleine würde jetzt sagen, das, was er Privatleben nannte, hat er in Raumfahrerkneipen verbracht und seine Trinkfestigkeit erhöht. In einem viel zu langen Leben viel zu wenig Zeit für mich selber."
Lee schrieb das Wort "Zeit" an die Tafel, umkreiste es und machte Pfeile zu Reginald und seiner Mutter.
"Kinder sehen sich viel von ihren Eltern ab und übertragen es in ihr späteres Leben. Für gewöhnlich erst, wenn sie erwachsen sind. Den fehlenden Vater kann sie nicht ersetzen, aber da die Mutter zumeist sowieso die erste Bezugsperson für die Kinder ist, fällt das nicht ganz so schlimm aus, als wäre die Mutter die Verstorbene. Und du? Du warst sechs Jahre alt, als die Nachricht von Tod des Vaters eintraf."
"Ja. Mutter erhielt einen amtlich aussehenden Brief. Ich sehe heute noch ihr entsetztes Gesicht, als sie ihn in Empfang nahm. Sie wusste schon vor der Öffnung, was drinstand, schloss sich aber zuerst mit dem Schreiben in der Küche ein. Wir mussten vor der Tür warten. Nach einer Weile machte sie die Tür wieder auf, sah uns mit Tränen in den Augen an und sagte uns, was passiert war."
"War deine Schwester im Laufe ihres Lebens am Grab eures Vaters?"
Reginald Bull wurde sehr ruhig, bewegte sich kaum noch und flüsterte kaum hörbar: "Ja."
Lee sah dem ihr überantworteten Reginald Bull direkt ins Gesicht. "Lektion eins", sagte sie. "Du wirst dich an die Stelle begeben, an der dein Vater begraben wurde."
"Das hat schon fast Befehlscharakter. Du lässt mir keine Wahl?"
"Nein. Es muss sein. Es gibt nach einer Zeit, die für mich als Normalsterbliche eine schiere Ewigkeit ist, immer noch viel zu viel Unausgesprochenes zwischen deinem Vater und dir. Geh zu dieser Stele. Und wenn sie nicht mehr da ist, setz dich ins Gras oder wohin auch immer. Und sprich dich endlich mit deinem Vater aus. Sag ihm, was du zu sagen hast. Auch nach all den Jahren. Er hat es verdient, denn er ist auch für dich, seinen Sohn, gestorben. Und der hat es auch verdient. Der gehört zwar zu den absoluten Leistungsträgern seiner Gesellschaft und seiner Zeit, aber er ist immer noch ein Mensch."
Reginald Bull wurde sehr nachdenklich, lehnte sich zurück und sagte lange Zeit nichts.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1445 - Gensklaven für Uulema ist von K. H. Scheer, erschienen am 02.05.1989
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Als Lee Barringham zusammen mit Reginald Bull den Singenden Ochsen betrat, sahen sie an dem Tisch in ihrer Stammecke bereits Gucky in heftiger Diskussion mit John Talbot, ihrer alten und neu wiedergefundenen Liebe.
"Ich sehe ja ein", sagte Gucky just in diesem Moment, "dass es nicht immer falsch war, sich aus allem herauszuhalten. Wenn ihr Pech gehabt hättet, wäre eure Welt vor Urzeiten schon von den Bestien vernichtet worden. Die Verdummungsphase mit dem Schwarm habt ihr überstanden, weil eure Sonne einen leichten 6d - Hau hat. Deswegen funktionieren meine telepathischen Sinne nicht. Gleichzeitig seid ihr hier in einer Ecke der Milchstraße versteckt, in der man euch sowieso so gut wie nicht findet. Und wenn ANANSI schon dreieinhalb Sekunden braucht, um mit einer Information rauszurücken, will das was heißen. Kapier ich alles. Aber ihr könnt die Leute, die mal was anderes sehen wollen, nicht auf ewig wegsperren!"
"Du meine Güte!" Das war John Talbot. "Ich habe doch nur versucht, die Geschichte Newenglands mit ein paar Begründungen zu liefern. Wir wollen ja einen Weg für die Öffnung finden. Geht das in deinen Mausbiberkopf rein? Da diskutiere ich ja lieber mit den Knochenköppen der Regierung!"
Da komm ich ja grade richtig, dachte Lee und begutachtete die beiden Streithähne aus der Nähe. "Wenn man dich so kennenlernt, machst du ja den Eindruck, als könntest du keiner Fliege etwas zu Leide tun", sprach sie Gucky an. "Aber aus der Nähe betrachtet, kannst du ein ganz schön sturer und eigensinniger Hund sein."
"So wird man eben, wenn man so lange unter Terranern lebt. Entweder man setzt sich durch oder man geht unter." Er zeigte auf Reginald Bull, der sich sein Bier wieder aus dem Zapfhahn Nummer zwölf geholt hatte. "Im Übrigen hat der da damit angefangen. Irgendwann im 20. Jahrhundert alter Zeitrechnung."
"Das war 1975", echote Reginald Bull. "Hätte ich damals schon gewusst, was auf mich zukommt, hätte ich mich als Schafzüchter nach Schottland verzogen und Whisky getrunken."
Lee umarmte John, die beiden küssten sich kurz, anschließend setzte sie sich mit an den Tisch. Sie seufzte und sah Gucky an. "Als sie mich anfangs zu dir schickten und sagten - Pass mal auf den was auf - hatte ich nur einen Verrückten am Hals. Jetzt darf ich mich mit drei von eurer Sorte herumschlagen. Wie kann man so etwas nur ertragen?"
Sie nickte dem Wirt Billy McGuyer zu, der ihr anschließend eine Flasche mit augenscheinlich äußerst obskurem Inhalt und ein Glas brachte. Sie goss sich eine Flüssigkeit, die eine entfernte Ähnlichkeit mit Bier hatte, in ihr Glas und trank einen Schluck. "Aber wo ihr zwei Herzblätter grade beim Thema seid, wie steht denn die Diskussion über unsere Freiheitsliebenden?"
"Du hast bei deinem Auftritt schwer Eindruck hinterlassen", berichtete John. "Der hat mittlerweile zu einem halben Aufruhr geführt. Wie zu erwarten war, haben sich etliche Fraktionen gebildet. Die einen wollen alles so lassen, wie es ist. Die ganz Sturen wollen noch nicht mal mehr Exporte oder Einfuhren. Newengland den Newenglandern. Alle anderen raus und weg. Das genaue Gegenteil gibts natürlich auch in diversen Schattierungen. Die neue Bewegung hat inzwischen eine parlamentarische Mehrheit und einen Misstrauensantrag eingebracht, der zum Rücktritt des Premierministers führte. Jetzt hat man sich zunächst auf Neuwahlen geeinigt. Danach wird es wohl eine Grundsatzabstimmung über das weitere Wohl Newenglands zum Thema Öffnung geben."
"Das Ergebnis kenne ich schon jetzt", knurrte Bull. "Da Parlamente im Regelfall die Strömungen innerhalb der Bevölkerung abbilden, wird euch die Meinungsvielfalt zu diesem Thema erhalten bleiben. Es ist grundsätzlich egal, wie ihr euch entscheiden werdet, ihr müsst auf die Bevölkerungsteile an den äußeren Enden achten. Die brauchen auf jeden Fall ein Zückerchen, sonst werden aus extremen Ansichten plötzlich extremistische. Alles schon x - mal erlebt."
Gucky nickte. "Ja, wo der Dicke recht hat, hat er recht. Aber unser junger Freund hier", er zeigt auf John, "hat, wie ich meine, ziemlich vernünftige Ansichten und lässt sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen. Noch nicht mal von mir. Und das will was heißen. Wie wäre es denn mal mit richtiger politischer Verantwortung?"
Er sah John dabei an, der just in dem Moment aus seinem Glas eine größere Menge "Billy McGuyers Original Pear Cider" trinken wollte und sich prompt verschluckte.
"Wenn Gucky sowas sagt, ist das so gut wie ein Ritterschlag und mindestens die halbe Miete", meinte Bull, lehnte sich zurück, trank sein Bier aus dem Zapfhahn Nummer zwölf aus und stand auf, um sich ein Neues zu holen.
Mit dem frisch gezapften Bier zurückgekehrt, eröffnete Bully dem Ilt, dass er die nächste Folge erzählen dürfe, ehe er weiter Unsinn rede.
Der seufzte entsagungsvoll. "Immer auf die armen Kleinen! Dann wollen wir mal."
Er holte tief Luft und begann zu erzählen.
"Wenn die ganze Angelegenheit nicht so traurig wäre, könnte ich mich stundenlang über diesen armen verklemmten Teufel amüsieren", meinte Lee. "Aber so? Wenn ich nur an diese ekelhafte Zuchtgeschichte mit den Genexperimenten denke, wird mir schlecht."
"Ja", sagte Reginald Bull. "Wir hatten damals schon mehr in unseren Leben gesehen, als die meisten anderen Wesen. Aber diese Endzeitvisionen? Heere von hörigen Kreaturen. Und wir hatten im Grunde von nichts eine Ahnung. Und waren auch zu diesem Zeitpunkt immer noch ganz am Anfang."
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Der arme Karl Herbert konnte einem leidtun. Da war eines der Hauptthemen auf den damaligen LKS das Thema "Sex in Perry Rhodan". Rauf und runter und immer wieder. Als Mitglied der lesenden Zunft merkte man deutlich, dass dieses Thema Einzug in die Romane nahm, allerdings so manches Mal auf eine Art, die mich den Kopf schütteln lässt. Die arme Frau wird in eine zurechtgeschnittene Unterhose gesteckt, damit Fulgen wusste, wo er hinsehen durfte. Du meine Güte. Clark Darlton hätte ich das geglaubt. Aber Scheer?
Ob Scheer sich das "Abenteuer" von Yart Fulgen selber ausgedacht hat oder ob das im Exposé vorgegeben war? Würde mich mal interessieren. Aus heutiger Sicht wirkt sein Versuch, in dieser Richtung tätig zu werden, ein wenig antiquiert. Ich könnte mir vorstellen, dass eine derartige Szene in heutigen Romanen geschrieben zu Lachsalven oder aber eher noch gefüllten Garagendächern führen würde. Gucky sieht das weiter oben völlig richtig: Lieber nackt und lebendig als angezogen und tot. Ich bin mal neugierig, welche Stilblüten da noch kommen werden.
Aber wenn man dieses Thema mal ausklammert, ist das ein durchweg guter Roman. Scheer serviert keine Überhelden, die uns als verkappte Supermänner rüberkommen. Nein, er hat zwei erfahrene Agenten und mit Tetch Wossonow jemanden, der sich nicht scheut, Rhodan deutlich zu sagen, dass er eigentlich komplett aus der Zeit gefallen ist und ganz brav zu sein hat. Und sogar Rhodan wird dies endlich mal klar. Er macht es geschickt: Vor meinem geistigen Auge schlurften Massen von hauptsächlich humanoiden Wesen angsterfüllt umher, der Autor geht aber nicht in den persönlichen Bereich. "Das kannst du dir hier abschminken", sagt Wossonow dazu, egal, wie entsetzt Rhodan ist.
Wäre der Missgriff mit dem armen Yart Fulgen zu Beginn nicht gewesen (und der wars zumindest für mich überhaupt nicht), wäre dieser Band für mich knapp an einem "Sehr gut" vorbeigeschrammt. So liegt die Gesamtnote für mich bei einer drei. Aber trotzdem: Scheer kann auch ohne Superhelden. Daumen hoch!

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Als Lee Barringham zusammen mit Reginald Bull den Singenden Ochsen betrat, sahen sie an dem Tisch in ihrer Stammecke bereits Gucky in heftiger Diskussion mit John Talbot, ihrer alten und neu wiedergefundenen Liebe.
"Ich sehe ja ein", sagte Gucky just in diesem Moment, "dass es nicht immer falsch war, sich aus allem herauszuhalten. Wenn ihr Pech gehabt hättet, wäre eure Welt vor Urzeiten schon von den Bestien vernichtet worden. Die Verdummungsphase mit dem Schwarm habt ihr überstanden, weil eure Sonne einen leichten 6d - Hau hat. Deswegen funktionieren meine telepathischen Sinne nicht. Gleichzeitig seid ihr hier in einer Ecke der Milchstraße versteckt, in der man euch sowieso so gut wie nicht findet. Und wenn ANANSI schon dreieinhalb Sekunden braucht, um mit einer Information rauszurücken, will das was heißen. Kapier ich alles. Aber ihr könnt die Leute, die mal was anderes sehen wollen, nicht auf ewig wegsperren!"
"Du meine Güte!" Das war John Talbot. "Ich habe doch nur versucht, die Geschichte Newenglands mit ein paar Begründungen zu liefern. Wir wollen ja einen Weg für die Öffnung finden. Geht das in deinen Mausbiberkopf rein? Da diskutiere ich ja lieber mit den Knochenköppen der Regierung!"
Da komm ich ja grade richtig, dachte Lee und begutachtete die beiden Streithähne aus der Nähe. "Wenn man dich so kennenlernt, machst du ja den Eindruck, als könntest du keiner Fliege etwas zu Leide tun", sprach sie Gucky an. "Aber aus der Nähe betrachtet, kannst du ein ganz schön sturer und eigensinniger Hund sein."
"So wird man eben, wenn man so lange unter Terranern lebt. Entweder man setzt sich durch oder man geht unter." Er zeigte auf Reginald Bull, der sich sein Bier wieder aus dem Zapfhahn Nummer zwölf geholt hatte. "Im Übrigen hat der da damit angefangen. Irgendwann im 20. Jahrhundert alter Zeitrechnung."
"Das war 1975", echote Reginald Bull. "Hätte ich damals schon gewusst, was auf mich zukommt, hätte ich mich als Schafzüchter nach Schottland verzogen und Whisky getrunken."
Lee umarmte John, die beiden küssten sich kurz, anschließend setzte sie sich mit an den Tisch. Sie seufzte und sah Gucky an. "Als sie mich anfangs zu dir schickten und sagten - Pass mal auf den was auf - hatte ich nur einen Verrückten am Hals. Jetzt darf ich mich mit drei von eurer Sorte herumschlagen. Wie kann man so etwas nur ertragen?"
Sie nickte dem Wirt Billy McGuyer zu, der ihr anschließend eine Flasche mit augenscheinlich äußerst obskurem Inhalt und ein Glas brachte. Sie goss sich eine Flüssigkeit, die eine entfernte Ähnlichkeit mit Bier hatte, in ihr Glas und trank einen Schluck. "Aber wo ihr zwei Herzblätter grade beim Thema seid, wie steht denn die Diskussion über unsere Freiheitsliebenden?"
"Du hast bei deinem Auftritt schwer Eindruck hinterlassen", berichtete John. "Der hat mittlerweile zu einem halben Aufruhr geführt. Wie zu erwarten war, haben sich etliche Fraktionen gebildet. Die einen wollen alles so lassen, wie es ist. Die ganz Sturen wollen noch nicht mal mehr Exporte oder Einfuhren. Newengland den Newenglandern. Alle anderen raus und weg. Das genaue Gegenteil gibts natürlich auch in diversen Schattierungen. Die neue Bewegung hat inzwischen eine parlamentarische Mehrheit und einen Misstrauensantrag eingebracht, der zum Rücktritt des Premierministers führte. Jetzt hat man sich zunächst auf Neuwahlen geeinigt. Danach wird es wohl eine Grundsatzabstimmung über das weitere Wohl Newenglands zum Thema Öffnung geben."
"Das Ergebnis kenne ich schon jetzt", knurrte Bull. "Da Parlamente im Regelfall die Strömungen innerhalb der Bevölkerung abbilden, wird euch die Meinungsvielfalt zu diesem Thema erhalten bleiben. Es ist grundsätzlich egal, wie ihr euch entscheiden werdet, ihr müsst auf die Bevölkerungsteile an den äußeren Enden achten. Die brauchen auf jeden Fall ein Zückerchen, sonst werden aus extremen Ansichten plötzlich extremistische. Alles schon x - mal erlebt."
Gucky nickte. "Ja, wo der Dicke recht hat, hat er recht. Aber unser junger Freund hier", er zeigt auf John, "hat, wie ich meine, ziemlich vernünftige Ansichten und lässt sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen. Noch nicht mal von mir. Und das will was heißen. Wie wäre es denn mal mit richtiger politischer Verantwortung?"
Er sah John dabei an, der just in dem Moment aus seinem Glas eine größere Menge "Billy McGuyers Original Pear Cider" trinken wollte und sich prompt verschluckte.
"Wenn Gucky sowas sagt, ist das so gut wie ein Ritterschlag und mindestens die halbe Miete", meinte Bull, lehnte sich zurück, trank sein Bier aus dem Zapfhahn Nummer zwölf aus und stand auf, um sich ein Neues zu holen.
Mit dem frisch gezapften Bier zurückgekehrt, eröffnete Bully dem Ilt, dass er die nächste Folge erzählen dürfe, ehe er weiter Unsinn rede.
Der seufzte entsagungsvoll. "Immer auf die armen Kleinen! Dann wollen wir mal."
Er holte tief Luft und begann zu erzählen.
"Wenn die ganze Angelegenheit nicht so traurig wäre, könnte ich mich stundenlang über diesen armen verklemmten Teufel amüsieren", meinte Lee. "Aber so? Wenn ich nur an diese ekelhafte Zuchtgeschichte mit den Genexperimenten denke, wird mir schlecht."
"Ja", sagte Reginald Bull. "Wir hatten damals schon mehr in unseren Leben gesehen, als die meisten anderen Wesen. Aber diese Endzeitvisionen? Heere von hörigen Kreaturen. Und wir hatten im Grunde von nichts eine Ahnung. Und waren auch zu diesem Zeitpunkt immer noch ganz am Anfang."
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Der arme Karl Herbert konnte einem leidtun. Da war eines der Hauptthemen auf den damaligen LKS das Thema "Sex in Perry Rhodan". Rauf und runter und immer wieder. Als Mitglied der lesenden Zunft merkte man deutlich, dass dieses Thema Einzug in die Romane nahm, allerdings so manches Mal auf eine Art, die mich den Kopf schütteln lässt. Die arme Frau wird in eine zurechtgeschnittene Unterhose gesteckt, damit Fulgen wusste, wo er hinsehen durfte. Du meine Güte. Clark Darlton hätte ich das geglaubt. Aber Scheer?
Ob Scheer sich das "Abenteuer" von Yart Fulgen selber ausgedacht hat oder ob das im Exposé vorgegeben war? Würde mich mal interessieren. Aus heutiger Sicht wirkt sein Versuch, in dieser Richtung tätig zu werden, ein wenig antiquiert. Ich könnte mir vorstellen, dass eine derartige Szene in heutigen Romanen geschrieben zu Lachsalven oder aber eher noch gefüllten Garagendächern führen würde. Gucky sieht das weiter oben völlig richtig: Lieber nackt und lebendig als angezogen und tot. Ich bin mal neugierig, welche Stilblüten da noch kommen werden.
Aber wenn man dieses Thema mal ausklammert, ist das ein durchweg guter Roman. Scheer serviert keine Überhelden, die uns als verkappte Supermänner rüberkommen. Nein, er hat zwei erfahrene Agenten und mit Tetch Wossonow jemanden, der sich nicht scheut, Rhodan deutlich zu sagen, dass er eigentlich komplett aus der Zeit gefallen ist und ganz brav zu sein hat. Und sogar Rhodan wird dies endlich mal klar. Er macht es geschickt: Vor meinem geistigen Auge schlurften Massen von hauptsächlich humanoiden Wesen angsterfüllt umher, der Autor geht aber nicht in den persönlichen Bereich. "Das kannst du dir hier abschminken", sagt Wossonow dazu, egal, wie entsetzt Rhodan ist.
Wäre der Missgriff mit dem armen Yart Fulgen zu Beginn nicht gewesen (und der wars zumindest für mich überhaupt nicht), wäre dieser Band für mich knapp an einem "Sehr gut" vorbeigeschrammt. So liegt die Gesamtnote für mich bei einer drei. Aber trotzdem: Scheer kann auch ohne Superhelden. Daumen hoch!

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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1446 - Robotersporen - ist von Peter Griese, erschienen am 08.05.1989
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"Ich weiß ja, dass dein neuer Kumpel Reginald Bull höchstpersönlich ist", sagte Wirt Billy McGuyer zu Lee Barringham. Lee war auf einem Wink Billys hin aufgestanden und zur Theke gegangen. Die beiden Anderen versuchten derweil, ihren armen John zu überreden, doch als Regierungschef zu kandidieren.
Lee blickte Billy an. "Und?", fragte sie.
"Der trinkt immer das Bier aus der Nummer zwölf. Das wollte früher kaum einer, das war sozusagen mein Exoten - Bräu. Aber seit Bull öffentlich Kund getan hat, dass diese Brühe besser schmecken würde als meine weiteren Angebote, wollen alle nur noch das Bully - Bier trinken. Das ist ein Problem."
"Warum? Nachschub bestellen, Preise leicht erhöhen und säckeweise Geld verdienen. Ganz einfach."
"Das ist es nicht. Soweit war ich auch schon. Bergster & Sons haben Probleme mit dem Nachschub. Ich weiß ja nicht genau, wo das Zeug ursprünglich herkommt, aus irgendsoeiner terranischen Stadt mit Halbverrückten, wenn man dem Glauben schenken darf. Da hat jetzt irgendwer eine uralte Vereinbarung, eine Art Konvention ausgegraben. Angeblich steht da drin, dass diese Plörre nur innerhalb der dortigen Stadtgrenzen gebraut werden darf. Jetzt will man der hiesigen Brauerei die Lizenz entziehen und dann dürfen sie nicht mehr. Ich habe noch ein paar Fässer, dann ist Schluss. Du musst deinen Freund überreden, was anderes zu trinken."
Lee seufzte. Warum eigentlich immer ich?, dachte sie. Steht mir auf der Stirn geschrieben, dass alle Probleme bei mir abgeladen werden sollen?
Sie ging zu Gucky und erklärte ihm das Problem. "Das musst du ihm sagen", flehte sie den Ilt an, "du kennst ihn besser als ich."
"Quatsch! Das klären wir anders." Er watschelte zur Theke und sah den Wirt von unten herauf an. "Du kriegst doch sonst alles geregelt. Das seltsamste Zeug ziehst du hinter deiner Theke hervor, die komplette Getränkewirtschaft der Milchstraße kommt bei dir zum Vorschein. Und dann hast du ein Problem mit dieser Sorte Bier? Das kannst du mir nicht erzählen."
Billy sah den Mausbiber äußerst unglücklich an. Es wäre tatsächlich das erste Mal, dass er Wünsche nicht erfüllen könnte. Er setzte eine Leichenbittemine auf und blickte Gucky mit hängenden Schultern wie ein armer Sünder an.
Gucky teleportierte auf die Theke und richtete sich zu seiner vollen Größe von einem Meter irgendwas auf. Er holte ein Teil, das wie ein altertümliches Aufzeichnungsgerät aussah, aus einer Tasche. "Alle mal herhören", rief er mit seiner Pieps - Stimme in den Pub hinein. Als er sicher war, die notwendige Aufmerksamkeit erlangt zu haben, redete er weiter. "Kraft der Sondervollmachten, die ich für Notsituationen gemäß § 678, Satz zwei, Absatz vier der Solaren Verfassung vom terranischen Parlament verliehen bekommen habe, erkläre ich hiermit die Lizenz dieser Brauerei für unbefristet gültig. Das Bier aus Zapfhahn Nummer zwölf darf weiterhin gebraut werden. Diese Erklärung gilt so lange, bis sie ein Solares Gericht oder das Parlament außer Kraft setzt. Die vorgeschriebene notwendige Bestätigung einer vertrauenswürdigen Person tätigt der derzeitige Minister für Sonderangelegenheiten, Reginald Bull."
Bull stand auf, gab einen ähnlichen Sermon von sich und ergänzte noch, dass es besser wäre, wenn niemand etwas dagegen hätte, sonst bekäme man es mit ihm zu tun. Gucky beschränkte die Anzahl der zu fertigenden Kopien auf zehn. "Eine für dich, eine für den Lizenzgeber und der Rest für die Brauerei, die die Dinger an andere Pubs weiterverteilen kann, wenn sie will."
Billy McGuyer strahlte von einem Ohr bis zum anderen und leitete Guckys Beschluss umgehend an Bergster & Sons weiter. Nachdem von dort aus die Zusage kam, diesen Teil der Brauerei umgehend wieder in Betrieb zu nehmen, legte sich die Aufregung im Singenden Ochsen wieder.
"Nachdem das geklärt wäre", rief Bull noch in den Pub hinein, "gebe ich einen aus. Der Rest des Abends geht auf meine Rechnung!" Unmittelbar danach war die Kneipe brechend voll. "Na, die Buschtrommeln scheinen hier zu funktionieren", brummte er noch.
"Keine Sorge", sagte er danach, Lee und John anblickend. "Wenn man so alt ist wie ich, braucht man sich finanziell nicht allzu viele Sorgen zu machen. Das geht schon klar so. Und", er drehte sich um und sah seine Gefährten an, "wir haben wieder Zeit für uns. Die Geschichte geht nämlich weiter. Wir sind wieder auf Phönix, der Freihändlerwelt..."
"Das war ja wieder Glück im Unglück. Ist das bei euch eigentlich immer so??" fragte John Talbot, nachdem Bull geendet hatte.
Gucky fing an zu lachen. "Glück? Nennst du es Glück, wenn man ein paar hundert Jahre später auftaucht? Nennst du es Glück, wenn die Milchstraße, unsere Heimat, so gut wie vollständig erobert und von der Außenwelt abgeschnitten ist? Nennst du es Glück, wenn dabei wer weiß wie viele Intelligenzen zu Tode gekommen sind?"
"Entschuldigt bitte", erwiderte Talbot, leichenblass geworden. "Man sollte vor Öffnen des Mundes immer zuerst das Gehirn einschalten."
Bull grinste. "Endlich mal ein Politiker, der das einsieht", sagte er. "Deine Chancen steigen immer weiter."
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Das war eine Art SF - Krimi im Perry Rhodan Gewand. Ich habe zwar das Gefühl, dass seit einiger Zeit vermehrt Streck- und Füllromane erscheinen, um bis Band 1450 zu kommen, aber der hier war gut. Natürlich war dem geneigten Krimileser klar, dass Anderson nicht der Übeltäter sein konnte. Und spätestens, als Vater Wayfar bei seinen Ameisen noch diese seltsamen kleinen Haustiere fand, wusste man, wo der Zug hingeht. Aber ich fühlte mich während des Lesens gut unterhalten und das ist es doch, worauf es ankommt.
In den Leserbriefen ging es mal wieder um Sex in PR. Einige Leute gaben da Thesen von sich, da kann man heute nur den Kopf schütteln. Ich hatte 1989 gar nicht so vorsintflutlich in Erinnerung.
Und noch etwas ist hängen geblieben: Der damalige Leserbriefonkel Ernst Vlcek schreibt als Kommentar unter einen Brief, dass Klaus N. Frick ihn sicherlich auf dem Laufenden halte. Klaus gabs damals, vor 36 Jahren, also auch schon. Der ist mittlerweile genau wie andere älter geworden. Beruhigend. Da fühlt man sich nicht so alleine...

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"Ich weiß ja, dass dein neuer Kumpel Reginald Bull höchstpersönlich ist", sagte Wirt Billy McGuyer zu Lee Barringham. Lee war auf einem Wink Billys hin aufgestanden und zur Theke gegangen. Die beiden Anderen versuchten derweil, ihren armen John zu überreden, doch als Regierungschef zu kandidieren.
Lee blickte Billy an. "Und?", fragte sie.
"Der trinkt immer das Bier aus der Nummer zwölf. Das wollte früher kaum einer, das war sozusagen mein Exoten - Bräu. Aber seit Bull öffentlich Kund getan hat, dass diese Brühe besser schmecken würde als meine weiteren Angebote, wollen alle nur noch das Bully - Bier trinken. Das ist ein Problem."
"Warum? Nachschub bestellen, Preise leicht erhöhen und säckeweise Geld verdienen. Ganz einfach."
"Das ist es nicht. Soweit war ich auch schon. Bergster & Sons haben Probleme mit dem Nachschub. Ich weiß ja nicht genau, wo das Zeug ursprünglich herkommt, aus irgendsoeiner terranischen Stadt mit Halbverrückten, wenn man dem Glauben schenken darf. Da hat jetzt irgendwer eine uralte Vereinbarung, eine Art Konvention ausgegraben. Angeblich steht da drin, dass diese Plörre nur innerhalb der dortigen Stadtgrenzen gebraut werden darf. Jetzt will man der hiesigen Brauerei die Lizenz entziehen und dann dürfen sie nicht mehr. Ich habe noch ein paar Fässer, dann ist Schluss. Du musst deinen Freund überreden, was anderes zu trinken."
Lee seufzte. Warum eigentlich immer ich?, dachte sie. Steht mir auf der Stirn geschrieben, dass alle Probleme bei mir abgeladen werden sollen?
Sie ging zu Gucky und erklärte ihm das Problem. "Das musst du ihm sagen", flehte sie den Ilt an, "du kennst ihn besser als ich."
"Quatsch! Das klären wir anders." Er watschelte zur Theke und sah den Wirt von unten herauf an. "Du kriegst doch sonst alles geregelt. Das seltsamste Zeug ziehst du hinter deiner Theke hervor, die komplette Getränkewirtschaft der Milchstraße kommt bei dir zum Vorschein. Und dann hast du ein Problem mit dieser Sorte Bier? Das kannst du mir nicht erzählen."
Billy sah den Mausbiber äußerst unglücklich an. Es wäre tatsächlich das erste Mal, dass er Wünsche nicht erfüllen könnte. Er setzte eine Leichenbittemine auf und blickte Gucky mit hängenden Schultern wie ein armer Sünder an.
Gucky teleportierte auf die Theke und richtete sich zu seiner vollen Größe von einem Meter irgendwas auf. Er holte ein Teil, das wie ein altertümliches Aufzeichnungsgerät aussah, aus einer Tasche. "Alle mal herhören", rief er mit seiner Pieps - Stimme in den Pub hinein. Als er sicher war, die notwendige Aufmerksamkeit erlangt zu haben, redete er weiter. "Kraft der Sondervollmachten, die ich für Notsituationen gemäß § 678, Satz zwei, Absatz vier der Solaren Verfassung vom terranischen Parlament verliehen bekommen habe, erkläre ich hiermit die Lizenz dieser Brauerei für unbefristet gültig. Das Bier aus Zapfhahn Nummer zwölf darf weiterhin gebraut werden. Diese Erklärung gilt so lange, bis sie ein Solares Gericht oder das Parlament außer Kraft setzt. Die vorgeschriebene notwendige Bestätigung einer vertrauenswürdigen Person tätigt der derzeitige Minister für Sonderangelegenheiten, Reginald Bull."
Bull stand auf, gab einen ähnlichen Sermon von sich und ergänzte noch, dass es besser wäre, wenn niemand etwas dagegen hätte, sonst bekäme man es mit ihm zu tun. Gucky beschränkte die Anzahl der zu fertigenden Kopien auf zehn. "Eine für dich, eine für den Lizenzgeber und der Rest für die Brauerei, die die Dinger an andere Pubs weiterverteilen kann, wenn sie will."
Billy McGuyer strahlte von einem Ohr bis zum anderen und leitete Guckys Beschluss umgehend an Bergster & Sons weiter. Nachdem von dort aus die Zusage kam, diesen Teil der Brauerei umgehend wieder in Betrieb zu nehmen, legte sich die Aufregung im Singenden Ochsen wieder.
"Nachdem das geklärt wäre", rief Bull noch in den Pub hinein, "gebe ich einen aus. Der Rest des Abends geht auf meine Rechnung!" Unmittelbar danach war die Kneipe brechend voll. "Na, die Buschtrommeln scheinen hier zu funktionieren", brummte er noch.
"Keine Sorge", sagte er danach, Lee und John anblickend. "Wenn man so alt ist wie ich, braucht man sich finanziell nicht allzu viele Sorgen zu machen. Das geht schon klar so. Und", er drehte sich um und sah seine Gefährten an, "wir haben wieder Zeit für uns. Die Geschichte geht nämlich weiter. Wir sind wieder auf Phönix, der Freihändlerwelt..."
"Das war ja wieder Glück im Unglück. Ist das bei euch eigentlich immer so??" fragte John Talbot, nachdem Bull geendet hatte.
Gucky fing an zu lachen. "Glück? Nennst du es Glück, wenn man ein paar hundert Jahre später auftaucht? Nennst du es Glück, wenn die Milchstraße, unsere Heimat, so gut wie vollständig erobert und von der Außenwelt abgeschnitten ist? Nennst du es Glück, wenn dabei wer weiß wie viele Intelligenzen zu Tode gekommen sind?"
"Entschuldigt bitte", erwiderte Talbot, leichenblass geworden. "Man sollte vor Öffnen des Mundes immer zuerst das Gehirn einschalten."
Bull grinste. "Endlich mal ein Politiker, der das einsieht", sagte er. "Deine Chancen steigen immer weiter."
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Das war eine Art SF - Krimi im Perry Rhodan Gewand. Ich habe zwar das Gefühl, dass seit einiger Zeit vermehrt Streck- und Füllromane erscheinen, um bis Band 1450 zu kommen, aber der hier war gut. Natürlich war dem geneigten Krimileser klar, dass Anderson nicht der Übeltäter sein konnte. Und spätestens, als Vater Wayfar bei seinen Ameisen noch diese seltsamen kleinen Haustiere fand, wusste man, wo der Zug hingeht. Aber ich fühlte mich während des Lesens gut unterhalten und das ist es doch, worauf es ankommt.
In den Leserbriefen ging es mal wieder um Sex in PR. Einige Leute gaben da Thesen von sich, da kann man heute nur den Kopf schütteln. Ich hatte 1989 gar nicht so vorsintflutlich in Erinnerung.
Und noch etwas ist hängen geblieben: Der damalige Leserbriefonkel Ernst Vlcek schreibt als Kommentar unter einen Brief, dass Klaus N. Frick ihn sicherlich auf dem Laufenden halte. Klaus gabs damals, vor 36 Jahren, also auch schon. Der ist mittlerweile genau wie andere älter geworden. Beruhigend. Da fühlt man sich nicht so alleine...

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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Und er war mir als Leser zu dem Zeitpunkt schon kein Unbekannter mehr.RBB hat geschrieben: ↑02.04.2025, 07:37
Und noch etwas ist hängen geblieben: Der damalige Leserbriefonkel Ernst Vlcek schreibt als Kommentar unter einen Brief, dass Klaus N. Frick ihn sicherlich auf dem Laufenden halte. Klaus gabs damals, vor 36 Jahren, also auch schon. Der ist mittlerweile genau wie andere älter geworden. Beruhigend. Da fühlt man sich nicht so alleine...
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thinman
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Ja, er hatte mir im alten GF hierauf geschrieben, dass er seinerzeit die Fan-, Club- und Fanzinebetreuung innehatte.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1447 - Sturmwelt am Scheideweg - ist von H. G. Ewers, erschienen am 15.05.1989
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Lee wollte wieder zurück in die gnädige Dunkelheit. Irgendwer hatte nämlich an ihrem Kopf herumgeschraubt. Sie hatte das Gefühl, der wäre entschieden zu klein, ohne dass sie wusste warum. Hinter ihrer Stirn hämmerte etwas von innen gegen die Schädeldecke. Wahrscheinlich, um die ursprüngliche Größe wieder herzustellen. Dagegen sprach aber, dass über ihrem linken Ohr einer von außen auf ihrem Kopf herumklopfte. Und überhaupt: Von den Haar- bis zu den Zehenspitzen fühlte sie sich äußerst elend. Ihr Magen war schien ein ausgewrungener Waschlappen zu sein oder sowas in der Art. Die Vorstellung, jemals wieder etwas essen zu müssen, ekelte sie an. Mit Trinken war es auch nicht viel besser. Klares, kaltes Wasser. Ja. Aber sonst? Ihr wurde auf der Stelle wieder schlecht.
Was zum Teufel ist mit mir los? Sie stellte einen Gedanken fest, der sich seinen Weg durch die Hämmerei gebahnt hatte. Dann kam es ganz langsam aus den Tiefen ihres Hirns nach oben: Billys Kneipe. Bully hatte den kompletten Abend in Singenden Ochsen bezahlt. Der Laden war brechend voll und die Stimmung entsprechend gewesen. John hatte im letzten Moment den Absprung geschafft, er hatte heute einen wichtigen Termin. Sie war dageblieben und hatte mit den anderen Leuten weitergefeiert. Ich hab mich ins Gewühl gestürzt und dann? Filmriss. Die bange Frage, ob sie irgendeinen Blödsinn angestellt hatte. Wo bin ich hier eigentlich?
Sie versuchte, ein Auge halb zu öffnen. Schon dazu war eine gewaltige Kraftanstrengung notwendig gewesen. Sie blickte in ein Fellgesicht, das sie mit großen Augen, noch größeren Ohren und einem riesigen Nagezahn mittendrin neugierig betrachtete.
"Oh", piepste das Fellgesicht. Viel zu laut! "Weilen wir wieder unter dem Lebenden? Wie fühlen wir uns denn so?"
Lee schloss das Auge wieder und schwor sich, nie, aber auch wirklich nie wieder Alkohol zu trinken. Es würde nur noch Wasser geben. Ansonsten Kaffee, Tee oder Fruchtsaft. Keinen Alkohol mehr. Nie wieder.
"Willst du sie nicht langsam zurück ins Leben holen?" hörte sie eine knurrige Stimme aus dem Hintergrund. "Das arme Kind sieht ja immer noch ziemlich bedauernswert aus."
"Warum das denn?", fragte die Piepsstimme. Gucky. dachte sie. Das muss Gucky sein. Die Stimme redete weiter. "Sie ist grade in der Phase, in der sie sich schwört, nie, aber auch wirklich nie wieder Alkohol zu trinken. Dazu brauche ich noch nicht mal Telepath zu sein, das weiß ich auch so. Und da sollte man sie noch eine Weile drin lassen. Vielleicht nützt es ja was. Obwohl ich da so meine Zweifel habe."
Lee wollte sich aufrichten, fiel aber stöhnend wieder zurück auf das Bett - ähnliche Teil, auf dem sie komplett bekleidet lag. Nein, stimmt nicht. Die Schuhe hat mir jemand ausgezogen. Und ich hatte doch über meinem T-Shirt noch das metallicblaue Jackett an.
Auf einmal bemerkte sie einen leichten Piks im rechten Oberarm und die knurrige Stimme sagte zu ihr: "So. In ein paar Minuten wird es dir besser gehen. Unser kleiner Freund hier hätte dich mit Sicherheit hier liegengelassen und neugierig betrachtet, bis du von alleine wieder auf die Füße gekommen wärst."
Tatsächlich. Die Kopfschmerzen ließen nach einiger Zeit nach und sie konnte sich vorstellen, irgendwann aufstehen zu können. Nun gut, so ganz das blühende Leben war sie noch nicht, aber es ging ihr in der Tat schon wesentlich besser. Sie öffnete die Augen, setzte sich auf und schüttelte den Kopf. "Oh, Mann!", sagte sie.
"Sowas nennt man wohl einen generalstabsmäßig geplanten Totalabsturz." Das war Gucky. "Obwohl Bully ja eigentlich daran schuld ist. Deswegen fühlte er wohl auch die moralische Verpflichtung, dich wieder ins Diesseits zurückzuholen. Billy wollte dir schon nichts mehr geben, weil er meinte, du wärest so ziemlich am Sendeschluss. Dann hast du den Dicken becirct, auf dass er dich weiter versorgen möge."
Der Kleine grinste von einem Ohr zum anderen. Lee war das alles hochnotpeinlich. Gucky stellte sich vor sie und versuchte eine Imitation. "Aber du bist doch mein süßer kleiner Bully", sagte er mit verstellter Stimme. "Du kannst mich doch nicht vertrocknen lassen! Sonst muss ich armes kleines Mädchen noch verdursten!"
Der Ilt baute sich vor ihr auf. Lee wäre am liebsten im Boden versunken. "So ging das die ganze Zeit, bis eben nichts mehr ging. Dann haben wir Feierabend gemacht und dich vorsichtshalber mit zu uns genommen. Und das hier", er zeigte demonstrativ mit dem Zeigefinger der linken Hand auf sie, "ist das Ergebnis."
Reginald Bull lachte auf. "Alles ist gut", meinte er. "Zum einen ging es mir unlängst ähnlich und zum Zweiten soll man die Feste eben feiern, wie sie fallen. Und außerdem haben wir ja auf dich aufgepasst. Mach dir keine Sorgen. Auch wenn da noch der Filmriss ist. Aber so schlimm wars nun auch wieder nicht und der Kleine hier neigt ab und zu zu Übertreibungen."
Lee roch an ihren Klamotten, alles klebte und stank erbärmlich. Sie stand auf und sah sich um. Ja, hier waren sie an der Stelle, wo die kleinen Schiffe ihrer neuen Freunde gelandet waren. Sie hatte in Bullys Bett übernachtet und der hatte sich draußen ein Provisorium gebaut. Sie verließ das kleine Beiboot und sah ein paar Meter weiter den Bach, der mit erfrischendem kaltem Wasser vor sich hin sprudelte.
"Wenn du willst, können wir deine Kleidung in den Reiniger stecken", meinte Gucky. "10 Minuten, alles ist wieder wie neu und der Kneipenduft ist auch weg. Du müsstest allerdings raus aus den Klamotten."
Sie verschwendete einen halben Gedanken an ihre Nacktheit und schalt sich umgehend eine Närrin. Gucky ist sowieso kein Mensch und Bully dürfte schon mehr als eine Frau in seinem Leben gesehen haben, dachte sie. Außerdem lockte der Bach mit seinem klaren Wasser. Er war zwar nicht besonders breit, an dieser Stelle aber tief genug, um ein paar Züge auf und ab zu schwimmen. Sowas soll ja die Lebensgeister wieder erwecken, befand sie, legte ihre Kleidung ab und lief in Richtung des Baches. Davor stoppte sie kurz, nahm wegen der erwarteten Kälte des Wassers all ihren Mut zusammen und sprang hinein.
Was für eine Wohltat, dachte sie und war froh, dass Schweiß und Kneipe von ihrer Haut und aus ihren Haaren verschwanden. Nach ein paar Minuten reichte Reginald Bull, ganz Kavalier, ihr ein Handtuch mit integriertem Haartrockner und sah dabei diskret in eine andere Richtung. Sie trocknete sich ab, wickelte sich darin ein und wartete noch ein paar Minuten, bis sie sich wieder anziehen konnte.
"Nur Nachdurst und Filmriss, die bleiben, was?", fragte Gucky. "Komm, Mädel, trink erstmal ein paar Gläser Wasser, dann gibts Kaffee und Frühstück. Wenn's wieder zurück in die Stadt geht, brauchst du dir übrigens keine Sorgen wegen der anderen Kneipenbesuchern machen. Die sahen mehr oder weniger alle so aus wie du. Ihr seid ein ziemlich versoffenes Völkchen hier am Ende aller Welten."
"Wir feiern eben gerne", verteidigte Lee sich und ihre Artgenossen. "Was können wir dafür, dass du nur Möhrensaft trinkst!"
"Ha!" kam es aus der hinteren Ecke, in der Bulls Übernachtungsprovisorium stand. "Der Kleine ist nur vorübergehend geläutert und keinesfalls so, wie er daherkommt. Der ist so einer von der Sorte "Wehe, wenn sie losgelassen". Lass dir von dem nix weismachen. Und wenn er nicht aufhört, dich vollzulabern, erzähl ich mal ein paar Stories aus anderen Tagen. Du würdest dich wundern."
Der plötzliche Personenwechsel gefiel Gucky überhaupt nicht. Daher sah er es als das Beste an, wenn er jetzt schnell und diskret ein anderes Thema ansprach. "Was hältst du davon, wenn du ein vernünftiges Frühstück bereitest, Dicker? Derweil kann ich die nächste Etappe unserer Geschichte erzählen. Du hast dein Aufzeichnungsgerät dabei?"
Als Lee bestätigend nickte, begann er zu erzählen.
Bull hatte während Guckys Erzählung die Vorbereitungen eingestellt und mit zugehört. Als er wieder aufstehen wollte, um weiterzumachen, kam auf einmal der ihnen schon bekannte stocksteife und steinalte Roboter zwischen zwei Bäumen hervor. "Über den müssen wir auch noch reden", grummelte Gucky, hatte aber nichts dagegen, dass Bully eine umfangreiche Bestellung aufgab.
Und wie gewohnt, sagte die Maschine "Sehr wohl, Sir!", ging die schwerfällig wieder zurück durch die Bäume; aber nur, um vier bis fünf Minuten später mit dem Gewünschten in vortrefflicher Qualität wieder zum Vorschein zu kommen.
Gucky sah die beiden Anderen an. "Ihr Menschen seid komische Wesen. Wieso betrinkt ihr euch derart, dass ihr danach im wahrsten Sinne des Wortes halbtot seid? Man kann doch irgendwann mal aufhören. Oder drei Glas Wasser trinken und dann geht's weiter. Aber so?" Er schüttelte den Kopf. "Was ein Glück", schloss er seine Überlegungen ab, "dass Ilts da wesentlich vernünftiger sind. Im nächsten Urlaub gehe ich auf Suche nach meinen Artgenossen. Irgendwo muss es noch welche geben. Dann werden wir in Massen über die Milchstraße herfallen und das Imperium der Mausbiber gründen."
Gucky war sich sehr sicher, dass es eines schönen Tages genau dazu kommen würde.
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Ewers konnte tatsächlich auch Romane schreiben, die nur auf einem Planeten spielen, ich glaub‘s ja nicht. Sonst hat der die halbe Zeit einen kompletten Zyklus auch 60 Seiten untergebracht.
Der Roman hat mich jetzt nicht von Hocker gehauen. Eirene musste zurück, Iruna aus ihrem Zerotraum befreit werden und irgendwie wollte ja die Strecke bis Band 1450 überbrückt werden. Ein bisschen Abenteuer, ein bisschen Drachen mit den Mördermajestäten und ein nicht näher bezeichneter Typ in einem schwarzen Umhang, der wohl für den Sense of Wonder herhalten sollte. Nein, der Roman wars nicht.
Vielleicht ist das nicht fair, weil ich mit HGE die meiste Zeit nichts anfangen kann. Oder weil mich Personen wie Eirene oder Iruna schon damals nicht vom Hocker gehauen haben. Aber das Erleben der Rhodan'schen Romanwelt ist nun mal ein äußerst subjektives. Andere mögen zu anderen Ergebnissen kommen. Für mich war dieser Band einer der Sorte fünfmal weggelegt und sechsmal wieder angefangen.
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Lee wollte wieder zurück in die gnädige Dunkelheit. Irgendwer hatte nämlich an ihrem Kopf herumgeschraubt. Sie hatte das Gefühl, der wäre entschieden zu klein, ohne dass sie wusste warum. Hinter ihrer Stirn hämmerte etwas von innen gegen die Schädeldecke. Wahrscheinlich, um die ursprüngliche Größe wieder herzustellen. Dagegen sprach aber, dass über ihrem linken Ohr einer von außen auf ihrem Kopf herumklopfte. Und überhaupt: Von den Haar- bis zu den Zehenspitzen fühlte sie sich äußerst elend. Ihr Magen war schien ein ausgewrungener Waschlappen zu sein oder sowas in der Art. Die Vorstellung, jemals wieder etwas essen zu müssen, ekelte sie an. Mit Trinken war es auch nicht viel besser. Klares, kaltes Wasser. Ja. Aber sonst? Ihr wurde auf der Stelle wieder schlecht.
Was zum Teufel ist mit mir los? Sie stellte einen Gedanken fest, der sich seinen Weg durch die Hämmerei gebahnt hatte. Dann kam es ganz langsam aus den Tiefen ihres Hirns nach oben: Billys Kneipe. Bully hatte den kompletten Abend in Singenden Ochsen bezahlt. Der Laden war brechend voll und die Stimmung entsprechend gewesen. John hatte im letzten Moment den Absprung geschafft, er hatte heute einen wichtigen Termin. Sie war dageblieben und hatte mit den anderen Leuten weitergefeiert. Ich hab mich ins Gewühl gestürzt und dann? Filmriss. Die bange Frage, ob sie irgendeinen Blödsinn angestellt hatte. Wo bin ich hier eigentlich?
Sie versuchte, ein Auge halb zu öffnen. Schon dazu war eine gewaltige Kraftanstrengung notwendig gewesen. Sie blickte in ein Fellgesicht, das sie mit großen Augen, noch größeren Ohren und einem riesigen Nagezahn mittendrin neugierig betrachtete.
"Oh", piepste das Fellgesicht. Viel zu laut! "Weilen wir wieder unter dem Lebenden? Wie fühlen wir uns denn so?"
Lee schloss das Auge wieder und schwor sich, nie, aber auch wirklich nie wieder Alkohol zu trinken. Es würde nur noch Wasser geben. Ansonsten Kaffee, Tee oder Fruchtsaft. Keinen Alkohol mehr. Nie wieder.
"Willst du sie nicht langsam zurück ins Leben holen?" hörte sie eine knurrige Stimme aus dem Hintergrund. "Das arme Kind sieht ja immer noch ziemlich bedauernswert aus."
"Warum das denn?", fragte die Piepsstimme. Gucky. dachte sie. Das muss Gucky sein. Die Stimme redete weiter. "Sie ist grade in der Phase, in der sie sich schwört, nie, aber auch wirklich nie wieder Alkohol zu trinken. Dazu brauche ich noch nicht mal Telepath zu sein, das weiß ich auch so. Und da sollte man sie noch eine Weile drin lassen. Vielleicht nützt es ja was. Obwohl ich da so meine Zweifel habe."
Lee wollte sich aufrichten, fiel aber stöhnend wieder zurück auf das Bett - ähnliche Teil, auf dem sie komplett bekleidet lag. Nein, stimmt nicht. Die Schuhe hat mir jemand ausgezogen. Und ich hatte doch über meinem T-Shirt noch das metallicblaue Jackett an.
Auf einmal bemerkte sie einen leichten Piks im rechten Oberarm und die knurrige Stimme sagte zu ihr: "So. In ein paar Minuten wird es dir besser gehen. Unser kleiner Freund hier hätte dich mit Sicherheit hier liegengelassen und neugierig betrachtet, bis du von alleine wieder auf die Füße gekommen wärst."
Tatsächlich. Die Kopfschmerzen ließen nach einiger Zeit nach und sie konnte sich vorstellen, irgendwann aufstehen zu können. Nun gut, so ganz das blühende Leben war sie noch nicht, aber es ging ihr in der Tat schon wesentlich besser. Sie öffnete die Augen, setzte sich auf und schüttelte den Kopf. "Oh, Mann!", sagte sie.
"Sowas nennt man wohl einen generalstabsmäßig geplanten Totalabsturz." Das war Gucky. "Obwohl Bully ja eigentlich daran schuld ist. Deswegen fühlte er wohl auch die moralische Verpflichtung, dich wieder ins Diesseits zurückzuholen. Billy wollte dir schon nichts mehr geben, weil er meinte, du wärest so ziemlich am Sendeschluss. Dann hast du den Dicken becirct, auf dass er dich weiter versorgen möge."
Der Kleine grinste von einem Ohr zum anderen. Lee war das alles hochnotpeinlich. Gucky stellte sich vor sie und versuchte eine Imitation. "Aber du bist doch mein süßer kleiner Bully", sagte er mit verstellter Stimme. "Du kannst mich doch nicht vertrocknen lassen! Sonst muss ich armes kleines Mädchen noch verdursten!"
Der Ilt baute sich vor ihr auf. Lee wäre am liebsten im Boden versunken. "So ging das die ganze Zeit, bis eben nichts mehr ging. Dann haben wir Feierabend gemacht und dich vorsichtshalber mit zu uns genommen. Und das hier", er zeigte demonstrativ mit dem Zeigefinger der linken Hand auf sie, "ist das Ergebnis."
Reginald Bull lachte auf. "Alles ist gut", meinte er. "Zum einen ging es mir unlängst ähnlich und zum Zweiten soll man die Feste eben feiern, wie sie fallen. Und außerdem haben wir ja auf dich aufgepasst. Mach dir keine Sorgen. Auch wenn da noch der Filmriss ist. Aber so schlimm wars nun auch wieder nicht und der Kleine hier neigt ab und zu zu Übertreibungen."
Lee roch an ihren Klamotten, alles klebte und stank erbärmlich. Sie stand auf und sah sich um. Ja, hier waren sie an der Stelle, wo die kleinen Schiffe ihrer neuen Freunde gelandet waren. Sie hatte in Bullys Bett übernachtet und der hatte sich draußen ein Provisorium gebaut. Sie verließ das kleine Beiboot und sah ein paar Meter weiter den Bach, der mit erfrischendem kaltem Wasser vor sich hin sprudelte.
"Wenn du willst, können wir deine Kleidung in den Reiniger stecken", meinte Gucky. "10 Minuten, alles ist wieder wie neu und der Kneipenduft ist auch weg. Du müsstest allerdings raus aus den Klamotten."
Sie verschwendete einen halben Gedanken an ihre Nacktheit und schalt sich umgehend eine Närrin. Gucky ist sowieso kein Mensch und Bully dürfte schon mehr als eine Frau in seinem Leben gesehen haben, dachte sie. Außerdem lockte der Bach mit seinem klaren Wasser. Er war zwar nicht besonders breit, an dieser Stelle aber tief genug, um ein paar Züge auf und ab zu schwimmen. Sowas soll ja die Lebensgeister wieder erwecken, befand sie, legte ihre Kleidung ab und lief in Richtung des Baches. Davor stoppte sie kurz, nahm wegen der erwarteten Kälte des Wassers all ihren Mut zusammen und sprang hinein.
Was für eine Wohltat, dachte sie und war froh, dass Schweiß und Kneipe von ihrer Haut und aus ihren Haaren verschwanden. Nach ein paar Minuten reichte Reginald Bull, ganz Kavalier, ihr ein Handtuch mit integriertem Haartrockner und sah dabei diskret in eine andere Richtung. Sie trocknete sich ab, wickelte sich darin ein und wartete noch ein paar Minuten, bis sie sich wieder anziehen konnte.
"Nur Nachdurst und Filmriss, die bleiben, was?", fragte Gucky. "Komm, Mädel, trink erstmal ein paar Gläser Wasser, dann gibts Kaffee und Frühstück. Wenn's wieder zurück in die Stadt geht, brauchst du dir übrigens keine Sorgen wegen der anderen Kneipenbesuchern machen. Die sahen mehr oder weniger alle so aus wie du. Ihr seid ein ziemlich versoffenes Völkchen hier am Ende aller Welten."
"Wir feiern eben gerne", verteidigte Lee sich und ihre Artgenossen. "Was können wir dafür, dass du nur Möhrensaft trinkst!"
"Ha!" kam es aus der hinteren Ecke, in der Bulls Übernachtungsprovisorium stand. "Der Kleine ist nur vorübergehend geläutert und keinesfalls so, wie er daherkommt. Der ist so einer von der Sorte "Wehe, wenn sie losgelassen". Lass dir von dem nix weismachen. Und wenn er nicht aufhört, dich vollzulabern, erzähl ich mal ein paar Stories aus anderen Tagen. Du würdest dich wundern."
Der plötzliche Personenwechsel gefiel Gucky überhaupt nicht. Daher sah er es als das Beste an, wenn er jetzt schnell und diskret ein anderes Thema ansprach. "Was hältst du davon, wenn du ein vernünftiges Frühstück bereitest, Dicker? Derweil kann ich die nächste Etappe unserer Geschichte erzählen. Du hast dein Aufzeichnungsgerät dabei?"
Als Lee bestätigend nickte, begann er zu erzählen.
Bull hatte während Guckys Erzählung die Vorbereitungen eingestellt und mit zugehört. Als er wieder aufstehen wollte, um weiterzumachen, kam auf einmal der ihnen schon bekannte stocksteife und steinalte Roboter zwischen zwei Bäumen hervor. "Über den müssen wir auch noch reden", grummelte Gucky, hatte aber nichts dagegen, dass Bully eine umfangreiche Bestellung aufgab.
Und wie gewohnt, sagte die Maschine "Sehr wohl, Sir!", ging die schwerfällig wieder zurück durch die Bäume; aber nur, um vier bis fünf Minuten später mit dem Gewünschten in vortrefflicher Qualität wieder zum Vorschein zu kommen.
Gucky sah die beiden Anderen an. "Ihr Menschen seid komische Wesen. Wieso betrinkt ihr euch derart, dass ihr danach im wahrsten Sinne des Wortes halbtot seid? Man kann doch irgendwann mal aufhören. Oder drei Glas Wasser trinken und dann geht's weiter. Aber so?" Er schüttelte den Kopf. "Was ein Glück", schloss er seine Überlegungen ab, "dass Ilts da wesentlich vernünftiger sind. Im nächsten Urlaub gehe ich auf Suche nach meinen Artgenossen. Irgendwo muss es noch welche geben. Dann werden wir in Massen über die Milchstraße herfallen und das Imperium der Mausbiber gründen."
Gucky war sich sehr sicher, dass es eines schönen Tages genau dazu kommen würde.
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Der Roman hat mich jetzt nicht von Hocker gehauen. Eirene musste zurück, Iruna aus ihrem Zerotraum befreit werden und irgendwie wollte ja die Strecke bis Band 1450 überbrückt werden. Ein bisschen Abenteuer, ein bisschen Drachen mit den Mördermajestäten und ein nicht näher bezeichneter Typ in einem schwarzen Umhang, der wohl für den Sense of Wonder herhalten sollte. Nein, der Roman wars nicht.
Vielleicht ist das nicht fair, weil ich mit HGE die meiste Zeit nichts anfangen kann. Oder weil mich Personen wie Eirene oder Iruna schon damals nicht vom Hocker gehauen haben. Aber das Erleben der Rhodan'schen Romanwelt ist nun mal ein äußerst subjektives. Andere mögen zu anderen Ergebnissen kommen. Für mich war dieser Band einer der Sorte fünfmal weggelegt und sechsmal wieder angefangen.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Die Bände 1448 - Der Kaiser von Karapon, erschienen am 22.05.1989 und 1449, erschienen am 29.05.1989 sind von Marianne Sydow
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Nach dem umfangreichen Frühstück hatte Reginald Bull sich verabschiedet, um, wie er sagte, "die Natur Newenglands noch eine Weile zu genießen, bevor der Stress wieder weitergeht." Dabei hatte er Lee angesehen und ihr zugezwinkert.
Die wiederum hatte sich erholt und war so wie neu. "Ich möchte dich etwas fragen, Gucky", sagte sie.
"Nur zu. Ich beiße nicht."
"Ich kann mir das nicht vorstellen, kein Ende vor Augen zu haben. Ich meine, ihr seid biologisch unsterblich. Mal abgesehen davon, dass ich gar nicht weiß, ob ich das überhaupt sein wollte, wie ist das? Wenn ich richtig informiert bin, wurdest du im 19. Jahrhundert der alten terranischen Zeitrechnung geboren und dürftest damit nach Atlan das älteste Wesen in eurem Clan - so nenne ich euch mal - sein. Älter noch als Homer G. Adams. Mehr an Jahren zählt natürlich Julian Tifflor mit seiner Millionen - Wanderung, dann habt ihr sicherlich noch ein paar Sonderfälle, aber das wars dann auch. Erreicht ihr nicht mal den Punkt, an dem ihr nicht mehr wollt?"
"Das kommt darauf an, was man daraus macht. Speziell bei mir ist das nicht ganz so schlimm, weil Ilts sowieso ziemlich langlebig sind. Wir haben eine Lebenserwartung von so ungefähr 600 Jahren und das auf einem Planeten wie Tramp. Du würdest sagen, da lag ja der Hund begraben und wolltest da nicht abgemalt sein. Für mich ist es immer noch Heimat. Mein Ursprung. Auch wenn es meine ureigene Welt seit ein paar tausend Jahren nicht mehr gibt. Aber wenn du es auf Tramp aushältst, wo so gut wie nie etwas herausragendes passiert, wird dir unter einem Völkchen wie euch Menschen sowieso nicht langweilig. Ich muss aber darauf achten, dass ich in der Gegenwart lebe und darf nicht ständig vergangenen Zeiten nachtrauern. Dann hast du ziemlich schnell einen in der Waffel. Außerdem ist das mit der Unsterblichkeit relativ. Wenn jetzt einer aus dem Gesträuch kommt und mich erschießt, dann war es das. Ewig leben heißt nun mal nicht zwangsläufig unbegrenzt leben. Von unseren Freunden von ganz früher sind so viele nicht übrig: Atlan, Perry, Bully, Homer und ich. Okay, Icho Tolot auch noch, aber Tiff zählt nicht mehr. Und wir? Leben gegen alle Wahrscheinlichkeiten immer noch. Ich habe keine Ahnung, warum das so ist, aber alle anderen sind tot. Fellmer Lloyd, Ras Tschubai, Iwan Iwanowitsch Goratschin und noch viele mehr. Aber Langweile? Nein, bei mir nicht."
"Wie ist das bei den anderen? Die menschliche Lebenserwartung lag doch zu Rhodans Aufbruchzeiten bei 70 - 80 Jahren und nicht bei 600. Haben die eher Schwierigkeiten?"
"Hm. Perry und Atlan fallen aus dieser Betrachtung wohl raus. Ich glaube, die Zwei haben als kosmische Menschen eine andere Bestimmung. Atlan ist sowieso nicht so gestrickt wie wir. Und Perry? Der scheint mir ab und zu, als wäre er einer von der Sorte "Wenn ich keine Probleme habe, mache ich mir welche". Dummerweise sind die dann entstehenden Schwierigkeiten regelmäßig derart überdimensioniert, dass er da alleine nicht mehr rauskommt. Aber dafür hat er ja mich. Stände der jetzt vor dir, würde er ganz normal mit dir reden. Er nimmt zum Beispiel sogar Lehren von anderen an und würde sich mit dir hochinteressiert über die menschliche Psyche unterhalten. Wenn er aber zu dem Ergebnis kommt, dass seine Meinung die beste überhaupt ist, kannst du genauso gut gegen Wände reden. Dafür handelt er Verträge mit Kosmokraten aus, besiegt Superintelligenzen und ist auf eine noch im Detail zu klärende Art mit unserer Haus- und Hof SI ES verbandelt. Nein. Auf den passt das Wort Langeweile nicht. Ich glaube, der hat eine Schranke im Kopf, was dieses Thema angeht.
Dann Icho Tolot. Haluter leben sowieso 3.000 Jahre lang, da kommt es auf ein paar Tausend mehr auch nicht an. Und Homer? Der ist trotz all der vergangenen Zeit immer noch ein Engländer, wie er im Buche steht. Und da klassische Engländer die Langeweile in Person sein können, fühlt der sich da höchstens zu Hause und hält alle anderen für Barbaren. Aber mit solchen Leuten kennt ihr euch hier ja aus. "
"Jetzt werd mal nicht frech. Außerdem fehlt da ja noch einer."
"Ja. Unser alter Freund Bully. Ein Mann aus den allerersten Anfängen. Ich glaube, Perry wäre ohne ihn nie so weit gekommen, wie er jetzt ist. Der Dicke hat die Bodenhaftung nie verloren und hat uns sicherlich mehr als einmal von unseren Wolken heruntergeholt und auf den Boden der Tatsachen gestellt. Sein Problem ist, dass er überall nur als die Nummer Zwei gilt. Mit entsprechendem Abstand zu unserem größten aller großen Meister. Im Regelfall gibt es immer die gleiche Aufgabenverteilung: Perry löst unterwegs die großen Probleme und Bully passt auf, dass daheim nichts anbrennt. Und: Er ist an der Reihe, wenn es gar nicht mehr weitergeht und darf dann dafür seinen Kopf hinhalten. Es ist ja nicht so, dass Bully vom Universum nichts mitgekriegt hat. Im Gegenteil, er hat eine immense Erfahrung und es gibt unterm Strich kaum Jemanden, der ihm über ist. Seine Bodenständigkeit ist seine Stärke, aber wohl auch sein Problem. Wenn es einen gibt, der das alles irgendwann mal Leid sein könnte, wird das Bully sein. Bestimmte politische Strömungen dürfte er circa 397-mal erlebt haben und es gibt keine Mode, die nicht mindestens 100-mal da war. Ihm fehlt die kindliche Begeisterungsfähigkeit und manchmal die Neugierde, die einen Perry Rhodan antreibt. Aber ich denke, was ihn nun wirklich bedrückt, erzählt er dir am besten selber. Weißt du, Bully und ich, wir sind uralte und dicke Freunde. Jeder von Beiden würde auf der Stelle alles hinschmeißen, um dem anderen zu helfen. Ich könnte dir noch tagelang über ihn Geschichte erzählen, aber das wäre zu subjektiv gefärbt."
Lee sah den Kleinen lange und nachdenklich an. Sie holte sich noch einen Kaffee und sage: "Das muss ich erstmal verarbeiten und auf die Reihe kriegen. Es kann sein, dass von mir später noch mehr Fragen zu diesem Thema kommen. Vielleicht stelle ich die aber auch Bully. Mal sehen."
Gucky lehnte sich zurück und meinte: "Ja, das kann ich nachvollziehen. Wie sieht es aus? Hast du noch etwas Zeit?"
"Ja. Heute Mittag muss ich spätestens zurück. Meine Patienten warten."
"Gut. Dann erzähle ich dir die beiden letzten Etappen vor der Halbzeit."
Lee nickte, trank einen Schluck Kaffee und schaltete ihr Aufzeichnungsgerät ein.
"Du erinnerst dich an Dao-Lin H'ay?"
"Das war die Kartanin. Die war doch von irgendeinem Typen gefangen genommen worden."
"Genau. Von dem Kaiser von Karapon. Und um den geht es hier."
"Diese Dao- Lin-H'ay fasziniert mich. Ich hätte sie gerne kennengelernt", meinte Lee, als Gucky eine Pause einlegte. "Was ist aus ihr geworden? Hat sie diese Abenteuer überlebt?"
Gucky sah sie belustigt an. "Ein Trick durch die Hintertür, um etwas mehr zu erfahren, was? Keine Sorge, du musst dich schon noch etwas gedulden. Das ist wie im Märchen: Wenn sie nicht gestorben ist, dann lebt sie noch heute. Aber du kannst sitzen bleiben. Heute dauerts noch was. Es folgt der zweite Teil über Dao und die Perle."
"Das war's", beendete Gucky seine Erzählung. "Dao war unterwegs zu Meister Perry und die Hälfte unserer großen Geschichte ist geschafft. Mit einem kleinen bisschen Sadismus kannst du sicherlich leben, so zum Beispiel, dass die Perle Moto zwar unterwegs in Richtung Heimat ist, aber immer noch niemand weiß, wozu sie eigentlich gut ist. Aber etwas Spannung muss ja erhalten bleiben. Sonst machts es ja keinen Spaß mehr."
"Es wäre wohl zuviel verlangt, wenn du mir vorab eine Kurz - Zusammenfassung von der ganzen Story lieferst und dann erst ins Detail gehst?" fragte Lee, allerdings ohne sich irgendwelche Hoffnung zu machen.
"Das glaubst du doch wohl selber nicht, oder? Sei froh, dass ich meinen Urlaub hier an dieser Stelle nicht abbreche und verschwinde. In fünf Jahren oder so käme ich dann wieder. Solange würdest du selbstredent auf dem größten aller Ilts warten, denke ich mal. Nein, das Einzige, was ich liefere, ist eine Ablieferung. Und zwar dich. In deinen Praxisräumen. Ich denke, deine Patienten brauchen dich noch irgendwann mal. Und vielleicht kommt die Tage ja nochmal dein prominentester Schützling vorbei."
Sprachs, ergriff Lees rechte Hand und teleportierte mit ihr mitten in ihr Behandlungszimmer. Und wie gehabt musste Lee sich nach der immer noch ungewohnten Transportmethode erst noch einige Zeit orientieren.
Gucky meinte derweil: "So. Ich habe erstmal genug geredet und mache jetzt einige Zeit wirklich Urlaub. Aber keine Sorge. Ich komme wieder. Dann geht's weiter"
Sprach, verschwand und ließ eine verwirrte Lee zurück.
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Marianne Sydow entführt uns für zwei Romane zu den Kartanin und das in vollendeter Form. Faszinierend beschreibt sie das Innenleben dieser Wesen, namentlich natürlich von Dao-Lin H'ay. Und ich habe jede Seite der Bände 1448 und 1449 genossen. Okay, Kaiser respektive Tyrannen funktionieren ähnlich wie bei uns, das scheint eine Art universelles Naturgesetz zu sein.
Dao zeigt uns, wie sie zunächst von ihrer Familie entfernt und dann auch noch von ihren Artgenossen. Wie zu erwarten war, ist die Perle Moto nun komplett. Wozu das Ding gut ist, wissen wir aber noch nicht. Von einigen wenigen Dateien abgesehen, scheint sie einfach nur schön zu sein. Aber dafür ist sie ja zu unserem größten aller großen Meister unterwegs.
Beide Romane sind auf eine Art geschrieben, die mich sofort vereinnahmt haben und ich es als schade empfand, dass ich zu schnell durch war. Mit Ernst Ellert und Kytoma werden uns zudem ein paar Namen und Brocken hingeworfen, die leider den armen Lesenden nicht nähergebracht werden. Es ist, wie bei PR üblich: Einige Fragen werden geklärt, dafür gibt es in Folge zehn neue. Nun geht's m nächsten Band, das soll aber keine Abwertung der anderen Autoren sein, wieder in die Niederungen des Kampfes gegen die Cantaro. Schade, ich hätte noch eine Weile bei Dao & Co bleiben können.
Wenn von den aktuellen Autorinnen und Autoren jemand in der Lage ist, derart mit Dao und den Kartanin umzugehen, darf sie jederzeit gerne zurückkommen. Ja, ein solcher Versuch ist mit Alaska Saedelaere ziemlich schief gegangen, bis er bei MAH in guten Händen war. Aber wenn man es nicht ausprobiert, erfährt man es nicht.
Nun, das hat sich ja mittlerweile geändert. Im Moment überlege ich mir, die aktuelle Miniserie zu erwerben und herunterzuladen. Mal sehen.
Auf der LKS geschah etwas Erwähnenswertes: Der alte Leserbriefonkel Ernst Vlceck übergab den Staffelstab für die Leserbetreuung an Jemanden, der eine gefühlte halbe Ewigkeit diesen Job übernehmen sollte und ohne den man sich diese Seiten nicht mehr vorstellen konnte. Ob AE damals wohl schon ahnte, wie lange er diesen Job ausüben sollte?

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Nach dem umfangreichen Frühstück hatte Reginald Bull sich verabschiedet, um, wie er sagte, "die Natur Newenglands noch eine Weile zu genießen, bevor der Stress wieder weitergeht." Dabei hatte er Lee angesehen und ihr zugezwinkert.
Die wiederum hatte sich erholt und war so wie neu. "Ich möchte dich etwas fragen, Gucky", sagte sie.
"Nur zu. Ich beiße nicht."
"Ich kann mir das nicht vorstellen, kein Ende vor Augen zu haben. Ich meine, ihr seid biologisch unsterblich. Mal abgesehen davon, dass ich gar nicht weiß, ob ich das überhaupt sein wollte, wie ist das? Wenn ich richtig informiert bin, wurdest du im 19. Jahrhundert der alten terranischen Zeitrechnung geboren und dürftest damit nach Atlan das älteste Wesen in eurem Clan - so nenne ich euch mal - sein. Älter noch als Homer G. Adams. Mehr an Jahren zählt natürlich Julian Tifflor mit seiner Millionen - Wanderung, dann habt ihr sicherlich noch ein paar Sonderfälle, aber das wars dann auch. Erreicht ihr nicht mal den Punkt, an dem ihr nicht mehr wollt?"
"Das kommt darauf an, was man daraus macht. Speziell bei mir ist das nicht ganz so schlimm, weil Ilts sowieso ziemlich langlebig sind. Wir haben eine Lebenserwartung von so ungefähr 600 Jahren und das auf einem Planeten wie Tramp. Du würdest sagen, da lag ja der Hund begraben und wolltest da nicht abgemalt sein. Für mich ist es immer noch Heimat. Mein Ursprung. Auch wenn es meine ureigene Welt seit ein paar tausend Jahren nicht mehr gibt. Aber wenn du es auf Tramp aushältst, wo so gut wie nie etwas herausragendes passiert, wird dir unter einem Völkchen wie euch Menschen sowieso nicht langweilig. Ich muss aber darauf achten, dass ich in der Gegenwart lebe und darf nicht ständig vergangenen Zeiten nachtrauern. Dann hast du ziemlich schnell einen in der Waffel. Außerdem ist das mit der Unsterblichkeit relativ. Wenn jetzt einer aus dem Gesträuch kommt und mich erschießt, dann war es das. Ewig leben heißt nun mal nicht zwangsläufig unbegrenzt leben. Von unseren Freunden von ganz früher sind so viele nicht übrig: Atlan, Perry, Bully, Homer und ich. Okay, Icho Tolot auch noch, aber Tiff zählt nicht mehr. Und wir? Leben gegen alle Wahrscheinlichkeiten immer noch. Ich habe keine Ahnung, warum das so ist, aber alle anderen sind tot. Fellmer Lloyd, Ras Tschubai, Iwan Iwanowitsch Goratschin und noch viele mehr. Aber Langweile? Nein, bei mir nicht."
"Wie ist das bei den anderen? Die menschliche Lebenserwartung lag doch zu Rhodans Aufbruchzeiten bei 70 - 80 Jahren und nicht bei 600. Haben die eher Schwierigkeiten?"
"Hm. Perry und Atlan fallen aus dieser Betrachtung wohl raus. Ich glaube, die Zwei haben als kosmische Menschen eine andere Bestimmung. Atlan ist sowieso nicht so gestrickt wie wir. Und Perry? Der scheint mir ab und zu, als wäre er einer von der Sorte "Wenn ich keine Probleme habe, mache ich mir welche". Dummerweise sind die dann entstehenden Schwierigkeiten regelmäßig derart überdimensioniert, dass er da alleine nicht mehr rauskommt. Aber dafür hat er ja mich. Stände der jetzt vor dir, würde er ganz normal mit dir reden. Er nimmt zum Beispiel sogar Lehren von anderen an und würde sich mit dir hochinteressiert über die menschliche Psyche unterhalten. Wenn er aber zu dem Ergebnis kommt, dass seine Meinung die beste überhaupt ist, kannst du genauso gut gegen Wände reden. Dafür handelt er Verträge mit Kosmokraten aus, besiegt Superintelligenzen und ist auf eine noch im Detail zu klärende Art mit unserer Haus- und Hof SI ES verbandelt. Nein. Auf den passt das Wort Langeweile nicht. Ich glaube, der hat eine Schranke im Kopf, was dieses Thema angeht.
Dann Icho Tolot. Haluter leben sowieso 3.000 Jahre lang, da kommt es auf ein paar Tausend mehr auch nicht an. Und Homer? Der ist trotz all der vergangenen Zeit immer noch ein Engländer, wie er im Buche steht. Und da klassische Engländer die Langeweile in Person sein können, fühlt der sich da höchstens zu Hause und hält alle anderen für Barbaren. Aber mit solchen Leuten kennt ihr euch hier ja aus. "
"Jetzt werd mal nicht frech. Außerdem fehlt da ja noch einer."
"Ja. Unser alter Freund Bully. Ein Mann aus den allerersten Anfängen. Ich glaube, Perry wäre ohne ihn nie so weit gekommen, wie er jetzt ist. Der Dicke hat die Bodenhaftung nie verloren und hat uns sicherlich mehr als einmal von unseren Wolken heruntergeholt und auf den Boden der Tatsachen gestellt. Sein Problem ist, dass er überall nur als die Nummer Zwei gilt. Mit entsprechendem Abstand zu unserem größten aller großen Meister. Im Regelfall gibt es immer die gleiche Aufgabenverteilung: Perry löst unterwegs die großen Probleme und Bully passt auf, dass daheim nichts anbrennt. Und: Er ist an der Reihe, wenn es gar nicht mehr weitergeht und darf dann dafür seinen Kopf hinhalten. Es ist ja nicht so, dass Bully vom Universum nichts mitgekriegt hat. Im Gegenteil, er hat eine immense Erfahrung und es gibt unterm Strich kaum Jemanden, der ihm über ist. Seine Bodenständigkeit ist seine Stärke, aber wohl auch sein Problem. Wenn es einen gibt, der das alles irgendwann mal Leid sein könnte, wird das Bully sein. Bestimmte politische Strömungen dürfte er circa 397-mal erlebt haben und es gibt keine Mode, die nicht mindestens 100-mal da war. Ihm fehlt die kindliche Begeisterungsfähigkeit und manchmal die Neugierde, die einen Perry Rhodan antreibt. Aber ich denke, was ihn nun wirklich bedrückt, erzählt er dir am besten selber. Weißt du, Bully und ich, wir sind uralte und dicke Freunde. Jeder von Beiden würde auf der Stelle alles hinschmeißen, um dem anderen zu helfen. Ich könnte dir noch tagelang über ihn Geschichte erzählen, aber das wäre zu subjektiv gefärbt."
Lee sah den Kleinen lange und nachdenklich an. Sie holte sich noch einen Kaffee und sage: "Das muss ich erstmal verarbeiten und auf die Reihe kriegen. Es kann sein, dass von mir später noch mehr Fragen zu diesem Thema kommen. Vielleicht stelle ich die aber auch Bully. Mal sehen."
Gucky lehnte sich zurück und meinte: "Ja, das kann ich nachvollziehen. Wie sieht es aus? Hast du noch etwas Zeit?"
"Ja. Heute Mittag muss ich spätestens zurück. Meine Patienten warten."
"Gut. Dann erzähle ich dir die beiden letzten Etappen vor der Halbzeit."
Lee nickte, trank einen Schluck Kaffee und schaltete ihr Aufzeichnungsgerät ein.
"Du erinnerst dich an Dao-Lin H'ay?"
"Das war die Kartanin. Die war doch von irgendeinem Typen gefangen genommen worden."
"Genau. Von dem Kaiser von Karapon. Und um den geht es hier."
"Diese Dao- Lin-H'ay fasziniert mich. Ich hätte sie gerne kennengelernt", meinte Lee, als Gucky eine Pause einlegte. "Was ist aus ihr geworden? Hat sie diese Abenteuer überlebt?"
Gucky sah sie belustigt an. "Ein Trick durch die Hintertür, um etwas mehr zu erfahren, was? Keine Sorge, du musst dich schon noch etwas gedulden. Das ist wie im Märchen: Wenn sie nicht gestorben ist, dann lebt sie noch heute. Aber du kannst sitzen bleiben. Heute dauerts noch was. Es folgt der zweite Teil über Dao und die Perle."
"Das war's", beendete Gucky seine Erzählung. "Dao war unterwegs zu Meister Perry und die Hälfte unserer großen Geschichte ist geschafft. Mit einem kleinen bisschen Sadismus kannst du sicherlich leben, so zum Beispiel, dass die Perle Moto zwar unterwegs in Richtung Heimat ist, aber immer noch niemand weiß, wozu sie eigentlich gut ist. Aber etwas Spannung muss ja erhalten bleiben. Sonst machts es ja keinen Spaß mehr."
"Es wäre wohl zuviel verlangt, wenn du mir vorab eine Kurz - Zusammenfassung von der ganzen Story lieferst und dann erst ins Detail gehst?" fragte Lee, allerdings ohne sich irgendwelche Hoffnung zu machen.
"Das glaubst du doch wohl selber nicht, oder? Sei froh, dass ich meinen Urlaub hier an dieser Stelle nicht abbreche und verschwinde. In fünf Jahren oder so käme ich dann wieder. Solange würdest du selbstredent auf dem größten aller Ilts warten, denke ich mal. Nein, das Einzige, was ich liefere, ist eine Ablieferung. Und zwar dich. In deinen Praxisräumen. Ich denke, deine Patienten brauchen dich noch irgendwann mal. Und vielleicht kommt die Tage ja nochmal dein prominentester Schützling vorbei."
Sprachs, ergriff Lees rechte Hand und teleportierte mit ihr mitten in ihr Behandlungszimmer. Und wie gehabt musste Lee sich nach der immer noch ungewohnten Transportmethode erst noch einige Zeit orientieren.
Gucky meinte derweil: "So. Ich habe erstmal genug geredet und mache jetzt einige Zeit wirklich Urlaub. Aber keine Sorge. Ich komme wieder. Dann geht's weiter"
Sprach, verschwand und ließ eine verwirrte Lee zurück.
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Marianne Sydow entführt uns für zwei Romane zu den Kartanin und das in vollendeter Form. Faszinierend beschreibt sie das Innenleben dieser Wesen, namentlich natürlich von Dao-Lin H'ay. Und ich habe jede Seite der Bände 1448 und 1449 genossen. Okay, Kaiser respektive Tyrannen funktionieren ähnlich wie bei uns, das scheint eine Art universelles Naturgesetz zu sein.
Dao zeigt uns, wie sie zunächst von ihrer Familie entfernt und dann auch noch von ihren Artgenossen. Wie zu erwarten war, ist die Perle Moto nun komplett. Wozu das Ding gut ist, wissen wir aber noch nicht. Von einigen wenigen Dateien abgesehen, scheint sie einfach nur schön zu sein. Aber dafür ist sie ja zu unserem größten aller großen Meister unterwegs.
Beide Romane sind auf eine Art geschrieben, die mich sofort vereinnahmt haben und ich es als schade empfand, dass ich zu schnell durch war. Mit Ernst Ellert und Kytoma werden uns zudem ein paar Namen und Brocken hingeworfen, die leider den armen Lesenden nicht nähergebracht werden. Es ist, wie bei PR üblich: Einige Fragen werden geklärt, dafür gibt es in Folge zehn neue. Nun geht's m nächsten Band, das soll aber keine Abwertung der anderen Autoren sein, wieder in die Niederungen des Kampfes gegen die Cantaro. Schade, ich hätte noch eine Weile bei Dao & Co bleiben können.
Wenn von den aktuellen Autorinnen und Autoren jemand in der Lage ist, derart mit Dao und den Kartanin umzugehen, darf sie jederzeit gerne zurückkommen. Ja, ein solcher Versuch ist mit Alaska Saedelaere ziemlich schief gegangen, bis er bei MAH in guten Händen war. Aber wenn man es nicht ausprobiert, erfährt man es nicht.
Nun, das hat sich ja mittlerweile geändert. Im Moment überlege ich mir, die aktuelle Miniserie zu erwerben und herunterzuladen. Mal sehen.
Auf der LKS geschah etwas Erwähnenswertes: Der alte Leserbriefonkel Ernst Vlceck übergab den Staffelstab für die Leserbetreuung an Jemanden, der eine gefühlte halbe Ewigkeit diesen Job übernehmen sollte und ohne den man sich diese Seiten nicht mehr vorstellen konnte. Ob AE damals wohl schon ahnte, wie lange er diesen Job ausüben sollte?

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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Halbzeit
Zeit für ein erstes Resümee. Bis jetzt hat mir das alles bis auf wenige Ausnahmen gut gefallen. Das Zykluskonzept stimmt und daher macht es Spaß, die Handlung zu verfolgen. Keine höheren Mächte, keine Superintelligenzen. Bis auf ein wenig Zeitreisegeschwurbel "normale" SF. Ich glaube, das war bis einschließlich heute der letzte Zyklus, der komplett ohne dieses Gevölks auskam. Mit dem Transport der Galaxis Hangay in unser Universum war allerdings ein Punkt erreicht, der kaum noch zu toppen war und die "Verschwörung der Autoren" (Kurt Mahr im PR Computer Band 1450) kam zum richtigen Zeitpunkt. Die damals wohl ursprünglich angedachte Vereinigung zweier Universen wäre wirklich eine Nummer zu groß gewesen.
Ich erinnere mich noch genau an mein Empfinden, als der Zyklus damals losging. Abgeschottete Milchstraße, keiner kommt rein, keiner kommt raus, der Teufel in Terras Hallen und dann irgendwann zu Beginn dieser Spielzeug - Cantaro...
Das hatte schon was und das ist immer noch da. Natürlich sind mittlerweile ein paar Erklärungen abgeliefert worden, aber eben nur wohl dosiert und wohl ebenso natürlich tauchen in Band 1449 mit Ernst Ellert und Kytoma zwei Namen auf, die die geneigten Lesenden neugierig werden lassen. Ob ich in 50 Bänden noch genauso begeistert bin? Ich lasse mich mal überraschen. Bis jetzt gehört der Cantaro Zyklus zu den ganz Großen der Reihe.
Ich brauche jetzt erstmal eine Pause. Ab und zu muss man mal was anderes lesen, außerdem habe ich noch keine Ahnung, wie meine Geschichte weitergeht. Aber da mache ich mir weniger Sorgen, da fällt mir sicherlich noch was ein.
Das war vor mehr als zwei Jahren und es hat anderthalb Monate gedauert, bis mir etwas zum weiteren Verlauf der Rahmenhandlung eingefallen war. So lange braucht es jetzt nicht, bei dem Rhythmus ca. zwei pro Woche wird es bleiben. Die Story spielt noch eine Weile auf Newengland, dann wird das Vorhaben unserer Protagonistin langsam klarer.
Viel Spaß bei Lesen!
Zeit für ein erstes Resümee. Bis jetzt hat mir das alles bis auf wenige Ausnahmen gut gefallen. Das Zykluskonzept stimmt und daher macht es Spaß, die Handlung zu verfolgen. Keine höheren Mächte, keine Superintelligenzen. Bis auf ein wenig Zeitreisegeschwurbel "normale" SF. Ich glaube, das war bis einschließlich heute der letzte Zyklus, der komplett ohne dieses Gevölks auskam. Mit dem Transport der Galaxis Hangay in unser Universum war allerdings ein Punkt erreicht, der kaum noch zu toppen war und die "Verschwörung der Autoren" (Kurt Mahr im PR Computer Band 1450) kam zum richtigen Zeitpunkt. Die damals wohl ursprünglich angedachte Vereinigung zweier Universen wäre wirklich eine Nummer zu groß gewesen.
Ich erinnere mich noch genau an mein Empfinden, als der Zyklus damals losging. Abgeschottete Milchstraße, keiner kommt rein, keiner kommt raus, der Teufel in Terras Hallen und dann irgendwann zu Beginn dieser Spielzeug - Cantaro...
Das hatte schon was und das ist immer noch da. Natürlich sind mittlerweile ein paar Erklärungen abgeliefert worden, aber eben nur wohl dosiert und wohl ebenso natürlich tauchen in Band 1449 mit Ernst Ellert und Kytoma zwei Namen auf, die die geneigten Lesenden neugierig werden lassen. Ob ich in 50 Bänden noch genauso begeistert bin? Ich lasse mich mal überraschen. Bis jetzt gehört der Cantaro Zyklus zu den ganz Großen der Reihe.
Ich brauche jetzt erstmal eine Pause. Ab und zu muss man mal was anderes lesen, außerdem habe ich noch keine Ahnung, wie meine Geschichte weitergeht. Aber da mache ich mir weniger Sorgen, da fällt mir sicherlich noch was ein.
Das war vor mehr als zwei Jahren und es hat anderthalb Monate gedauert, bis mir etwas zum weiteren Verlauf der Rahmenhandlung eingefallen war. So lange braucht es jetzt nicht, bei dem Rhythmus ca. zwei pro Woche wird es bleiben. Die Story spielt noch eine Weile auf Newengland, dann wird das Vorhaben unserer Protagonistin langsam klarer.
Viel Spaß bei Lesen!
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1450 - Die Herren der Straßen - ist von H.G. Francis, erschienen am 06.06.1989
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Lee war enttäuscht. Nachdem sich weder Gucky noch Reginald Bull in den folgenden drei Wochen blicken ließen, begab sie sich zu der Stelle, an der die zwei Minibeiboote ihrer Gäste gestanden hatten. Und? Nichts. Beide Schiffe waren verschwunden, natürlich samt ihrer Besitzer. Die waren ebenfalls weg, ohne ein Wort verloren zu haben.
Ich dachte, da wären Freundschaften geschlossen worden. Aber anscheinend bin nur Irgendwer von diesem seltsamen Hinterwäldlerplaneten und noch nicht mal ein Tschüss oder so wert, ging ihr durch den Kopf und sie fand das alles mehr als frustrierend. Ohne den Halt, den John ihr gab, wäre das alles noch enttäuschender geworden.
Drei Monate später traten Bull und der Ilt langsam aber sicher in den Hintergrund und sie wurde wieder lebensfroher. "Sie sind eben unsterblich und ticken anders als unsereins", hatte John ihr gesagt. "Sei lieber stolz, dass du sie so gut kennenlernen durftest!"
Wo John Recht hat, hat er Recht! dachte sie und kümmerte sich wieder um ihre Patienten und ihre abgeschiedene Welt. Zum Teufel mit der hohen Politik. Man hatte hier auf Newengland genug mit sich selber zu tun. Immerhin hatte man sich auf Neuwahlen in vierzehn Monaten geeinigt. Das dauerte ihr zwar alles viel zu lange, aber man war ja schließlich auf Newengland und da wollte gut Ding eben Weile haben.
Dann passierte es doch: Vier Monate und fünfzehn Tage nach dem Verschwinden ihrer vermeintlichen Freunde saß sie noch an ihrem Schreibtisch und machte sich noch ein paar Notizen zu ihrer letzten Patientin, einer ziemlich abgerissen aussehenden Vierzehnjährigen, die nach dem Tod des Vaters mit ihrem Leben nicht mehr klarkam. Danach galt es, noch ein paar Vorbereitungen für ihre morgen stattfindenden Termine zu treffen und es ging in den Feierabend. John war noch in Sachen Politik unterwegs und so freute sie sich auf einen ruhigen Tagesausklang.
Gerade, als sie dem Rechner den Ausschaltbefehl geben wollte, klopfte es an die Eingangstür ihrer Praxis. Bei dem Blick auf den Bildschirm auf ihrem Schreibtisch wäre sie fast vom Stuhl gefallen
"Ich bin deinem Rat gefolgt", sagte Reginald Bull nach der Türöffnung ohne Vorwarnung. "Ich war auf Terra in Omaha Beach bei meinem Vater, habe drei Tage im Gras neben der Stele gesessen und mich mit ihm ausgesprochen. Mittlerweile bin ich überzeugt, dass er ganz zufrieden mit seinem Sohn ist. Auch wenn es natürlich viel zu lange gedauert hatte, bis wir endlich miteinander reden konnten. Aber alte Trottel wie ich bleiben eben alte Trottel. Und wenn du mir jetzt ein paar scheuerst, weil ich einfach so abgehauen bin, hab ich das mehr als verdient. Ansonsten hätte ich gerne einen guten Kaffee."
Lee gab ihn tatsächlich einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. "Eigentlich hättest du eine ganze Tracht Prügel verdient, Reginald Bull", eröffnete sie ihm, ließ ihn hinein und holte das erbetene Heißgetränk.
"Schwarz, stark und ohne Zucker", sagte sie, setzte sich Bull gegenüber und sah ihn an.
"Gucky lässt dich herzlich grüßen. Er wäre gerne hier, gab er mir mit auf den Weg, aber er müsse zuerst mal wieder die halbe Milchstraße retten. Sobald er das geschafft hat, kommt er nach, soll ich dir ausrichten.
Nein, im Ernst: Entschuldige bitte. Uns ist ein Einsatz in die Quere gekommen. Es war wie so häufig: Natürlich war alles schon vorgestern vonnöten und die ganze Chose ist ebenso natürlich streng geheim. Außer meinem Wort, dass es absolut nichts mit dir oder Newengland überhaupt zu tun hatte, kann ich dir leider nichts sagen. Aber ich soll die angefangene Cantaro - Geschichte weitererzählen, meinte der Kleine."
Lee seufzte. "Dann will ich dir das mal glauben", sagte sie, schaltete das Aufnahmegerät ein und lehnte sich zurück.
"Stell dir vor", begann Reginald Bull, "du wärest mit zwei anderen Menschen zusammen als Dreiertrupp in einem Gefangenenlager. Nimm von mir aus John und deinen Kneipenwirt, diesen McSowieso. Und dann kommt jemand und pickt ausgerechnet dich aus über zehntausend Häftlingen raus und nimmt dich mit ins Ungewisse."
"Das war wohl knapp, was?", fragte Lee.
"Das kannst du wohl sagen. Hätte diese junge Kybernetikerin nicht den umgedrehten Tomaskon entlarvt und hätte dieser nicht seinen Befehlen gehorcht und versucht, die Frau zu töten, wäre der Kleine gestorben. Trotz Zellaktivator. Relativ ist eben relativ. Irgendwann werden wir wohl alle vor unserem Schöpfer oder wem auch immer stehen. Manche früher, manche später. Aber letztlich gehen wir alle den gleichen Weg."
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Der Roman hat mir grundsätzlich gefallen. Grundsätzlich war er gut. Aber eben nur grundsätzlich. Der Reihe nach:
H.G. Francis schildert die Abenteuer auf der Cantaro - Welt Uulema und man fragt sich die ganze Zeit, warum zum Teufel dieser Roman eigentlich "Die Herren der Straßen" heißt.
Homer G. Adams und sein Einsatztrupp, zu dem immerhin neben Gucky auch Haudrauf Pedrass Foch zählen, wollen den Cantaro nach bester Partisanen - Art einen Schlag verpassen. Natürlich werden sie zunächst fast und später dann richtig entdeckt, aber man weiß sich zu wehren. Häftlinge werden befreit und damit das alles nicht zu einfach wird, hat Gucky ein Problem. Zunächst macht sich das nur mit einer allgemeinen Müdigkeit und abnehmenden Psi - Fähigkeiten bemerkbar, später geht's ihm dann wirklich ans Leben. Das hat H.G. Francis auf faszinierende Art beschrieben, zumindest bei mir ist das gut angekommen und ich habe direkt mit gefiebert, obwohl mir natürlich klar war, dass der Kleine das überstehen wird. Aber damals war ja eben erst Waringer gestorben und wer weiß schon, was sich in den Köpfen von Perry Rhodan Autoren Sadistisches abspielt?
Kurz vor Ende des Romans erfahren wir dann auch, warum er so heißt, wie er heißt. Wir wissen also jetzt, dass es noch eine den Cantaro übergeordnete Instanz geben muss. Auch wenn wir bis jetzt nur den Namen kennen, wird klar, dass die Cantaro nicht der Weisheit allerletzter Schluss sind. Und denen kann man durchaus heftige Nadelstiche verpassen.
Was mir aber damals schon nicht gefallen hat, ist die Tatsache, dass Bully nicht an Guckys Krankenbett stand. Die Möglichkeit hätte er gehabt, die CIMARRON war immerhin mit dabei. Nach der Flucht von Uulema war man zudem nicht mehr im unmittelbaren Einsatz. Die Freundschaft zwischen Bull und dem Ilt wurde auch seinerzeit als eine besondere bezeichnet. Und dann hat der nicht alles liegen und stehen gelassen? Wie hätte unser größter aller großen Meister diesen Teil der Geschichte denn Bully rübergebracht? "Ach, übrigens, ich habe vergessen, dich zu informieren. Gucky hat sich bei seinem Einsatz einen weggeholt. Er lag auf unserer Medostation und jetzt ist er tot." Oder was?

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Lee war enttäuscht. Nachdem sich weder Gucky noch Reginald Bull in den folgenden drei Wochen blicken ließen, begab sie sich zu der Stelle, an der die zwei Minibeiboote ihrer Gäste gestanden hatten. Und? Nichts. Beide Schiffe waren verschwunden, natürlich samt ihrer Besitzer. Die waren ebenfalls weg, ohne ein Wort verloren zu haben.
Ich dachte, da wären Freundschaften geschlossen worden. Aber anscheinend bin nur Irgendwer von diesem seltsamen Hinterwäldlerplaneten und noch nicht mal ein Tschüss oder so wert, ging ihr durch den Kopf und sie fand das alles mehr als frustrierend. Ohne den Halt, den John ihr gab, wäre das alles noch enttäuschender geworden.
Drei Monate später traten Bull und der Ilt langsam aber sicher in den Hintergrund und sie wurde wieder lebensfroher. "Sie sind eben unsterblich und ticken anders als unsereins", hatte John ihr gesagt. "Sei lieber stolz, dass du sie so gut kennenlernen durftest!"
Wo John Recht hat, hat er Recht! dachte sie und kümmerte sich wieder um ihre Patienten und ihre abgeschiedene Welt. Zum Teufel mit der hohen Politik. Man hatte hier auf Newengland genug mit sich selber zu tun. Immerhin hatte man sich auf Neuwahlen in vierzehn Monaten geeinigt. Das dauerte ihr zwar alles viel zu lange, aber man war ja schließlich auf Newengland und da wollte gut Ding eben Weile haben.
Dann passierte es doch: Vier Monate und fünfzehn Tage nach dem Verschwinden ihrer vermeintlichen Freunde saß sie noch an ihrem Schreibtisch und machte sich noch ein paar Notizen zu ihrer letzten Patientin, einer ziemlich abgerissen aussehenden Vierzehnjährigen, die nach dem Tod des Vaters mit ihrem Leben nicht mehr klarkam. Danach galt es, noch ein paar Vorbereitungen für ihre morgen stattfindenden Termine zu treffen und es ging in den Feierabend. John war noch in Sachen Politik unterwegs und so freute sie sich auf einen ruhigen Tagesausklang.
Gerade, als sie dem Rechner den Ausschaltbefehl geben wollte, klopfte es an die Eingangstür ihrer Praxis. Bei dem Blick auf den Bildschirm auf ihrem Schreibtisch wäre sie fast vom Stuhl gefallen
"Ich bin deinem Rat gefolgt", sagte Reginald Bull nach der Türöffnung ohne Vorwarnung. "Ich war auf Terra in Omaha Beach bei meinem Vater, habe drei Tage im Gras neben der Stele gesessen und mich mit ihm ausgesprochen. Mittlerweile bin ich überzeugt, dass er ganz zufrieden mit seinem Sohn ist. Auch wenn es natürlich viel zu lange gedauert hatte, bis wir endlich miteinander reden konnten. Aber alte Trottel wie ich bleiben eben alte Trottel. Und wenn du mir jetzt ein paar scheuerst, weil ich einfach so abgehauen bin, hab ich das mehr als verdient. Ansonsten hätte ich gerne einen guten Kaffee."
Lee gab ihn tatsächlich einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. "Eigentlich hättest du eine ganze Tracht Prügel verdient, Reginald Bull", eröffnete sie ihm, ließ ihn hinein und holte das erbetene Heißgetränk.
"Schwarz, stark und ohne Zucker", sagte sie, setzte sich Bull gegenüber und sah ihn an.
"Gucky lässt dich herzlich grüßen. Er wäre gerne hier, gab er mir mit auf den Weg, aber er müsse zuerst mal wieder die halbe Milchstraße retten. Sobald er das geschafft hat, kommt er nach, soll ich dir ausrichten.
Nein, im Ernst: Entschuldige bitte. Uns ist ein Einsatz in die Quere gekommen. Es war wie so häufig: Natürlich war alles schon vorgestern vonnöten und die ganze Chose ist ebenso natürlich streng geheim. Außer meinem Wort, dass es absolut nichts mit dir oder Newengland überhaupt zu tun hatte, kann ich dir leider nichts sagen. Aber ich soll die angefangene Cantaro - Geschichte weitererzählen, meinte der Kleine."
Lee seufzte. "Dann will ich dir das mal glauben", sagte sie, schaltete das Aufnahmegerät ein und lehnte sich zurück.
"Stell dir vor", begann Reginald Bull, "du wärest mit zwei anderen Menschen zusammen als Dreiertrupp in einem Gefangenenlager. Nimm von mir aus John und deinen Kneipenwirt, diesen McSowieso. Und dann kommt jemand und pickt ausgerechnet dich aus über zehntausend Häftlingen raus und nimmt dich mit ins Ungewisse."
"Das war wohl knapp, was?", fragte Lee.
"Das kannst du wohl sagen. Hätte diese junge Kybernetikerin nicht den umgedrehten Tomaskon entlarvt und hätte dieser nicht seinen Befehlen gehorcht und versucht, die Frau zu töten, wäre der Kleine gestorben. Trotz Zellaktivator. Relativ ist eben relativ. Irgendwann werden wir wohl alle vor unserem Schöpfer oder wem auch immer stehen. Manche früher, manche später. Aber letztlich gehen wir alle den gleichen Weg."
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Der Roman hat mir grundsätzlich gefallen. Grundsätzlich war er gut. Aber eben nur grundsätzlich. Der Reihe nach:
H.G. Francis schildert die Abenteuer auf der Cantaro - Welt Uulema und man fragt sich die ganze Zeit, warum zum Teufel dieser Roman eigentlich "Die Herren der Straßen" heißt.
Homer G. Adams und sein Einsatztrupp, zu dem immerhin neben Gucky auch Haudrauf Pedrass Foch zählen, wollen den Cantaro nach bester Partisanen - Art einen Schlag verpassen. Natürlich werden sie zunächst fast und später dann richtig entdeckt, aber man weiß sich zu wehren. Häftlinge werden befreit und damit das alles nicht zu einfach wird, hat Gucky ein Problem. Zunächst macht sich das nur mit einer allgemeinen Müdigkeit und abnehmenden Psi - Fähigkeiten bemerkbar, später geht's ihm dann wirklich ans Leben. Das hat H.G. Francis auf faszinierende Art beschrieben, zumindest bei mir ist das gut angekommen und ich habe direkt mit gefiebert, obwohl mir natürlich klar war, dass der Kleine das überstehen wird. Aber damals war ja eben erst Waringer gestorben und wer weiß schon, was sich in den Köpfen von Perry Rhodan Autoren Sadistisches abspielt?
Kurz vor Ende des Romans erfahren wir dann auch, warum er so heißt, wie er heißt. Wir wissen also jetzt, dass es noch eine den Cantaro übergeordnete Instanz geben muss. Auch wenn wir bis jetzt nur den Namen kennen, wird klar, dass die Cantaro nicht der Weisheit allerletzter Schluss sind. Und denen kann man durchaus heftige Nadelstiche verpassen.
Was mir aber damals schon nicht gefallen hat, ist die Tatsache, dass Bully nicht an Guckys Krankenbett stand. Die Möglichkeit hätte er gehabt, die CIMARRON war immerhin mit dabei. Nach der Flucht von Uulema war man zudem nicht mehr im unmittelbaren Einsatz. Die Freundschaft zwischen Bull und dem Ilt wurde auch seinerzeit als eine besondere bezeichnet. Und dann hat der nicht alles liegen und stehen gelassen? Wie hätte unser größter aller großen Meister diesen Teil der Geschichte denn Bully rübergebracht? "Ach, übrigens, ich habe vergessen, dich zu informieren. Gucky hat sich bei seinem Einsatz einen weggeholt. Er lag auf unserer Medostation und jetzt ist er tot." Oder was?

Kölle es un bliev e Jeföhl!!