Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
-
- Beiträge: 390
- Registriert: 21.06.2024, 14:19
- Hat sich bedankt: 137 Mal
- Danksagung erhalten: 29 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Es ist immer (ver)störend, wenn der Verstorbene nach seiner Beerdigung wieder auftaucht - das Erbe ist verteilt, die Hinterbliebende frisch verheiratet, hat vielleicht sogar neue Kinder....
Stoff für Komödien und Tragödien.
Uns brachten die Bände viel Klarheit und so ein kleines Rätsel für die Zukunft.
thinman
Stoff für Komödien und Tragödien.
Uns brachten die Bände viel Klarheit und so ein kleines Rätsel für die Zukunft.
thinman
- RBB
- Beiträge: 868
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 17 Mal
- Danksagung erhalten: 49 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Zweifellos. Hier kommt bei Waringer noch die Zeitreiseproblematik dazu. Und da es sich bei GAW um einen Sympathieträger handelte, der aus der Serie bestens bekannt war, ist das war anderes als bei Zeitreisen über Millionen von Jahren hinweg. Die handelnden Personen kennen sich und das macht es doppelt problematisch.
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- RBB
- Beiträge: 868
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 17 Mal
- Danksagung erhalten: 49 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1423 - Wer ist Advok - ist von K. H. Scheer, erschienen am 28.11.1988
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Gucky öffnete die Augen. Wie lange er geschlafen hatte, wusste er nicht. Auf jeden Fall war Lee noch da. Aber...was machte sie da? Sie summte eine seltsam unmelodische Weise, bewegte sich dazu und trat ab und zu auf den Boden. Dabei sang sie irgendwas, Gucky konnte nur Fragmente verstehen, und das, obwohl er des Englischen mächtig war. Auf jeden Fall musste sich hinter dieser Aktion eine sehr rhythmische Angelegenheit verbergen. Gucky merkte bei seiner Beobachtung, dass seine neue Freundin ganz woanders war und da gehörte es sich nicht, sie mit mehr oder weniger dusseligen Bemerkungen zu stören. Er tat einfach so, als würde er weiterschlafen. Da! Endlich was verstanden. I live by the river. Während des Wortes "river" sprang sie in die Luft und kam danach stampfend wieder auf und der unverständliche Text ging weiter. Gucky zermarterte sich das Hirn, ob und wo er das schon mal gehört haben könnte. Nein, völlig unbekannt. Vielleicht ergab sich mal die Gelegenheit, nachzufragen. Gucky kam zu dem Ergebnis, dass die jungen Leute heutzutage doch äußerst seltsam sein konnten und schüttelte innerlich den Kopf.
Als er sah, dass Lee mit ihren turnübungsähnlichen Sangeskünsten fertig war und sich wieder neben ihn setzte, tat er so, als würde er erst jetzt erwachen.
"Eine Stunde, dreizehn Minuten und viereinhalb Sekunden", sagte Lee, ihn anschauend. "Willkommen zurück in der Wirklichkeit! Das bestellte Essen wird kommt soeben um die Ecke."
Gucky stand auf, reckte sich und fühlte sich in der Tat wie neugeboren. Was so eine Mütze voll Schlaf doch ausmacht, dachte er. Er nahm sich eine Möhre und biss gutgelaunt hinein.
"Ihr wart also zurück in der Gegenwart", hörte der Ilt. "Naja, in der 693 Jahre von eurer eigentlichen Zeit entfernten Gegenwart. Ich glaube, du hast Recht. Diese Zeitreisegeschichten machen einen ganz wuschig im Kopf. Ich habe mir auf jeden Fall fest vorgenommen, weder Oma noch Opa zu erschießen, noch mich selber von irgendwelchen aus der Zukunft kommenden Hirnis umbringen zu lassen. Ich gehe davon aus, dass ihr dem Rest von eurem Verein umgehend von euren Erlebnissen erzählt habt und anschließend hat euch einer von euren Superrechnern erklärt, was jetzt zu tun sei. Ich bin ganz Ohr."
"Natürlich haben wir das. Aber bevor es dort weitergeht, blenden wir erstmal um auf eine andere Erzählebene." Gucky grinste. Er wusste, dass er Lee mit diesem Satz ziemlich ärgern konnte.
"Das ist ja wie bei den Fortsetzungsgeschichten, die ich mir als kleines Mädchen zu Gemüte geführt habe. Immer dann, wenn es spannend wurde, kam entweder ein "Fortsetzung folgt" oder ein Wechsel auf andere Figuren. Du bist keinen Deut besser. Noch keine drei Tage hier und nervt schon rum. Aber was solls. Ich komm ja doch nicht drumherum. Also weiter im Text."
"Jetzt haben verschollene Unterlagen ja den Haken, dass sie verschollen sind", meinte Lee. "Aber ich sehe, so ganz langsam aber sicher kommt Leben in die Bude. Ich hatte schon befürchtet, dass in achtundneunzig deiner geplanten hundert Geschichten nichts passiert und dann kommt alles in den Schnelldurchlauf bei den letzten beiden Stories."
"Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn wir schon jetzt in die Milchstraße hineingekommen wären und nach dem Motto - Da sind wir wieder und jetzt ab mit euch - gehandelt hätten. Das wäre doch langweilig geworden, meinst du nicht auch?"
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ich denke, es wäre eine Sünde gewesen, diesen Roman, bei dem Atlan auf unseren alten Freibeuterkönig trifft, von jemand anderem als KHS schreiben zu lassen. Es wunderte mich zwar, dass der Arkonide seine unsterblichen Kumpels nicht sofort in die engere Wahl gezogen hatte, sondern zwischendurch doch tatsächlich mal der Meinung war, er hätte es mit den Sieben Mächtigen zu tun, nur weil er des Öfteren deren Sprache hörte.
Aber Atlan war die ureigene Erfindung von Scheer und bei Roi Danton gehe ich davon aus, dass es hier ebenso war. Man halte nur Band 300 vor das geistige Auge. Der alte Kämpe und PR-Mitbegründer hat seine Sache hier aus meiner Sicht wirklich gut gemacht. Natürlich waren hier wieder donnernde und röhrende Was-weiß-ich-für-Maschinen zu Gange, aber er hat es weder bei Schilderung der Technik, noch bei den Personen übertrieben. Er schrieb für mich glaubhaft. Wenn ich mich in RD's Position versetze und die Cantaro tatsächlich extrem gute Doppelgänger kreieren können, bedarf es nun mal mehrerer Tests. Denn innerhalb der Milchstraße an Geschichten von und über Atlan heranzukommen, dürfte nicht schwierig sein. Und wie kriegt man eine Organisation wie die Freihändler unterwandert, wenn nicht mit einem alten Freund? Nein, Roi konnte nur so und nicht anders handeln.
Nach den beiden Scheer Vorgängern in diesem Zyklus ist dieser Roman eine Wohltat. Daumen hoch!

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Gucky öffnete die Augen. Wie lange er geschlafen hatte, wusste er nicht. Auf jeden Fall war Lee noch da. Aber...was machte sie da? Sie summte eine seltsam unmelodische Weise, bewegte sich dazu und trat ab und zu auf den Boden. Dabei sang sie irgendwas, Gucky konnte nur Fragmente verstehen, und das, obwohl er des Englischen mächtig war. Auf jeden Fall musste sich hinter dieser Aktion eine sehr rhythmische Angelegenheit verbergen. Gucky merkte bei seiner Beobachtung, dass seine neue Freundin ganz woanders war und da gehörte es sich nicht, sie mit mehr oder weniger dusseligen Bemerkungen zu stören. Er tat einfach so, als würde er weiterschlafen. Da! Endlich was verstanden. I live by the river. Während des Wortes "river" sprang sie in die Luft und kam danach stampfend wieder auf und der unverständliche Text ging weiter. Gucky zermarterte sich das Hirn, ob und wo er das schon mal gehört haben könnte. Nein, völlig unbekannt. Vielleicht ergab sich mal die Gelegenheit, nachzufragen. Gucky kam zu dem Ergebnis, dass die jungen Leute heutzutage doch äußerst seltsam sein konnten und schüttelte innerlich den Kopf.
Als er sah, dass Lee mit ihren turnübungsähnlichen Sangeskünsten fertig war und sich wieder neben ihn setzte, tat er so, als würde er erst jetzt erwachen.
"Eine Stunde, dreizehn Minuten und viereinhalb Sekunden", sagte Lee, ihn anschauend. "Willkommen zurück in der Wirklichkeit! Das bestellte Essen wird kommt soeben um die Ecke."
Gucky stand auf, reckte sich und fühlte sich in der Tat wie neugeboren. Was so eine Mütze voll Schlaf doch ausmacht, dachte er. Er nahm sich eine Möhre und biss gutgelaunt hinein.
"Ihr wart also zurück in der Gegenwart", hörte der Ilt. "Naja, in der 693 Jahre von eurer eigentlichen Zeit entfernten Gegenwart. Ich glaube, du hast Recht. Diese Zeitreisegeschichten machen einen ganz wuschig im Kopf. Ich habe mir auf jeden Fall fest vorgenommen, weder Oma noch Opa zu erschießen, noch mich selber von irgendwelchen aus der Zukunft kommenden Hirnis umbringen zu lassen. Ich gehe davon aus, dass ihr dem Rest von eurem Verein umgehend von euren Erlebnissen erzählt habt und anschließend hat euch einer von euren Superrechnern erklärt, was jetzt zu tun sei. Ich bin ganz Ohr."
"Natürlich haben wir das. Aber bevor es dort weitergeht, blenden wir erstmal um auf eine andere Erzählebene." Gucky grinste. Er wusste, dass er Lee mit diesem Satz ziemlich ärgern konnte.
"Das ist ja wie bei den Fortsetzungsgeschichten, die ich mir als kleines Mädchen zu Gemüte geführt habe. Immer dann, wenn es spannend wurde, kam entweder ein "Fortsetzung folgt" oder ein Wechsel auf andere Figuren. Du bist keinen Deut besser. Noch keine drei Tage hier und nervt schon rum. Aber was solls. Ich komm ja doch nicht drumherum. Also weiter im Text."
"Jetzt haben verschollene Unterlagen ja den Haken, dass sie verschollen sind", meinte Lee. "Aber ich sehe, so ganz langsam aber sicher kommt Leben in die Bude. Ich hatte schon befürchtet, dass in achtundneunzig deiner geplanten hundert Geschichten nichts passiert und dann kommt alles in den Schnelldurchlauf bei den letzten beiden Stories."
"Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn wir schon jetzt in die Milchstraße hineingekommen wären und nach dem Motto - Da sind wir wieder und jetzt ab mit euch - gehandelt hätten. Das wäre doch langweilig geworden, meinst du nicht auch?"
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ich denke, es wäre eine Sünde gewesen, diesen Roman, bei dem Atlan auf unseren alten Freibeuterkönig trifft, von jemand anderem als KHS schreiben zu lassen. Es wunderte mich zwar, dass der Arkonide seine unsterblichen Kumpels nicht sofort in die engere Wahl gezogen hatte, sondern zwischendurch doch tatsächlich mal der Meinung war, er hätte es mit den Sieben Mächtigen zu tun, nur weil er des Öfteren deren Sprache hörte.
Aber Atlan war die ureigene Erfindung von Scheer und bei Roi Danton gehe ich davon aus, dass es hier ebenso war. Man halte nur Band 300 vor das geistige Auge. Der alte Kämpe und PR-Mitbegründer hat seine Sache hier aus meiner Sicht wirklich gut gemacht. Natürlich waren hier wieder donnernde und röhrende Was-weiß-ich-für-Maschinen zu Gange, aber er hat es weder bei Schilderung der Technik, noch bei den Personen übertrieben. Er schrieb für mich glaubhaft. Wenn ich mich in RD's Position versetze und die Cantaro tatsächlich extrem gute Doppelgänger kreieren können, bedarf es nun mal mehrerer Tests. Denn innerhalb der Milchstraße an Geschichten von und über Atlan heranzukommen, dürfte nicht schwierig sein. Und wie kriegt man eine Organisation wie die Freihändler unterwandert, wenn nicht mit einem alten Freund? Nein, Roi konnte nur so und nicht anders handeln.
Nach den beiden Scheer Vorgängern in diesem Zyklus ist dieser Roman eine Wohltat. Daumen hoch!

Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- RBB
- Beiträge: 868
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 17 Mal
- Danksagung erhalten: 49 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1424 - Revolte auf Phönix - ist von Kurt Mahr, erschienen am 05.12.1988
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
"Hattet ihr zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon irgendwelche Vermutungen, was sich in der Milchstraße abspielte? Welcher Art auch immer? Wenn ich deinen Berichten folge, merke ich, dass sich langsam aber sicher eure Leute zusammenfinden und mit den Freihändlern und Phönix scheint ja ein brauchbarer Stützpunkt gefunden zu sein."
"Nein", antwortete Gucky. "Wir wussten nichts. Gar nichts. Woher auch? Icho Tolot hatte uns eine lichtjahrelange Geschichte über seine Erlebnisse erzählt, aber mit der Milchstraße hatte das nichts bis nicht viel zu tun. Roi Danton, Ronald Tekener und Jennifer Thyron aus der alten Gilde der Unsterblichen hatten wir verortet und mit den Freihändlern einen Verein, auf den man wohl zählen konnte. Waringer war tot. Er hatte zwar ein Maschinchen hinterlassen, mit dem man angeblich durch den Wall kommen konnte, aber da fehlte noch etwas zu. Die fraglichen Unterlagen waren natürlich verschwunden. Was sich außerhalb des Walles abgespielt hatte, wurde uns ganz langsam aber sicher klar. Was sich darinnen tat, wussten wir nicht."
"Aus eurer Gilde der Unsterblichen fehlte doch noch einer, was war denn mit dem?"
"Du meinst Homer G. Adams? Den hatten wir auch noch nicht gefunden. Vielleicht war er innerhalb des Walles tätig, wie auch immer. Wir gingen ja nicht davon aus, dass irgendwelche Monster die ganze Milchstraße entvölkert hatten. Und noch einer war nicht da: Der aktuelle Galbraith Deighton. Den hatten wir zwar in der Vergangenheit bei unserer seltsamen Zeitreise gefunden, aber aktuell auch noch nirgendwo entdeckt. Langsam aber sicher wurde es Zeit, dass was passierte. Außerdem eröffnete mir kürzlich jemand, der es wissen muss, dass die Geschichte jetzt erst richtig losgeht. Und wie hat ein schlauer Mensch vergangener Tage mal gesagt: Geschichte wird von denen gemacht, die zur rechten Zeit kommen. Auch wenn es die Falschen sind. An so einen Verein gerieten die Freihändler."
"Es mag ja sein, dass du mich nur für ein Mädchen vom Lande von irgendwo am Ende der Milchstraße hältst", meinte Lee zu dem daraufhin überraschten Ilt. "Aber so ganz vor die Pumpe gelaufen bin ich ja nun doch nicht. Du hast den Namen Pedrass Foch so seltsam betont. Mit dem stimmt was nicht. Also?"
Gucky hätte sich auf die Zunge beißen können und überlegte fieberhaft, wie er denn aus dieser Nummer wieder herauskäme.
Lee sah dem Mausbiber forschend und skeptisch an.
"Egal, was du jetzt sagst, ich glaube dir kein Wort", sagte sie. "Aber ich weiß, dass du mir sowieso nicht mehr verrätst, als du jetzt willst. Und du willst augenscheinlich nicht. Also lassen wir das. Was kriege ich, wenn ich Recht habe und dieser Typ noch eine wesentliche Rolle spielt?"
Ein paar, wenn sie reif sind, dachte Gucky, war sauer auf sich selber und eröffnete seiner Freundin: "Ich glaube, ich hätte für diesen Fall eine besondere Überraschung für dich. Nur Geduld, nur Geduld. Auch wenn das nicht deine Stärke ist."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Kurt Mahr schreibt einen normalen Abenteuerroman, der sich für mich schlüssig und gut liest. Drei weitere aus der Gilde der Unsterblichen samt ihrer Freihändler sind ausfindig gemacht und unsere Truppe wird etwas größer. Damals war das für mich eine einfache Geschichte, die einzig und allein just diesem Zweck diente. Dass wir zum ersten Mal jemanden kennen lernten, der uns wohl noch so einige Male beglücken sollte, konnten die geneigten Lesenden seinerzeit noch nicht wissen. Der Auftritt unseres größten aller großen Meister am Ende? Naja, wer derart gut und edel ist, siegt so manches Mal von ganz alleine.
Unser weiser Topsider hat mir mal wieder bewiesen, dass man das liest, was man lesen will und nicht das, was tatsächlich geschrieben steht. Für mich hieß der Kerl in den ersten zwei Dritteln des Romanes wirklich Susymat...

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
"Hattet ihr zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon irgendwelche Vermutungen, was sich in der Milchstraße abspielte? Welcher Art auch immer? Wenn ich deinen Berichten folge, merke ich, dass sich langsam aber sicher eure Leute zusammenfinden und mit den Freihändlern und Phönix scheint ja ein brauchbarer Stützpunkt gefunden zu sein."
"Nein", antwortete Gucky. "Wir wussten nichts. Gar nichts. Woher auch? Icho Tolot hatte uns eine lichtjahrelange Geschichte über seine Erlebnisse erzählt, aber mit der Milchstraße hatte das nichts bis nicht viel zu tun. Roi Danton, Ronald Tekener und Jennifer Thyron aus der alten Gilde der Unsterblichen hatten wir verortet und mit den Freihändlern einen Verein, auf den man wohl zählen konnte. Waringer war tot. Er hatte zwar ein Maschinchen hinterlassen, mit dem man angeblich durch den Wall kommen konnte, aber da fehlte noch etwas zu. Die fraglichen Unterlagen waren natürlich verschwunden. Was sich außerhalb des Walles abgespielt hatte, wurde uns ganz langsam aber sicher klar. Was sich darinnen tat, wussten wir nicht."
"Aus eurer Gilde der Unsterblichen fehlte doch noch einer, was war denn mit dem?"
"Du meinst Homer G. Adams? Den hatten wir auch noch nicht gefunden. Vielleicht war er innerhalb des Walles tätig, wie auch immer. Wir gingen ja nicht davon aus, dass irgendwelche Monster die ganze Milchstraße entvölkert hatten. Und noch einer war nicht da: Der aktuelle Galbraith Deighton. Den hatten wir zwar in der Vergangenheit bei unserer seltsamen Zeitreise gefunden, aber aktuell auch noch nirgendwo entdeckt. Langsam aber sicher wurde es Zeit, dass was passierte. Außerdem eröffnete mir kürzlich jemand, der es wissen muss, dass die Geschichte jetzt erst richtig losgeht. Und wie hat ein schlauer Mensch vergangener Tage mal gesagt: Geschichte wird von denen gemacht, die zur rechten Zeit kommen. Auch wenn es die Falschen sind. An so einen Verein gerieten die Freihändler."
"Es mag ja sein, dass du mich nur für ein Mädchen vom Lande von irgendwo am Ende der Milchstraße hältst", meinte Lee zu dem daraufhin überraschten Ilt. "Aber so ganz vor die Pumpe gelaufen bin ich ja nun doch nicht. Du hast den Namen Pedrass Foch so seltsam betont. Mit dem stimmt was nicht. Also?"
Gucky hätte sich auf die Zunge beißen können und überlegte fieberhaft, wie er denn aus dieser Nummer wieder herauskäme.
Lee sah dem Mausbiber forschend und skeptisch an.
"Egal, was du jetzt sagst, ich glaube dir kein Wort", sagte sie. "Aber ich weiß, dass du mir sowieso nicht mehr verrätst, als du jetzt willst. Und du willst augenscheinlich nicht. Also lassen wir das. Was kriege ich, wenn ich Recht habe und dieser Typ noch eine wesentliche Rolle spielt?"
Ein paar, wenn sie reif sind, dachte Gucky, war sauer auf sich selber und eröffnete seiner Freundin: "Ich glaube, ich hätte für diesen Fall eine besondere Überraschung für dich. Nur Geduld, nur Geduld. Auch wenn das nicht deine Stärke ist."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Kurt Mahr schreibt einen normalen Abenteuerroman, der sich für mich schlüssig und gut liest. Drei weitere aus der Gilde der Unsterblichen samt ihrer Freihändler sind ausfindig gemacht und unsere Truppe wird etwas größer. Damals war das für mich eine einfache Geschichte, die einzig und allein just diesem Zweck diente. Dass wir zum ersten Mal jemanden kennen lernten, der uns wohl noch so einige Male beglücken sollte, konnten die geneigten Lesenden seinerzeit noch nicht wissen. Der Auftritt unseres größten aller großen Meister am Ende? Naja, wer derart gut und edel ist, siegt so manches Mal von ganz alleine.
Unser weiser Topsider hat mir mal wieder bewiesen, dass man das liest, was man lesen will und nicht das, was tatsächlich geschrieben steht. Für mich hieß der Kerl in den ersten zwei Dritteln des Romanes wirklich Susymat...

Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- RBB
- Beiträge: 868
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 17 Mal
- Danksagung erhalten: 49 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1425 - Eine Fälle für die Cantaro ist von H.G. Francis, erschienen am 12.12.1988
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Nun gut, wenn Gucky ehrlich zu sich selber war, musste er feststellten, dass Geduld nicht zwingend zu seinen persönlichen Stärken gehörte. Er betrachtete sich eher als den Macher, der sich mitten ins Gewühl stürzte. Das hier war mal eine Ausnahme. Man muss sich eben auch mal Ruhe gönnen, dachte er, betrachtete sein Gegenüber und ärgerte sich schon wieder, dass ihm seine telepathischen Sinne abhandengekommen waren.
Reg dich nicht auf, sagte er sich, du wolltest hier sowieso nicht in anderer Leute Köpfe spionieren. Also betrachte es als heilsame Übung.
Wenn er sich allerdings das Gesicht seiner neuen Freundin so ansah, hätte er schon gerne gewusst, was diese so umtrieb. Du hast doch noch mehr zu tun, als nur hier rumzuhängen, ging es ihm durch den Kopf und er hätte an dieser Stelle sicherlich mit seinen guten Vorsätzen gebrochen. Sicherlich war sie sehr interessiert an seinen Schilderungen - wer würde denn so einem lebenden Geschichtsbuch nicht zuhören? Tatsache war, dass er immer noch so gut wie nichts von ihr und dieser Welt hier wusste. Eigentlich hing er hier fest. Gut, er brauchte nur weg zu teleportieren. Warum tat er das eigentlich nicht? Spielte da schon wieder wer mit ihm?
Machen wir doch mal einen Test. "He, Robot, komm mal her. Ich habe Hunger."
Der klobige Kerl aus alter Zeit kam hinter einer Böschung hervor, baute sich vor Gucky auf, verneigte sich und sagte: "Sehr wohl, Sir. Was kann ich für Sie tun?"
"Bring mir eine Gemüseplatte mit frischen Gemüsen aus den Randwelten von Andro - Beta", sagte Gucky, wohl wissend, dass das damals auf dem angeblichen CREST - Beiboot geklappt hatte. Jetzt war er neugierig, was passierte. Er merkte, dass Lee dieser Szenerie aufmerksam folgte.
"Sehr wohl, Sir", meinte der Robot. "Eine Gemüseplatte mit frischen Gemüsen aus Andro - Beta." Er verneigte sich um stapfte davon, verfolgt von den Blicken seines äußerst misstrauischen Auftraggebers. Er verschwand hinter dem Gestrüpp, nur um kurze Zeit später mit einer großen Platte voller Gemüse wiederzukommen. "Ihre Gemüseplatte, Sir", sagte die Maschine, verbeugte sich erneut und verschwand wieder.
Gucky sah sich das Gebrachte an. Es stimmte in seiner Erinnerung mit dem Gemüse aus dem damaligen Erlebnis überein. Wusste ich doch, dass hier etwas nicht stimmt, dachte er und giftete seine neue Freundin an. Wobei er nicht mehr so sicher war, ob sie tatsächlich seine Freundin war. "So, mein Herzblatt. Du erklärst mir jetzt auf der Stelle, was hier gespielt wird."
"Nur Geduld!" Sie strahlte den Ilt an. "Auch wenn du das nicht für meine Stärke hältst. Deine ist es aber wohl auch nicht." Ihrem Gesichtsausdruck und ihrer Gestik nach war sie die Freundlichkeit in Person in Person, stellte Gucky für sich selber fest. Ihre Sprüche waren gleichwohl ein klein wenig ironisch. "Schade, wenn man ausgerechnet jetzt keine Gedanken lesen kann, was? Da muss man sich doch glatt mal rechtschaffen und ehrlich durch Leben zwängen. Aber keine Sorge, die Auflösung kommt noch. Warte noch ein wenig ab."
Gucky grummelte, murmelte etwas von Veräppeln, beruhigte sich aber wieder, als Lee ihn im Nacken kraulte.
"Gehst du mit mir zurück zu deiner Geschichte? Ich würde jetzt darauf wetten, dass es nicht mit eurem Club der Unsterblichen weitergeht, sondern mit diesen ausgesetzten Drakisten. Wir dürfen ja nicht zu früh fertig werden."
"Genau so isses. Sonst war die Story ja nach 50 statt nach 100 Abschnitten schon fertig. Das geht ja nun mal gar nicht." Gucky lehnte sich zurück.
"Von diesem Planeten hat man vorher sicherlich auch nicht allzu viel gehört", meinte Lee nach dem Ende von Guckys Erzählung. "Da lebe ich aber lieber hier. Die Totalüberwachung mit den sinnentstellenden Pfad - Bezeichnungen erinnern mich an einen Uralt-Schmöker, den ich mal gelesen habe. Wie hieß der noch? Der Titel war irgendeine Jahreszahl."
"1984", entgegnete Gucky. "Der gehört trotz seines Alters für Extremisten zur Pflichtlektüre. Wer den einmal gelesen hat, vergisst ihn nicht. Totalkontrolle, Neusprech und Minilieb. Das war das Ministerium für Liebe. Da wurden die schlimmsten Folterer untergebracht. Oder Miniwahr. Das Ministerium für Wahrheit. Hier hat man sich die Wirklichkeit so gestrickt, wie man sie haben wollte. Alles andere wurde negiert und beiseitegeschafft. Freiheit gab es nicht, noch nicht mal ansatzweise. Dabei ist Freiheit das, was wirklich zählt."
"Da hast du Recht", sagte Lee. "Man lebt doch eigentlich viel zu sehr in den Tag hinein und darf sie nie als selbstverständlich hinnehmen. Letztlich ist es ein ständiger Kampf, auch um Gerechtigkeit."***
"Wem sagte du das, meine Liebe", flüsterte Gucky. "Wem sagst du das."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Das Gedächtnis ist ein seltsames Ding. Ich habe von diesem Roman garantiert 33 Jahre nichts gehört und nichts gesehen, der gehörte zu den noch fehlenden und ich habe ihn erst kürzlich als Ebook erworben. Aber ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, als hätte ich ihn grade erst gelesen. Diese ganze Story mit dem Verbrecherplaneten ist mir sowas von präsent. Alle anderen Romane waren (fast) Neuland für mich. Der nicht. Warum? Eine Antwort hierzu habe ich nicht.
Davon abgesehen war der Band zweigeteilt. Zum einen die Geschichte mit Choca und dem Pfad und zum anderen die Warterei auf den Cantaro. Die erste Hälfte kam bei mir gut an (deswegen habe ich sie wohl auch in Erinnerung behalten), die zweite Hälfte eher nicht. Aber immerhin: So ganz langsam aber sicher scheint der Zyklus in die Gänge zu kommen. Die Vorgeschichte ist erzählt, nun kann es losgehen. Wurde auch Zeit. Den Roman bewerte ich mit einer durchschnittlichen drei (50% zwei, 50% vier).
Und der Rest? Ist wie immer oder zumindest meistens. Irgendwer hat über Jahre oder Jahrhunderte etwas aufgebaut und dann kommt Perry Rhodan und kapert die ganze Chose. Und von dem Rest redet kein Mensch mehr. Mal sehen, ob das hier genauso sein wird.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Nun gut, wenn Gucky ehrlich zu sich selber war, musste er feststellten, dass Geduld nicht zwingend zu seinen persönlichen Stärken gehörte. Er betrachtete sich eher als den Macher, der sich mitten ins Gewühl stürzte. Das hier war mal eine Ausnahme. Man muss sich eben auch mal Ruhe gönnen, dachte er, betrachtete sein Gegenüber und ärgerte sich schon wieder, dass ihm seine telepathischen Sinne abhandengekommen waren.
Reg dich nicht auf, sagte er sich, du wolltest hier sowieso nicht in anderer Leute Köpfe spionieren. Also betrachte es als heilsame Übung.
Wenn er sich allerdings das Gesicht seiner neuen Freundin so ansah, hätte er schon gerne gewusst, was diese so umtrieb. Du hast doch noch mehr zu tun, als nur hier rumzuhängen, ging es ihm durch den Kopf und er hätte an dieser Stelle sicherlich mit seinen guten Vorsätzen gebrochen. Sicherlich war sie sehr interessiert an seinen Schilderungen - wer würde denn so einem lebenden Geschichtsbuch nicht zuhören? Tatsache war, dass er immer noch so gut wie nichts von ihr und dieser Welt hier wusste. Eigentlich hing er hier fest. Gut, er brauchte nur weg zu teleportieren. Warum tat er das eigentlich nicht? Spielte da schon wieder wer mit ihm?
Machen wir doch mal einen Test. "He, Robot, komm mal her. Ich habe Hunger."
Der klobige Kerl aus alter Zeit kam hinter einer Böschung hervor, baute sich vor Gucky auf, verneigte sich und sagte: "Sehr wohl, Sir. Was kann ich für Sie tun?"
"Bring mir eine Gemüseplatte mit frischen Gemüsen aus den Randwelten von Andro - Beta", sagte Gucky, wohl wissend, dass das damals auf dem angeblichen CREST - Beiboot geklappt hatte. Jetzt war er neugierig, was passierte. Er merkte, dass Lee dieser Szenerie aufmerksam folgte.
"Sehr wohl, Sir", meinte der Robot. "Eine Gemüseplatte mit frischen Gemüsen aus Andro - Beta." Er verneigte sich um stapfte davon, verfolgt von den Blicken seines äußerst misstrauischen Auftraggebers. Er verschwand hinter dem Gestrüpp, nur um kurze Zeit später mit einer großen Platte voller Gemüse wiederzukommen. "Ihre Gemüseplatte, Sir", sagte die Maschine, verbeugte sich erneut und verschwand wieder.
Gucky sah sich das Gebrachte an. Es stimmte in seiner Erinnerung mit dem Gemüse aus dem damaligen Erlebnis überein. Wusste ich doch, dass hier etwas nicht stimmt, dachte er und giftete seine neue Freundin an. Wobei er nicht mehr so sicher war, ob sie tatsächlich seine Freundin war. "So, mein Herzblatt. Du erklärst mir jetzt auf der Stelle, was hier gespielt wird."
"Nur Geduld!" Sie strahlte den Ilt an. "Auch wenn du das nicht für meine Stärke hältst. Deine ist es aber wohl auch nicht." Ihrem Gesichtsausdruck und ihrer Gestik nach war sie die Freundlichkeit in Person in Person, stellte Gucky für sich selber fest. Ihre Sprüche waren gleichwohl ein klein wenig ironisch. "Schade, wenn man ausgerechnet jetzt keine Gedanken lesen kann, was? Da muss man sich doch glatt mal rechtschaffen und ehrlich durch Leben zwängen. Aber keine Sorge, die Auflösung kommt noch. Warte noch ein wenig ab."
Gucky grummelte, murmelte etwas von Veräppeln, beruhigte sich aber wieder, als Lee ihn im Nacken kraulte.
"Gehst du mit mir zurück zu deiner Geschichte? Ich würde jetzt darauf wetten, dass es nicht mit eurem Club der Unsterblichen weitergeht, sondern mit diesen ausgesetzten Drakisten. Wir dürfen ja nicht zu früh fertig werden."
"Genau so isses. Sonst war die Story ja nach 50 statt nach 100 Abschnitten schon fertig. Das geht ja nun mal gar nicht." Gucky lehnte sich zurück.
"Von diesem Planeten hat man vorher sicherlich auch nicht allzu viel gehört", meinte Lee nach dem Ende von Guckys Erzählung. "Da lebe ich aber lieber hier. Die Totalüberwachung mit den sinnentstellenden Pfad - Bezeichnungen erinnern mich an einen Uralt-Schmöker, den ich mal gelesen habe. Wie hieß der noch? Der Titel war irgendeine Jahreszahl."
"1984", entgegnete Gucky. "Der gehört trotz seines Alters für Extremisten zur Pflichtlektüre. Wer den einmal gelesen hat, vergisst ihn nicht. Totalkontrolle, Neusprech und Minilieb. Das war das Ministerium für Liebe. Da wurden die schlimmsten Folterer untergebracht. Oder Miniwahr. Das Ministerium für Wahrheit. Hier hat man sich die Wirklichkeit so gestrickt, wie man sie haben wollte. Alles andere wurde negiert und beiseitegeschafft. Freiheit gab es nicht, noch nicht mal ansatzweise. Dabei ist Freiheit das, was wirklich zählt."
"Da hast du Recht", sagte Lee. "Man lebt doch eigentlich viel zu sehr in den Tag hinein und darf sie nie als selbstverständlich hinnehmen. Letztlich ist es ein ständiger Kampf, auch um Gerechtigkeit."***
"Wem sagte du das, meine Liebe", flüsterte Gucky. "Wem sagst du das."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Das Gedächtnis ist ein seltsames Ding. Ich habe von diesem Roman garantiert 33 Jahre nichts gehört und nichts gesehen, der gehörte zu den noch fehlenden und ich habe ihn erst kürzlich als Ebook erworben. Aber ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, als hätte ich ihn grade erst gelesen. Diese ganze Story mit dem Verbrecherplaneten ist mir sowas von präsent. Alle anderen Romane waren (fast) Neuland für mich. Der nicht. Warum? Eine Antwort hierzu habe ich nicht.



Davon abgesehen war der Band zweigeteilt. Zum einen die Geschichte mit Choca und dem Pfad und zum anderen die Warterei auf den Cantaro. Die erste Hälfte kam bei mir gut an (deswegen habe ich sie wohl auch in Erinnerung behalten), die zweite Hälfte eher nicht. Aber immerhin: So ganz langsam aber sicher scheint der Zyklus in die Gänge zu kommen. Die Vorgeschichte ist erzählt, nun kann es losgehen. Wurde auch Zeit. Den Roman bewerte ich mit einer durchschnittlichen drei (50% zwei, 50% vier).
Und der Rest? Ist wie immer oder zumindest meistens. Irgendwer hat über Jahre oder Jahrhunderte etwas aufgebaut und dann kommt Perry Rhodan und kapert die ganze Chose. Und von dem Rest redet kein Mensch mehr. Mal sehen, ob das hier genauso sein wird.
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- RBB
- Beiträge: 868
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 17 Mal
- Danksagung erhalten: 49 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
***
Die Wahrheit als Kampf...
Als ich das vor etwas mehr als zwei Jahren schrieb, war ich mit meinen Gedanken irgendwo, aber nicht im aktuellen RL. Das soll jetzt hier auch kein politisches Lamento werden, das gehört woanders hin. Aber passt auf euch auf, geht in ein paar Wochen wählen und achtet bitte darauf, wo ihr eure Kreuze macht.
Ein Thema, an das ich damals dachte, erinnere ich mich, war, dass das Zwiegespräch unserer Beiden nicht so bis Band 1499 weitergehen konnte. Ich hatte einen ziemlichen Hänger, bis ich eines Morgens nach dem Aufstehen die Lösung parat hatte.
Die Wahrheit als Kampf...
Als ich das vor etwas mehr als zwei Jahren schrieb, war ich mit meinen Gedanken irgendwo, aber nicht im aktuellen RL. Das soll jetzt hier auch kein politisches Lamento werden, das gehört woanders hin. Aber passt auf euch auf, geht in ein paar Wochen wählen und achtet bitte darauf, wo ihr eure Kreuze macht.
Ein Thema, an das ich damals dachte, erinnere ich mich, war, dass das Zwiegespräch unserer Beiden nicht so bis Band 1499 weitergehen konnte. Ich hatte einen ziemlichen Hänger, bis ich eines Morgens nach dem Aufstehen die Lösung parat hatte.
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- RBB
- Beiträge: 868
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 17 Mal
- Danksagung erhalten: 49 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1426 - Daarshol, der Cantaro ist von Peter Griese, erschienen am 19.12.1988
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile über Freiheit und Unfreiheit. Über Diktatoren und Präsidenten, üble und gute Herrscher sprachen sie. Gucky grub sein Wissen über verrückte arkondische Imperatoren aus und sprach über Fufulgon II, genannte der Irre. Zweiundzwanzig Jahre sammelte er Kieselsteine, die Jahrtausende später noch in einem Museum zu sehen waren. Absolut durchgeknallte Regierungsobere aus der präatomaren Ära Terras waren Thema, genauso wie der Jahrzehntausende überdauernde Terror der MdI.
"Dergleichen darf nie mehr passieren", schloss Gucky diesen Diskurs ab. "Wobei die Gefahr, dass man als ZAC - Trägernach nach Jahrhunderten einen in der Klatsche hat, durchaus real ist. Es ist dann besser, wenn stets und ständig irgendwo etwas im Argen liegt. Da darf man sich in Folge drum kümmern und kommt nicht auf dumme Gedanken."
"Und wenn gar nichts mehr zu tun ist, gibt es ja immer noch dich. Im Zweifelsfall stellst du genug Unsinn an, den deine Freunde dann wieder wegräumen dürfen. Das kann ich mir so richtig vorstellen.“
Gucky baute sich empört zu seiner vollen Größe von einem Meter irgendwas auf. "Ich stelle keinen Unsinn an", dozierte er. "Ich muss immer auf alle aufpassen und den Laden zusammenhalten. Nebenbei gilt es auf zahllosen Einsätzen immer wieder darum, das Universum zu retten. Wie du im Übrigen jetzt hören wirst."
"Noch Fragen?" Gucky strahlte seine Begleiterin an.
"Schon zu Ende?" Lee war entsetzt. "Jetzt wird es doch erst richtig interessant. Wer war das, wie funktionieren diese Cantaro, in wieweit beherrschten sie die Milchstraße und überhaupt: Wieso brauchten die eigentlich einen Informationshändler? Ich meine, man geht zu einem Rechner, fragt ihn etwas und erhält eine zumeist erschöpfende Antwort. Waren diese Kerle doch nicht so toll?"
"Fragen eins bis 98 - Abwarten und in Geduld üben. Kommt alles noch. Zum Informationshandel: Die Milchstraße war abgeschottet. Wie es darinnen aussah, wussten wir nicht. Tatsache schien aber zu sein, dass man da drinnen wohl doch nicht alles über draußen wusste. Deswegen wandte man sich an einen dieser Informationshändler, die mit einigermaßen verlässlichem Material aufwarten konnten. Das war deren Broterwerb und sie konnten es sich nicht leisten, selbstgestricktes blödes Zeug von sich zu geben. Dass aber tatsächlich jemand unterwegs war, um sich für die Geschehnisse außerhalb des Walls zu interessieren, verriet uns, dass sie vielleicht doch nicht zu überlegen waren, wie man bisher allgemein annahm."
Gucky hörte Schritte. Er drehte sich um und sah den untersetzten, rothaarigen Terraner auf ihn und Lee zukommen. "Hier ist dein kleiner Chef, um aufzupassen, dass du nicht zu viel Blödsinn schwafelst", sagte Reginald Bull.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
An den Roman selber erinnere ich mich nicht mehr, gleichwohl aber daran, dass endlich mal ein Cantaro in Person auftaucht. Natürlich erfuhren wir nichts, was mich endlos nervte, zumal wir im nächsten Band natürlich in andere Richtungen schauten.
PG's Roman ließ sich gut lesen. Mit Daarshol wurde uns eine Person vorgestellt, die nicht so ganz einfach zu handhaben war. Der Cantaro war den anderen einfach über, sogar Gucky kam nicht weiter. Das wollte was heißen. Ohne Icho Tolot hätte man den Kerl nicht dingfest machen können.
PG schreibt den Roman teilweise aus der Perspektive Daarshols. Es ist interessant, zu lesen, wie der Cantaro sich stellenweise köstlich über die Bemühungen unserer Freunde amüsiert. Ohne es zu wissen, gehe ich einfach mal davon aus, dass dessen Geschichte noch nicht zu Ende erzählt wurde. Und: Pedrass Foch. Damals war er für mich nur ein einfacher Drakist. Er gehört aber zu den Personen, über die sogar bei mir etwas hängengeblieben ist. Ich bin neugierig, wie sich dessen weiteres Verhalten auswirken wird.
Aber ohne dem guten PG zu nahe zu treten: Ich stelle mir grade vor, der leider viel zu früh verstorbene William Voltz hätte diesen Band geschrieben und uns Darshool vorgestellt. Hätten wir einen Band á la "Ein Gigant erwacht" erhalten?

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile über Freiheit und Unfreiheit. Über Diktatoren und Präsidenten, üble und gute Herrscher sprachen sie. Gucky grub sein Wissen über verrückte arkondische Imperatoren aus und sprach über Fufulgon II, genannte der Irre. Zweiundzwanzig Jahre sammelte er Kieselsteine, die Jahrtausende später noch in einem Museum zu sehen waren. Absolut durchgeknallte Regierungsobere aus der präatomaren Ära Terras waren Thema, genauso wie der Jahrzehntausende überdauernde Terror der MdI.
"Dergleichen darf nie mehr passieren", schloss Gucky diesen Diskurs ab. "Wobei die Gefahr, dass man als ZAC - Trägernach nach Jahrhunderten einen in der Klatsche hat, durchaus real ist. Es ist dann besser, wenn stets und ständig irgendwo etwas im Argen liegt. Da darf man sich in Folge drum kümmern und kommt nicht auf dumme Gedanken."
"Und wenn gar nichts mehr zu tun ist, gibt es ja immer noch dich. Im Zweifelsfall stellst du genug Unsinn an, den deine Freunde dann wieder wegräumen dürfen. Das kann ich mir so richtig vorstellen.“
Gucky baute sich empört zu seiner vollen Größe von einem Meter irgendwas auf. "Ich stelle keinen Unsinn an", dozierte er. "Ich muss immer auf alle aufpassen und den Laden zusammenhalten. Nebenbei gilt es auf zahllosen Einsätzen immer wieder darum, das Universum zu retten. Wie du im Übrigen jetzt hören wirst."
"Noch Fragen?" Gucky strahlte seine Begleiterin an.
"Schon zu Ende?" Lee war entsetzt. "Jetzt wird es doch erst richtig interessant. Wer war das, wie funktionieren diese Cantaro, in wieweit beherrschten sie die Milchstraße und überhaupt: Wieso brauchten die eigentlich einen Informationshändler? Ich meine, man geht zu einem Rechner, fragt ihn etwas und erhält eine zumeist erschöpfende Antwort. Waren diese Kerle doch nicht so toll?"
"Fragen eins bis 98 - Abwarten und in Geduld üben. Kommt alles noch. Zum Informationshandel: Die Milchstraße war abgeschottet. Wie es darinnen aussah, wussten wir nicht. Tatsache schien aber zu sein, dass man da drinnen wohl doch nicht alles über draußen wusste. Deswegen wandte man sich an einen dieser Informationshändler, die mit einigermaßen verlässlichem Material aufwarten konnten. Das war deren Broterwerb und sie konnten es sich nicht leisten, selbstgestricktes blödes Zeug von sich zu geben. Dass aber tatsächlich jemand unterwegs war, um sich für die Geschehnisse außerhalb des Walls zu interessieren, verriet uns, dass sie vielleicht doch nicht zu überlegen waren, wie man bisher allgemein annahm."
Gucky hörte Schritte. Er drehte sich um und sah den untersetzten, rothaarigen Terraner auf ihn und Lee zukommen. "Hier ist dein kleiner Chef, um aufzupassen, dass du nicht zu viel Blödsinn schwafelst", sagte Reginald Bull.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
An den Roman selber erinnere ich mich nicht mehr, gleichwohl aber daran, dass endlich mal ein Cantaro in Person auftaucht. Natürlich erfuhren wir nichts, was mich endlos nervte, zumal wir im nächsten Band natürlich in andere Richtungen schauten.
PG's Roman ließ sich gut lesen. Mit Daarshol wurde uns eine Person vorgestellt, die nicht so ganz einfach zu handhaben war. Der Cantaro war den anderen einfach über, sogar Gucky kam nicht weiter. Das wollte was heißen. Ohne Icho Tolot hätte man den Kerl nicht dingfest machen können.
PG schreibt den Roman teilweise aus der Perspektive Daarshols. Es ist interessant, zu lesen, wie der Cantaro sich stellenweise köstlich über die Bemühungen unserer Freunde amüsiert. Ohne es zu wissen, gehe ich einfach mal davon aus, dass dessen Geschichte noch nicht zu Ende erzählt wurde. Und: Pedrass Foch. Damals war er für mich nur ein einfacher Drakist. Er gehört aber zu den Personen, über die sogar bei mir etwas hängengeblieben ist. Ich bin neugierig, wie sich dessen weiteres Verhalten auswirken wird.
Aber ohne dem guten PG zu nahe zu treten: Ich stelle mir grade vor, der leider viel zu früh verstorbene William Voltz hätte diesen Band geschrieben und uns Darshool vorgestellt. Hätten wir einen Band á la "Ein Gigant erwacht" erhalten?


Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- RBB
- Beiträge: 868
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 17 Mal
- Danksagung erhalten: 49 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1427 - Die Reise nach Ardustaar - ist von Marianne Sydow, erschienen am 27.12.1988
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Lee blieb wie angewurzelt stehen und sah den untersetzten Rothaarigen an. Ausgerechnet Reginald Bull, dachte sie. Von den Großen Dreien musste es ausgerechnet der sein.
Bewegen konnte sie sich nicht. Verdammte Panik - Attacke! Hätte es nicht Atlan sein können? Du meine Güte, was hätte der mir alles erzählen können. Ich hätte natürlich Unmengen über das alte England erfahren. Aus erster Hand. London. Der Tower. Die beiden ersten Elizabeths. Oder Henry VIII. Wobei sie davon ausging, dass sie bei einem Treffen mit dem ollen Henry keinesfalls den Kürzeren gezogen hätte. Eher wäre der auf dem Schaffot gelandet. Atlan. Lange Gespräche mit Rotwein und...
Nein. Sie wusste um ihr Aussehen und ihr war klar, wie sie auf Männer wirkte. Das hatte dazu geführt, dass sie eine Art mentalen Schutzschirm um sich aufgebaut hatte. Damit schien sie bei Leuten, die sie nicht kannten, ziemlich verschlossen. Hätte sie bei Atlan auch dicht gemacht? Oder hätte sie von diesem Treffen noch ihren Urenkeln erzählen können? Nun, diese Frage stellt sich nicht, da steht ja jemand anderes.
Oder was wäre mit Perry Rhodan höchstdaselbst? Nein, der eher nicht. Der schien ihr zu abgehoben, zu kosmisch. Natürlich wäre Rhodan ebenso wie Atlan mit Sicherheit äußerst höflich und freundlich mit ihr umgegangen. Aber sie wusste zum Beispiel nicht, was sie ihn hätte fragen sollen. Nein, zu mehr als einer Tasse Kaffee würde es nicht reichen. Das musste schon jemand sein, mit dem sie sich an die Theke von Billy McGuyers "Singendem Ochsen" stellen konnte.
Wobei wir wieder bei unserem Neuankömmling sind, dachte sie. Ausgerechnet Reginald Bull, den ich als kleines Mädchen schon so sehr verehrt hatte. Bereits als Sechsjährige hatte sie sich ausgemalt, wie es wohl sei, auf ihn zu treffen. Und jetzt stand der da und sah sie an. Jetzt steh hier nicht so rum wie ein Stück Holz, blöde Kuh. Geh auf ihn zu und begrüße ihn. Der beißt ja nicht. Hoffte sie zumindest.
Sie bewegte sich nicht. Es ging einfach nicht. Ihr Wissen, dass Gucky hinter ihr saß und sich köstlich amüsierte, machte es nicht unbedingt einfacher. Es hieß immer, dass Bull der einzige halbwegs normal gebliebene unter den Unsterblichen sei. Das hatte ihr stets imponiert. Und jetzt steht der da und guckt mich an. Hier, auf Newengland am Ende der Milchstraße. So, dumme Gans. Jetzt geh zu ihm hin, lächle freundlich und gib ihm die Hand. Gucky sah sich das Spiel an und ihm war natürlich klar, dass die eigene Psyche Lee einen Streich spielte. So cool, wie sie tut, ist sie nun doch nicht, ging ihm durch den Kopf. Andererseits, und das wusste er selbstverständlich, wirkte ein Ilt auf Humaniode nun mal nicht wie ein Artgenosse. Obwohl, und auch das musste mal gesagt werden, er eigentlich wesentlich ehrwürdiger war als zum Beispiel ein Perry Rhodan oder ein Reginald Bull. Weil er nun mal älter war als diese Beiden.
Aha, es passiert was. Sie bewegt sich. Langsam, als hätte sie einen Stock verschluckt, taperte Lee auf Bully zu. Gucky sah, dass sie tief Luft holte, allen Mut zusammennahm und hörte sie reden.
"Sir", sprach sie Bully in perfekter Altsprache an und verneigte sich. "Ich fühle mich durch Ihre Anwesenheit sehr geehrt und darf Sie auf Newengland willkommen heißen. Ich..."
Der Rothaarige sah sie an und unterbrach sie. Ziemlich bärbeißig meinte er: "Erzähl nicht so einen Unsinn. Mit Sir bin ich von einem Menschen zum letzten Mal vor einer halben Ewigkeit angeredet worden, also lass das."
"Ja, Sir, äh, ich meine Mr. Bull."
Gucky sah, dass Lee kurz vor dem Umfallen war, hielt sie vorsichtshalber telekinetisch fest und machte dem Spiel ein Ende.
"Darf ich vorstellen?" fragte er. "Die Dame heißt Lee, ist hier auf Newengland Beauftragte für Fremdbesuche und meine neue und gute Freundin. Lee, von diesem Herrn hier dürftest du schon gehört haben. Er heißt Reginald Bull. Mittlerweile ist er übrigens vernünftig geworden. Früher war er das nicht, da durfte er ständig um Lampen kreisen. Manchmal schwebte er auch über einem Suppentopf."
Er teleportierte schnell drei Meter nach links, als er sah, dass Bully einen Ast nach ihm werfen wollte.
"Irgendwann kriege ich dich", raunzte er den Ilt an. "Mit einer Psi - Falle. Dann versohl ich dir den Hosenboden für jahrhundertelange Frechheiten." Er wandte sich nicht mehr so bärbeißig an Lee. "Seid ihr hier schon länger zu Gange? Wie hältst du das mit dem aus? Das ist ja bewundernswert."
Lee kam langsam aus ihrer Erstarrung heraus. Bevor sie etwas sagen konnte, redete Bull weiter: "Aber davon abgesehen, hat dieser kleine Nervtöter ab und zu einen ganz guten Geschmack und vortreffliche Menschenkenntnis. Und sowieso: Guckys gute Freunde sind auch meine Freunde. Und meine Freunde oder Freundinnen nennen mich nicht Sir oder Mr. Bull, sondern ganz einfach Bully. Und entschuldige bitte, dass ich hier so ohne Vorwarnung aufgetaucht bin." Er ging auf Lee zu und reichte ihr zur Begrüßung die Hand.
"Ja, guten Tag Bully", Lee stotterte noch ein wenig in ihrer Nervosität, aber Bull hatte ihr die Panik abgenommen und sie merkte, dass sie langsam ruhiger wurde. "Ich freue mich, dich persönlich kennenlernen zu dürfen. Damit hätte ich nie gerechnet. Setz dich zu uns. Kann ich dir was Gutes tun?"
"Dem kannst du nichts Gutes tun", fuhr Gucky dazwischen. "Er ist ja grundsätzlich der Meinung, er als Gutmensch wäre für die Anderen das Beste, was ihnen passieren könnte. Da erübrigt sich jede weitere Aktivität."
Reginald Bull sah den Ilt grimmig an. "Wenn ich jetzt könnte, wie ich wöllte", grummelte er und fragte laut: "Was macht ihr hier eigentlich? Rumsitzen und euch die Köpfe zulabern?"
"Wir unterhalten uns über alte Freunde. Die Cantaro. Du erinnerst dich? Die abgeschottete Milchstraße und so?"
"Schon wieder alte Zeiten? Ihr habt nicht zufällig so einen weißhaarigen, alten Mann in einer Ecke rumstehen sehen?"
"Nein, ich bin hier auf Urlaub", antwortete Gucky. "Ich saß sinnierend im Regen, als diese reizende Dame plötzlich neben mir stand. Und zwar, ohne dass ich das bemerkt habe, stell dir das mal vor. Meine Fähigkeiten sind hier eingeschränkt. Das Gedankenlesen klappt auf dieser Einöd - Welt nicht."
"Das freut mich. Euer Hochwohlgeboren dürfen mal eine Weile durchs Leben laufen, wie andere auch. Wie weit seid ihr denn mit eurer Erzählung?"
"Erinnerst du dich an die NARGA SANT?" fragte der Ilt. "Dieses riesengroße Wrack der Kartanin? Hier ist die Geschichte dazu."
"Ich fürchte", meinte Lee, "die Geschichte geht hier auch nicht weiter."
"Völlig richtig, mein Kind," eröffnete ihr Gucky. "Wie heißt es so schön: Wir blenden um nach ganz woanders hin. Man muss doch die Leute bei Laune halten. So zum Beispiel dich."
"Siehst du?" fragte Reginald Bull. "Der Kerl ist einfach nur Sadismus pur. Sein Umfeld muss extrem leidensfähig sein."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Zuerst dachte ich, naja, ein Lückenfüller, um die NARGA SANT zu entsorgen. Ab es hat Spaß gemacht, dem Roman von Marianne Sydow zu lesen. Ich habe sie damals als Bereicherung des Autorenteams empfunden und das meine ich heute immer noch. Sie schreibt gut und hält die Lesenden bei Laune und in der Handlung. Selbst wenn wie mein mir aktuell eine Bronchitis dazwischenkommt und man eine Woche nicht schmökern kann, ist man sofort wieder drin.
Und: Mit der Perle Moto wurde uns ein Bröckchen vorgeworfen, dass neugierig machte. Ein riesengroßer Datenspeicher mit allerlei Geheimnissen. Ja, das war mal was. Was, weiß ich aber nicht mehr und lasse mich überraschen.
Auf der LKS ging es übrigens hoch her: Zum einen waren die Tode von Geoffrey Abel Waringer und Ratber Tostan hochgehandelte Themen (damals war es also auch nicht anders als heute) und dann gab es noch ein ganz heißes Eisen: Sex in Perry Rhodan.

---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Lee blieb wie angewurzelt stehen und sah den untersetzten Rothaarigen an. Ausgerechnet Reginald Bull, dachte sie. Von den Großen Dreien musste es ausgerechnet der sein.
Bewegen konnte sie sich nicht. Verdammte Panik - Attacke! Hätte es nicht Atlan sein können? Du meine Güte, was hätte der mir alles erzählen können. Ich hätte natürlich Unmengen über das alte England erfahren. Aus erster Hand. London. Der Tower. Die beiden ersten Elizabeths. Oder Henry VIII. Wobei sie davon ausging, dass sie bei einem Treffen mit dem ollen Henry keinesfalls den Kürzeren gezogen hätte. Eher wäre der auf dem Schaffot gelandet. Atlan. Lange Gespräche mit Rotwein und...
Nein. Sie wusste um ihr Aussehen und ihr war klar, wie sie auf Männer wirkte. Das hatte dazu geführt, dass sie eine Art mentalen Schutzschirm um sich aufgebaut hatte. Damit schien sie bei Leuten, die sie nicht kannten, ziemlich verschlossen. Hätte sie bei Atlan auch dicht gemacht? Oder hätte sie von diesem Treffen noch ihren Urenkeln erzählen können? Nun, diese Frage stellt sich nicht, da steht ja jemand anderes.
Oder was wäre mit Perry Rhodan höchstdaselbst? Nein, der eher nicht. Der schien ihr zu abgehoben, zu kosmisch. Natürlich wäre Rhodan ebenso wie Atlan mit Sicherheit äußerst höflich und freundlich mit ihr umgegangen. Aber sie wusste zum Beispiel nicht, was sie ihn hätte fragen sollen. Nein, zu mehr als einer Tasse Kaffee würde es nicht reichen. Das musste schon jemand sein, mit dem sie sich an die Theke von Billy McGuyers "Singendem Ochsen" stellen konnte.
Wobei wir wieder bei unserem Neuankömmling sind, dachte sie. Ausgerechnet Reginald Bull, den ich als kleines Mädchen schon so sehr verehrt hatte. Bereits als Sechsjährige hatte sie sich ausgemalt, wie es wohl sei, auf ihn zu treffen. Und jetzt stand der da und sah sie an. Jetzt steh hier nicht so rum wie ein Stück Holz, blöde Kuh. Geh auf ihn zu und begrüße ihn. Der beißt ja nicht. Hoffte sie zumindest.
Sie bewegte sich nicht. Es ging einfach nicht. Ihr Wissen, dass Gucky hinter ihr saß und sich köstlich amüsierte, machte es nicht unbedingt einfacher. Es hieß immer, dass Bull der einzige halbwegs normal gebliebene unter den Unsterblichen sei. Das hatte ihr stets imponiert. Und jetzt steht der da und guckt mich an. Hier, auf Newengland am Ende der Milchstraße. So, dumme Gans. Jetzt geh zu ihm hin, lächle freundlich und gib ihm die Hand. Gucky sah sich das Spiel an und ihm war natürlich klar, dass die eigene Psyche Lee einen Streich spielte. So cool, wie sie tut, ist sie nun doch nicht, ging ihm durch den Kopf. Andererseits, und das wusste er selbstverständlich, wirkte ein Ilt auf Humaniode nun mal nicht wie ein Artgenosse. Obwohl, und auch das musste mal gesagt werden, er eigentlich wesentlich ehrwürdiger war als zum Beispiel ein Perry Rhodan oder ein Reginald Bull. Weil er nun mal älter war als diese Beiden.
Aha, es passiert was. Sie bewegt sich. Langsam, als hätte sie einen Stock verschluckt, taperte Lee auf Bully zu. Gucky sah, dass sie tief Luft holte, allen Mut zusammennahm und hörte sie reden.
"Sir", sprach sie Bully in perfekter Altsprache an und verneigte sich. "Ich fühle mich durch Ihre Anwesenheit sehr geehrt und darf Sie auf Newengland willkommen heißen. Ich..."
Der Rothaarige sah sie an und unterbrach sie. Ziemlich bärbeißig meinte er: "Erzähl nicht so einen Unsinn. Mit Sir bin ich von einem Menschen zum letzten Mal vor einer halben Ewigkeit angeredet worden, also lass das."
"Ja, Sir, äh, ich meine Mr. Bull."
Gucky sah, dass Lee kurz vor dem Umfallen war, hielt sie vorsichtshalber telekinetisch fest und machte dem Spiel ein Ende.
"Darf ich vorstellen?" fragte er. "Die Dame heißt Lee, ist hier auf Newengland Beauftragte für Fremdbesuche und meine neue und gute Freundin. Lee, von diesem Herrn hier dürftest du schon gehört haben. Er heißt Reginald Bull. Mittlerweile ist er übrigens vernünftig geworden. Früher war er das nicht, da durfte er ständig um Lampen kreisen. Manchmal schwebte er auch über einem Suppentopf."
Er teleportierte schnell drei Meter nach links, als er sah, dass Bully einen Ast nach ihm werfen wollte.
"Irgendwann kriege ich dich", raunzte er den Ilt an. "Mit einer Psi - Falle. Dann versohl ich dir den Hosenboden für jahrhundertelange Frechheiten." Er wandte sich nicht mehr so bärbeißig an Lee. "Seid ihr hier schon länger zu Gange? Wie hältst du das mit dem aus? Das ist ja bewundernswert."
Lee kam langsam aus ihrer Erstarrung heraus. Bevor sie etwas sagen konnte, redete Bull weiter: "Aber davon abgesehen, hat dieser kleine Nervtöter ab und zu einen ganz guten Geschmack und vortreffliche Menschenkenntnis. Und sowieso: Guckys gute Freunde sind auch meine Freunde. Und meine Freunde oder Freundinnen nennen mich nicht Sir oder Mr. Bull, sondern ganz einfach Bully. Und entschuldige bitte, dass ich hier so ohne Vorwarnung aufgetaucht bin." Er ging auf Lee zu und reichte ihr zur Begrüßung die Hand.
"Ja, guten Tag Bully", Lee stotterte noch ein wenig in ihrer Nervosität, aber Bull hatte ihr die Panik abgenommen und sie merkte, dass sie langsam ruhiger wurde. "Ich freue mich, dich persönlich kennenlernen zu dürfen. Damit hätte ich nie gerechnet. Setz dich zu uns. Kann ich dir was Gutes tun?"
"Dem kannst du nichts Gutes tun", fuhr Gucky dazwischen. "Er ist ja grundsätzlich der Meinung, er als Gutmensch wäre für die Anderen das Beste, was ihnen passieren könnte. Da erübrigt sich jede weitere Aktivität."
Reginald Bull sah den Ilt grimmig an. "Wenn ich jetzt könnte, wie ich wöllte", grummelte er und fragte laut: "Was macht ihr hier eigentlich? Rumsitzen und euch die Köpfe zulabern?"
"Wir unterhalten uns über alte Freunde. Die Cantaro. Du erinnerst dich? Die abgeschottete Milchstraße und so?"
"Schon wieder alte Zeiten? Ihr habt nicht zufällig so einen weißhaarigen, alten Mann in einer Ecke rumstehen sehen?"
"Nein, ich bin hier auf Urlaub", antwortete Gucky. "Ich saß sinnierend im Regen, als diese reizende Dame plötzlich neben mir stand. Und zwar, ohne dass ich das bemerkt habe, stell dir das mal vor. Meine Fähigkeiten sind hier eingeschränkt. Das Gedankenlesen klappt auf dieser Einöd - Welt nicht."
"Das freut mich. Euer Hochwohlgeboren dürfen mal eine Weile durchs Leben laufen, wie andere auch. Wie weit seid ihr denn mit eurer Erzählung?"
"Erinnerst du dich an die NARGA SANT?" fragte der Ilt. "Dieses riesengroße Wrack der Kartanin? Hier ist die Geschichte dazu."
"Ich fürchte", meinte Lee, "die Geschichte geht hier auch nicht weiter."
"Völlig richtig, mein Kind," eröffnete ihr Gucky. "Wie heißt es so schön: Wir blenden um nach ganz woanders hin. Man muss doch die Leute bei Laune halten. So zum Beispiel dich."
"Siehst du?" fragte Reginald Bull. "Der Kerl ist einfach nur Sadismus pur. Sein Umfeld muss extrem leidensfähig sein."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Zuerst dachte ich, naja, ein Lückenfüller, um die NARGA SANT zu entsorgen. Ab es hat Spaß gemacht, dem Roman von Marianne Sydow zu lesen. Ich habe sie damals als Bereicherung des Autorenteams empfunden und das meine ich heute immer noch. Sie schreibt gut und hält die Lesenden bei Laune und in der Handlung. Selbst wenn wie mein mir aktuell eine Bronchitis dazwischenkommt und man eine Woche nicht schmökern kann, ist man sofort wieder drin.
Und: Mit der Perle Moto wurde uns ein Bröckchen vorgeworfen, dass neugierig machte. Ein riesengroßer Datenspeicher mit allerlei Geheimnissen. Ja, das war mal was. Was, weiß ich aber nicht mehr und lasse mich überraschen.
Auf der LKS ging es übrigens hoch her: Zum einen waren die Tode von Geoffrey Abel Waringer und Ratber Tostan hochgehandelte Themen (damals war es also auch nicht anders als heute) und dann gab es noch ein ganz heißes Eisen: Sex in Perry Rhodan.


Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- RBB
- Beiträge: 868
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 17 Mal
- Danksagung erhalten: 49 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1428 - Wächter der Basis - ist von Robert Feldhoff, erschienen am 02.01.1989
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
"Hiergeblieben", sagte der mit dem Rücken zu Lee sitzende Gucky.
„Ich brauche keine Gedanken zu lesen, um zu wissen, was in dir vorgeht", wurde sie von dem Ilt unterbrochen. "Du fühlst dich zwischen uns Relikten aus ferner Vergangenheit wie das fünfte Rad am Wagen und denkst, du wärest überflüssig. Du siehst und hörst zu, wie wir miteinander umgehen, uns gegenseitig auf die Schüppe nehmen und kannst damit nichts anfangen. Stimmt's?"
"Du scheinst mich ja ziemlich gut zu kennen."
"Quatsch. Ich lebe nur schon ein paar Jährchen unter euresgleichen. Und egal, ob auf Terra, in irgendwelchen weit entfernten Gegenden in fremden Galaxien oder hier am Ende der Milchstraße, lass dir gesagt sein, ihr funktioniert alle gleich. Nein. Ich glaube, du bist für uns wichtig. Ab und zu brauchen wir jemanden, der oder die eine normale Sicht auf die Welt hat und uns erklären kann, wie sie wirklich aussieht. Nehmen wir zum Beispiel mal unseren rothaarigen Freund hier. Oh Kumpel aus alten Tagen: Was willst du eigentlich hier?"
Bull sah die beiden missmutig an.
"Ich brauche Zeit. Brauche Abstand, will nachdenken und mir über das Eine oder andere klar werden. Und da muss ich aus der normalen Tretmühle einfach nur raus. Du hattest mir ja erzählt, wo du hinwolltest und da dachte ich mir, die Idee von dem Kleinen ist gar nicht so verkehrt. Also bin ich hier."
In Lees Blick war die für Newengland eine große, wichtige Frage erkennbar.
"Nein, Lee, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Eure Position bleibt geheim. Gucky und ich wissen davon, klar, weiterhin Perry und Atlan, natürlich ANANSI und selbstverständlich NATHAN. Letzterer aber nur, falls Verteidigungsanstrengungen notwendig sein sollten. Eure Daten sind derart tief vergraben, dass dort außer uns niemand drankommt. Sollten wir alle Vier unabkömmlich sein, würde der Erste Terraner informiert werden. Aber erst dann."
Lee sah Bull freundlich an und sagte: "Ich danke dir. Für uns ist es sehr wichtig, unerkannt zu bleiben. Wir wollen so weiterleben und bleiben, wie wir sind. Wie lange möchtest du auf Newengland sein?"
"Weiß ich noch nicht. Vielleicht länger. Wenn ich darf."
"Dann sei schön brav, Dicker und rege die Leute nicht auf. Die Kneipe ist übrigens da hinten, zwei Kilometer durch den Wald. Da gibt's mit Sicherheit das passende Bier für dich. Davon hätten damals die Wächter der Basis nur träumen können."
"Das war jetzt der Übergang mit dem Holzhammer, was?", wollte Bull wissen.
"Man tut eben, was man kann. Außerdem möchte unsere reizende Begleitung doch wissen, wie die Geschichte weitergeht."
„Und?", fragte Gucky. "Welche Variante hättest du dir ausgesucht? Den Tod? Das Verschwunden sein? Und wenn, aus welchem Blickwinkel?"
"Das ist eine extrem harte Frage und du weißt, dass ich sie nicht beantworten kann. Solche Situationen sucht man sich nicht aus. Ich hätte mit niemandem tauschen wollen, weder mit euren Leuten, noch mit den zurückgebliebenen Angehörigen", antwortete Lee, als sie in Gedanken versunken Reginald Bull anblickte.
Der sah aber aus, als wäre geistig ganz woanders. Die Ellbogen auf den Oberschenkeln abgestützt und abgewinkelt, lag sein Kinn in seinen Händen. Er schaute in weitere Fernen.
"Komm", sagte Gucky. "Diesen Blick kenne ich. Der braucht jetzt Ruhe und muss eine Weile allein sein. Wo können wir hin?"
Lee sah auf ihren Chrono. "Billy hat geöffnet. Wir gehen in den Singenden Ochsen. Zu Billy McGuyer. Diese Richtung." Sie wies nach vorne. "Zwei Kilometer."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ich hatte mich auf diesen Roman von Robert Feldhoff gefreut. Auch er, viel zu früh verstorben, konnte schreiben. Und wie. Sein erster Roman, Band 1328 (Die Harmonie des Todes) ist mir immer noch präsent. Aber genau 100 Romane später kam ich mit Band 1428 nicht klar. Die Personen haben bei mir nicht gezündet und die ganze Handlung auch nicht.
RF hatte die undankbare Aufgabe, die Verhältnisse an Bord der MONOCEROS zu beschreiben. Eben den wochen- und monatelangen Gammeldienst in der Erwartung, dass nichts passiert. Für den einen führte das zu unglücklicher Liebe, der nächste suchte Flucht im Alkohol. Ist für mich alles nachvollziehbar und ich hätte auf diesem Schiff nicht abgemalt sein wollen. Ist mir alles klar.
Nur der Roman hat mich nicht mitgenommen. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr und ich hatte ihn nur noch überflogen, sonst wäre ich nicht mit ihm fertig geworden. Naja: Es werden bessere Romane Roberts folgen.
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
"Hiergeblieben", sagte der mit dem Rücken zu Lee sitzende Gucky.
„Ich brauche keine Gedanken zu lesen, um zu wissen, was in dir vorgeht", wurde sie von dem Ilt unterbrochen. "Du fühlst dich zwischen uns Relikten aus ferner Vergangenheit wie das fünfte Rad am Wagen und denkst, du wärest überflüssig. Du siehst und hörst zu, wie wir miteinander umgehen, uns gegenseitig auf die Schüppe nehmen und kannst damit nichts anfangen. Stimmt's?"
"Du scheinst mich ja ziemlich gut zu kennen."
"Quatsch. Ich lebe nur schon ein paar Jährchen unter euresgleichen. Und egal, ob auf Terra, in irgendwelchen weit entfernten Gegenden in fremden Galaxien oder hier am Ende der Milchstraße, lass dir gesagt sein, ihr funktioniert alle gleich. Nein. Ich glaube, du bist für uns wichtig. Ab und zu brauchen wir jemanden, der oder die eine normale Sicht auf die Welt hat und uns erklären kann, wie sie wirklich aussieht. Nehmen wir zum Beispiel mal unseren rothaarigen Freund hier. Oh Kumpel aus alten Tagen: Was willst du eigentlich hier?"
Bull sah die beiden missmutig an.
"Ich brauche Zeit. Brauche Abstand, will nachdenken und mir über das Eine oder andere klar werden. Und da muss ich aus der normalen Tretmühle einfach nur raus. Du hattest mir ja erzählt, wo du hinwolltest und da dachte ich mir, die Idee von dem Kleinen ist gar nicht so verkehrt. Also bin ich hier."
In Lees Blick war die für Newengland eine große, wichtige Frage erkennbar.
"Nein, Lee, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Eure Position bleibt geheim. Gucky und ich wissen davon, klar, weiterhin Perry und Atlan, natürlich ANANSI und selbstverständlich NATHAN. Letzterer aber nur, falls Verteidigungsanstrengungen notwendig sein sollten. Eure Daten sind derart tief vergraben, dass dort außer uns niemand drankommt. Sollten wir alle Vier unabkömmlich sein, würde der Erste Terraner informiert werden. Aber erst dann."
Lee sah Bull freundlich an und sagte: "Ich danke dir. Für uns ist es sehr wichtig, unerkannt zu bleiben. Wir wollen so weiterleben und bleiben, wie wir sind. Wie lange möchtest du auf Newengland sein?"
"Weiß ich noch nicht. Vielleicht länger. Wenn ich darf."
"Dann sei schön brav, Dicker und rege die Leute nicht auf. Die Kneipe ist übrigens da hinten, zwei Kilometer durch den Wald. Da gibt's mit Sicherheit das passende Bier für dich. Davon hätten damals die Wächter der Basis nur träumen können."
"Das war jetzt der Übergang mit dem Holzhammer, was?", wollte Bull wissen.
"Man tut eben, was man kann. Außerdem möchte unsere reizende Begleitung doch wissen, wie die Geschichte weitergeht."
„Und?", fragte Gucky. "Welche Variante hättest du dir ausgesucht? Den Tod? Das Verschwunden sein? Und wenn, aus welchem Blickwinkel?"
"Das ist eine extrem harte Frage und du weißt, dass ich sie nicht beantworten kann. Solche Situationen sucht man sich nicht aus. Ich hätte mit niemandem tauschen wollen, weder mit euren Leuten, noch mit den zurückgebliebenen Angehörigen", antwortete Lee, als sie in Gedanken versunken Reginald Bull anblickte.
Der sah aber aus, als wäre geistig ganz woanders. Die Ellbogen auf den Oberschenkeln abgestützt und abgewinkelt, lag sein Kinn in seinen Händen. Er schaute in weitere Fernen.
"Komm", sagte Gucky. "Diesen Blick kenne ich. Der braucht jetzt Ruhe und muss eine Weile allein sein. Wo können wir hin?"
Lee sah auf ihren Chrono. "Billy hat geöffnet. Wir gehen in den Singenden Ochsen. Zu Billy McGuyer. Diese Richtung." Sie wies nach vorne. "Zwei Kilometer."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ich hatte mich auf diesen Roman von Robert Feldhoff gefreut. Auch er, viel zu früh verstorben, konnte schreiben. Und wie. Sein erster Roman, Band 1328 (Die Harmonie des Todes) ist mir immer noch präsent. Aber genau 100 Romane später kam ich mit Band 1428 nicht klar. Die Personen haben bei mir nicht gezündet und die ganze Handlung auch nicht.
RF hatte die undankbare Aufgabe, die Verhältnisse an Bord der MONOCEROS zu beschreiben. Eben den wochen- und monatelangen Gammeldienst in der Erwartung, dass nichts passiert. Für den einen führte das zu unglücklicher Liebe, der nächste suchte Flucht im Alkohol. Ist für mich alles nachvollziehbar und ich hätte auf diesem Schiff nicht abgemalt sein wollen. Ist mir alles klar.
Nur der Roman hat mich nicht mitgenommen. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr und ich hatte ihn nur noch überflogen, sonst wäre ich nicht mit ihm fertig geworden. Naja: Es werden bessere Romane Roberts folgen.
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- RBB
- Beiträge: 868
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 17 Mal
- Danksagung erhalten: 49 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1429 - Hamillers Herz - ist von Arndt Ellmer, erschienen am 09.01.1989
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
"Oh!", meinte Lee nach der kurzen Teleportation bis vor den Eingang des "Singenden Ochsen".
"Ja, beim ersten Sprung ist es etwas unangenehm. Das lässt aber nach und irgendwann merkt man es nicht mehr."
Die Beiden standen vor der Tür von Billy McGuyers Pub. Gucky war klar, dass er nach dem Betreten der Kneipe als eine Art achtes Weltwunder im Mittelpunkt stehen würde und alle möglichen Stories zum Besten geben müsste. Aber das kannte er ja. Die Eingeborenen durften entweder bei seinen Cantaro - Erzählungen mitzuhören oder sie ließen es eben bleiben. Nun gut. "Hinein da!" sagte er.
Sie traten ein. Ja, genauso hatte er ein typisch englisches Pub in Erinnerung. Vor Urzeiten hatte Homer ihn mal in so ein Teil hineingeschleppt. Tafeln an den eher in dunklen Tönen tapezierten Wänden. Darauf wurde auf Preise für Essen oder das Dart - Turnier nächste Woche hingewiesen. Tische und Stühle rundherum, aber auch ein paar Sofas und Couchtische ergänzten die Einrichtung. Und natürlich gab es als absoluten Mittelpunkt die Theke mit - Gucky zählte noch - elf Zapfhähnen, aus denen hauptsächlich Bier ohne Ende zu laufen schien. Hinter der Theke an der Wand sah der Ilt ein Wirrwarr aus Flaschen (Best Islay Single Malt Ever), Gläsern und allen möglichen Devotionalien. Er hob sich telekinetisch ein wenig an, damit er auch den unteren Bereich des von der Theke verdeckten Regals sehen konnte. Dort war alles mit Glastüren versehen, hinter denen sich eine Unzahl kleiner Flaschen verschiedenster Art befand: scheinbar unendliche viele Sorten Bier mit Bezeichnungen wie Light Ale, Red Ale, Indian Pale Ale und dergleichen mehr. Daneben gab es zu seinem großen Erstaunen auch nichtalkoholische Getränke wie Orangensaft.
Gut, ging es ihm durch den Kopf. Gucky war nicht unbedingt der Bier Fan. Der hinter der Theke thronende Zweimetermann musste der Wirt, mithin also Billy McGuyer höchstdaselbst sein. Sowohl er als auch die um die Theke herumstehenden Leute begrüßten Lee lautstark, nickten ihm, Gucky, einfach nur zu. Kein Hinstarren, keine Fragen, nichts. Er hörte noch ein Paar Sprüche wie "Pass gut auf den Kleinen auf, damit er hier nicht verloren geht!" mit zugehörigem gutmütigem Gelächter; dann drehten sie sich wieder herum und vertieften sich in ihre Gespräche.
"Na!", meinte der Ilt überrascht. "Das ist mir auch noch nicht passiert. Aber gut." Er watschelte mit Lee im Schlepptau zu dem freien Tisch hinten links in der Ecke.
"Wir nehmen unsere Gäste nun mal so, wie sie kommen", eröffnete ihm Lee. "Wir erhalten zwar ziemlich selten Besuch, aber wenn mal jemand da ist, soll er uns so sehen, wie wir wirklich sind. Ach übrigens: Wenn du etwas zu trinken haben willst, musst du es dir an der Theke holen gehen. Von alleine kriegst du hier nix."
Grade als Gucky murmelte, das wäre aber ein mieser Service in diesem Laden, stand Billy McGuyer höchstpersönlich vor ihnen. Vor Lee stellte er eine dieser seltsamen kleinen Flaschen mit einem höchstwahrscheinlich äußerst obskuren Inhalt ab und Gucky brachte er ein Glas frischen Möhrensaftes. Gucky sah ihn trotzdem misstrauisch an.
"Gehört der zu deinem Standartangebot?" fragte er. "Und was, wenn ich nun einen auf Hafermilch basierten Shake aus Bananen und Quitten hätte haben wollen? Oder besser noch mit Quitten und epsalischen Blaufrüchten? Ganz leicht alkoholisch?"
Billy McGuyer sah mit einem Gesicht auf Gucky herab, als hätte ihm ein Stammgast soeben eröffnet, er wolle ab sofort nur noch Wasser trinken. "Dann hätten euer Hochwohlgeboren einen auf Hafermilch basierten Shake aus Quitten und epsalischen Blaufrüchten, ganz leicht alkoholisch, erhalten. Natürlich alles aus absolut frischen Zutaten!"
"Und wie machst du das?" Gucky konnte seine Neugierde nicht bezähmen. "Hast du eine rechnergesteuerte Mischmaschine unter deine Theke, die dir auf Wunsch alles mit ein paar Aromen zusammenmixt?"
Lee sah sich interessiert Billys Reaktion an. Dessen Kopf hatte sich knallrot gefärbt. Er sagte äußerst pikiert, sowie sehr bestimmt und sehr laut zu Gucky: " Mein Herr! Ich bin Billy McGuyer, der Wirt des Singenden Ochsen. Und das seit 43 Jahren, 7 Monaten und 6 Tagen. Bei mir ist alles echt. Bei meinen Getränken ist alles echt. Noch nie hat jemand einem Billy McGuyer unterstellt, er würde mit Aromen arbeiten. Für meine Gäste mache ich alles. Alles! Sollten euer Hochwohlgeboren das nicht glauben, kann ich den Möhrensaft gerne wieder mitnehmen!"
"Ehrlich'", murmelte er noch. "Mir sowas zu unterstellen. Früher sind Leute wegen wesentlich geringerer Vergehen aufgehangen worden. Sollte man vielleicht mal wieder drüber nachdenken..."
Das war eine der wenigen Situationen in Guckys langem Leben, in denen er nicht wusste, wie er reagieren sollte.
"Entschuldige bitte. Ich war ja nur neugierig, wie du das machst. Ich wollte dir keinesfalls zu nahetreten und deine Kompetenz anzweifeln."
Billy beruhigte sich genauso schnell wieder, wie er sich aufgeregt hatte. "Ist ja gut", meinte er. "Aber merk dir in Billy McGuyers Singendem Ochsen eines: Du darfst alles essen, aber nicht alles wissen." Damit begab er sich zurück hinter seine Theke.
Gucky sah ihm erstaunt hinterher. "Und wie macht der das jetzt? Der kann doch nicht alles Mögliche und Unmögliche hinter seiner Theke stehen haben. Wo kriegt der denn hier frische epsalische Blaufrüchte her? Das geht doch gar nicht."
"Das weiß keiner so genau. Du kannst das seltsamste Zeug bei ihm bestellen, du kriegst alles. Vor Jahren hatten wir mal einen hier, der wollte originalen hessischen Äppelwoi haben. Den hat Billy angeguckt, als hätte er sie nicht mehr alle, weil er seinen selbstgemachten Cider verschmähte. Dann hat er unter seiner Theke ein wenig gekramt und ihm wortlos eine Flasche vor die Nase gestellt."
"Dann seht aber zu, dass er noch lange hält und passt gut auf ihn auf."
"Keine Sorge. Außerdem hat eine Art Auszubildenden: Sieh mal den Langen da hinten, der die leeren Gläser abräumt. Der ist sowas wie sein Gehilfe und wir gehen mal davon aus, dass er nach und nach in Billys Geheimnisse eingeweiht wird. Sonst hätte Thamestown oder zumindest diese Gegend hier irgendwann mal ein akutes Problem."
Gucky ließ das Treiben noch eine Weile auf sich wirken, dann wandte er sich wieder Lee zu. "Sollen wir weitermachen?" fragte er. "Es ist zwar ein wenig laut hier, aber es müsste so grade noch klappen."
Er sah wie Lee auf ihrem Tisch herumfingerte, dann war Ruhe. Ein Aktustikfeld, dachte er. Die sind ja doch nicht so vorsintflutlich, wie ich gedacht habe...
"Dann machen wir mal weiter. Perry hatte da nämlich eine Idee."
"Na?", fragte Gucky. "Zufrieden?"
"Wenn jetzt noch die BASIS zusammengebaut wird, habe ich endlich das Gefühl, es geht mal einen Schritt weiter. Hamiller ist doch später endgültig verrückt geworden, stimmt das?"
"Als die BASIS in die Jahre kam, wurde es ganz schlimm, da hast du Recht. Man baute ihn in eine Riesenpositronik ein, letztlich wurde er aber vernichtet. Womit wir beim Thema KI mit eigenem Verstand wären. Sind die nun Lebewesen gleichzusetzen? Oder nicht? Aber ich denke, das wäre ein Thema, über das wir uns noch in drei Jahren die Köpfe heiß reden würden. Perry hat Hamiller immer mit Payne angesprochen, so als hätte er den echten Payne Hamiller, dem Wissenschaftler, vor sich. Ich bin mir da nie sicher. Für mich war und blieb das ein Blechkasten, der sich an seinen eigenen Geheimnissen ergötzt hat."
Der nachdenkliche Blick des Ilts aus dem Fenster endete und er wandte sich wieder seiner Gesprächspartnerin zu. "Da du sicher wissen willst, wie es weiter geht, müssen wir zurück an die frische Luft. Auf Grund bestimmter Begebenheiten muss dazu jemand anderer seinen Senf mit abgeben. Außerdem muss ich unbedingt nach Bully sehen. Der machte eben keinen besonders guten Eindruck."
Lee machte Billy McGuyer ein Zeichen, der nickte. Dann gab sie Gucky die Hand.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ein locker zu lesender Roman von AE. Es hat mir richtig Spaß gemacht, darin zu schmökern, allemal, als Sato Ambush mit seinen Pararealitäten zu Gange war. Man konnte sich richtig in die Zuschauer - Situation hineinversetzen, den Kopf schütteln und sich selber sagen: Das kapierst du sowieso nie, gib es einfach auf.
Vor einem Jahr hätte ich kritisierend gefragt, ob es denn sein musste, dass der Chef der Feliden einfach so seine eigenen Leute opfert. Aber wenn ich mich aktuell in der Wirklichkeit umschaue...
Die Zyklus - Handlung scheint ganz langsam in eine Richtung zu gehen, in der das Thema "Wir stürmen von außen gegen den Wall" zu Ende geht. Der Weg wird langsam sichtbar: Phönix mit Tekener / Danton (Jennifer T. kommt nicht so ganz bei mir an, das war damals schon so), Waringers Hinterlassenschaft zum Thema Chronopulswall, eine in Bälde rekonstruierte BASIS und einen gefangenen echten Cantaro. Ich fürchte nur, bis wir von dem wieder hören, wird bei dem damals schon vorhandenen Sadismus der Autoren noch etwas dauern.

---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
"Oh!", meinte Lee nach der kurzen Teleportation bis vor den Eingang des "Singenden Ochsen".
"Ja, beim ersten Sprung ist es etwas unangenehm. Das lässt aber nach und irgendwann merkt man es nicht mehr."
Die Beiden standen vor der Tür von Billy McGuyers Pub. Gucky war klar, dass er nach dem Betreten der Kneipe als eine Art achtes Weltwunder im Mittelpunkt stehen würde und alle möglichen Stories zum Besten geben müsste. Aber das kannte er ja. Die Eingeborenen durften entweder bei seinen Cantaro - Erzählungen mitzuhören oder sie ließen es eben bleiben. Nun gut. "Hinein da!" sagte er.
Sie traten ein. Ja, genauso hatte er ein typisch englisches Pub in Erinnerung. Vor Urzeiten hatte Homer ihn mal in so ein Teil hineingeschleppt. Tafeln an den eher in dunklen Tönen tapezierten Wänden. Darauf wurde auf Preise für Essen oder das Dart - Turnier nächste Woche hingewiesen. Tische und Stühle rundherum, aber auch ein paar Sofas und Couchtische ergänzten die Einrichtung. Und natürlich gab es als absoluten Mittelpunkt die Theke mit - Gucky zählte noch - elf Zapfhähnen, aus denen hauptsächlich Bier ohne Ende zu laufen schien. Hinter der Theke an der Wand sah der Ilt ein Wirrwarr aus Flaschen (Best Islay Single Malt Ever), Gläsern und allen möglichen Devotionalien. Er hob sich telekinetisch ein wenig an, damit er auch den unteren Bereich des von der Theke verdeckten Regals sehen konnte. Dort war alles mit Glastüren versehen, hinter denen sich eine Unzahl kleiner Flaschen verschiedenster Art befand: scheinbar unendliche viele Sorten Bier mit Bezeichnungen wie Light Ale, Red Ale, Indian Pale Ale und dergleichen mehr. Daneben gab es zu seinem großen Erstaunen auch nichtalkoholische Getränke wie Orangensaft.
Gut, ging es ihm durch den Kopf. Gucky war nicht unbedingt der Bier Fan. Der hinter der Theke thronende Zweimetermann musste der Wirt, mithin also Billy McGuyer höchstdaselbst sein. Sowohl er als auch die um die Theke herumstehenden Leute begrüßten Lee lautstark, nickten ihm, Gucky, einfach nur zu. Kein Hinstarren, keine Fragen, nichts. Er hörte noch ein Paar Sprüche wie "Pass gut auf den Kleinen auf, damit er hier nicht verloren geht!" mit zugehörigem gutmütigem Gelächter; dann drehten sie sich wieder herum und vertieften sich in ihre Gespräche.
"Na!", meinte der Ilt überrascht. "Das ist mir auch noch nicht passiert. Aber gut." Er watschelte mit Lee im Schlepptau zu dem freien Tisch hinten links in der Ecke.
"Wir nehmen unsere Gäste nun mal so, wie sie kommen", eröffnete ihm Lee. "Wir erhalten zwar ziemlich selten Besuch, aber wenn mal jemand da ist, soll er uns so sehen, wie wir wirklich sind. Ach übrigens: Wenn du etwas zu trinken haben willst, musst du es dir an der Theke holen gehen. Von alleine kriegst du hier nix."
Grade als Gucky murmelte, das wäre aber ein mieser Service in diesem Laden, stand Billy McGuyer höchstpersönlich vor ihnen. Vor Lee stellte er eine dieser seltsamen kleinen Flaschen mit einem höchstwahrscheinlich äußerst obskuren Inhalt ab und Gucky brachte er ein Glas frischen Möhrensaftes. Gucky sah ihn trotzdem misstrauisch an.
"Gehört der zu deinem Standartangebot?" fragte er. "Und was, wenn ich nun einen auf Hafermilch basierten Shake aus Bananen und Quitten hätte haben wollen? Oder besser noch mit Quitten und epsalischen Blaufrüchten? Ganz leicht alkoholisch?"
Billy McGuyer sah mit einem Gesicht auf Gucky herab, als hätte ihm ein Stammgast soeben eröffnet, er wolle ab sofort nur noch Wasser trinken. "Dann hätten euer Hochwohlgeboren einen auf Hafermilch basierten Shake aus Quitten und epsalischen Blaufrüchten, ganz leicht alkoholisch, erhalten. Natürlich alles aus absolut frischen Zutaten!"
"Und wie machst du das?" Gucky konnte seine Neugierde nicht bezähmen. "Hast du eine rechnergesteuerte Mischmaschine unter deine Theke, die dir auf Wunsch alles mit ein paar Aromen zusammenmixt?"
Lee sah sich interessiert Billys Reaktion an. Dessen Kopf hatte sich knallrot gefärbt. Er sagte äußerst pikiert, sowie sehr bestimmt und sehr laut zu Gucky: " Mein Herr! Ich bin Billy McGuyer, der Wirt des Singenden Ochsen. Und das seit 43 Jahren, 7 Monaten und 6 Tagen. Bei mir ist alles echt. Bei meinen Getränken ist alles echt. Noch nie hat jemand einem Billy McGuyer unterstellt, er würde mit Aromen arbeiten. Für meine Gäste mache ich alles. Alles! Sollten euer Hochwohlgeboren das nicht glauben, kann ich den Möhrensaft gerne wieder mitnehmen!"
"Ehrlich'", murmelte er noch. "Mir sowas zu unterstellen. Früher sind Leute wegen wesentlich geringerer Vergehen aufgehangen worden. Sollte man vielleicht mal wieder drüber nachdenken..."
Das war eine der wenigen Situationen in Guckys langem Leben, in denen er nicht wusste, wie er reagieren sollte.
"Entschuldige bitte. Ich war ja nur neugierig, wie du das machst. Ich wollte dir keinesfalls zu nahetreten und deine Kompetenz anzweifeln."
Billy beruhigte sich genauso schnell wieder, wie er sich aufgeregt hatte. "Ist ja gut", meinte er. "Aber merk dir in Billy McGuyers Singendem Ochsen eines: Du darfst alles essen, aber nicht alles wissen." Damit begab er sich zurück hinter seine Theke.
Gucky sah ihm erstaunt hinterher. "Und wie macht der das jetzt? Der kann doch nicht alles Mögliche und Unmögliche hinter seiner Theke stehen haben. Wo kriegt der denn hier frische epsalische Blaufrüchte her? Das geht doch gar nicht."
"Das weiß keiner so genau. Du kannst das seltsamste Zeug bei ihm bestellen, du kriegst alles. Vor Jahren hatten wir mal einen hier, der wollte originalen hessischen Äppelwoi haben. Den hat Billy angeguckt, als hätte er sie nicht mehr alle, weil er seinen selbstgemachten Cider verschmähte. Dann hat er unter seiner Theke ein wenig gekramt und ihm wortlos eine Flasche vor die Nase gestellt."
"Dann seht aber zu, dass er noch lange hält und passt gut auf ihn auf."
"Keine Sorge. Außerdem hat eine Art Auszubildenden: Sieh mal den Langen da hinten, der die leeren Gläser abräumt. Der ist sowas wie sein Gehilfe und wir gehen mal davon aus, dass er nach und nach in Billys Geheimnisse eingeweiht wird. Sonst hätte Thamestown oder zumindest diese Gegend hier irgendwann mal ein akutes Problem."
Gucky ließ das Treiben noch eine Weile auf sich wirken, dann wandte er sich wieder Lee zu. "Sollen wir weitermachen?" fragte er. "Es ist zwar ein wenig laut hier, aber es müsste so grade noch klappen."
Er sah wie Lee auf ihrem Tisch herumfingerte, dann war Ruhe. Ein Aktustikfeld, dachte er. Die sind ja doch nicht so vorsintflutlich, wie ich gedacht habe...
"Dann machen wir mal weiter. Perry hatte da nämlich eine Idee."
"Na?", fragte Gucky. "Zufrieden?"
"Wenn jetzt noch die BASIS zusammengebaut wird, habe ich endlich das Gefühl, es geht mal einen Schritt weiter. Hamiller ist doch später endgültig verrückt geworden, stimmt das?"
"Als die BASIS in die Jahre kam, wurde es ganz schlimm, da hast du Recht. Man baute ihn in eine Riesenpositronik ein, letztlich wurde er aber vernichtet. Womit wir beim Thema KI mit eigenem Verstand wären. Sind die nun Lebewesen gleichzusetzen? Oder nicht? Aber ich denke, das wäre ein Thema, über das wir uns noch in drei Jahren die Köpfe heiß reden würden. Perry hat Hamiller immer mit Payne angesprochen, so als hätte er den echten Payne Hamiller, dem Wissenschaftler, vor sich. Ich bin mir da nie sicher. Für mich war und blieb das ein Blechkasten, der sich an seinen eigenen Geheimnissen ergötzt hat."
Der nachdenkliche Blick des Ilts aus dem Fenster endete und er wandte sich wieder seiner Gesprächspartnerin zu. "Da du sicher wissen willst, wie es weiter geht, müssen wir zurück an die frische Luft. Auf Grund bestimmter Begebenheiten muss dazu jemand anderer seinen Senf mit abgeben. Außerdem muss ich unbedingt nach Bully sehen. Der machte eben keinen besonders guten Eindruck."
Lee machte Billy McGuyer ein Zeichen, der nickte. Dann gab sie Gucky die Hand.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ein locker zu lesender Roman von AE. Es hat mir richtig Spaß gemacht, darin zu schmökern, allemal, als Sato Ambush mit seinen Pararealitäten zu Gange war. Man konnte sich richtig in die Zuschauer - Situation hineinversetzen, den Kopf schütteln und sich selber sagen: Das kapierst du sowieso nie, gib es einfach auf.
Vor einem Jahr hätte ich kritisierend gefragt, ob es denn sein musste, dass der Chef der Feliden einfach so seine eigenen Leute opfert. Aber wenn ich mich aktuell in der Wirklichkeit umschaue...
Die Zyklus - Handlung scheint ganz langsam in eine Richtung zu gehen, in der das Thema "Wir stürmen von außen gegen den Wall" zu Ende geht. Der Weg wird langsam sichtbar: Phönix mit Tekener / Danton (Jennifer T. kommt nicht so ganz bei mir an, das war damals schon so), Waringers Hinterlassenschaft zum Thema Chronopulswall, eine in Bälde rekonstruierte BASIS und einen gefangenen echten Cantaro. Ich fürchte nur, bis wir von dem wieder hören, wird bei dem damals schon vorhandenen Sadismus der Autoren noch etwas dauern.


Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- RBB
- Beiträge: 868
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 17 Mal
- Danksagung erhalten: 49 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1430 - Hamillers Puzzle - ist von Arndt Ellmer, erschienen am 16.01.1989
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Sie rematerialisierten hinter dichtem Gestrüpp, so dass Bull sie nicht sehen konnte. Gucky gab Lee zu verstehen, sie solle ganz leise sein. Sie beobachteten den rothaarigen und untersetzten Mann, der auf einer Liege in der Sonne lag. Die hat er sich sicher aus seinem Schiff besorgt, ging es Gucky durch den Kopf. Obwohl Reginald Bull einen entspannten Eindruck machte, wusste Gucky, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Dazu muss man ihn aber ein paar Tage länger kennen, wusste der Ilt. Es nützte nichts, sie mussten zu ihm hin.
"Du willst mir doch nicht weismachen, dass du die zwei Kilometer von der Kneipe aus zu Fuß gelatscht bist", fuhr Bull den Mausbiber an. Lee sah er zwar, nahm sie aber nicht zu Kenntnis. "Wie lange stehst du schon da und wirfst gierige Blicke auf mich?"
"Sollte ich oder wer auch immer jemals mal gierige Blicke auf dich werfen", fauchte der Ilt zurück, "sollte man diese Person umgehend auf ihren Geisteszustand untersuchen lassen. Geht's noch? Du erklärst mir sofort, was mit dir los ist. Mit dir stimmt doch was nicht. Fliegt mir hinterher und sitzt jetzt hier rum, bläst Trübsal und mufft andere Leute an."
Lee fühlte sich nicht so ganz wohl in ihrer Haut und sah von einem zum anderen. Bei Bull blieb ihr Blick hängen. Vor dem hab ich Respekt gehabt? ging ihr durch den Kopf. Sie sagte: "Ist das immer so mit euch Beiden? Wenn ja, verzichte ich auf den Rest der Geschichte und ihr könnt dahingehen, wo ihr hergekommen seid. Alle Zwei. Entschuldigung, aber ihr habt sie ja nicht mehr alle. Ich dachte, ihr seid Freunde?"
Sowohl Gucky als auch der stämmige Terraner zuckten zusammen. "Naja", meinte Bull. "Das ist erst der Anfang. Du solltest uns mal hören, wenn wir richtig loslegen. Pack zerschlägt sich, Pack verträgt sich. Den Spruch kennst du sicher."
In der Tat. Da könnte ich euch einige aufzählen, dachte sie, sagte aber einfach nur "Ja."
"Aber der Kleine hat Recht. Mir ging es wirklich schon mal besser. Ich habe keine Lust mehr auf den ganzen Kladderadatsch. Ich drehe mich im eigenen Saft und ich komme nie zum Ziel. Ich muss mit mir selber ins Gericht gehen und mir über einiges klar werden. Deshalb bin ich hier. Einfach nur zum Gedanken sortieren. Das ist aber nicht ganz so leicht."
"Wenn du reden willst oder einfach nur die Meinung einer Normalsterblichen von einer Hinterwäldlerwelt hören möchtest, ich bin hier und ich bleibe hier. Ich habe mich Gucky nicht umsonst als die gute Seele von Newengland vorgestellt."
"Ja, das hat sie", bestätigte Gucky, seinen Blick von Bully nach Lee wendend. "Dummerweise bin ich aber der Meinung, dass unsere holde Freundin uns noch irgendwas vorenthält.“ Er sah Lee herausfordernd an.
Lee tat so, als hätte sie nichts gehört.
"Da kannst du eine auf unschuldiges Lämmlein machen. Das nützt dich bei der geballten Kompetenz von Gucky und Reginald Bull nichts. Gar nichts."
Er sah seinen Kumpel aus alten Tagen wieder an. "Hier läuft so ein uralter Roboter herum. So einen hast du vor einiger Zeit auf diesen komischen CREST Beiboot schon mal gesehen. Flöte den mal her und bestell dir einen guten Whisky."
Bully fackelte nicht lange, rief: "Bedienung!" und in der Tat, umgehend kam die angekündigte Maschine angestapft. Klobig, wie sie war, verneigte sie sich vor Bull und sagte mit ihrer mechanischen Stimme: "Was kann ich für Sie tun, Sir?"
"Bring mir eine Falsche Whisky. Und zwar einen Clynelish Costal Highland Single Malt aus der Sonderedition 1992 Destillers Edition. Natürlich aus alter Zeitrechnung."
Der Robot verneigte sich, meinte "Sehr wohl, Sir!" und ging.
"Jetzt wollen wir doch mal sehen", murmelte Bull. Im blieb allerdings der Mund offenstehen, als die Maschine nach einiger Zeit mit einer Flasche und einem Nosingglas auf einem Tablett wieder zurückkam. Er nahm die Flasche, besah sie von allen Seiten, betrachtete das für diese Edition typische rotbräunliche Etikett und öffnete sie. Danach goss er sich etwas in sein Glas und nahm genießerisch den für Clynelish charakteristischen fruchtigen Duft auf. "Teufel auch!", sagte er.
"Siehst du, was ich meine?", fragte Gucky.
"Weißt du, wie lange es her ist, dass ich dieses Gebräu in der Hand hatte? Wo hast du den her?" fuhr er die Maschine an.
Der Robot verneigte sich. "Billy McGuyer, der Wirt des Singenden Ochsen empfiehlt dies an Geschenk des Hauses und lässt ausrichten, er sei stets zu Diensten."
"Dein Billy McSowieso ist nicht zufällig steinalt und trägt einen weißen Rauschebart?"
Der Robot blieb stehen und bewegte sich nicht.
"Das versteht er nicht", erklärte Lee. "Er kann Sachen wie sehr wohl, Sir, sofort Ma'am oder bitteschön von sich geben. Weiterhin wörtlich das, was man ihm mit aufgegeben hat. Er kann Bestellungen entgegennehmen und Entsprechendes servieren. Zu mehr taugt er nicht und mehr versteht er auch nicht."
"Dann werde ich mit diesem McSowieso demnächst ein ernstes Wort reden müssen. Irgendwann mal. Jetzt genießen wir erstmal unseren Götternektar und schieben vorhandene Probleme nach hinten."
Reginald Bull verschwand vorübergehend in anderen Welten. "Es gibt immer das eine oder andere Hausmittelchen, mit dem man ihn wieder auf die Füße stellen kann. Das hier ist natürlich der sonst nicht erreichbare Idealfall", flüsterte Gucky Lee zu.
"Bevor du dich gleich als schottischer Clanchef aus der Steinzeit oder so outest, bin ich untröstlich, aber ich muss dich in die Gegenwart zurückholen. Stell dir vor, du wirst gebraucht."
"Du bist und bleibst ein Sadist!" Bully sah Gucky mit enttäuscht wirkender Miene an. "Worum dreht es sich denn?"
"Du darfst unsere Geschichte weitererzählen. Zumindest teilweise. Du erinnerst dich an das große Puzzle, das Hamiller entwirrte, als er die BASIS zusammensetzte? Ich war da ja stellenweise ein wenig außen vor."
"Ja", antwortete der Angesprochene. "Ich erinnere mich..."
"Du hast ihm das Leben gerettet!" sagte Lee zu Bully. Dieser nickte. "Und wieso beharkt ihr euch dann die halbe Zeit? Muss das denn sein?"
"Das muss sein", antwortete der Terraner. Gucky nickte dazu. "Das ist wie bei einem alten Ehepaar", meinte er zu diesem Thema. "Es könnte sonst langweilig werden. Außerdem braucht der Dicke regelmäßig ein paar warme Worte, sonst bildet er sich zuviel ein."
Lee, die genau hinter Gucky stand, hatte die Nase voll. Da die telepathischen Kräfte des Ilts nicht funktionierten, merkte Gucky nichts. Sie packte den Kleinen an beiden Ohren und fing an, sie herumzudrehen.
"Ich kann auch anders", giftete sie. "Da ich die Hoffnung habe, dass du dich mit deinen telekinetischen Kräften nur auf eine Hand konzentrieren kannst, würde die zweite munter weiterdrehen. Solange, bis Vernunft einkehrt. Und wenn du dich mit meinem anderen Griffel beschäftigst, greift der erste wieder zu. Klar?"
"Ja", jammerte der immer kleiner werdende Gucky. "Ich will auch immer lieb sein!"
Reginald Bull sah sich die Szenerie fassungslos an. "Auf die Idee hätte ich auch selber kommen können. Sieh mal an. Der Aufenthalt hier hat sich schon gelohnt."
"Du benimmst dich auch. Du bist ja noch nicht mal Telekinet. Bei dir wird's noch einfacher. Und wenn du meinst, du wärest mir über, nimm bitte zur Kenntnis, dass ich planetarische Meisterin im Kickboxen bin. Das dürfte reichen."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Auch der zweite Roman im AE-Doppelpack hat mir gefallen. Reginald Bull ist nicht nur Grüßonkel, sondern handelnde Person und seine Sorge um Gucky wird deutlich und greifbar. Man glaubt es ihm aufs Wort, wenn er sagt "Ich bringe den Kerl um, der das getan hat." Ich sah ihm vor meinem geistigen Auge tatsächlich vor dem medizinischen Bereich auf und ab gehen und spürte seine Hilflosigkeit, obwohl diese Passage im Roman nur einen ganz kleinen Abschnitt einnimmt.
Da bleibt sogar ein Perry Rhodan im Hintergrund.
Auch Gucky in Händen des Karaponiden hat mir ausnehmend gut gefallen. Er zeigte keine Angst, obwohl er gemerkt haben musste, dass die Injektionen ihn über kurz oder lang besiegen würden. Stattdessen zeigte er seinem Quälgeist auf, dass er durchaus nicht nur der putzige kleine Kerl ist, als den man ihn optisch wahrnimmt. Bis zum letzten Moment spielt er mit seinem Gegner, obwohl er merkt, dass es mit ihm abwärts geht.
Das Verhältnis der beiden und Bullys Sorge um den Kleinen standen für mich im Vordergrund. Der Rest, Hamillers Probleme mit dem Zusammenbau der BASIS und dergleichen mehr war für mich nur schmückendes Beiwerk.
Und spätestens nach diesem Roman bin ich bei Band 3199. Wenn Reginald Bull auf große Reise geht, ist es angebracht und zwingend notwendig, dass er sich von seinem ältesten Freund, mit dem alles anfing, verabschiedet. Negativ kreuze ich an, und das auch hier sehr deutlich, dass nicht ein Satz zu Gucky geschrieben wurde. Nicht ein Satz.
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Sie rematerialisierten hinter dichtem Gestrüpp, so dass Bull sie nicht sehen konnte. Gucky gab Lee zu verstehen, sie solle ganz leise sein. Sie beobachteten den rothaarigen und untersetzten Mann, der auf einer Liege in der Sonne lag. Die hat er sich sicher aus seinem Schiff besorgt, ging es Gucky durch den Kopf. Obwohl Reginald Bull einen entspannten Eindruck machte, wusste Gucky, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Dazu muss man ihn aber ein paar Tage länger kennen, wusste der Ilt. Es nützte nichts, sie mussten zu ihm hin.
"Du willst mir doch nicht weismachen, dass du die zwei Kilometer von der Kneipe aus zu Fuß gelatscht bist", fuhr Bull den Mausbiber an. Lee sah er zwar, nahm sie aber nicht zu Kenntnis. "Wie lange stehst du schon da und wirfst gierige Blicke auf mich?"
"Sollte ich oder wer auch immer jemals mal gierige Blicke auf dich werfen", fauchte der Ilt zurück, "sollte man diese Person umgehend auf ihren Geisteszustand untersuchen lassen. Geht's noch? Du erklärst mir sofort, was mit dir los ist. Mit dir stimmt doch was nicht. Fliegt mir hinterher und sitzt jetzt hier rum, bläst Trübsal und mufft andere Leute an."
Lee fühlte sich nicht so ganz wohl in ihrer Haut und sah von einem zum anderen. Bei Bull blieb ihr Blick hängen. Vor dem hab ich Respekt gehabt? ging ihr durch den Kopf. Sie sagte: "Ist das immer so mit euch Beiden? Wenn ja, verzichte ich auf den Rest der Geschichte und ihr könnt dahingehen, wo ihr hergekommen seid. Alle Zwei. Entschuldigung, aber ihr habt sie ja nicht mehr alle. Ich dachte, ihr seid Freunde?"
Sowohl Gucky als auch der stämmige Terraner zuckten zusammen. "Naja", meinte Bull. "Das ist erst der Anfang. Du solltest uns mal hören, wenn wir richtig loslegen. Pack zerschlägt sich, Pack verträgt sich. Den Spruch kennst du sicher."
In der Tat. Da könnte ich euch einige aufzählen, dachte sie, sagte aber einfach nur "Ja."
"Aber der Kleine hat Recht. Mir ging es wirklich schon mal besser. Ich habe keine Lust mehr auf den ganzen Kladderadatsch. Ich drehe mich im eigenen Saft und ich komme nie zum Ziel. Ich muss mit mir selber ins Gericht gehen und mir über einiges klar werden. Deshalb bin ich hier. Einfach nur zum Gedanken sortieren. Das ist aber nicht ganz so leicht."
"Wenn du reden willst oder einfach nur die Meinung einer Normalsterblichen von einer Hinterwäldlerwelt hören möchtest, ich bin hier und ich bleibe hier. Ich habe mich Gucky nicht umsonst als die gute Seele von Newengland vorgestellt."
"Ja, das hat sie", bestätigte Gucky, seinen Blick von Bully nach Lee wendend. "Dummerweise bin ich aber der Meinung, dass unsere holde Freundin uns noch irgendwas vorenthält.“ Er sah Lee herausfordernd an.
Lee tat so, als hätte sie nichts gehört.
"Da kannst du eine auf unschuldiges Lämmlein machen. Das nützt dich bei der geballten Kompetenz von Gucky und Reginald Bull nichts. Gar nichts."
Er sah seinen Kumpel aus alten Tagen wieder an. "Hier läuft so ein uralter Roboter herum. So einen hast du vor einiger Zeit auf diesen komischen CREST Beiboot schon mal gesehen. Flöte den mal her und bestell dir einen guten Whisky."
Bully fackelte nicht lange, rief: "Bedienung!" und in der Tat, umgehend kam die angekündigte Maschine angestapft. Klobig, wie sie war, verneigte sie sich vor Bull und sagte mit ihrer mechanischen Stimme: "Was kann ich für Sie tun, Sir?"
"Bring mir eine Falsche Whisky. Und zwar einen Clynelish Costal Highland Single Malt aus der Sonderedition 1992 Destillers Edition. Natürlich aus alter Zeitrechnung."
Der Robot verneigte sich, meinte "Sehr wohl, Sir!" und ging.
"Jetzt wollen wir doch mal sehen", murmelte Bull. Im blieb allerdings der Mund offenstehen, als die Maschine nach einiger Zeit mit einer Flasche und einem Nosingglas auf einem Tablett wieder zurückkam. Er nahm die Flasche, besah sie von allen Seiten, betrachtete das für diese Edition typische rotbräunliche Etikett und öffnete sie. Danach goss er sich etwas in sein Glas und nahm genießerisch den für Clynelish charakteristischen fruchtigen Duft auf. "Teufel auch!", sagte er.
"Siehst du, was ich meine?", fragte Gucky.
"Weißt du, wie lange es her ist, dass ich dieses Gebräu in der Hand hatte? Wo hast du den her?" fuhr er die Maschine an.
Der Robot verneigte sich. "Billy McGuyer, der Wirt des Singenden Ochsen empfiehlt dies an Geschenk des Hauses und lässt ausrichten, er sei stets zu Diensten."
"Dein Billy McSowieso ist nicht zufällig steinalt und trägt einen weißen Rauschebart?"
Der Robot blieb stehen und bewegte sich nicht.
"Das versteht er nicht", erklärte Lee. "Er kann Sachen wie sehr wohl, Sir, sofort Ma'am oder bitteschön von sich geben. Weiterhin wörtlich das, was man ihm mit aufgegeben hat. Er kann Bestellungen entgegennehmen und Entsprechendes servieren. Zu mehr taugt er nicht und mehr versteht er auch nicht."
"Dann werde ich mit diesem McSowieso demnächst ein ernstes Wort reden müssen. Irgendwann mal. Jetzt genießen wir erstmal unseren Götternektar und schieben vorhandene Probleme nach hinten."
Reginald Bull verschwand vorübergehend in anderen Welten. "Es gibt immer das eine oder andere Hausmittelchen, mit dem man ihn wieder auf die Füße stellen kann. Das hier ist natürlich der sonst nicht erreichbare Idealfall", flüsterte Gucky Lee zu.
"Bevor du dich gleich als schottischer Clanchef aus der Steinzeit oder so outest, bin ich untröstlich, aber ich muss dich in die Gegenwart zurückholen. Stell dir vor, du wirst gebraucht."
"Du bist und bleibst ein Sadist!" Bully sah Gucky mit enttäuscht wirkender Miene an. "Worum dreht es sich denn?"
"Du darfst unsere Geschichte weitererzählen. Zumindest teilweise. Du erinnerst dich an das große Puzzle, das Hamiller entwirrte, als er die BASIS zusammensetzte? Ich war da ja stellenweise ein wenig außen vor."
"Ja", antwortete der Angesprochene. "Ich erinnere mich..."
"Du hast ihm das Leben gerettet!" sagte Lee zu Bully. Dieser nickte. "Und wieso beharkt ihr euch dann die halbe Zeit? Muss das denn sein?"
"Das muss sein", antwortete der Terraner. Gucky nickte dazu. "Das ist wie bei einem alten Ehepaar", meinte er zu diesem Thema. "Es könnte sonst langweilig werden. Außerdem braucht der Dicke regelmäßig ein paar warme Worte, sonst bildet er sich zuviel ein."
Lee, die genau hinter Gucky stand, hatte die Nase voll. Da die telepathischen Kräfte des Ilts nicht funktionierten, merkte Gucky nichts. Sie packte den Kleinen an beiden Ohren und fing an, sie herumzudrehen.
"Ich kann auch anders", giftete sie. "Da ich die Hoffnung habe, dass du dich mit deinen telekinetischen Kräften nur auf eine Hand konzentrieren kannst, würde die zweite munter weiterdrehen. Solange, bis Vernunft einkehrt. Und wenn du dich mit meinem anderen Griffel beschäftigst, greift der erste wieder zu. Klar?"
"Ja", jammerte der immer kleiner werdende Gucky. "Ich will auch immer lieb sein!"
Reginald Bull sah sich die Szenerie fassungslos an. "Auf die Idee hätte ich auch selber kommen können. Sieh mal an. Der Aufenthalt hier hat sich schon gelohnt."
"Du benimmst dich auch. Du bist ja noch nicht mal Telekinet. Bei dir wird's noch einfacher. Und wenn du meinst, du wärest mir über, nimm bitte zur Kenntnis, dass ich planetarische Meisterin im Kickboxen bin. Das dürfte reichen."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Auch der zweite Roman im AE-Doppelpack hat mir gefallen. Reginald Bull ist nicht nur Grüßonkel, sondern handelnde Person und seine Sorge um Gucky wird deutlich und greifbar. Man glaubt es ihm aufs Wort, wenn er sagt "Ich bringe den Kerl um, der das getan hat." Ich sah ihm vor meinem geistigen Auge tatsächlich vor dem medizinischen Bereich auf und ab gehen und spürte seine Hilflosigkeit, obwohl diese Passage im Roman nur einen ganz kleinen Abschnitt einnimmt.
Da bleibt sogar ein Perry Rhodan im Hintergrund.
Auch Gucky in Händen des Karaponiden hat mir ausnehmend gut gefallen. Er zeigte keine Angst, obwohl er gemerkt haben musste, dass die Injektionen ihn über kurz oder lang besiegen würden. Stattdessen zeigte er seinem Quälgeist auf, dass er durchaus nicht nur der putzige kleine Kerl ist, als den man ihn optisch wahrnimmt. Bis zum letzten Moment spielt er mit seinem Gegner, obwohl er merkt, dass es mit ihm abwärts geht.
Das Verhältnis der beiden und Bullys Sorge um den Kleinen standen für mich im Vordergrund. Der Rest, Hamillers Probleme mit dem Zusammenbau der BASIS und dergleichen mehr war für mich nur schmückendes Beiwerk.
Und spätestens nach diesem Roman bin ich bei Band 3199. Wenn Reginald Bull auf große Reise geht, ist es angebracht und zwingend notwendig, dass er sich von seinem ältesten Freund, mit dem alles anfing, verabschiedet. Negativ kreuze ich an, und das auch hier sehr deutlich, dass nicht ein Satz zu Gucky geschrieben wurde. Nicht ein Satz.
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- RBB
- Beiträge: 868
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 17 Mal
- Danksagung erhalten: 49 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1431 - Das Humanidrom - ist von H.G. Francis, erschienen am 23.01.1989
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
"Das ging aber jetzt ziemlich schnell, von dem schüchternen Empfang meiner Wenigkeit bis zur prügelandrohenden Furie", meinte Reginald Bull und sah Lee interessiert an. Dabei griemelte er leicht, weil Gucky sich immer noch seine Ohren festhielt.
"Wenigkeit", grummelte Gucky. "Der sollte sich mal im Spiegel ansehen und auf die Waage stellen. Dann würde er nicht so einen Unsinn erzählen."
"Ruhe!" schimpfte Bully in Richtung des Ilts. "Sonst besorge ich eine Waage und stelle dich darauf. Über NATHAN müsste es möglich sein, das Idealgewicht eines Mausbibers herauszukriegen. Dann sehen wir weiter."
Beide beruhigten sich allerdings sehr schnell, als sie sahen, dass Lee plötzlich einen sehr in sich gekehrten Eindruck machen, ganz woanders war und den Tränen nahe zu sein schien. Sie hatte sich inzwischen auf einen großen, längs des Weges liegenden Baumstamm gesetzt und blickte zu Boden. Gucky watschelte zu ihr hin und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
"Hey Mädel", sagte er. "Was ist auf einmal los mit dir? Haben wir was falsch gemacht? Oder können wir was für dich tun?"
"Nein", sagte sie leise. "Es liegt nicht an euch. Das Problem bin ich und ich habe im Moment Angst, hier zu versagen."
"Red nicht so einen Unsinn", polterte Reginald Bull. "Du hast mit uns zwei Hübschen ja auch nicht unbedingt die jederzeitige Leichtigkeit des Seins geerbt. Was bedrückt dich? Glaub mir, wir beide wissen aus häufigen eigenen Erfahrungen, dass drüber reden hilft. Es geht einem danach besser."
Sie sahen, wie Lee tief Luft holte und zum Sprechen ansetzen wollte. Beim dritten Mal klappte es.
"Ich habe ein massives Problem mit Männern, zu denen ich respektvoll aufblicke oder mir einbilde, aufblicken zu müssen."
Bull, der in seinem Leben so gut wie alles mindestens siebenundfünfzig Mal erlebt hatte, hatte jetzt schon eine Befürchtung, in welche Richtung Lees Geschichte ging. Er sah sie offen an und nickte ihr aufmunternd zu.
"Bei Gucky hatte ich diese Schwierigkeiten übrigens nicht." Der Ilt machte sich ebenfalls so seine Sorgen, daher unterließ er den an dieser Stelle eigentlich fälligen Spruch. "Ich habe mich Gucky als die gute Seele von Newengland vorgestellt", redete sie weiter. "Das stimmt soweit auch."
Sie sah ihre beiden neuen Freunde an und gab sich wieder einen Ruck. "Ich bin hauptberuflich psychologische Psychotherapeutin, nebenbei noch so etwas wie amtliche Streitschlichterin und äußerst selten noch das Empfangskomitee für nicht geplante Gäste. Letzteres kommt eigentlich nie vor, weil sich hier eben keiner verläuft. Ihr seid die ersten seit Menschengedenken. Aber man war der Meinung, wenn es denn mal passieren würde, wäre ich mit meiner Ausbildung die Richtige.
Und das mit der Streitschlichterin liegt darin begründet, dass ich gut auf andere zugehen kann, um mit ihnen zu reden. Das muss eine natürliche Begabung sein und mein hauptsächlicher Broterwerb tut sicher sein Übriges dazu. Meistens dreht es sich hier um Kleinigkeiten wie ein paar Quadratmeter fruchtbares Land, dass jeder haben will, aber nur einer kriegen kann. Ich setzt mich mit den schlimmsten Streithanseln an den Tisch, sehe ihnen tief in die Augen und auf einmal wird der Ton ruhiger, sachlicher und man erzielt eine Einigung, ohne dass ich auch nur ein Wort gesagt habe."
"Hm", machte Gucky. "Hast du dich mal auf Psi - Fähigkeiten untersuchen lassen?"
"Das geht auf Newengland nicht. Ich müsste meine Heimat verlassen und das kommt für mich nicht in Frage. Sollte tatsächlich eine entsprechende Begabung festgestellt werden, könnte ich mir so manche Organisation vorstellen, staatlich wie privat, die ihre Finger nach mir ausstrecken würde."
Da hat sie Recht, dachte Bull und ihm fielen auf der Stelle etliche von solcherlei Vereinen ein.
"Zum Ersten will ich hier sowieso nicht weg und zum Zweiten ist die Gefahr, dass auf welchem Weg auch immer die Position unserer Welt bekannt wird, einfach zu groß. Ich bin doch froh, dass ich auf Newengland leben darf."
Wieder ein tiefes Luftholen. "Ich bin nämlich nicht von hier."
Obwohl sie immer noch zu Boden sah, wusste sie, dass sie erstaunte Blicke erntete. "Ich bin ein Findling. Ihr wisst, dass wir unsere Ex- und Importe so gut wie komplett über Transmitter regeln. Unsere Sender haben eine Besonderheit: Sie liefern keine Kennung mit, aus der man die Position des Absenders eruieren kann. Naja, als kleines Baby, als Säugling, wurde ich in einer hiesigen Empfangsstation aufgefunden. In einer Wiege, einfach so. Ich muss gottserbärmlich wegen des Entzerrungsschmerzes geschrien haben und so fand man mich recht schnell."
"Kein Absender?", fragte Gucky.
"Nein, das Ding muss die gleiche Technik wie wir angewandt haben. Nichts feststellbar. Ich bin eine Waise und habe keine Ahnung, wo meine Wurzeln liegen. Nein, kommt mir jetzt nicht mit genetischen Datenbanken an. Ich lebe hier, bin glücklich hier und bleibe hier."
Zum ersten Mal blickte sie auf und sah den anderen Beiden in die Gesichter, den Kopf von einem zum anderen drehend. "Und jetzt kommt meine eigentliche Geschichte", sagte sie. "Ich wurde in einer Pflegefamilie untergebracht. Anfangs sehr nette Leute, die mich aufnahmen, mich umhegten und umpflegten, erzogen und alles weiter wie Schule oder Sportvereine organisierten. Dann wurde ich größer."
Sie machte eine Pause. Wieso habe ich das Gefühl, gleich jemandem den Hals herumdrehen zu wollen? ging es dem rothaarigen Terraner durch den Kopf.
"Zunächst habe ich mir nichts dabei gedacht, als mein Dad - für mich waren es ja meine Eltern - mir das eine oder andere Mal immer näher rückte."
Jetzt war es an dem Terraner, tief Luft zu holen.
"Dann kam er dir zu nahe, was? Musstest du lange leiden? Wenn du hier aufhören willst, ist alles in Ordnung, kein Thema."
"Nein. Ich bin jetzt so weit gegangen, jetzt kommt der Rest auch noch. Es war mein zwölfter Geburtstag, spätabends, als die Gäste und meine Freunde alle weg waren. Er erzählte mir irgendwas, schleimte um mich herum und dann..."
Stille. Man hörte Geräusche aus dem naheliegenden Wald, sonst nichts.
"Als ich begriff, was da passieren sollte, habe ich um mich geschlagen und getreten. Da ich damals schon ziemlich sportlich war, hatte ich in meinem Entsetzen zumindest an diesem Abend keine Probleme, zumal ihn ein Tritt an der richtigen Stelle getroffen hatte. Er ließ von mir ab und befingerte mich nicht mehr. Nein, er ging subtiler vor. Nichtbeachtung und Schläge. Aber so, dass man die Ergebnisse nicht sah. Ich konnte mich nicht wehren, es war furchtbar. Wie kann ein Mensch sowas machen? Ich hatte ihm doch nichts getan und für mein Aussehen konnte ich doch nichts. Es hielt drei schlimme Jahre an, bis ich allen Mut zusammennahm und mich Father John offenbarte. Father John ist unser Pater der offenen Religionen. Priester, Beichtvater, Gesprächspartner, unverzichtbar. Er trennte mich sofort von meiner Familie und sorgte für meine Sicherheit. Meine Pflegeeltern habe ich nie mehr wiedergesehen. Mein bisschen Hab und Gut, dass ich als Fünfzehnjährige besaß, holte er aus unserem Haus. Er begeisterte mich fürs Kickboxen, baute mich wieder auf und ich traute mich dank seiner Hilfe wieder unter Menschen. Er sorgte für meine Ausbildung mein Studium, ich bin ihm bis an mein Lebensende dankbar. Später erfuhr ich, dass Dad kurze Zeit später Suizid begannen hatte und Mom an ich weiß nicht welcher Krankheit verstorben war. Ob sie Bescheid wusste, weiß ich bis heute nicht. Das ist der Grund, warum ich psychologische Psychotherapeutin geworden bin. Schwerpunkt Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Und ich tue alles, dass auf unserer friedlichen Welt nichts und niemand mehr einen solchen Gräuel erleben muss."
"So", schloss sie ab. "Jetzt wisst ihr, wer und was ich bin. In meiner Geschichte sind mit Sicherheit die Probleme mit Männern begründet. Allemal mit solchen, zu denen ich aufgucken muss. Dann kommen manchmal Panikattacken und man muss mich zuerst wieder beruhigen, sonst kann man mit mir nichts anfangen."
"Puh", machte Gucky. "Das ist harter Tobak. Aber ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass du jeden Grund hast, stolz auf dich zu sein. So wie ich dich einschätze, leistest du hervorragende Arbeit. Lass dir von einem alten Ilt gesagt sein: Immer, wenn es dich so wie jetzt überkommt, setz dich in eine Ecke und denke darüber nach, wie vielen Menschen du geholfen hast, jungen wie alten. Oder stell dir vor, du sitzt an einem Fluss irgendwo im Wald an deiner Lieblingsstelle. Denk dir weiterhin, du hättest kleine Papierschiffchen gebastelt und würdest sie ins Wasser setzen. Auf jedes dieser Schiffchen setzt du dann eine Sorge und einen bösen Gedanken drauf, bis du sie alle verteilt hast. Dann siehst du den Schiffchen zu, bis sie mitsamt ihrer Ladung hinter der nächsten Ecke verschwinden. Mitsamt deinen Schwierigkeiten. Weg sind sie. Ich bin sicher, so etwas hast du x-mal anderen empfohlen und geraten. Nur bei dir selber hast du es noch nicht angewendet. Glaub mir, es funktioniert. Weiß ich aus eigener Erfahrung." Er wurde nachdenklich. "Nein", fuhr er fort. "Du wärest auf anderen Welten falsch. Du musst hierbleiben und aufpassen. Auf die Menschen in Newengland. Genauso wie ich auf den Rest der Menschheit aufpasse und dafür sorge, dass sie nicht vor die Hunde geht."
"Danke", sagte Lee zu Gucky, wandte sich ihm zu und setzte ihm einen dicken Kuss auf die Nase. Dann drehte sie sich zu Bully. "Du hattest natürlich Recht. Nur wer redet, dem kann geholfen werden. Ich fühle mich, als wäre ein Riesenklotz von meiner Seele gefallen. Aber ich wollte euch doch nicht mit meinen Schwierigkeiten zulabern. Ich..."
"Unsinn", blaffte der Terraner. "Du hast uns nicht zugelabert. Immerhin haben wir es schon fast provoziert. Außerdem: Du bist wichtig und deine Welt hier. Der komplette Rest des Universums ist völlig uninteressant, allemal wir zwei Deppen hier."
"Wenn hier einer der Depp ist, du das zweifellos du und keinesfalls ich", Gucky strahlte Bully an. "Was nämlich passieren kann, wenn kein Gucky da ist, der auf diese Meute aufpasst, siehst du in der folgenden Erzählung. Kaum ist der erwiesene Retter des Universums mal 695 Jahre weg, geht alles, aber auch wirklich alles schief."
"So". Gucky sah ziemlich fertig aus. "Jetzt sage ich eine Weile kein Wort mehr. Das fand ich doch ziemlich reichlich."
"Du hast das aber sehr gut rübergebracht", wollte Lee den Ilt motivieren. "Eine ganz perfide Geschichte, die da augenscheinlich von Terra ausging. Betraf das alle Welten oder nur die, von denen Terra Konkurrenz befürchtete? Hatten die vor Ort denn keine Wissenschaftler oder Ökonomen, die ihnen erklären konnten, dass das so nicht funktionieren konnte? Ich meine, ich bin ja nicht das hellste Licht in Wirtschaftswissenschaften, aber das ist sogar mir klar."
"Zuerst", erläuterte Reginald Bull, "haben sie nichts gemerkt, weil Lokvorth nur aus Geld und Luxus bestand. Es mag vielleicht ein paar kritische Stimmen gegeben haben, die wurden aber entweder überhört oder direkt entsorgt. Hinter dem Deckmantel des schieren Luxuslebens befand sich eine totale von Terra gesteuerte Diktatur. Und als man es merkte, war es zu spät. Lokvorth ist zwar später wieder in die Gänge gekommen, aber das hat sich elendig hingezogen."
"Da lob ich mir unser Newengland. Selbst wenn wir hier nicht aus Luxus bestehen, sondern für unsere Erträge hart arbeiten müssen", stellte Lee abschließend fest.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Es ist zwar eine gefühlte Ewigkeit her, dass ich diesen Band gelesen hatte, aber es sind doch ein paar Erinnerungen mehr da, als es bei den 300ern der Fall war. So weiß ich noch ganz genau, dass ich mich damals tierisch aufgeregt hatte, weil es immer noch keine Infos über den gefangenen Cantaro gab. Wozu hatte man den denn, wenn die Leser nichts über ihn erfuhren? Im Klartext: Ich fühlte mich beim Öffnen dieses Romanes veräppelt. Was ist damals beim Lesen empfunden habe, weiß ich allerdings nicht mehr.
Heute aber kann ich nur sagen: Hut ab! HGF hat ein tolles Werk abgeliefert. In einem Rutsch gelesen (passiert mir heutzutage eher selten). Er erzählt eine interessante Geschichte, die ihre Spannung daraus bezieht, dass man die ganze Zeit befürchtet, dass Albert gegen Ende den Weg seines Vaters gehen wird. Ob er letztlich die Festnahme überleben wird, ist am Ende der Story noch unklar. Sein Vater wurde ja auch verhaftet, war aber anderthalb Stunden später tot.
Wir erfahren zum ersten Mal etwas über das Leben innerhalb des Walls, und zwar 343 Jahre vor dem Auftauchen unserer Freunde. Terra richtet sich ein, die Konkurrenz wird niedergemacht. Passend zugeschnitten wird jede Welt auf ihre Art primitiviert. Wer steuert das? NATHAN würde man das zutrauen, aber wer zum Henker hat den denn umprogrammiert? Und was ist aus Galbraith Deighton für ein Unhold geworden? In der Tat. Alle diese Fragen lassen derzeit nur eine Antwort zu: Der Teufel persönlich haust in Terras Hallen.
Fein ein paar Bröckchen Cantaro und Milchstraße hingestreut (Deighton), aber Wesentliches erfährt man natürlich nicht. Trotzdem: Es war das richtige Thema zur richtigen Zeit und vor Allem für den richtigen Autor!

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
"Das ging aber jetzt ziemlich schnell, von dem schüchternen Empfang meiner Wenigkeit bis zur prügelandrohenden Furie", meinte Reginald Bull und sah Lee interessiert an. Dabei griemelte er leicht, weil Gucky sich immer noch seine Ohren festhielt.
"Wenigkeit", grummelte Gucky. "Der sollte sich mal im Spiegel ansehen und auf die Waage stellen. Dann würde er nicht so einen Unsinn erzählen."
"Ruhe!" schimpfte Bully in Richtung des Ilts. "Sonst besorge ich eine Waage und stelle dich darauf. Über NATHAN müsste es möglich sein, das Idealgewicht eines Mausbibers herauszukriegen. Dann sehen wir weiter."
Beide beruhigten sich allerdings sehr schnell, als sie sahen, dass Lee plötzlich einen sehr in sich gekehrten Eindruck machen, ganz woanders war und den Tränen nahe zu sein schien. Sie hatte sich inzwischen auf einen großen, längs des Weges liegenden Baumstamm gesetzt und blickte zu Boden. Gucky watschelte zu ihr hin und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
"Hey Mädel", sagte er. "Was ist auf einmal los mit dir? Haben wir was falsch gemacht? Oder können wir was für dich tun?"
"Nein", sagte sie leise. "Es liegt nicht an euch. Das Problem bin ich und ich habe im Moment Angst, hier zu versagen."
"Red nicht so einen Unsinn", polterte Reginald Bull. "Du hast mit uns zwei Hübschen ja auch nicht unbedingt die jederzeitige Leichtigkeit des Seins geerbt. Was bedrückt dich? Glaub mir, wir beide wissen aus häufigen eigenen Erfahrungen, dass drüber reden hilft. Es geht einem danach besser."
Sie sahen, wie Lee tief Luft holte und zum Sprechen ansetzen wollte. Beim dritten Mal klappte es.
"Ich habe ein massives Problem mit Männern, zu denen ich respektvoll aufblicke oder mir einbilde, aufblicken zu müssen."
Bull, der in seinem Leben so gut wie alles mindestens siebenundfünfzig Mal erlebt hatte, hatte jetzt schon eine Befürchtung, in welche Richtung Lees Geschichte ging. Er sah sie offen an und nickte ihr aufmunternd zu.
"Bei Gucky hatte ich diese Schwierigkeiten übrigens nicht." Der Ilt machte sich ebenfalls so seine Sorgen, daher unterließ er den an dieser Stelle eigentlich fälligen Spruch. "Ich habe mich Gucky als die gute Seele von Newengland vorgestellt", redete sie weiter. "Das stimmt soweit auch."
Sie sah ihre beiden neuen Freunde an und gab sich wieder einen Ruck. "Ich bin hauptberuflich psychologische Psychotherapeutin, nebenbei noch so etwas wie amtliche Streitschlichterin und äußerst selten noch das Empfangskomitee für nicht geplante Gäste. Letzteres kommt eigentlich nie vor, weil sich hier eben keiner verläuft. Ihr seid die ersten seit Menschengedenken. Aber man war der Meinung, wenn es denn mal passieren würde, wäre ich mit meiner Ausbildung die Richtige.
Und das mit der Streitschlichterin liegt darin begründet, dass ich gut auf andere zugehen kann, um mit ihnen zu reden. Das muss eine natürliche Begabung sein und mein hauptsächlicher Broterwerb tut sicher sein Übriges dazu. Meistens dreht es sich hier um Kleinigkeiten wie ein paar Quadratmeter fruchtbares Land, dass jeder haben will, aber nur einer kriegen kann. Ich setzt mich mit den schlimmsten Streithanseln an den Tisch, sehe ihnen tief in die Augen und auf einmal wird der Ton ruhiger, sachlicher und man erzielt eine Einigung, ohne dass ich auch nur ein Wort gesagt habe."
"Hm", machte Gucky. "Hast du dich mal auf Psi - Fähigkeiten untersuchen lassen?"
"Das geht auf Newengland nicht. Ich müsste meine Heimat verlassen und das kommt für mich nicht in Frage. Sollte tatsächlich eine entsprechende Begabung festgestellt werden, könnte ich mir so manche Organisation vorstellen, staatlich wie privat, die ihre Finger nach mir ausstrecken würde."
Da hat sie Recht, dachte Bull und ihm fielen auf der Stelle etliche von solcherlei Vereinen ein.
"Zum Ersten will ich hier sowieso nicht weg und zum Zweiten ist die Gefahr, dass auf welchem Weg auch immer die Position unserer Welt bekannt wird, einfach zu groß. Ich bin doch froh, dass ich auf Newengland leben darf."
Wieder ein tiefes Luftholen. "Ich bin nämlich nicht von hier."
Obwohl sie immer noch zu Boden sah, wusste sie, dass sie erstaunte Blicke erntete. "Ich bin ein Findling. Ihr wisst, dass wir unsere Ex- und Importe so gut wie komplett über Transmitter regeln. Unsere Sender haben eine Besonderheit: Sie liefern keine Kennung mit, aus der man die Position des Absenders eruieren kann. Naja, als kleines Baby, als Säugling, wurde ich in einer hiesigen Empfangsstation aufgefunden. In einer Wiege, einfach so. Ich muss gottserbärmlich wegen des Entzerrungsschmerzes geschrien haben und so fand man mich recht schnell."
"Kein Absender?", fragte Gucky.
"Nein, das Ding muss die gleiche Technik wie wir angewandt haben. Nichts feststellbar. Ich bin eine Waise und habe keine Ahnung, wo meine Wurzeln liegen. Nein, kommt mir jetzt nicht mit genetischen Datenbanken an. Ich lebe hier, bin glücklich hier und bleibe hier."
Zum ersten Mal blickte sie auf und sah den anderen Beiden in die Gesichter, den Kopf von einem zum anderen drehend. "Und jetzt kommt meine eigentliche Geschichte", sagte sie. "Ich wurde in einer Pflegefamilie untergebracht. Anfangs sehr nette Leute, die mich aufnahmen, mich umhegten und umpflegten, erzogen und alles weiter wie Schule oder Sportvereine organisierten. Dann wurde ich größer."
Sie machte eine Pause. Wieso habe ich das Gefühl, gleich jemandem den Hals herumdrehen zu wollen? ging es dem rothaarigen Terraner durch den Kopf.
"Zunächst habe ich mir nichts dabei gedacht, als mein Dad - für mich waren es ja meine Eltern - mir das eine oder andere Mal immer näher rückte."
Jetzt war es an dem Terraner, tief Luft zu holen.
"Dann kam er dir zu nahe, was? Musstest du lange leiden? Wenn du hier aufhören willst, ist alles in Ordnung, kein Thema."
"Nein. Ich bin jetzt so weit gegangen, jetzt kommt der Rest auch noch. Es war mein zwölfter Geburtstag, spätabends, als die Gäste und meine Freunde alle weg waren. Er erzählte mir irgendwas, schleimte um mich herum und dann..."
Stille. Man hörte Geräusche aus dem naheliegenden Wald, sonst nichts.
"Als ich begriff, was da passieren sollte, habe ich um mich geschlagen und getreten. Da ich damals schon ziemlich sportlich war, hatte ich in meinem Entsetzen zumindest an diesem Abend keine Probleme, zumal ihn ein Tritt an der richtigen Stelle getroffen hatte. Er ließ von mir ab und befingerte mich nicht mehr. Nein, er ging subtiler vor. Nichtbeachtung und Schläge. Aber so, dass man die Ergebnisse nicht sah. Ich konnte mich nicht wehren, es war furchtbar. Wie kann ein Mensch sowas machen? Ich hatte ihm doch nichts getan und für mein Aussehen konnte ich doch nichts. Es hielt drei schlimme Jahre an, bis ich allen Mut zusammennahm und mich Father John offenbarte. Father John ist unser Pater der offenen Religionen. Priester, Beichtvater, Gesprächspartner, unverzichtbar. Er trennte mich sofort von meiner Familie und sorgte für meine Sicherheit. Meine Pflegeeltern habe ich nie mehr wiedergesehen. Mein bisschen Hab und Gut, dass ich als Fünfzehnjährige besaß, holte er aus unserem Haus. Er begeisterte mich fürs Kickboxen, baute mich wieder auf und ich traute mich dank seiner Hilfe wieder unter Menschen. Er sorgte für meine Ausbildung mein Studium, ich bin ihm bis an mein Lebensende dankbar. Später erfuhr ich, dass Dad kurze Zeit später Suizid begannen hatte und Mom an ich weiß nicht welcher Krankheit verstorben war. Ob sie Bescheid wusste, weiß ich bis heute nicht. Das ist der Grund, warum ich psychologische Psychotherapeutin geworden bin. Schwerpunkt Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Und ich tue alles, dass auf unserer friedlichen Welt nichts und niemand mehr einen solchen Gräuel erleben muss."
"So", schloss sie ab. "Jetzt wisst ihr, wer und was ich bin. In meiner Geschichte sind mit Sicherheit die Probleme mit Männern begründet. Allemal mit solchen, zu denen ich aufgucken muss. Dann kommen manchmal Panikattacken und man muss mich zuerst wieder beruhigen, sonst kann man mit mir nichts anfangen."
"Puh", machte Gucky. "Das ist harter Tobak. Aber ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass du jeden Grund hast, stolz auf dich zu sein. So wie ich dich einschätze, leistest du hervorragende Arbeit. Lass dir von einem alten Ilt gesagt sein: Immer, wenn es dich so wie jetzt überkommt, setz dich in eine Ecke und denke darüber nach, wie vielen Menschen du geholfen hast, jungen wie alten. Oder stell dir vor, du sitzt an einem Fluss irgendwo im Wald an deiner Lieblingsstelle. Denk dir weiterhin, du hättest kleine Papierschiffchen gebastelt und würdest sie ins Wasser setzen. Auf jedes dieser Schiffchen setzt du dann eine Sorge und einen bösen Gedanken drauf, bis du sie alle verteilt hast. Dann siehst du den Schiffchen zu, bis sie mitsamt ihrer Ladung hinter der nächsten Ecke verschwinden. Mitsamt deinen Schwierigkeiten. Weg sind sie. Ich bin sicher, so etwas hast du x-mal anderen empfohlen und geraten. Nur bei dir selber hast du es noch nicht angewendet. Glaub mir, es funktioniert. Weiß ich aus eigener Erfahrung." Er wurde nachdenklich. "Nein", fuhr er fort. "Du wärest auf anderen Welten falsch. Du musst hierbleiben und aufpassen. Auf die Menschen in Newengland. Genauso wie ich auf den Rest der Menschheit aufpasse und dafür sorge, dass sie nicht vor die Hunde geht."
"Danke", sagte Lee zu Gucky, wandte sich ihm zu und setzte ihm einen dicken Kuss auf die Nase. Dann drehte sie sich zu Bully. "Du hattest natürlich Recht. Nur wer redet, dem kann geholfen werden. Ich fühle mich, als wäre ein Riesenklotz von meiner Seele gefallen. Aber ich wollte euch doch nicht mit meinen Schwierigkeiten zulabern. Ich..."
"Unsinn", blaffte der Terraner. "Du hast uns nicht zugelabert. Immerhin haben wir es schon fast provoziert. Außerdem: Du bist wichtig und deine Welt hier. Der komplette Rest des Universums ist völlig uninteressant, allemal wir zwei Deppen hier."
"Wenn hier einer der Depp ist, du das zweifellos du und keinesfalls ich", Gucky strahlte Bully an. "Was nämlich passieren kann, wenn kein Gucky da ist, der auf diese Meute aufpasst, siehst du in der folgenden Erzählung. Kaum ist der erwiesene Retter des Universums mal 695 Jahre weg, geht alles, aber auch wirklich alles schief."
"So". Gucky sah ziemlich fertig aus. "Jetzt sage ich eine Weile kein Wort mehr. Das fand ich doch ziemlich reichlich."
"Du hast das aber sehr gut rübergebracht", wollte Lee den Ilt motivieren. "Eine ganz perfide Geschichte, die da augenscheinlich von Terra ausging. Betraf das alle Welten oder nur die, von denen Terra Konkurrenz befürchtete? Hatten die vor Ort denn keine Wissenschaftler oder Ökonomen, die ihnen erklären konnten, dass das so nicht funktionieren konnte? Ich meine, ich bin ja nicht das hellste Licht in Wirtschaftswissenschaften, aber das ist sogar mir klar."
"Zuerst", erläuterte Reginald Bull, "haben sie nichts gemerkt, weil Lokvorth nur aus Geld und Luxus bestand. Es mag vielleicht ein paar kritische Stimmen gegeben haben, die wurden aber entweder überhört oder direkt entsorgt. Hinter dem Deckmantel des schieren Luxuslebens befand sich eine totale von Terra gesteuerte Diktatur. Und als man es merkte, war es zu spät. Lokvorth ist zwar später wieder in die Gänge gekommen, aber das hat sich elendig hingezogen."
"Da lob ich mir unser Newengland. Selbst wenn wir hier nicht aus Luxus bestehen, sondern für unsere Erträge hart arbeiten müssen", stellte Lee abschließend fest.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Es ist zwar eine gefühlte Ewigkeit her, dass ich diesen Band gelesen hatte, aber es sind doch ein paar Erinnerungen mehr da, als es bei den 300ern der Fall war. So weiß ich noch ganz genau, dass ich mich damals tierisch aufgeregt hatte, weil es immer noch keine Infos über den gefangenen Cantaro gab. Wozu hatte man den denn, wenn die Leser nichts über ihn erfuhren? Im Klartext: Ich fühlte mich beim Öffnen dieses Romanes veräppelt. Was ist damals beim Lesen empfunden habe, weiß ich allerdings nicht mehr.
Heute aber kann ich nur sagen: Hut ab! HGF hat ein tolles Werk abgeliefert. In einem Rutsch gelesen (passiert mir heutzutage eher selten). Er erzählt eine interessante Geschichte, die ihre Spannung daraus bezieht, dass man die ganze Zeit befürchtet, dass Albert gegen Ende den Weg seines Vaters gehen wird. Ob er letztlich die Festnahme überleben wird, ist am Ende der Story noch unklar. Sein Vater wurde ja auch verhaftet, war aber anderthalb Stunden später tot.
Wir erfahren zum ersten Mal etwas über das Leben innerhalb des Walls, und zwar 343 Jahre vor dem Auftauchen unserer Freunde. Terra richtet sich ein, die Konkurrenz wird niedergemacht. Passend zugeschnitten wird jede Welt auf ihre Art primitiviert. Wer steuert das? NATHAN würde man das zutrauen, aber wer zum Henker hat den denn umprogrammiert? Und was ist aus Galbraith Deighton für ein Unhold geworden? In der Tat. Alle diese Fragen lassen derzeit nur eine Antwort zu: Der Teufel persönlich haust in Terras Hallen.
Fein ein paar Bröckchen Cantaro und Milchstraße hingestreut (Deighton), aber Wesentliches erfährt man natürlich nicht. Trotzdem: Es war das richtige Thema zur richtigen Zeit und vor Allem für den richtigen Autor!

Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- Tennessee
- Beiträge: 573
- Registriert: 10.02.2019, 21:27
- Hat sich bedankt: 19 Mal
- Danksagung erhalten: 177 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Solche Leseretrospektiven finde ich in diesem Zusammenhang auch immer ganz spannend. Sie veranschaulichen nämlich ziemlich gut, wie wir als Leser beim Erstlesen zuweilen ungeduldig und verärgert über mangelnden Handlungsverlauf oder -fortlauf schimpfen, um dann im Rückblick festzustellen, dass das alles gar nicht so schlimm, sondern zuweilen sogar sehr spannungsfördernd war.RBB hat geschrieben: ↑04.02.2025, 06:49 [...] So weiß ich noch ganz genau, dass ich mich damals tierisch aufgeregt hatte, weil es immer noch keine Infos über den gefangenen Cantaro gab. Wozu hatte man den denn, wenn die Leser nichts über ihn erfuhren? [...]
Heute aber kann ich nur sagen: Hut ab! HGF hat ein tolles Werk abgeliefert. [...]
Fein ein paar Bröckchen Cantaro und Milchstraße hingestreut (Deighton), aber Wesentliches erfährt man natürlich nicht. Trotzdem: Es war das richtige Thema zur richtigen Zeit [...]
Und es zeigt auch, dass man das Schimpfen und Nörgeln vielleicht nicht immer so ernst nehmen sollte. Als Leser nicht und als Autor nicht... Oder wie Sigourney Weaver das einmal bei Graham Norton sagte: SF-Fans seien mit ihre liebsten Fans, weil sie so leidenschaftlich seien, aber auch so kenntnisreich. Man könne sich bei SF-Fans keine Fehler leisten. Die fänden sie sofort und würden die auch sofort aufs Brot schmieren. Eigentlich die beste Qualitätskontrolle, die man sich vorstellen könne.
"Die Nacht schuf tausend Ungeheuer - doch tausendfacher war mein Mut!"
- RBB
- Beiträge: 868
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 17 Mal
- Danksagung erhalten: 49 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Band 1432 - Fluchtziel Gevonia - ist von H.G. Francis, erschienen am 30.01.1989
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
"Was mich fasziniert", meinte Lee, "ist immer noch die Tatsache, dass ihr so detailliert berichten könnt. Kannst du mir da mehr zu sagen wie Gucky?“ Sie sah Reginald Bull an.
" Wir hatten das Thema ja schon mal“, antwortete Gucky anstelle des Angesprochenen. „Wie es um das Erinnerungsvermögen bei Menschen bestellt ist, weiß ich nicht. Es soll da Exemplare geben, die ganz schön löchrig sind." Dabei sah er seinen alten Kumpel Bully an, der aber aus irgendeinem Grund nicht auf diese Bemerkung ansprang. "Nein," sagte er. "Es ist wie überall: Es gibt Dinge, die bleiben für immer sofort abrufbar im Hirn kleben. Zum Beispiel, wie ich damals auf Tramp Ende Dezember 1975 der alten Zeitrechnung auf diese seltsame Truppe stieß. Da diese komischen Kerle und ihr rundes Riesenschiff mich interessierten, teleportierte ich einfach an Bord. Damit ging die ganze Misere los. Der da", er zeigte auf Bully, "wollte mich einsperren oder wegmachen. Da ließ ich ihn telekinetisch um die Lampe kreisen, auf dass er sich wieder beruhige. Perry hab ich dann ein, zwei Mal treuherzig angeguckt, hatte meinen Namen weg und die ganze Geschichte nahm ihren Anfang."
"Haben wissenschaftliche Untersuchungen seinerzeit nicht ergeben, dass Mausbiber zwar einen ausgeprägten Spieltrieb haben, dafür aber nur tagsüber eine leidlich ausgeprägte Intelligenz besitzen und in der Nacht gar keine? Wenn man sich das vor Augen hält, wundert einen fast überhaupt nichts mehr. Außerdem wird es langsam dunkel. Also Vorsicht." Reginald Bull sah es für notwendig an, seinen Senf dazuzugeben.
Die beiden alten Freunde bemerkten schnell, wie Lee langsam aber sicher rot anlief. Bevor Gucky auf Bullys Bemerkung eingehen konnte, platzte ihrer Gastgeberin der Kragen. "Ist es eigentlich völlig unmöglich, dass ihr zwei Gestalten euch mal eine halbe Stunde unterhalten könnt, ohne dass dabei Blödsinn aus euch herauskommt? Ich habe doch eine klare Frage gestellt. Wieso bekomme ich keine Antwort?" Wutentbrannt blickte sie von einem zum anderen.
Die sahen sich betreten an und der rothaarige Terraner versuchte nachfolgend zu erklären: "Gucky hat Recht. Es gibt Dinge, die sind da. Ständig und immer. Das dürfte bei dir genau das Gleiche sein. Es gibt Dinge, die sind eher nebulös vorhanden, aber abrufbar und es gibt Dinge, die sind einfach weg."
Lee nickte. Ja, so kannte sie das. "Aber bei euch kommt doch immer mehr dazu. Lauft ihr nicht über?"
"Ich gehe davon aus, dass unsere Gehirne aussortieren. Nehmen wir mal Sprachen. Ich habe absolut keine Ahnung mehr, wieviele Sprachen ich bisher gelernt habe. Mit ganz viel Glück könnte ich wohl noch einige davon verstehen, wenn mein Gegenüber nicht zu schnell spricht, aber selber reden? Beim besten Willen nicht. Natürlich fällt mir ein erneutes Erlernen weniger schwer. Aber stets griffbereit? Nein. Die Sprache mit der ich aufgewachsen bin werde ich nie verlernen, egal wie lange ich was auch immer in anderem Kram von mir geben muss. Aber Englisch ist vorhanden. Das ist im Großen und Ganzen das, was ihr Altsprache nennt. Ein paar von euch werden die sogar fehlerlos sprechen können, aber nicht alle. Was ihr hier redet, ist ein in meinen Ohren seltsames Pidgin - Englisch, was aber bei eurer Abgeschiedenheit keinen wundern dürfte. Immerhin schreibt ihr noch fast normal. Jetzt pass mal auf mein Kind", Bully grinste und gab einen Schwall für Lee absolut unverständlicher Worte von sich.
"Das macht er immer, wenn er andere Leute beeindrucken will, weil sonst nichts Beeindruckendes an ihm dran ist", kommentierte Gucky das soeben Ausgesprochene, hielt sich aber sofort zurück, als er sah, dass Lee seine Ohren fixierte. "Ich bin ja schon ruhig", grummelte er. "Ist doch wahr, mit mir als armem, kleinem Mausbiber kann man es ja machen..."
Bull grinste immer noch. "Was ich da grade gesagt habe, war nichts anderes als: Mein Name ist Reginald Bull, ich bin in Far Rockaway im New Yorker Stadtteil Queens geboren und aufgewachsen. Die dortige wunderbare Sprache habe ich bis heute nicht verlernt."
Er sah ihren aufmerksamen Blick und erläuterte weiter: "Es kann aber durchaus sein, dass ich mit etwas, das mir vor einem Jahr jemand beigebracht hat, nichts mehr anfangen kann. So musst du dir das vorstellen. Ich kann dir von Perrys und meinem mit Abstand größtem Abenteuer, unseren ersten Flug zum Mond jedes noch so kleine Detail verraten. Wie Flip sich nach dem Start die Zunge blutig gebissen hatte. Oder meine Gedanken, als wir dieses Riesenteil von einem Raumschiff gefunden hatten. Erics Blick, als er Crest untersuchen sollte oder Perrys Miene, als er das erste Mal Thora gegenüberstand. Und die Landung, wie zuerst Perry und danach ich unsere Rangabzeichen entfernten. Alles da. Von späteren Geschichten würde ich nur grobe Umrisse oder Überschriften hinkriegen. Aber Einzelheiten? Wenn wir uns im engeren Kreis darüber unterhalten, fällt uns sicher noch mehr ein. Aber nicht viel. Lediglich, wenn ich eine Datei abrufe und mich optisch, akustisch oder visuell damit beschäftige, ist doch einiges wieder da."
"Und wie funktioniert das dann hier? Wieso weißt du so viel und das auf Anhieb?" Lee hatte sich diesmal an Gucky gewandt.
"Keine Ahnung", sagte der. "Wir hatten etwas Vergleichbares schon mal. Da saßen zunächst Perry, Atlan und ich, später noch Bully zusammen und haben uns über M 87 die Köpfe heißgeredet. Damals hatte uns wohl unser alter Freund ES eingesperrt, um uns Werweißwas klarzumachen. Von dem merke ich hier aber nichts. Es gibt auch keine anderen Anzeichen. Warum uns beiden hier so viel einfällt, kann ich dir nicht sagen. Gut, es ist nicht ganz so lange her, aber das kann nicht der Grund sein. Es tut mir leid, aber ich fürchte, du kannst uns das noch dreimal fragen und erhältst keine andere Antwort. Ich weiß es nicht."
"Hm." Lee fand die Antwort eher unbefriedigend. Vielleicht kommen sie ja noch dahinter. Würde mich doch mal interessieren, ging es ihr durch den Kopf. sagte aber: "Schade eigentlich. Aber dann lässt es uns ausnutzen. Ich möchte nämlich wissen, ob und wie die Geschichte von Albert Holm weitergeht."
"Du bist dran, Dicker", sagte Gucky. "Ich habe genug geredet."
„Und so, meine liebe Lee, endet die Geschichte. Albert Holm wurde operiert. Er überlebte und kam tatsächlich nach Gevonia. Aber diese Welt entpuppte als alles andere denn paradiesisch. Es war eine Urwaldlandschaft, die noch nie die ordnende Hand eines Menschen gesehen hatte. Er hatte gehofft, hier noch eine lebenswerte Ecke zu finden. Es gab sie nicht. Die Macht von Terra war allumfassend. Sie duldete keinen Widerspruch.
Dann schaltete jemand seine Kapsel ein. Holms Bewusstsein löste sich auf. Es war vorbei.“
Lee war ziemlich fertig mit ihrer Welt. "Dann gab es also keine Hoffnung", sagte sie und fand sich auf seltsame Art wieder in diesem Buch aus grauer Vorzeit, 1984, wieder. Auch dort war der angebliche Widerstand nur Show gewesen, inszeniert von einem System, dass bis in die letzte Ecke sah und alle Menschen unterjochte. So ähnlich muss es damals in der Milchstraße gewesen sein. "Und wir haben davon nichts mitbekommen. Wir haben weiter in unseren Kneipen gesessen, Bier getrunken und gefeiert." Sie wirkte fassungslos.
"Sei lieber froh, dass man euch nicht gesucht und gefunden hat", meinte Bull. "Sonst gäbe es das hier alles nicht."
"Ja, wir leben doch sehr in unserer eigenen Welt." Sie blickte auf ihren Chrono und gähnte. "Seid mir nicht böse, aber für mich wird es Zeit. Ich denke, ich gönne mir noch ein Bier und dann ist Feierabend. Bringst du mich zu Billy?" Sie sah Gucky an, der sie umgehend für die Tür vom Pub beförderte. "Ein Stück die Straße rauf ist Lillys Café. Dort gibt es zum Thema Frühstück alles, was das Herz begehrt. Sehen wir uns morgen gegen 11.00 Uhr?"
Gucky nickte, wünschte ihr eine gute Nacht und verschwand.
Bully war schon unterwegs zu ihren kleinen Beibooten, mit denen sie hier auf Newengland gelandet waren. Sie trafen sich wieder und errichteten den üblichen Nieder - Energieschirm, damit keine tierischen Bewohner in ihre unmittelbare Nähe kommen konnten, sich aber auch nicht verletzten. Sie machten es sich in körperangepassten Sitzen bequem, lehnten sich beide zurück und lauschten den nächtlichen Geräuschen des Waldes. Für mehr als zwei oder drei Stunden sagte niemand ein Wort. Sie hingen einfach nur ihren Gedanken nach und genossen die Ruhe.
Dann drehte sich Reginald Bull in Richtung seines Freundes.
"Du redest morgen mit ihr?", fragte er.
"Natürlich", sagte Gucky.
"Gut. Sie hat es verdient."
Sie lehnten sich wieder zurück. Irgendwann im Laufe der Nacht erhoben sie sich beide gleichzeitig. Wie ein altes Ehepaar, ging es dem Terraner durch den Kopf, als sie sich zunickten und jeder in seinem Boot verschwand.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Dieser Doppelband von HGF war fantastisch, hat mir gut gefallen und imponiert. Einerseits verstand er es sehr gut, das Grauen zu schildern, dass einen bei der Schilderung des herrschenden Systems überkommt; andererseits war da die Hoffnung des Helden dieser zwei Romane, Albert Holm.
O.k., es war zu befürchten, dass er diese Geschichte nicht bzw. nicht gesund übersteht, aber daraus bezog die Handlung ihre Spannung. Denn es hätte genauso gut sein können, dass uns hier eine neue Hauptperson vorgestellt wird. Durch den Blickwinkel eines (fast) Normalsterblichen erfahren wir nachvollziehbar, wie sehr der Teufel in Terras Hallen die Milchstraße bis ins letzte Detail beherrscht. Die orwellschen Tricks mit der vermeintlichen Widerstandsorganisation CILADA nehmen den Lesenden zunächst jegliche Hoffnung auf Besserung. Dann taucht bei tieferem Nachdenken der Name WIDDER zum ersten Mal auf. Also gibt es doch noch mehr? Eigentlich ist die Milchstraße ja groß genug, um sich irgendwo verstecken zu können.
HGF hat aus zwei vermeintlichen Füllromanen eine tolle Geschichte gebastelt, die ihm Nachhinein betrachtet an dieser Stelle richtig untergebracht war und die Fangemeinschaft mit den Verhältnissen innerhalb der Milchstraße bekannt gemacht hat. Da die geschilderten Ereignisse aus Sicht der aktuellen Handlung über 300 Jahre her sind, kann es in der Zwischenzeit eigentlich nur noch schlimmer geworden sein. Oder etwa nicht?
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
"Was mich fasziniert", meinte Lee, "ist immer noch die Tatsache, dass ihr so detailliert berichten könnt. Kannst du mir da mehr zu sagen wie Gucky?“ Sie sah Reginald Bull an.
" Wir hatten das Thema ja schon mal“, antwortete Gucky anstelle des Angesprochenen. „Wie es um das Erinnerungsvermögen bei Menschen bestellt ist, weiß ich nicht. Es soll da Exemplare geben, die ganz schön löchrig sind." Dabei sah er seinen alten Kumpel Bully an, der aber aus irgendeinem Grund nicht auf diese Bemerkung ansprang. "Nein," sagte er. "Es ist wie überall: Es gibt Dinge, die bleiben für immer sofort abrufbar im Hirn kleben. Zum Beispiel, wie ich damals auf Tramp Ende Dezember 1975 der alten Zeitrechnung auf diese seltsame Truppe stieß. Da diese komischen Kerle und ihr rundes Riesenschiff mich interessierten, teleportierte ich einfach an Bord. Damit ging die ganze Misere los. Der da", er zeigte auf Bully, "wollte mich einsperren oder wegmachen. Da ließ ich ihn telekinetisch um die Lampe kreisen, auf dass er sich wieder beruhige. Perry hab ich dann ein, zwei Mal treuherzig angeguckt, hatte meinen Namen weg und die ganze Geschichte nahm ihren Anfang."
"Haben wissenschaftliche Untersuchungen seinerzeit nicht ergeben, dass Mausbiber zwar einen ausgeprägten Spieltrieb haben, dafür aber nur tagsüber eine leidlich ausgeprägte Intelligenz besitzen und in der Nacht gar keine? Wenn man sich das vor Augen hält, wundert einen fast überhaupt nichts mehr. Außerdem wird es langsam dunkel. Also Vorsicht." Reginald Bull sah es für notwendig an, seinen Senf dazuzugeben.
Die beiden alten Freunde bemerkten schnell, wie Lee langsam aber sicher rot anlief. Bevor Gucky auf Bullys Bemerkung eingehen konnte, platzte ihrer Gastgeberin der Kragen. "Ist es eigentlich völlig unmöglich, dass ihr zwei Gestalten euch mal eine halbe Stunde unterhalten könnt, ohne dass dabei Blödsinn aus euch herauskommt? Ich habe doch eine klare Frage gestellt. Wieso bekomme ich keine Antwort?" Wutentbrannt blickte sie von einem zum anderen.
Die sahen sich betreten an und der rothaarige Terraner versuchte nachfolgend zu erklären: "Gucky hat Recht. Es gibt Dinge, die sind da. Ständig und immer. Das dürfte bei dir genau das Gleiche sein. Es gibt Dinge, die sind eher nebulös vorhanden, aber abrufbar und es gibt Dinge, die sind einfach weg."
Lee nickte. Ja, so kannte sie das. "Aber bei euch kommt doch immer mehr dazu. Lauft ihr nicht über?"
"Ich gehe davon aus, dass unsere Gehirne aussortieren. Nehmen wir mal Sprachen. Ich habe absolut keine Ahnung mehr, wieviele Sprachen ich bisher gelernt habe. Mit ganz viel Glück könnte ich wohl noch einige davon verstehen, wenn mein Gegenüber nicht zu schnell spricht, aber selber reden? Beim besten Willen nicht. Natürlich fällt mir ein erneutes Erlernen weniger schwer. Aber stets griffbereit? Nein. Die Sprache mit der ich aufgewachsen bin werde ich nie verlernen, egal wie lange ich was auch immer in anderem Kram von mir geben muss. Aber Englisch ist vorhanden. Das ist im Großen und Ganzen das, was ihr Altsprache nennt. Ein paar von euch werden die sogar fehlerlos sprechen können, aber nicht alle. Was ihr hier redet, ist ein in meinen Ohren seltsames Pidgin - Englisch, was aber bei eurer Abgeschiedenheit keinen wundern dürfte. Immerhin schreibt ihr noch fast normal. Jetzt pass mal auf mein Kind", Bully grinste und gab einen Schwall für Lee absolut unverständlicher Worte von sich.
"Das macht er immer, wenn er andere Leute beeindrucken will, weil sonst nichts Beeindruckendes an ihm dran ist", kommentierte Gucky das soeben Ausgesprochene, hielt sich aber sofort zurück, als er sah, dass Lee seine Ohren fixierte. "Ich bin ja schon ruhig", grummelte er. "Ist doch wahr, mit mir als armem, kleinem Mausbiber kann man es ja machen..."
Bull grinste immer noch. "Was ich da grade gesagt habe, war nichts anderes als: Mein Name ist Reginald Bull, ich bin in Far Rockaway im New Yorker Stadtteil Queens geboren und aufgewachsen. Die dortige wunderbare Sprache habe ich bis heute nicht verlernt."
Er sah ihren aufmerksamen Blick und erläuterte weiter: "Es kann aber durchaus sein, dass ich mit etwas, das mir vor einem Jahr jemand beigebracht hat, nichts mehr anfangen kann. So musst du dir das vorstellen. Ich kann dir von Perrys und meinem mit Abstand größtem Abenteuer, unseren ersten Flug zum Mond jedes noch so kleine Detail verraten. Wie Flip sich nach dem Start die Zunge blutig gebissen hatte. Oder meine Gedanken, als wir dieses Riesenteil von einem Raumschiff gefunden hatten. Erics Blick, als er Crest untersuchen sollte oder Perrys Miene, als er das erste Mal Thora gegenüberstand. Und die Landung, wie zuerst Perry und danach ich unsere Rangabzeichen entfernten. Alles da. Von späteren Geschichten würde ich nur grobe Umrisse oder Überschriften hinkriegen. Aber Einzelheiten? Wenn wir uns im engeren Kreis darüber unterhalten, fällt uns sicher noch mehr ein. Aber nicht viel. Lediglich, wenn ich eine Datei abrufe und mich optisch, akustisch oder visuell damit beschäftige, ist doch einiges wieder da."
"Und wie funktioniert das dann hier? Wieso weißt du so viel und das auf Anhieb?" Lee hatte sich diesmal an Gucky gewandt.
"Keine Ahnung", sagte der. "Wir hatten etwas Vergleichbares schon mal. Da saßen zunächst Perry, Atlan und ich, später noch Bully zusammen und haben uns über M 87 die Köpfe heißgeredet. Damals hatte uns wohl unser alter Freund ES eingesperrt, um uns Werweißwas klarzumachen. Von dem merke ich hier aber nichts. Es gibt auch keine anderen Anzeichen. Warum uns beiden hier so viel einfällt, kann ich dir nicht sagen. Gut, es ist nicht ganz so lange her, aber das kann nicht der Grund sein. Es tut mir leid, aber ich fürchte, du kannst uns das noch dreimal fragen und erhältst keine andere Antwort. Ich weiß es nicht."
"Hm." Lee fand die Antwort eher unbefriedigend. Vielleicht kommen sie ja noch dahinter. Würde mich doch mal interessieren, ging es ihr durch den Kopf. sagte aber: "Schade eigentlich. Aber dann lässt es uns ausnutzen. Ich möchte nämlich wissen, ob und wie die Geschichte von Albert Holm weitergeht."
"Du bist dran, Dicker", sagte Gucky. "Ich habe genug geredet."
„Und so, meine liebe Lee, endet die Geschichte. Albert Holm wurde operiert. Er überlebte und kam tatsächlich nach Gevonia. Aber diese Welt entpuppte als alles andere denn paradiesisch. Es war eine Urwaldlandschaft, die noch nie die ordnende Hand eines Menschen gesehen hatte. Er hatte gehofft, hier noch eine lebenswerte Ecke zu finden. Es gab sie nicht. Die Macht von Terra war allumfassend. Sie duldete keinen Widerspruch.
Dann schaltete jemand seine Kapsel ein. Holms Bewusstsein löste sich auf. Es war vorbei.“
Lee war ziemlich fertig mit ihrer Welt. "Dann gab es also keine Hoffnung", sagte sie und fand sich auf seltsame Art wieder in diesem Buch aus grauer Vorzeit, 1984, wieder. Auch dort war der angebliche Widerstand nur Show gewesen, inszeniert von einem System, dass bis in die letzte Ecke sah und alle Menschen unterjochte. So ähnlich muss es damals in der Milchstraße gewesen sein. "Und wir haben davon nichts mitbekommen. Wir haben weiter in unseren Kneipen gesessen, Bier getrunken und gefeiert." Sie wirkte fassungslos.
"Sei lieber froh, dass man euch nicht gesucht und gefunden hat", meinte Bull. "Sonst gäbe es das hier alles nicht."
"Ja, wir leben doch sehr in unserer eigenen Welt." Sie blickte auf ihren Chrono und gähnte. "Seid mir nicht böse, aber für mich wird es Zeit. Ich denke, ich gönne mir noch ein Bier und dann ist Feierabend. Bringst du mich zu Billy?" Sie sah Gucky an, der sie umgehend für die Tür vom Pub beförderte. "Ein Stück die Straße rauf ist Lillys Café. Dort gibt es zum Thema Frühstück alles, was das Herz begehrt. Sehen wir uns morgen gegen 11.00 Uhr?"
Gucky nickte, wünschte ihr eine gute Nacht und verschwand.
Bully war schon unterwegs zu ihren kleinen Beibooten, mit denen sie hier auf Newengland gelandet waren. Sie trafen sich wieder und errichteten den üblichen Nieder - Energieschirm, damit keine tierischen Bewohner in ihre unmittelbare Nähe kommen konnten, sich aber auch nicht verletzten. Sie machten es sich in körperangepassten Sitzen bequem, lehnten sich beide zurück und lauschten den nächtlichen Geräuschen des Waldes. Für mehr als zwei oder drei Stunden sagte niemand ein Wort. Sie hingen einfach nur ihren Gedanken nach und genossen die Ruhe.
Dann drehte sich Reginald Bull in Richtung seines Freundes.
"Du redest morgen mit ihr?", fragte er.
"Natürlich", sagte Gucky.
"Gut. Sie hat es verdient."
Sie lehnten sich wieder zurück. Irgendwann im Laufe der Nacht erhoben sie sich beide gleichzeitig. Wie ein altes Ehepaar, ging es dem Terraner durch den Kopf, als sie sich zunickten und jeder in seinem Boot verschwand.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Dieser Doppelband von HGF war fantastisch, hat mir gut gefallen und imponiert. Einerseits verstand er es sehr gut, das Grauen zu schildern, dass einen bei der Schilderung des herrschenden Systems überkommt; andererseits war da die Hoffnung des Helden dieser zwei Romane, Albert Holm.
O.k., es war zu befürchten, dass er diese Geschichte nicht bzw. nicht gesund übersteht, aber daraus bezog die Handlung ihre Spannung. Denn es hätte genauso gut sein können, dass uns hier eine neue Hauptperson vorgestellt wird. Durch den Blickwinkel eines (fast) Normalsterblichen erfahren wir nachvollziehbar, wie sehr der Teufel in Terras Hallen die Milchstraße bis ins letzte Detail beherrscht. Die orwellschen Tricks mit der vermeintlichen Widerstandsorganisation CILADA nehmen den Lesenden zunächst jegliche Hoffnung auf Besserung. Dann taucht bei tieferem Nachdenken der Name WIDDER zum ersten Mal auf. Also gibt es doch noch mehr? Eigentlich ist die Milchstraße ja groß genug, um sich irgendwo verstecken zu können.
HGF hat aus zwei vermeintlichen Füllromanen eine tolle Geschichte gebastelt, die ihm Nachhinein betrachtet an dieser Stelle richtig untergebracht war und die Fangemeinschaft mit den Verhältnissen innerhalb der Milchstraße bekannt gemacht hat. Da die geschilderten Ereignisse aus Sicht der aktuellen Handlung über 300 Jahre her sind, kann es in der Zwischenzeit eigentlich nur noch schlimmer geworden sein. Oder etwa nicht?
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
- RBB
- Beiträge: 868
- Registriert: 28.06.2024, 14:21
- Hat sich bedankt: 17 Mal
- Danksagung erhalten: 49 Mal
Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story
Nun, bei so erstklassigen Analysten wie uns ist das ja kein Thema.

Aber du hast Recht. Bei einer solchen Aktion hat man einen faszinierenden Rückblick auf sich selber. Und es hält einen im aktuellen Lesestoff davon ab, umgehend zu fordern, das sofort die Lösung präsentiert werde.
Kölle es un bliev e Jeföhl!!