Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

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thinman
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von thinman »

RBB hat geschrieben: 05.12.2024, 13:59

Ein Problem ist von damals bei mir hängen geblieben: Heißt die Hamiller - Tube nun Tube wie Zahnpasta oder Tube wie Londoner U - Bahn? Meines Wissens nach ist das nie geklärt worden. Oder weiß das jemand von euch?
:???: :???:
Jetzt wird mal wieder auf die Tube gedrückt... da damals Zahnpaste. Kleber, Senf, Majo oder Astronautennahrung aus der Tube kamen spricht nichts dagegen, dass man auch Hamiller oder zumindest sein Gehirn in eine Tube gedrückt hat.
The tube has a similiar etymology, a long cylinder, so why bother pronouncing Hamiller Tube auf Englisch.

thinman
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

thinman hat geschrieben: 05.12.2024, 18:33 Jetzt wird mal wieder auf die Tube gedrückt... da damals Zahnpaste. Kleber, Senf, Majo oder Astronautennahrung aus der Tube kamen spricht nichts dagegen, dass man auch Hamiller oder zumindest sein Gehirn in eine Tube gedrückt hat.
The tube has a similiar etymology, a long cylinder, so why bother pronouncing Hamiller Tube auf Englisch.

thinman
Danke! Dann nehme ich Hamiller in der Senftube. Da aber auch damals schon viele Deutsche ein wenig englisch mit ihrer Sprache umgingen, wäre die U-Bahn - Tube ja nicht von der Hand zu weisen. Eine ähnliche Antwort hatte ich im GF auch schon erhalten und nun sind die Würfel endgültig gefallen.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1410 - Der Droide - ist von Kurt Mahr, erschienen am 29.09.1988
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"Wie viele dieser Teilabschnitte werden das, ehe die ganze Geschichte erzählt ist?", fragte Lee. "Jetzt dürfte die Nummer 11 kommen."

Gucky überlegte. "Keine Ahnung", meinte er. "Es dauert, so lang es dauert. Achtzig? Neunzig? Nein. Ich mache glatt einhundert daraus. Ich glaube, das passt."

"Dann haben wir jetzt also 10% gehört. Allzu viel habt ihr ja bis dahin noch nicht in Erfahrung gebracht. Macht einen sowas nicht kirre? Man kommt nicht dahin, wo man hinwill, keiner weiß was, keiner sagt was und die Personen oder Dinge, die etwas wissen, wie zum Beispiel euer verrückter Rechner, geben nichts von sich. Einzelne Besatzungsmitglieder drehen durch und die Expeditions - Leitung kommt auch nicht grade sehr weit…"

"Ja", sagte Gucky. "Das war schon hammerhart. Am 28 Februar 448 NGZ kamen wir aus Tarkan zurück mit unseren 14 Schiffen. Wir wollten zu der mit der BASIS vereinbarten Position. Wollten wir. Wir kamen aber nicht an. Stattdessen vereinnahmte uns ein Stasisfeld, dass die Raumzeit einfror. Dabei hatten wir von der ganzen Chose noch mal nicht was mitgekriegt. Für uns vergingen ein paar Sekunden, draußen aber glatt 695 Jahre.

Es dauerte eine Weile, bis wir das gemerkt hatten. Naja, seitdem haben wir gesucht. Wir fanden eine zerlegte BASIS mit einer geistig derangierten Positronik - wenn man denn bei diesen Dingern von Geist reden kann. Wir waren auf Nachkommen eines Teiles der BASIS - Besatzung gestoßen. Die waren natürlich in eine vorindustrielle Ära zurückgefallen und verehrten ihr Buch Log, ohne zu wissen, was das war. Wir durften uns das Teil mal ausleihen, weiter hat es uns aber nicht gebracht. Wir sahen Gurrads auf der Hundertsonnenwelt und entdeckten die Spur des vierarmigen Propheten, der niemand anderes als Icho Tolot sein konnte.

Und ich fand auf Satrang den sterbenden Geoffrey Abel Waringer, dem man den Zellaktivator geklaut hatte. Der Chronopulswall umgab die Milchstraße und war für uns undurchdringlich. Rechner funktionierten nicht mehr, Intelligenzwesen drehten durch oder wurden wahnsinnig. Eindringende Sonden explodierten. Wir fanden die Porleyter, die uns etwas von großen Kriegen und den Cantaro erzählten, ohne allerdings nähere Details nennen zu wollen oder nennen zu können. Helfen ging nicht. Die Milchstraße war ortungstechnisch tot, lediglich schemenhaft auftretende Raumschiffe stellten wir fest. Zugegeben. Viel war das nicht. Wir hatten schon mal bessere Ausgangspositionen."

Gucky strahlte von einem Ohr zum anderen und präsentierte gut gelaunt den Nagezahn.

"Aber unsereins lässt sich ja nicht unterkriegen. Nur: So mit losem Herumstochern wie bisher ging es nicht mehr weiter. Ab sofort, so beschlossen wir, war planvolles Handeln angebracht. Man glaubt es kaum. Und so erhielt unsere Kameradin Nikki Frickel den Auftrag, zur Großen Magellanschen Wolke zu fliegen und Kontakt zu den Gurrads aufzunehmen. So flog sie denn mit der SORONG auf und davon."


Spoiler

Gucky erzählt die Geschichte von dem Droiden:


Irgendwer hat mir mal vorgerechnet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass man im galaktischen Leerraum, zum Beispiel zwischen der Milchstraße und der Großen Magellanschen Wolke, auf ein Raumschiff trifft. Sie liegt bei Zehn hoch minus Neun. Das ist zwar noch nicht ganz Null, aber doch kurz davor. Also hätte Nikki Frickel mit ihrem Team bei ihrem Orientierungsaustritt aus dem Hyperraum niemanden vorfinden dürfen. Tatsächlich war da aber ein zweiter Flugkörper!

Der Reflex war lichtschwach und verschwommen, so eben noch messbar. Der Syntron stellte zudem ein fremdes Objekt in unmittelbarer Nähe fest. Fassbar war das Ding nicht. Eine Phantom - Ortung eben. Nikki ließ umgehend die Schirmfelder hochfahren, was aber nur bedingt etwas nützte. Mit einem hellen orangefarbenen Leuchten ging ein kräftiger Ruck durch das große Schiff.

Genauso schnell wie der Spuk kam, war er auch wieder vorbei. Das Leuchten erlosch, der Reflex war verschwunden. Das Ende vom Lied waren zwei ausgefallene Stromwandler. Zwei von Fünf. Und der Metagrafspeicher hatte 45 % Kapazitätsverlust. Also gab Nikki umgehend den Befehl zur Beschleunigung, um wieder in den Hyperraum zu kommen. Das dauerte und dauerte bei der niedrigeren Energie, die zur Verfügung stand, natürlich gefühlt endlos. Und prompt tauchte kurz vor dem Übergang der Schemen wieder auf. In der SORONG legten sie alle vorhandene Energie auf die Triebwerke, ließen die Schirme weg und schafften im letzten Moment den Übergang.

Nikki lehnte sich zurück, fand das Erlebte gar nicht so toll und meinte, sie würde langsam zu alt für diesen Job. Du hättest Nikki kennen lernen sollen, Lee! Entweder man liebte sie und kam mit ihr zurecht oder man sie für absolut überkandidelt und zum in die Tonne kloppen. Dazwischen gab es nichts.

Was? Du willst wissen, was ich von ihr hielt? Du bist viel zu neugierig, oh du mein holder Rauschgoldengel. Außerdem mogelt sich ein Gucky bei solchen Leuten schon irgendwie durch, egal ob er mit Männlein oder Weiblein zu tun hat. Wenn sie mir zu sehr den Nerv töten, dürfen sie mir den Nacken kraulen. Das kennst du ja schon.

Auf jeden Fall kam Nikki mitsamt ihrer Sippschaft danach problemlos auf Ayshran-Ho an. Später wollte man mit der CIMARRON zusammentreffen, aber die war ja im Moment noch in Sachen Porleyter unterwegs. Ayshran-Ho nun ist die gurradsche Freihandelswelt. Wenn man irgendwo etwas über die letzten Jahrhunderte erfahren konnte, dann sicherlich hier, war die allgemeine Meinung. Unsere Nikki, bestimmend wie immer, wollte direkt nach der Willkommens - Begrüßung den Typ an die Wand labern, der sich beim Anflug vorstellte. Sie sei im Auftrag der Kosmischen Hanse unterwegs und wollte als offizielle Beauftragte umgehend den Obermotz der Freihändler treffen. Ihr Gesprächspartner entpuppte sich aber nur als eine Art Hafeninspektor, der ihr außer mittels Leitstrahls nicht weiterhelfen könne.

Unsere liebe Nikki flippte darauf umgehend aus.

Denk dir das mal, Lee. Da kommt jemand an, meint, man wäre ein paar hunderttausend Lichtjahre von der Milchstraße zur GMW geflogen und stellt sich als offizielle Hanse - Botschafterin vor. Und ausgerechnet die erste Figur, die man auf den Schirm bekommt, hat natürlich nichts anderes zu tun, als Madam und ihre Leute zum Oberboss zu karren. Ist klar, ne?

Gut, allzu viel Betrieb war nicht, aber das führte man auf die abgeschottete Milchstraße zurück. Indes durfte sich Nikki wegen ihrer hochtrabenden Vorstellung die eine oder andere Kritik ihrer Mannschaft anhören, das prallte aber locker an ihr ab. Man bildete Teams und bis auf eine Rumpfbesatzung waren alle auf der Handelswelt unterwegs, um das eine oder andere Histörchen auszugraben.

Naja, sie wollten einiges von ihrem Rempel von Bord der SORONO zu Geld machen und erzählten den potenziellen Käufern was von exklusiver Hochtechnologie. Die eröffneten ihnen aber, man brauche keinen jahrhundertealten Schrott und fürs Museum sei ihr Zeug nicht alt genug. Zu ihrem großen Erstaunen konnten sie die Karten ihrer terranischen Banken zu Geld machen. Zu viel Geld sogar. Diese Dinger waren wohl ziemlich wertvoll, weil erstens original terranisch und zweitens diese Teile wirklich sehr selten waren.

So ergatterten sie ein mittleres Vermögen, genug, um sich in einer Nobelherberge einzuquartieren. Von dort aus wollten sie ihre Unternehmungen starten, kamen allerdings in Richtung Regierung keinen Millimeter weiter. Man habe den nächsten freien Termin in circa drei Wochen, meinte irgendein Sekretär zu ihnen.

Unsere Nikki machte nun das, was sie auf fremden Welten in solchen Fällen immer macht: Sie landete in einer Raumfahrerkneipe, wo sie von einem originalen Terra Abkömmling angesprochen wurden. Und der erzählte endlich mal etwas über die vergangenen 695 Jahre. Der Transfer des letzten Viertels von Hangay hatte zu schweren Raumzeit - Erschütterungen geführt. In dessen Folge fielen dort diverse Bündnisse auseinander und es entstand ein heftiger Krieg, der auf die komplette lokale Gruppe überschwappte. Jeder kämpfte gegen Jeden, sagte er. Nur die Gurrads übten sich in Neutralität. Was aber andere kriegsführende Parteien nicht davon abgehalten hatte, auf Gurrad - Welten Stützpunkte zu errichten und Siedlerwelten anzugreifen. Es muss eine fürchterliche Zeit gewesen sein.

Plötzlich zogen sich Hauris, Kartanin und Co. von den Kämpfen zurück, warum, wusste keiner so genau. Danach war Ruhe im Karton. Man mutmaßte, dass die Cantaro damit zu tun hätten. Wer die Cantaro genau waren, wusste unser Freund allerdings nicht. Es sei ein geheimnisvolles Volk, dass unversehens aus den Tiefen des Alls gekommen war. Weit überlegende Technik und so, das Übliche halt. Nur dass diesmal eben kein Perry Rhodan zur Stelle war, die die Eroberer in die Schranken weisen konnte. So muss es äußerst brutal zur Sache gegangen sein. Zu fünfundneunzig Prozent gewannen diese Cantaro, es gibt zudem einen Bericht, der besagt, sie hätten eine gurradsche Siedlerwelt angegriffen, nur weil sie dort einen Hauri - Stützpunkt vermuteten. Ob und wie viele der achtzig Millionen Einwohner überlebten, ist unbekannt. Man geht davon aus, dass die komplette Welt vernichtet wurde.

Alle anderen erkannten daraufhin, dass Krieg führen nichts mehr bringt, falls die Cantaro sich einmischten. Der letztliche Sinn dieses Durcheianders hat sowieso niemand verstanden. Hier schon gar nicht. Irgendwann danach begann vor ungefähr sechshundert Jahren die Abschottung der Milchstraße.

Eine weitere Figur war ein gewisser Bertralam. Er hatte den Gefährten angeboten, in Séancen Informationen über die Vergangenheit zu erhalten. Das erwies sich aber als der berühmte Schuss in den Ofen. Das war wohl einer von der Sorte, die mit dem Entsetzen Scherz und vor allen Dingen Geld machten.

Die nächsten zwei Wochen passierte nichts, bis sich auf einmal unser terranischer Geschichtenerzähler mit Namen Alard Poulotte wieder meldete und von erstklassigen Kontakten zur hiesigen Regierung erzählte. Er kenne einen gewissen Ajonpujarat, den Protokollführer der Hohen Tafelrunde. Nikki kannte diesen Poulotte ja und ging sorglos zu ihm hin. Während ihres gemeinsamen Gespräches wurde ihr aber schwindlig und weg war sie. Als sie wieder erwachte, schlug diese Figur sie bewusstlos, schleppte sie in einen Gleiter und verschwand mit ihr. Ihre Leute wurden unterdessen in ein Feuergefecht verwickelt und konnten ihr nicht helfen. Da kann man wieder sehen: Wenn ich mal nicht dabei bin, geht die Geschichte prompt schief. Aber sogar ich kann nicht überall zugleich sein. Obwohl man mir das auch mal angedichtet hatte - aber das ist eine andere Geschichte.

Zum Schluss entdeckten die Kameraden nach der Schießerei, dass der angebliche Terraner nicht echt war. Sie fanden ein paar Überreste und merkten, dass Poulotte nichts anderes als ein Droide war. Die daraufhin eingeschalteten Behörden halfen auch nicht weiter. Es gab keinen Schriftführer namens Ajonpujarat, meinten sie. Das ist nämlich ein Alt - Gurradsches Wort und bedeutet nichts anderes als "Der zum Narren gehaltene". Und so fühlten sich unsere Freunde auch. Deren Laune wurde erst besser, als die CIMARRON auftauchte.


"Und Nikki Frickel?", fragte Lee. "Ihr habt sie doch sicherlich wiedergefunden?"

"Du bist wie alle Frauen viel zu neugierig", meinte Gucky dazu. "Lass dich doch einfach mal überraschen!"

Lee schüttelte den Kopf. "Es lohnt sich nicht, mit Männern zu streiten", sagte sie. "Sie haben ja doch immer unrecht. Das meinte auf jeden Fall eine dieser schillernden Figuren aus der Damenwelt der Zeit des ersten Mondfluges. Den Namen weiß ich nicht. Aber sie hatte natürlich Recht. Ich gehe mal davon aus, dass das bei Menschen wie Ilts gleich sein dürfte."

Gucky seufzte. Da hatte er sich ja was geangelt. Das kann ja noch lustig werden, dachte er, als er Lees strahlendes Gesicht sah.
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Nikki Frickel. Damals der Albtraum meiner schlaflosen Nächte. Sie sollte wohl so etwas wie ein weiblicher Don Redhorse sein, denke ich. O.k., ganz so schlimm, wie ich sie in Erinnerung hatte, war sie hier in diesem Roman nicht, aber sie ist nach wie vor nicht meine Traumfrau. Das mögen andere freilich total entgegengesetzt sehen. Mir ist sie ein bisschen zu sehr hau drauf.

Ich denke aber, das wäre mir bei einem entsprechend agierenden Mann genauso gegangen. Sie schießt manchmal einfach übers Ziel hinaus. Beispiel: Bei der Landung auf Ayshran-Ho spricht sie direkt den ersten Kontakt auf einen Bevollmächtigten der Regierung an. Anschließend rastet sie aus, als ihr Gegenüber meint, da habe er nichts mit zu tun, er sei nur Hafeninspektor. Später wird der arme Kerl auch noch als begriffsstutzig bezeichnet.

Ich stelle mir dazu grade vor, irgendwer landet im schönen neuen Flughafen BER oder legt im Hamburger Hafen an. Natürlich will der Ankömmling umgehend den Kanzleramtsminister sprechen. Ja ne, is klar...

Nikki Frickels Entführung hat mich da fast schon beruhigt.

Nein, ich werde wohl in der Tat kein Fan mehr von ihr werden, selbst wenn der Rest von dem Roman ordentlich geschrieben und gut lesbar war. Immerhin wurde der Vorhang ein ganz klein wenig gelüftet und man erhielt zumindest ein paar wenige Infos über die Vergangenheit. Auch wenn das den neugierigen Leser nicht wirklich weiterbrachte.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1411 - Eiswelt Issam-Yu ist von Peter Griese, erschienen am 05.09.1988
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"Wenn ich Eines aus dem Geschichtsunterricht behalten habe, ist es die Tatsache, dass es haarig wird, wenn irgendwelche kosmischen Entitäten oder Derartiges mit im Spiel sind."

Lee holte vergessen geglaubtes Wissen aus ihrem Hinterkopf hervor.

"Ich will ja jetzt auch gar nicht wissen, welcher Teufel euch geritten hat, als ihr Hangay komplett in unser Universum transferiert habt. Ich glaube, das würde zu weit führen. Aber irgendwer hatte das Kosmonukleotid DORIFER manipuliert, wahrscheinlich Chaotarchen. Dieses Teil wurde von euch Unsterblichen zu dieser Zeit erforscht, das ging auch, weil ihr sowieso von den Kosmokraten aus der Milchstraße verbannt worden wart. Nebenbei habt ihr noch EDEN II gesucht, wohl, weil ES auch grade weg war. In diesem Zusammenhang ist der gesamte Paratau explodiert, den Fachausdruck habe ich vergessen, die Folge war die Materialisation des ersten Viertels von Hangay an hiesigen Orten. Danach kamen die anderen drei Viertelchen, DORIFER erlitt seinen Schock und das Verhängnis nahm seinen Lauf. Weil das Kosmonukleotid nicht mehr richtig funktionierte, sendete es irgendwelche Strahlen aus und die Kriege in Hangay begannen. Später schwappten sie dann auf den Rest der Lokalen Gruppe über. Ergebnis: Werweißwieviele Tote.

Und das war nur eine Galaxis. Es geht ja das Gerücht um, dass ursprünglich so etwas wie die Vereinigung zweier Universen geplant war. Tarkan ist dem Tod gewidmet, weil es sich zusammenzieht und zwangsläufig in einer Singularität enden wird. Ihr wolltet den kompletten dortigen Kosmos retten. Was für ein Glück, dass das nicht stattgefunden hat. Wenn schon eine einzelne Galaxis so ein Chaos auslöst, was hätte dann ein ganzes Universum mit uns gemacht? Stimmt mein Abriss so ungefähr?"

Sie sah Gucky interessiert an.

"Ja", meinte der Ilt. "Es fehlen etliche Einzelteile, aber im Großen und Ganzen hast du Recht. Es ist so: In dem Moment, wo das Gevölks von Superintelligenzen aufwärts im Spiel ist, hört es auf, lustig zu sein. Die sehen den Kosmos, ach was, das Multiversum mit anderen Augen. Bei Superintelligenzen kann dann schon mal ein Hilfsvolk draufgehen. Oder zwei. Bei den noch höheren Mächten passiert dergleichen ganzen Galaxien. Und wir armen, kleinen Wichte hier unten haben mit den Folgen zu kämpfen und können nur versuchen, das Allerschlimmste zu verhindern. Glaub mir, besonders lustig ist das nicht. Zumal unsere Haus - und Hof SI ES, sowieso nie da ist, wenn man sie denn wirklich mal braucht."

"Und ihr hier auf Newengland habt davon wirklich nichts mitgekriegt?", fragte er noch.

"Nein. Absolut nichts. Wir wussten natürlich, dass irgendwas zu Gange war, hatten aber keine Ahnung, was. Da wir es auch gar nicht so genau wissen wollten, verhielten wir uns äußerst still und waren froh, dass wir absolut autarke Selbstversorger waren. Ich glaube, NATHAN hätte uns gefunden, wenn er uns gesucht hätte. Hat er aber nicht. Wie der Rechner von eurer RAS TSCHUBAI an das Wissen unserer Existenz kommt, ist mir unbegreiflich."

"ANANSI weiß alles. Nun gut, fast alles. Woher die Semitronik ihr Wissen im Detail bezieht, erschließt sich mir nicht. Wobei es mir aber trotzdem völlig unklar ist, warum nicht irgendwann mal irgendwer über euch gestolpert ist. So wie ich jetzt."

"Das hat was mit einer Strahlungskomponente unserer Sonne zu tun. Ich glaube, die verhindert Ortungen oder gaukelt etwas Falsches vor. Dazu müsste ich Hyperphysikerin sein, aber davon habe ich von einigen wenigen Grundbegriffen abgesehen nicht die geringste Ahnung. Bei dir könnte es sein, dass deine Psi - Fähigkeiten eingeschränkt sind."

Gucky teleportierte zehn Meter weiter bis zur nächsten Sitzgelegenheit, hob Lee telekinetisch an und holte sie einen halben Meter über dem Boden schwebend zu sich heran. Sie zappelte dabei ein wenig, weil sie diese Art von Transport nicht gewohnt war. Dann sah Gucky Lee konzentriert an.

"Oh!", meinte er.

"Ja, nicht wahr?" Lee war begeistert. "Das Gedankenlesen klappt nicht. Ich kann dir hier jetzt Werweißwas erzählen und du musst es mir glauben, weil du es nicht überprüfen kannst. Hähähä, wenn mir diese Bemerkung erlaubt ist. Ich könnte sogar ein Roboter sein und du würdest es nicht merken. Das macht richtig Spaß!"

Gucky grummelte vor sich hin. Es war ja nun nicht so, dass er stets und ständig Gedanken las. Im Gegenteil: Zu viele Ergebnisse der Gehirnwindungen anderer Leute machten den mental stärksten Mausbiber kaputt. Wenn er da nicht aufpasste, kam ein fürchterliches Gedöns in seinem Kopf an, das er nicht mehr entwirrt kriegte und dann kam mit etwas Pech der geistige Kurzschluss. Aber so gar nicht? Und das, obwohl er sich vorgenommen hatte, hier ausnahmsweise mal überhaupt nicht zu espern?

"Tröste dich", meinte seine Begleiterin, "Anderen geht es auch nicht besser. Ich kann deine Gedanken ja auch nicht lesen."

Guckys Laune besserte sich wieder, als Lee begann ihm zum Trost den Nacken zu kraulen.

"Du hast keine Ahnung, was das in mir auslöst. Du könntest es damit vergleichen, dass du von einem auf den anderen Moment ertaubst. Aber ich mache eine gute Miene zum bösen Spiel und streite mich nicht mit dir."

"Das ist ja schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Denk einfach dran: Männer haben sowieso immer unrecht."

Gucky seufzte. Er brauchte jetzt unbedingt ein Erfolgserlebnis. Also ging es zurück in die Vergangenheit zu dem Moment, als sie beschlossen hatten, Nikki Frickel zu suchen und zu retten. Erstens sowieso und zweitens, weil Nikki irgendwas von dem vierarmigen Propheten mitgekriegt hatte.


Spoiler

Gucky erzählt die Geschichte von der Eiswelt Issam-Yu:

Eigentlich müsste ich ja mit den Pflanzenwesen anfangen. Mach ich glaube ich auch. Das waren übrigen auch Frauen. Männliche Ableger gab es hier wohl nur einen einzigen, warum, ist mir unklar. Auf jeden Fall kamen sie aus Tarkan und sind mit ihrer siganesischen Freundin wo wohl - richtig, auf Siga gelandet. Dabei war noch ein Roboter namens Dart Hulos. Genau, der war nach dem Waffenwart aus dem PALADIN Roboter benannt. Hergestellt vor etlichen Ewigkeiten in Norwegen auf Terra, in Australien an bewusste Siganesin verkauft und so auf Siga gelandet.

Die kleine Freundin der Pflanzenwesen lebte leider nicht mehr lange. Der hyperenergetische Sturm von DORIFER zerstörte ihre Virenschaukel und sie selbst zum Entsetzen ihrer Begleiterinnen gleich mit. Nein, Lee, eine Virenschaukel hat nichts mit Erkältungen zu tun. Das ist ein letzter Überrest aus dem Virenimperium gewesen, das würde hier aber zu weit führen, dann wären wir übergestern noch dran.

Die Pflanzenwesen spürten eine Gefahr, die sich in der Milchstraße noch entwickeln sollte, ohne dass sie sie näher benennen konnten und gaben dem Robot Dart Hulos den Auftrag sie dort heraus zu führen. Sie wollten nach Hangay, zu den Magellanschen Wolken, egal wohin, nur weg hier. Die Zataras, so hießen diese intelligenten Gewächse konnten in gewissem Maße zukünftige Entwicklungen vorhersehen. So wussten sie zum Beispiel nach einiger Zeit, dass Perry Rhodan in dem Gurrad - System auftauchen würde, in dem Nikki Frickel entführt wurde. Also flohen sie mit einem Siganesen - Raumer zur Eiswelt Issam - Yu. Weil Perry dort irgendwann mal erscheinen würde. Kurz vor dem Ziel wurde ihr Schiff schwer beschädigt und Dart Hulos bekam auch ziemlich einen mit. Er wusste nicht mehr, ob er Hülle, Hulos oder Hüllos hieß. Richtig sprechen konnte er auch nicht mehr, er gab ein Gemisch aus norwegisch, englisch und Interkosmo von sich. Aber auf jeden Fall schafften sie es so grade noch bis zu ihrem Ziel. Dort warteten sie. 650 Jahre lang.

Unsereins durfte sich unterdessen mit den Behörden der Gurrads herumschlagen. Es ging um 695 Jahre Geschichte. Und es ging um die entführte Nikki Frickel. Ich könnte jetzt hier endlos lang weitererzählen, wie die Schwierigkeiten mit den Gurrads ausarteten, aber ich glaube, das kann ich auch bleiben lassen. Letztlich hatten die Gurrads wohl Angst, sich mit echten Terranern zu beschäftigen. Die Sorge vor den unbekannten Herrschern der Milchstraße war übermächtig.

Naja, wir entdeckten die Lebensgefährtin dieses komischen Wahrsagers, der irgendwie mit Nikkis Entführung zusammenhing. Sie hatte einen Memowürfel in der Hand und übergab ihn Perry mit dem Hinweis, er sei das Testament Tryndallars, so hieß der wahrscheinliche Entführer. Auf der CIMARRON konnten die Techniker das Teil einigermaßen entschlüsseln. Nun denn, wirklich Wichtiges war natürlich nicht drauf. Es gab lediglich Hinweise auf einen weiteren Datenträger, der Informationen zu den vierarmigen Propheten, also Icho Tolot enthalten sollte. Weiterhin waren ein paar Sätze über eine unsichtbare Macht enthalten, die auf dem Eisplaneten Issam-Yu ihr Dasein fristete. Also ging es mit Genehmigung der örtlichen Behörden zum Planeten Nummer elf.

Ich, stell dir das mal vor, ich, Gucky, der erwiesene Retter des Universums, kam vor Ort nicht weiter. Ich konnte nicht ins Ziel teleportieren! Tagelang waren wir mit Vermessungen beschäftigt und kamen keinen Schritt nach vorn. Grade, als wir diese unwirtliche Gegend wieder verlassen wollten, laberte aber jemand auf Norwegisch aus unserem Funkgerät. Unser Freund Hülle, Hüllos, Hulos. Der inzwischen leicht derangierte Blechkasten. Und der Kasten konnte teleportieren! Er stand auf einmal in unserer Zentrale und nahm Perry und mich mit. Natürlich wurden wir angegriffen und ebenso natürlich beendete unser Blechkollege aus Norwegen sein metallenes Leben dabei. Wir schafften es natürlich. Ging ja auch nicht anders, ich war ja dabei.

Ich fand Nikki, befreite sie und danach erfuhren wir von Bully, dass ein schemenhaftes Objekt Issam-Yu mit gewaltiger Geschwindigkeit verließ und ab ins All flog. Unsere Gegner hatten dabei zwar die Station und ihre Roboter vernichtet, aber trotzdem einen Fehler gemacht: Sie hatten einen Memowürfel in Tryndallars Hand übersehen.

Der war für unsere Techniker genauso wenig wie Würfel eins ein Thema. Bei der Präsentation sahen wir nämlich unseren alten Freund Icho Tolot, der uns eröffnete, er sei auf dem Weg zu den Säulen der Vergangenheit und uns aufforderte, ihm zu folgen.

Nun gut. Nikki war befreit und die erhofften Informationen über die letzten 695 Jahre erhielten wir selbstverständlich nicht in dem Maße, wie wir es erhofft hatten. Dafür fanden wir aber etwas, womit wir nicht gerechnet hatten: Eine Spur zu unserem Freund Icho Tolot und den Zeittafeln von Amringhar.


"Ja, aber ihr wusstet doch gar nicht, wo Tolot war. Dieser Würfel war doch auch schon was älter. Wie habt ihr das denn hingekriegt?"

"Hab ich dir nicht gesagt", dozierte Gucky, "dass du viel zu neugierig bist? Und überhaupt! Wie lange sind wir jetzt schon hier? Die Sonne geht langsam unter. Außerdem habe ich wieder Hunger! Robot! Ein Gemüsesaft!"

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Mit diesem Roman bin ich absolut nicht klargekommen. Kein Stück. Ich gehe sogar soweit, dass dieser Band der erste wirklich schlechte Roman dieses Zyklus ist. Er wirkt auf mich zusammenhanglos. Die Pflanzenwesen sollten eine nette Idee sein, sicherlich, die kam bei mir aber nicht an. Letztlich dienten sie ja nur dazu, um über ihren seltsamen Roboter aus Norwegen bei Perry und Gucky Aufmerksamkeit zu erregen.

Reginald Bull ist zwar dabei, wirkt aber wieder, als wäre er nur Staffage. Mehrfach "mault" er rum, es ist nicht zum Aushalten.

Ein großer Teil des Romans beschäftigt ich mit dem x - ten Rückblick auf das Schicksal der 14 Schiffe und die eigentliche Handlung fand erst auf den letzten paar Seiten statt. Und die Zänkerei mit den Gurrad - Behörden hätte ich auch nicht gebraucht.

Aus meiner subjektiven Sicht mangelhaft. Und das ist noch gut bewertet. Andere mögen zu anderen Ergebnissen kommen, bei mir wird's nicht mehr.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1412 - Der Pirat von Magellan - ist von Marianne Sydow, erschienen am 12.09.1988
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"Ich glaube", sagte Gucky zwischen zwei Schlucken seines Gemüsesaftes, "ich habe jetzt etwas für neugierige kleine Mädchen."

Lee sah ihn erwartungsvoll an und hob eine Augenbraue.

"Es passierte nämlich tatsächlich mal was. Nikki war befreit. Sie hatte mit ihrer SORONG Ayshran-Ho bereits verlassen; wir waren mit der CIMARRON aber noch vor Ort. Wir hätten nämlich die Hoffnung, dass wir in Sachen Vergangenheit noch was herauskriegen könnten. Es war ja nicht so, dass wir keine weiteren Spuren mehr in diesem System vermuteten, aber wir wollten keinesfalls gegen den ausdrücklichen Willen der Gurrads tätig werden. Die hatten in den letzten Tagen gemerkt, dass in ihren System so einiges nicht mit rechten Dingen zuging. Spätestens, als das schemenhafte Raumschiff die Biege gemacht hatte, wussten sie, dass sie - und vielleicht auch wir - unter Beobachtung standen."

"Ich denke mal", meinte Lee, " sie wollten euch so schnell wie möglich loswerden, trauten sich aber nicht so richtig."

"Ja, sie waren der Meinung, dieser Memowürfel mit den Aufzeichnungen Icho Tolots müsste eigentlich reichen. Wir sollten ganz einfach verschwinden, die Auswertung des Würfels könne man ja schließlich überall vornehmen. Das müsse ja nicht bei ihnen vor der Haustür passieren. Wir stellten dabei allerdings eine geradezu panische Angst vor den Machthabern der Milchstraße fest und das legte für uns die Schlussfolgerung nahe, dass sie mehr wussten, als sie uns mitteilten. Wir blieben also und warteten. Und warteten. Und warteten. Just in dem Moment, als wir abfliegen wollten, klingelte es an der Haustür der CIMARRON."

Gucky sah seiner Begleiterin in die Augen.

"Und außerdem", führte er weiter aus, "habe ich das Gefühl, hier eine ziemliche Überraschung schildern zu können."

Er merkte, wie Lee etwas fahrig reagierte und wähnte sich auf dem richtigen Weg.


Spoiler

Gucky erzählt die Geschichte des Piraten von Magellan:

Der Besucher war ein Gurrad und er war nicht mehr der Jüngste. Seine Mähne ließ daher ziemlich zu wünschen übrig, aber seine Augen waren noch klar, seine Stimme deutlich und sein Händedruck konnte einen Ertruser in die Knie zwingen, erst recht natürlich einen Perry Rhodan.

Er stellte sich als Tetram Kham vor. Er sei örtlicher Bürger und könne das Verhalten der Behörden seines Volkes nicht nachvollziehen und erst recht nicht gutheißen.

Das gefiel nicht nur Perry und wir alle hörten es mit großer Freude. Er habe etwas zu berichten, sagte der Löwenmähnige. Es beträfe die Erlebnisse seines Vorfahren Nandur Kham. Der habe zu einer Zeit gelebt, als der große Krieg schon zu Gange war. Ob wir interessiert wären? Natürlich waren wir das, meinte unser größter aller großen Meister.

Er bat Perry, zu ihm nach Hause zu kommen, aber bitte alleine, er wolle keine Schwierigkeiten mit seiner Familie haben, die im Übrigen nicht seiner Meinung sei. Wir beratschlagten uns, Bully gab ein bisschen den nachdenklichen Mahner, aber im Ernst: das kann Atlan besser. Ich wollte sowieso mal meine Ruhe haben, sagte aber zu, ein telepathisches Ohr an der ganzen Sache zu haben.

Einige Zeit später wurde Perry abgeholt und es ging ab in Richtung Wohnstatt unseres Besuchers. Er machte es sich bequem und der Bericht begann.

Es gab zu Zeiten von Nandur Kham, also dem Vorfahren des Vortragenden, Piraten in der Großen Wolke der Gurrads. Die waren eigentlich schon immer vor Ort und sie tauchen grundsätzlich überall da auf, wo mit interessanten Dingen Handel getrieben wurde und wird. Sie sind also keine Erfindung der Neuzeit. Eine Frau, die solche Leute sehr protegiert hat, war übrigens eure erste Elisabeth, ganz nebenbei bemerkt. Sir Francis Drake. Schon mal gehört? Woher ich das weiß? Naja, ich treibe mich ja schon länger als ein paar Tage bei den Terranern herum und da lernt man sie doch ziemlich gut kennen. Und ich habe einen Doktortitel in Geschichte.

Da staunst du, was? Dieser komische kleine Mausbiber - Knilch, der so aussieht wie ein zu groß geratenes Kuscheltier, ist promovierter Historiker. Nun gut, nicht unbedingt in altterranischer Geschichte, aber die kriegt man so nebenbei noch mit. Wenn sich dann zu allem Überfluss noch ein Atlan da Gonozal im engeren Bekanntenkreis befindet, kommt dieser ganze Kram sozusagen mit dem Verputz von alleine.

Also: Unsere Piraten. Neu war, dass die wohl immer schon im Voraus wussten, wo es sich lohnte zuzugreifen. Waffen, technisches Gerät und wertvolle Rohstoffe, das war was für diese Leute. Dazu kam, dass in letzter Zeit immer häufiger fremde Raumschiffe auftauchten. Deren Insassen schienen samt und sondern miteinander verfeindet zu sein. Hätten die sich nun darauf beschränkt, sich untereinander zu bekriegen, wäre das den Gurrads noch egal gewesen. Es tauchten aber ganze Flotten der Hauris und der diversen Völker der Kartanin auf und zogen andere mit bemerkenswertem Geschick in die eigenen Zwistigkeiten hinein.

Und dann kamen seit Neuestem kleine Verbände eines bisher unbekannten Volkes dazu. Sie waren technisch hochentwickelt, niemand hatte sie bisher gesehen und es war nur der Name bekannt: Cantaro. Jeder bekriegte jeden. Das Schlimme war nun, dass eigentlich keiner wusste, worum es bei diesen Kämpfen eigentlich ging. Wieso alle so hasserfüllt waren.

Und just, als sich das Kampfgeschehen immer mehr in Richtung Lishtar - System verlagerte, erhielt unser Freund Nandur Kham eine Nachricht. Nun war Nandur nicht Irgendwer, er gehörte zur Tafelrunde von Massengi, das waren sowas wie die regierenden oberen Zehntausend. Der Nachrichtengeber forderte Nandur auf, seinem Volk beizustehen und ihn auf Meggiaro bei den Ruinen von Zhan zu treffen. Meggiaro war eine Hinterwäldlerwelt, noch schlimmer als eure hier, oh meine Teuerste. Unbesiedelt, völlig leer, keine Bodenschätze, nichts. Staub, Wüste und ein paar steinalte Ruinen, sonst nichts.

Einige Zeit später stapfte Nandur durch die Ruinen und wunderte sich, wie etwas derart öde sein konnte. Dann sahen sie das kleine Schiff, fünfzig Meter lang und völlig chaotisch aufgebaut. Nach einigem Durcheinander kamen sie in den fliegenden Schrotthaufen hinein, fanden innen einen absoluten Luxus vor und trafen auf einen zu klein geratenen Arkoniden. Der erklärte natürlich weder, wer er war noch woher er kam. Nach einigem Gezänk wollten sich Nandur und Co. schon wieder zurückziehen, als auf einmal eine damalige Sagengestalt auftauchte. Captain Ahab. Der war nun niemand anders als der vormalige Sotho Tal Ker oder auch Stalker, ein übrig Gebliebener der Ewigen Krieger aus Estartu. Alleine über den könnte ich dir monatelang Geschichten erzählen. Nun gut. Irgendwann mal war der ganze Kriegerclan weg, aus Stalker wurde ein Springer mit Namen Captain Ahab. Und der erzählte nun, dass sich in der Milchstraße ein Feind breit machte, der diese unsere Galaxis besetzen und von der Außenwelt abschirmen wollte. Die Gurrads, so unser Captain, sollten sich um die Milchstraße kümmern, den Feind verscheuchen oder zumindest mithelfen. Er arbeite zudem mit Perry Rhodan zusammen, sagte er.

Nun hatten die Gurrads grade genug mit sich selber zu tun, weil durch die kriegerische Situation ständig Welten der Gurrads evakuiert werden mussten. Man wusste zwar nicht, welche Welt als nächste angegriffen werden sollte, aber daraus resultierte eine allgemeine Unsicherheit, die immer mehr in Panik umschlug. Nandur Kham bekam schlechte Laune, wenn er nur daran dachte, dass es Gurrads gab, die sich an der Not der Flüchtenden bereicherten.

Nebenbei bemerkt: So einer hätte mir mal über den Weg laufen sollen. Das siehst du auch so? Dann sind wir ja schon zwei. Aber wir hingen ja dummerweise in diesem komischen Feld fest und bekamen von alledem nichts mit.

Zurück bei seiner Tafelrunde überzeugte Kham seine Mitregierenden, dass es nicht falsch sein könne, sich zumindest mal für die Milchstraße zu interessieren. Wer er denn Raumschiffe finden würde, sagte man ihm, könne er ja loslegen.

Er entdeckte ein paar Schiffe und auch ein paar Verrückte, die sich tatsächlich auf den Weg machten. Er selber ging vor Ort in eine Stadt, in der hauptsächlich Nichtgurrads wohnten. Er fand den Leiter des terranischen Hansekontors, der ihm auch von Kämpfen berichtete, aber nicht Näheres mitzuteilen wusste. Die Berichte widersprächen einander, so der Terraner, aber es gäbe Hinweise, dass bereits ein großer Teil der Milchstraße abgeschottet sei.

Nandur Kham selbst verging die Zeit nicht schnell genug. Die Verbindung zu den ausgesandten Schiffen war abgerissen und vor Ort in der Großen Wolke war der Teufel los. Er hatte genug zu tun und schon fast alles vergessen, als auf einmal eines der ausgeschickten Schiffe zurückkehrte. Man sei Nachhut gewesen, sagte der Kommandant und man habe den Kontakt zu den weiteren Schiffen verloren. Mindestens zwei seien vernichtet worden, erläuterte er.

Sie hätten einen abgelegenen Planeten gefunden und wären dort terranischen Siedlern begegnet. Sie behaupteten, nichts von den Vorgängen in der Milchstraße zu wissen. Man musste ihnen glauben, hatte allerdings den Eindruck, dass man so Manches verschweigen würde. Perry Rhodan sei nach wie vor verschollen, erfuhren die Gurrads. Mehr hatten sie nicht in Erfahrung gebracht. Nach dem Gespräch verließ das Schiff Ayshran-Ho umgehend und war auf Gurrad - Welten im Einsatz.

Nandur dürfte sich in Folge wieder mit den Piraten beschäftigen. Gefühlsmäßig wurden es immer mehr, allen voran einer, den man das Phantom nannte. Der muss ein Widerling sondergleichen gewesen sein: Er plünderte vorzugsweise abgelegene kleine Kolonien aus, die weder Raumschiffe noch Waffen besaßen. Weitere Opfer waren Raumschiffe oder Raumstationen, die sich nach einem soeben überstandenen Angriff nicht wehren konnten. Die Milchstraße und Captain Ahab hatte er völlig vergessen, weil er hauptsächlich damit beschäftigt war, dieses Phantom heiß und inbrünstig zu hassen.

Er hasste solange, bis, nun bis auf einmal unser Captain Ahab alias Stalker wieder vor ihm stand und wissen wollte, was er denn in Richtung Rettung der Milchstraße zu unternehmen gedenke. Nichts, sagte Nandur und war der Meinung, die Galaktiker würden sich, die andauernden Kämpfe vor Augen, selber abschotten. Ahab lachte sich kaputt und legte Nandur eine faszinierende Waffe auf den Tisch, mit der er - gewaltfrei natürlich - die anderen Tafelrundler überzeugen sollte. Er versprach ihm sogar, Perry Rhodan zu sehen.

Die Waffe war ein Gravitationsstrahler. Riesengroße Felsbrocke konnten auf Erdnussgröße geschrumpft werden. Dagegen, so Kham zu seinen Regierungsgenossen, hätten sogar die Cantaro nichts einzusetzen. Aber der gute Captain Ahab hatte ihn hereingelegt. Mitten im Gespräch explodierte das Teil und löste sich einfach so in Luft auf. Damit war das Thema Unterstützung der Milchstraße endgültig gestorben. Nandur erhielt den Auftrag, sich um eine abtrünnige Welt zu kümmern.

Bei einem Orientierungsaustritt aus dem Hyperraum war es dann soweit: Sein Schiff wurde bereits erwartet. Nandur Kham wusste sofort, dass dort das Phantom auf ihn wartete. Nun, Nandurs großer Vorteil war die Eskorte, die ihm als Mitglied der Tafelrunde zustand. Das fremde Schiff wurde schrottreif geschossen.

An Bord fand man Roboter und - den seltsamen kleinen Arkoniden, und zwar tot. Man fand aber noch jemand: Unseren Captain Ahab. Der wollte unseren Freund immer noch zur Hilfe für die Milchstraße überreden. Er, Kham, wisse schließlich nicht, was wirklich gespielt würde, so Ahab. Immerhin gab er zu, dass auch er nicht wisse, wo Perry Rhodan abgeblieben sei. Der Gurrad hatte von allen möglichen Piraten abschließend die Nase voll, ließ Ahab in seinem schrottreifen Raumschiff und düste auf und davon.

Damit war der Bericht zu Ende.

Wirklich mehr über die letzten 695 Jahre wusste Perry danach nicht. Die Milchstraße war total isoliert. Nichts kam rein, nichts kam raus. Es war wie verhext. Wir waren zwar alle davon überzeugt, dass irgendwo auf dieser Welt tatsächlich brauchbare Informationen lagen. Nachforschen hätte sich sicherlich gelohnt, aber es galt, Rücksicht auf die Gurrads zu nehmen. Perry bedankte und verabschiedete sich. Anschließend ging es zurück zur CIMARRON und die Gurrads waren froh, uns loszuwerden.


"So, oh du meine Begleiterin oder von mir aus auch Bewacherin. Jetzt pass mal gut auf!" Gucky stellte sich vor Lee, hob sich telekinetisch etwas an und war so mit ihr auf Augenhöhe. "Jetzt bin ich mal neugierig."

Lee errötete leicht und Gucky wusste endgültig, dass er auf dem richtigen Weg war. "Dieser Hinterwäldlerplanet, mit dem die Expedition Kontakt aufgenommen hatte, war Newengland, oder?"

Lee nickte. Sie wollte etwas sagen.

Gucky ließ sie nicht zu Wort kommen. "Merk dir eins, mein Kind", fauchte er. "Die Person, die Gucky reinlegt, egal, ob er Gedanken lesen kann oder nicht, muss erst noch geboren werden. Ich ziehe mich jetzt zurück auf meinen Gleiter. Morgen früh treffen wir uns an dieser Stelle wieder und dann wüsste ich gerne, was du mir sonst noch verschwiegen hast."

Sprachs, teleportierte und lies seine ansonsten doch sehr sympathische neue Freundin allein. Aber schließlich, dachte er, gibt es ja noch Grenzen im Showgeschäft.

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Das war nach Band 1403 der zweite Roman von Marianne Sydow in diesem Zyklus und der zweite Roman von ihr, der mir gut gefallen hat. Für mich ist er um Längen besser das der Vorband 1411. Mit guter und lockerer Schreibweise führt sie durch den Roman, den sie, obwohl es ja eigentlich nur ein Rückblick ist, spannend gestaltet und auch den Humor nicht vergisst.

Als sie über die Evakuierung der Gurrad - Welten schrieb, fiel ich ziemlich drastisch aus dem Jahr 500 NGZ in die Wirklichkeit zurück. Man entwickelt im Moment doch ziemliche Antennen für aktuelle Ereignisse.

Das Interessante an ihrem Roman war aber, dass wir eigentlich nichts, aber auch gar nichts Neues erfuhren. O.k., Stalker existierte noch und machte sich Sorgen um die Milchstraße. Das wars aber auch schon. Aber sie war in der Lage, uns diese Nicht - Informationen gut verpackt zu servieren. Daumen hoch!

Im nächsten Roman geht es auf in Richtung Atlan. Mal sehen, ob der mehr geregelt kriegt.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Zwischenspiel:

In Guckys Gleiter konnte man aus dem Pilotensitz eine Schlafgelegenheit machen, indem man auf den blauen Knopf auf der linken Seite drückte. Auf normale mechanische Art bewegte sich das Teil ein paar Mal hin und her und das Ilt - Bett war fertig. Den zweiten Sitz hatte Gucky ausbauen lassen, dafür war im hinteren Bereich eine winzige Hygienezelle errichtet worden und vorne eine Art Kühlbehältnis zur Aufbewahrung seiner Lieblingsspeise: Möhren.

Nichts, wo man monatelang Urlaub drin machen möchte, dachte der Ilt, aber besser als nix. Morgen sehen wir weiter.

Er fragte sich, was das hier nun alles wieder sollte. Gut, seine Begleiterin betrachtete ihn als eine Art lebendes Geschichtsbuch und fand seine Erzählungen sicherlich hochinteressant. Er musste aber aufpassen, dass er nicht alles über sich und seine Leute erzählte und im Gegenzug nichts von den Hiesigen erfuhr. Denn er wollte schon wissen, wo er denn nun genau war und wie die Menschen hier lebten.

Hatten sie überhaupt keinen Kontakt zum Rest der Galaxis? Nun gut, dass man sich aus dem intergalaktischen Gezänk heraushalten wollte, konnte er nachvollziehen. Dafür hatte er einfach zuviel überflüssige Kriege und ähnlich blödes Zeug erlebt. So hörte er ja immer wieder das Argument, dass der hiesige Teil des Universums ohne Perry und Co. wesentlich friedlicher sein würde, als mit ihm und seinen Kumpanen. Er zöge das Unheil an wie ein Magnet Eisenspäne, wurde öfters kolportiert. Aber war nicht grade der Teil terranischer Geschichte, um den es hier in seinen Erzählungen ging, der Gegenbeweis? Die ganze "Rhodan - Sippschaft" mitsamt Bully, Atlan und vor allem ihm höchstpersönlich war ja nun 695 Jahre nicht da gewesen und das Ergebnis war vorsichtig ausgedrückt nicht so doll gewesen.

Aber zurück nach Newengland, ging dem Ilt durch den Kopf. Industrien habe ich beim Anflug keine bemerkt. Sie sind hier aber durchaus nicht so vorsintflutlich, wie man dann eigentlich meinen sollte. Vom ersten Draufsehen her war Thamestown eine ganz normale Stadt. Zudem wollte er außer Lee noch andere Leute kennenlernen. Wie funktionierte das Gemeinwesen? Und überhaupt. Ob seine neue Freundin eigentlich nichts zu tun hatte, außer ihn mit Fragen zu durchlöchern?

Vielleicht lass ich sie einfach mal ein wenig hängen, dachte er. Und mach das so nach dem Motto: ich erzähl dir nur was, wenn du mir was erzählst. Mal sehen.

Und noch etwas: Woher hatte er eigentlich schon wieder dieses ganze Detailwissen? Sicherlich, er war selber dabei gewesen, aber das war doch nun schon lange her. Wenn er jetzt ad hoc zum Beispiel über den Sotho Tal Ker längere Stories von sich geben müsste, würde ihm nicht mehr einfallen, als...

Nein eigentlich fiele ihm da gar nichts ein. Oder zumindest nicht viel. Ein grober Umriss, ja. Mehr aber nicht. Auf keinen Fall derartige Details wie heute, mit Namen von Gurrads zum Beispiel. Da stimmt doch schon wieder was nicht.

Und wieso saßen sie eigentlich alleine dort? Es war ein parkähnliches Umfeld zum Flanieren mit etlichen Bänken auf dem Grünen. Aber außer dem Steinzeit - Robot hatte er niemanden gesehen. Das war auf anderen Welten nicht so. Da wurde er immer als Weltwunder bestaunt und Horden von Kindern nahmen ihn in Beschlag, sobald sie ihn sahen.

Sehr seltsam, alles das, dachte er noch, dann verloren sich seine Gedanken irgendwo im Nirgendwo und er schlief ein.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1413 - Enklave Chronopuls-Wall - ist von H. G. Francis, erschienen am 19.09.1988
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"Guten Morgen!" Gucky ging um die erschreckte Lee herum, die Teleporter nicht gewohnt war und den Ilt auf normalen Weg zu Fuß erwartet hatte. Obwohl ihr eigentlich klar sein müsste, dass ich dann ein paar Stunden gebraucht hätte, dachte der Mausbiber.

"Wenn man nicht täglich mit euch zu tun hat und so ein Wichtel auf einmal einfach so aus dem Nichts auftaucht, soll man sich schon erschrecken dürfen." Lee rechtfertigte ihr Zusammenzucken.

"Wichtel hat mich auch noch keiner genannt. Heute einen Clown gefrühstückt? Gibt's eigentlich von deiner Seite was Neues?" Gucky baute sich mit seiner vollen Größe von einem Meter und ein paar Zentimetern auf und sah Lee direkt an.

Lee druckste ein wenig herum. "Du wirst dir sicherlich ein paar Fragen gestellt haben", sagte sie.

"Oh ja", antwortete Gucky. "Soll ich alle ausgraben? Dann wärest du mal einen ganzen Tag mit reden dran."
"Hör mal", Lee wusste nicht so richtig, wie sie anfangen sollte, "das lief nicht optimal gestern. Weder mit deiner Begrüßung noch mit dem ganzen Rest. Ich möchte mich bei dir entschuldigen."

"Angekommen", Gucky grinste. "Du kennst die Strafe."

"Es gibt einiges für mich nachzuholen. Und ich verspreche dir, dass ich das tun werde. Aber vorher muss ich noch anderweitig Rede und Antwort stehen Dieses Gremium kommt aber aus Zeitgründen erst morgen Abend zusammen. Vorher geht es nicht, selbst wenn du sie alle hierher teleportieren wolltest. Das hat was mit nicht aufschiebbaren landwirtschaftlichen Tätigkeiten zu tun. Da ist sehr viel Eigenarbeit vonnöten und die ist nun mal morgen Mittag abgeschlossen. Können wir bis dahin noch weitermachen wie gehabt?"

Sie hat Sorge, dass ich jetzt ausraste oder mich einfach umdrehe und verschwinde, ging es Gucky durch den Kopf. Aber da müssten schon härtere Geschütze erscheinen. Gucky bemühte sich um einen gestrengen Blick und dachte dabei an die Richter von Old Bailey, diesem Gericht, dass er mit dem originalen England in Verbindung brachte. Dort wurden die armen Delinquenten von grimmig blickenden Herren mit weißen Perücken zu ihren verdienten Strafen verurteilt. Manch armer Teufel endete sogar am Strang. Was für eine Barbarenbande! Atlan hat einfach nur Recht!

Aber so ganz schien es mit dem fürchterlichen Blick nicht geklappt zu haben, wenn er auf Lees Gesicht schaute. Sie lachte nämlich schon wieder.

Gucky hob den Zeigefinger seiner rechten Hand. "Angeklagte", proklamierte er, "ich verurteile Sie wegen Missachtung ilt'scher Autorität zu täglichem zweistündigen Nackenkraulen besagten Mausbibers. Sollte diese Zeitspanne unterschritten werden, drohen pro fehlende Minute eine Woche Einzel- und Dunkelhaft in hiesigen Katakomben!"

Lee ging theatralisch auf die Knie. "Gnade, Euer Ehren, Gnade! Ich bin diesem Wesen hilflos ausgeliefert. Dieser Gucky hat gar ungeheuerliche Psi - Kräfte und ist dem Wahn verfallen, der Retter des Universums zu sein! Er saß zudem ohne Vorankündigung plötzlich hier im Regen. Einsam und alleine. Ich bin die Einzige, die sich um ihr gekümmert hat. Ich appelliere an Eure Lordschaft!"

"Stattgegeben", erwiderte das Hohe Gericht. "Die Strafe wird auf täglich 1 Stunde und 55 Minuten verkürzt und ist bis zum Abflug des zu kraulenden Ilts zu leisten. Das Urteil ist rechtskräftig. Grundlage ist die Charta 638 A II aus dem Jahr 1604 alter Zeitrechnung."

"Da hab ich mir ja was angetan", Lee seufzte, machte aber wieder einen zufriedenen und frohen Eindruck auf Gucky. "Aber du erzählst mir jetzt, wie es weitergegangen ist? Im Großen und Ganzen wart ihr immer noch genauso schlau wie am Anfang."

"Ja", sagte Gucky. "Das war eine reichlich zähe Angelegenheit. Diesmal war unser alter Arkonide an der Reihe, der eigentlich immer eine Lösung fand. Sogar dann noch, wenn alle anderen aufgegeben hatten."

Spoiler
Gucky erzählt die Geschichte von der Enklave Chronopuls-Wall:


Atlan war mit der LACRIMARUM und der CYGNUS unterwegs. Sinn der Übung war natürlich die Beobachtung des Chronopuls-Walls in der Hoffnung, irgendwo ein Loch darin zu finden. Dann fanden die Wissenschaftler auch tatsächlich etwas. Zuerst war natürlich die Freude groß, weil sie meinten, sie hätten einen Durchgang gefunden, eine Öffnung eben, die sie durchqueren konnten, ohne zu explodieren oder den Verstand zu verlieren.

Aber unser alter Atlan gab wieder dem großen Mahner und hielt den Jubel für voreilig. Niemand, so seine Meinung, errichte mit einem riesigen Aufwand solch einen Wall, nur um eine Lücke darin zu hinterlassen, durch die jeder Dorfdepp fliegen könne. Also mussten erstmal Roboter das soeben Entdeckte untersuchen.

Sie fanden natürlich kein Loch - wäre ja auch zu schön gewesen. Aber immerhin stießen sie auf eine Enklave, eine Art Einbuchtung. Sie war zwölf Lichtstunden lang und 15 breit. Die Öffnung hatte einen Durchmesser von etwas über 5 Lichtstunden, wenn ich mich richtig erinnere. Bis man nun alle notwendigen Daten über diese Enklave hatte, dauerte es eine ganze Zeit und nach vier Wochen ging es ganz langsam aber sicher ins Innere. Es war das Hera - System, circa 500 Lichtjahre vom Kugelsternhaufen M 30 entfernt. Die Sonne Hera hatte drei Planeten, die sie irgendwann mal eingefangen hatte, wie die Syntrons ausgerechnet hatten. Die beiden inneren Welten waren belebte Sauerstoffwelten, Hera III war ein atmosphäreloser Steinbrocken.

Man teilte sich die Arbeit auf: Während die CYGNUS in Richtung Hera II flog, war Atlans LACRIMARUM mit Hera I beschäftigt. Man ging in eine Kreisbahn, landete mit einem Beiboot und sah sich nach guter Landung um. "Wir scheinen mitten in einem Paradies gelandet zu sein", sagte einer der Wissenschaftler. Atlan war mal wieder nicht so optimistisch, er hatte wohl schon zu oft angebliche Gärten Eden gesehen, die sich im Nachhinein als wahre Hölle entpuppten. So schien es hier auch. Die Bäume hatten zum Beispiel die Entfernung zum Raumschiff um die Hälfte reduziert.

Das war natürlich nicht alles. Dort existierte eine Art intelligenter Felsbrocken, der vor ein paar hundert Jahren mal hier abgestürzt war und seitdem auf eine Gelegenheit wartete, seine Übergangs - -Wohnstatt wieder zu verlassen. Er hatte zwar ein paar Droiden - ähnliche Teile hergestellt, die für ihn arbeiteten, aber wirklich weiter hatten seine Erzeugnisse ihn nicht gebracht. Abgesehen davon, dass eines davon ihn auch noch umbringen wollte. Zudem lebte er mit der Flora des Planeten in Feindschaft. Nein, sein Ziel war es einfach, Atlans Raumschiff zu stehlen und abzuhauen. Er machte den Gefährten zusätzlich das Leben schwer. Was war das noch mal für einer? Moment, es fällt mir gleich ein, warte eben...

Genau! Es war ein Venxentrarier. Du meine Güte, da zerbricht man sich ja die Zunge bei. Ich glaube, von derlei Leuten hat man vorher wie nachher nie mehr was gehört. Aber da lief der rum und wollte ein Fluchtmobil klauen. Gegen Ende der Vorstellung klappt das auch mit einem Mini - Beiboot, aber er flog dummerweise mitten in den Wall hinein und das wars dann dummerweise für ihn. Er wäre wohl besser friedvoll mit der örtlichen Pflanzenwelt umgegangen, dann hätte er mehr vom Leben gehabt...

Atlan war da natürlich etwas vorsichtiger. Als er den näheren Bereich seines Schiffes erkundete, ging er äußerst vorsichtig mit dem dortigen Gestrüpp um und wurde natürlich auch honoriert. Er erlebte keine Angriffe.

Währenddessen waren die Wissenschaftler an Bord natürlich nicht untätig. Sie orteten zum einen wiederholt die schon mehrfach festgestellten schemenhaften Raumschiffe und zum anderen diesmal "richtige" zylinderförmige Raumer, die in den Chronopuls-Wall hineinflogen, einige Zeit später aber wieder herauskamen. Wegen dieser Springerei erhielten sie analog einer australischen Känguru - Art den Namen Wallabies. Natürlich wollte man Kontakt aufnehmen. Und ebenso natürlich funktionierte das nicht. Man schoss sogar mit einer Transformkanone in ihre Nähe. Nichts. Es war eben wie verhext. Sozusagen fand man als Gegenleistung ein paar Überreste von kartanischen Robotern, die wohl vor 600 Jahren oder so schon versucht hatten, den Wall zu durchdringen. Auf Dauer natürlich auch erfolglos.

Und grade in dem Moment, als die Ortung anmerkte, der Hals der Enklave würde im Durchmesser kleiner, starteten von Hera III ein paar bislang nicht bemerkte Raumschiffe dieser Roboter. Wie blöde flogen sie in Richtung Wall, das war wohl von ihrer Programmierung noch übrig. Das Ergebnis kannst du dir denken.

Das Ende vom Lied war, dass bei der ständig kleiner werdenden Öffnung auf Dauer die Gefahr für unsere Freunde zu groß wurde und der Abflug beschlossen wurde. Die CYGNUS und die LACRIMARUM verließen die Enklave.


"Und damit waren alle wieder da, wo sie hergekommen waren", merkte Lee nach dem Ende dieses Teils an.

"Alle?", fragte Gucky. "Ja, fast alle. Bis auf Ratber Tostan mit seiner TS - CORDOBA. Er wollte sich absichtlich einschließen lassen, um von der anderen Seite aus mittels seines ATG - Feldes von innen durch den Wall zu stoßen."

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Einen Band weiter sind wir erwartungsgemäß in Sachen Chronopuls-Walls immer noch am Anfang.

Ähnlich wie in dem Roman von Peter Griese hatten wir hier ebenfalls eine fremde Intelligenz, die man aus der Handlung genauso gut hätte weglassen können. Der Unterschied bei H.G. Francis dazu ist nur, dass es hier gepasst hat. Auf die Idee eines technisch begabten intelligenten Felsblocks (zumindest sah der Typ so aus) muss man auch erstmal kommen. Wenn man es dann wie Francis schafft, diesen Kerl in die Romanhandlung zu integrieren, macht das Lesen richtig Spaß.

Auch Francis hatte die Fähigkeit, dem Leser gut verkaufen zu können, dass es eigentlich nichts zu verkaufen gibt. Okay, als ganz kleines Bonbon gab es die Wallabies, die aber auch nicht näher erläutert wurden. Ich denke, bis es wirkliche Fortschritte gibt, werden wir uns noch etwas in Geduld üben müssen.

Letztlich war Band 1413 nur die Vorbereitung für Band 1414, weil Ratber Tostan irgendwie auf die andere Seite musste. Was mit ihm passiert, schildert uns in nächsten Band Altmeister K.H. Scheer.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1414 - Der letzte Aufbruch - ist von K. H. Scheer, erschienen am 26.09.1988
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"Ratber Tostan ist der Typ mit dem Totengesicht?", wollte Lee wissen.

"Ja, genau der. Er war schwer drogensüchtig und hatte einen Entzug der eisenharten Sorte hinter sich gebracht. Danach war er das Zeug zwar los, sah aber aus wie ein halbes Skelett. Tief in den Höhlen liegende Augen, die Lippen nur verhornte Striche, Nase kaum erkennbar und so. Der komplette Kopf glich einem Totenschädel. Stimme wie ein Reibeisen."

Gucky sah, dass Lee erschauerte. Er grinste.

"Naja, ein Sympathieträger war er nicht so unbedingt. Man musste schon ziemlich einen neben sich gehen haben, wenn man dauerhaft näher mit ihm zu tun haben wollte. Er war nämlich völlig schmerzunempfindlich, immer noch bärenstark und hatte ein modifiziertes Gehirn. Er war aufnahmefähiger, konnte schneller denken und war insgesamt gesehen ein ziemlich taffes Kerlchen. Er war ein Zyniker - kein Wunder, mit so einem Gesicht ist man eher einsam - und hielt alle anderen Terraner für Weicheier. Eigentlich hat es nur Einer längere Zeit mit ihm ausgehalten: Das war ausgerechnet ein Swoon. Posy Poos hieß er. "

"Wie kommst du denn mit solchen Leuten zurecht?"

"Gar nicht. Obwohl er eigentlich immer für die Menschheit tätig war. Aber zum Beispiel hielt er nichts von Paragaben, weil er meinte, die wären unzuverlässig. Damit wäre auch ich unzuverlässig. Ich. Gucky. Der mehrfache Retter des Universums, stell dir das mal vor. Außerdem war er ein Spieler, der hohen Einsatz nicht scheute. Der Kerl hat immerhin mal eine komplette USO - Korvette verspielt und verloren. Letztlich war wohl sein größtes Problem, dass er sich anderen nicht unterordnen konnte. Das führte ursprünglich zu seiner Alkohol- und Drogensucht, da nützte auch die Freundschaft zu Ronald Tekener nichts. Aber er taugte zu Spezialeinsätzen. Er wurde dann gebraucht, wenn niemand mehr weiterwusste. Dann lebte er auf."

"Ja", sagte Lee nachdenklich. "Ich habe von so einem Typen mal gehört. Der war aber irgendwann mal aus der ganzen Sache verschwunden. Man müsste sich eben mehr für Geschichte interessieren. Ich glaube, mein kleiner Freund, meine Entscheidung, mich zu dir zu begeben, war völlig richtig. Mein neues Hobby heißt Geschichte. Vielleicht legst du hier den Grundstein für die neue Geschichts - Professorin von Newengland. Da hätte deine Anwesenheit auf unserer Welt sogar einen tieferen Sinn und du hättest mal was Vernünftiges in die Wege geleitet."

Gucky war ob dieser Eröffnung ein wenig perplex und wusste für fünf Sekunden nicht, was er sagen sollte. "Ein Ilt", konstatierte er dann, "macht nur vernünftige Dinge. Er handelt stets richtig, nachvollziehbar und ist in seinem kompletten Verhalten absolut korrekt. ".

"Naja. Da sind sogar hier am Ende der Milchstraße ein paar ganz andere Stories über dich bekannt. Aber erzähl doch weiter von diesem netten Menschen."

"Ratber Tostan war wie gesagt ein Spieler. Einer der besonderen Sorte. Und das größte Spiel hatte er noch vor sich. Er wollte den Chronopuls-Wall von innen durchbrechen."

Spoiler

Gucky erzählt die Geschichte vom letzten Aufbruch:


Ratber Tostan sah zwar aus wie der lebende Tod, war aber grundsätzlich trotzdem ein Kerl wie ein Baum. Das dachten zumindest alle seine Leute. Bis auf die Chefmedikerin, die ihn regelmäßig untersuchte. Er selber wusste natürlich ebenfalls, dass er sehr krank war. Grund war die frühere Abhängigkeit, die folgende heftige Suchtentwöhnung, der 500 Jahre dauernde Konservierungsschlaf, in den er sich selber gelegt hatte, die Schulung in der Neuzeit und mehrere äußerst stressige Strangeness-Durchgänge nach Tarkan und wieder zurück. Dann kam zum guten Schluss noch das Stasisfeld dazu, dass an einem derart schwer geschädigten Körper auch nicht vorbei gegangen sein dürfte.

Die Medizinerin unterhielt sich über das Ergebnis der Untersuchung mit der Chefsyntronikerin, die mit dabei sein musste, weil unter ihrer Steuerung drei Nanosonden in Tostans Körper unterwegs waren. Man kam zu dem Ergebnis, dass nur der Skipper selber das Recht hätte, seinen Gesundheitszustand öffentlich bekannt zu geben. Sowohl an die Besatzung als auch an die Flottenführung.

Die Ärztin war im Übrigen der felsenfesten Überzeugung, dass Atlan ihn umgehend von seinem Kommando entheben würde, falls er erführe, wie es ihm tatsächlich geht. Das war der Stand der Dinge, als sich die CYGNUS und die LACRIMARUM aus der Hera - Enklave entfernen wollten. Und: Das alles hielt Ratber Tostan natürlich nicht davon ab, umgehend in der Zentrale aufzutauchen und Atlan zu eröffnen, dass er mitsamt der TS CORDOBA versuchen werde, den Chronopuls-Walls mittels ATG - Feld von innen zu durchbrechen. Du weißt, was ein ATG - Feld ist? Genau. Dieses Zeitverschiebe-Gedöns.

Schlaue Leute haben mal in einer Art Enzyklopädie eine tolle Definition festgelegt: Das Objekt entrückt der Gegenwart, steht da. Es ist allerdings keine Zeitreise, sondern eine Dimensionsverschiebung entlang einer zeitlichen Achse in eine Labilzone. Diese Labilzone, die mit den Mini - ATG's der Tsunamis gebildet wird, ist aber keine konkrete Zukunft, sondern so etwas wie eine Vor-Gegenwart, also eine Art Gefäß für die noch nicht konkret ausgebildete Existenz mit variablen Konstanten. Toll was? Davon könnte ich dir stundenlang erzählen. Was? Das interessiert dich nicht? Davon kriegst du einen Knoten ins Hirn? Mach's wie ich und erwerbe einen Doktortitel in theoretischer Physik, das entknotet viel in solchen Angelegenheiten.

Okay, dir sind Kenntnisse über den Gersteanbau lieber, weil man das Zeug für Bier und Whisky braucht. Säufer allesamt. Aber ich sehe das hier vor Ort am Ende aller Welten sogar ein. Wer nichts einsah, war Atlan. Zumindest nicht in Sachen ATG - Pläne. Sowas kommt nicht in Frage, meinte unser alter Arkon-Scheich. Was unseren Freund RT natürlich keine zwei Zentimeter beeindruckte. "Nach der Zeitkatastrophe", salbaderte unser Freund RT, sei das Rechtsgefüge, das ihn seinerzeit bevollmächtigte, nicht mehr vorhanden. Also habe weder er noch Rhodan oder sonstwer ihm irgendetwas zu befehlen. Er, Atlan, sei höchstens Gast. Da war der olle Arkonide erstmal platt.

Er, Ratber Tostan, habe sich hingegen von seinen Besatzungsmitgliedern per Abstimmung legitimieren lassen. Also dürfe er selber entscheiden und brauche sich von niemandem etwas vorschreiben lassen. Nebenbei: Das hatte er natürlich nicht gemacht, aber Atlan hatte es geschluckt. Also gewonnen.

Der Rest ist eigentlich schnell erzählt: Sie enterten eines von diesen Wallaby - Schiffen, stellten fest, dass es sich hierbei um Kartanin - Raumer handelte und erhielten die Bestätigung, als sie einige Tote dieser Katzenwesen fanden. Ein Funkimpuls von Hera III, also der atmosphärelosen Welt aktivierte die Selbstzerstörung des Schiffes und RT und seine Leute flogen natürlich dorthin, um nachzusehen. Dort gab es einiges Gezanke mit etlichem hin und her, aber wirklich Epochales fanden sie in dem alten Stützpunkt nicht vor.

Zurück an Bord der TS - CORDOBA wurde es langsam problematisch. Der Flaschenhals der Enklave wurde immer enger und stand kurz vor einem Verschluss. Und Ratber Tostan, der Spieler, wollte sein Match alleine spielen. Als Begleitung ließ er nur seinen alten Freund, den Swoon Posy Poos zu. Alle anderen Besatzungsmitglieder hatte er teils gegen deren Willen von seinem Schiff verbannt. Sie waren bereits mit einer Korvette in Richtung Ausgang unterwegs. Ganz zum Schluss meldete er sich noch einmal bei seiner Mannschaft. Wenn der Swoon - Kämpfer und er es schaffen würden, sagte er, würden sie sich eines Tages wieder melden. Wenn nicht, solle man bedenken, dass er sowieso schon so gut wie tot war.

Tatsächlich hatte er den letzten längeren Einsatz nur der Medikerin verdanken, die ihn noch einmal fit gekriegt hatte.

Letztlich entschuldigte er sich für die rabiate Art, mit der er seine Besatzung von Bord geschickt hatte - Roboter hatten ihm dabei geholfen - und danke seinen Leuten für die hervorragende Arbeit. Er richtete noch Grüße aus und hoffte, etwas für die Menschheit tun zu können.


"Und?", fragte Lee. "Hat er es geschafft?"

Gucky schüttelte den Kopf. "Es hatte vier Stunden gedauert. Vier Stunden. Tostan war länger als jede Sonde unterwegs, das muss das ATG - Feld gewesen sein. Aber dann registrierten wir eine hyperenergetische Schockfront ungewöhnlichen Ausmaßes. Das musste eine Wahnsinns - Explosion gewesen sein. RT, sagte Atlan, sei so gestorben, wie er gelebt habe.

Ob wir alle ihn eigentlich richtig gekannt haben? Ich weiß es nicht. Ich glaube es auch nicht. Zum Schluss vor seinem letzten Spiel hat er seine Leute in Sicherheit gebracht. Gegen deren Willen. Denn verlassen hätten sie ihren Skipper nicht. Aber dieser Einsatz war ihm zu groß. So ist er für uns alle gestorben."

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K.K. Scheer verabschiedet sich und uns von seiner Figur Ratber Tostan. Vorgestellt wurde er uns meines Wissens nach in dem Roman Tostan der Spieler (1320) von - natürlich - Scheer. Tostan war m.E. eine dieser typischen scheer'schen Überfiguren. Er steckt zum Beispiel einen Atlan da Gonozal locker in die Tasche und überlistet ihn. Tostan kann jeden, ihn kann keiner. Eben, wie es sich für eine Scheer - Figur gehört. Ich gehe aber mal davon aus, dass Tostan bei den Lesern damals nicht ganz so gut ankam, ebenso wie sein Vorgänger Clifton Callamon ein paar Zyklen früher. Ich weiß es aber nicht, weil ich hier nicht auf Originale mit zugehörigen Leserbriefen zurückgreifen kann, mit denen geht es erst ab 1426 weiter.

Wie dem auch sei: Hier hatte ich nicht das Gefühl, dass Scheer sich in diesem Roman erneut zurückgehalten hat. Militärisch knappe Sprache ("Klar bei Spontananlauf TSS-Paratronschirme") und immer wieder Tostans Ultrakomb-Speicherhirn.

Aber jetzt stelle man sich mal die Situation vor: Ganze vierzehn Schiffe sind auf der Suche nach einem Eingang in die Milchstraße. Vierzehn. Und nur, weil ein sicherlich sehr kranker Spieler sein Spiel zu Ende spielen will, wird eines dieser Schiffe - und nicht das Wertloseste - geopfert. Sinn macht das keinen. Aus meiner Sicht hätte Atlan alles daransetzen müssen, RT von seiner fixen Idee abzubringen. Tostans Argumente hätten den alten Arkonidenadmiral zum Beispiel während der MdI - Geschichte keinen Millimeter beeindruckt.

Aber dann hätte Ratber Tostan, der Spieler, kein ihm würdiges Ende gefunden. Und das sollte man dem Seriengründer doch zugestehen. Ich bin jetzt nur auf den nächsten Scheer neugierig, weil ich absolut nicht mehr weiß, ob er einen neuen Helden erfindet. Denn im Gegensatz zu den 300ern ist von diesem Zyklus nicht so viel über die Jahre hinweg bei mir hängen geblieben.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Ich wünsche euch und euren Lieben ein Frohes Weihnachtsfest und einen Guten Rutsch ins Jahr 2025. Hoffentlich bringt es etwas weniger Ungemach und mehr Frieden und Ruhe für die derzeit Betroffenen in allen Ecken und Enden der Welt.

Lebt euer Leben und lasst euch nicht unterkriegen!!


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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1415 - Die Spur des Propheten - ist von Robert Feldhoff, erschienen am 03.10.1988
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"Es war euch aber schon klar, dass dieser Typ ein wenig überkandidelt war?" Lee traf den Kern der Sache. "Ich meine, er war sicherlich sterbenskrank. Hättet wenn ihr eine Möglichkeit gehabt, ihn gesund zu pflegen, hättet ihr es getan und er wäre wieder munter geworden. Gab es aber wohl nicht.
Wie ist diese Aktion eigentlich bei den anderen Mitgliedern eurer Tour angekommen? Ich versuche jetzt einfach mal, mich in die Leute eurer Flotte hineinzuversetzen. Da kommt ihr mit 14 Raumschiffen aus Werweißwoher und steckt in einem Stasisfeld. Als ihr da wieder rauskommt, sind 695 Jahre vergangen und ihr kommt und kommt nicht weiter. Das Einzige, was ihr habt, sind diese 14 Raumschiffe. Und dann kommt jemand an, der an Körper wie Seele erkrankt ist und setzt mit seiner Spielernatur eines dieser Schiffe - und nicht das Schlechteste - aufs Spiel. Verliert natürlich. Da waren's nur noch dreizehn. Entschuldige bitte, aber wie dämlich ist das denn?"

"Du hast völlig Recht. Aus seiner Sicht hätte er zwar gewinnen können, aber die Chancen standen ziemlich hoch gegen ihn. Letztlich war es eine Art Selbstmord mit Ansage. Was mich danach betroffen gemacht hatte, war die Tatsache, dass von dem Swoon Posy Poos keiner mehr redete. Der ist mitgegangen. Aus Freundschaft. Da stellt sich die Frage, in Wieweit er von Tostan beeinflusst war. Sicherlich hat RT viel für seine Menschheit getan. Aber: Psychische Stärke zeigt sich meiner Meinung nach nicht, in dem man den dicken Maxe spielt, ansonsten keine Vorgesetzten ertragen kann und deswegen in heftigste Rauschgiftsucht abgleitet. Glaub mir, wenn ich immer dann, wenn ich seelisch bis über meine Grenzen hinaus beansprucht war, irgendwelche Pillen genommen hätte, säßen wir jetzt nicht hier. Natürlich habe ich mit meinem Chip gut reden, aber es gab ja auch mal eine Zeit vorher. Muss ich mehr als das Stichwort Tramp nennen? Nein, nicht wahr? Echte Stärke zeigt sich anders."

"Und warum hat sich keiner getraut, mit ihm mal Tacheles zu reden? Eure großen Vier waren doch allesamt dabei!"

"Naja, Perry, Bully und Tiff nicht, die waren ja mit ihren Schiffen anderweitig beschäftigt. Nein, die Sache ist klar: Der Kerl war mal USO - Spezialist, also war derjenige, der ihm am besten kennen dürfte, unser Haus und Hof - Arkonide Atlan. Der hat die Chose versemmelt. Er hat sich einfach über den Tisch ziehen lassen. Das wäre ihm ehedem in Andromeda nicht passiert. Aber vielleicht zeigt sich durch diese Geschichte, dass auch ein Atlan da Gonozal mit seiner immensen Erfahrung durch solche Erlebnisse an seine Grenzen kommt. Macht ihn das nicht menschlicher? Wenn man sieht, dass auch so jemand mal danebengreifen kann?"

"Sicherlich", entgegnete Guckys Nachbarin. "Aber in solchen Extrem - Situation seid ihr Unsterblichen eben besonders gefordert. Wenn ich kleines Licht mir hier nach dem einfachen Zuhören schon solche Gedanken mache, haben eure Kameraden das garantiert auch getan. Ich denke, ihr habt einfach Glück gehabt, dass da nicht mehr draus geworden ist. Und außerdem", sie schenkte Gucky ihr schönstes Lächeln, "warst du ja nicht dabei. Das musste ja schief gehen."

"Genau! Mit Gucky wär das nicht passiert! Bei mir wäre dieses ATG - Teil in ein Beiboot eingebaut worden, wenn er denn unbedingt diese Reise hätte antreten wollen. Selbst wenn außer dem Triebwerk und dem ATG - Projektor nichts mehr reingepasst hätte. Dann hätte er zum Schluss noch einen würdigen Abschied mit einigen Schiffen, die Spalier gestanden hätten, bekommen. Und Posy Poos hätte ich gerettet. Schon alleine deswegen, weil kleine Leute zusammenhalten müssen."

"Ja, das hättest du getan. Du wirkst zwar klein und verspielt, aber in Wirklichkeit bist du ein ganz Großer."

Gucky war das nun wirklich ein wenig peinlich und er versuchte, das Gespräch in andere Bahnen zu lenken.

"Aber wie dem auch gewesen sein mag, wir waren immer noch draußen vor der Tür der Milchstraße. Es funktionierte einfach nicht mit unseren Bemühungen. Es fehlte einer, der sagen konnte, ich bin schon drin oder so. Wir hatten einen alten Freund verloren, kurz nachdem wir ihn gefunden hatten. Zwei weitere wichtige Leute waren samt ihres Schiffes explodiert und wir standen immer noch wie blöde vor diesem Wall. Wäre das so weiter gegangen, hätte die terranische Geschichte dort an Ort und Stelle geendet."

"Da sie nicht einfach so endete, mutmaße ich, dass etwas passiert ist. Was euch weiterbrachte."

"Naja, nicht unbedingt sofort. Du kennst sicherlich den Spruch: Und wenn du meinst, es geht nichts mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her. Dieses Lichtlein waren die guten Augen von Perry und Bully. Die hatten nämlich etwas entdeckt."


Spoiler
Gucky erzählt die Geschichte von der Spur des Propheten:

Die CIMARRON stand noch bei den Gurrads auf Ayshran-Ho. Außer einem leisen Hinweis auf Icho Tolot, den vierarmigen Propheten, hatte die Aktion nichts bis nicht viel erbracht. Aber wir wollten, nein wir mussten unbedingt in die Milchstraße rein. Der Teufel selbst, so hatte es unser ermordeter Freund Geoffrey Abel Waringer noch sagen können, wohne in Terras Hallen. Und den wollten wir uns erstens mal ansehen und zweitens austreiben.

Auf normalem Weg kamen wir nicht weiter, zumindest hier nicht. Wir wollten es uns schließlich mit den Gurrads nicht verderben. Also hieß unser nächstes Ziel Icho Tolot, den es zu finden gab. Nur wie? Das war für uns die Frage aller Fragen. Folgt mir, Freunde! hatte er uns in seiner kurzen Aufzeichnung zugerufen. Wohin wir folgen sollten, hatte er dummerweise nicht gesagt.

Also sollte es in Richtung Milchstraße zu unserem Sammelpunkt Phoenix 1 gehen. Soweit kam es aber erstmal nicht. Mitten im Startvorgang bemerkten Perry und Bully gemeinsam irgendwas, was sie selber nicht genau spezifizieren konnten. Also schwenkte unser Schiff in einen Orbit ein und die Angelegenheit wurde genauer betrachtet. Den beiden alten Kämpen war sicher selber nicht klar, was sie gesehen hatten; sie wussten nur, dass da etwas gewesen war. Bully bat demzufolge um Wiederholung aller Bilder, die in den letzten zwei Minuten über die Schirme gegangen waren und wieder reagierten beide gleichzeitig. Das Bild blieb stehen. Und tatsächlich: Sie hatten ein seltsames Raumschiff gesehen. Antennenartige Aufbauten wuchsen aus dem stark zergliederten Rumpf. Es handelte sich wohl um Sender, Geschütze, was weiß ich...

Und genau so ein Schiff war auf dem Memowürfel Icho Tolots zu sehen. Natürlich hofften wir, endlich eine Spur zu Icho Tolot gefunden zu haben. Aber unser Antennenschiff landete nicht wie erhofft auf Ayshran-Ho, sondern es beschleunigte und verschwand von jetzt auf gleich von Bildschirm. Es war gesprungen! Das war noch die total altmodische Transitionstechnik, also konnte es nicht allzu weit weg sein, wenn es wieder materialisierte.

Wir fanden es in zehn Lichtjahren Entfernung wieder. Bevor wird uns aufmachten, ihm zu folgen, wollten wir von den Gurrads noch herausbekommen, was es mit diesem Schiffchen auf sich hatte. Das klappte natürlich wieder nur mit meiner Hilfe. Da staunst du, was? Mir ist völlig unklar, was unser größter aller großen Meister ohne mich, mich höchst daselbst, tun würde. Ich sag's dir: Nichts. Weil die komplette terranische Sippschaft ohne mich aufgeschmissen wäre. Was sagst du? Euer Laden funktioniert auch ohne mich? Zufall, meine Liebe, reiner Zufall. Außerdem bestätigen Ausnahmen die Regel. Wie dem auch sei. Im Einsatz erfuhr ich, wer die Besatzung des Antennenschiffs war und wo es hingehen sollte. Perry hatte mir im Übrigen Bully als Aufpasser mitgegeben, damit ich nicht wieder Extratouren mache...

Damals durfte er das noch. Heute würde ich ihm wohl eins pfeifen, wenn er nochmal mit so einem Unsinn ankäme. Als ob ich jemals Extratouren hingelegt hätte. Auf jeden Fall kam ich dahinter, dass der Raumer den fledermausähnlichen Bekassu gehörte und dass sein Ziel das 1.700 Lichtjahre entfernte Rashta - System war. Das Rasha - System war oder ich glaube, ist immer noch das geistige und wissenschaftliche Zentrum der Shaganten, einer Gurrad - Unterart. Damit war unser Ziel klar. Vor Ort ließen wir vorsichtshalber eine Boje mit Info - Daten zurück, falls uns jemand folgen sollte.

Das war auch gut so, denn es war uns tatsächlich jemand auf der Spur. Atlan hatte uns den ophalischen Meistersänger Salaam Siin nachgesandt, um uns in Sachen aktueller Entwicklung auf Vordermann zu bringen. Naja, unser sangesfreudiger Freund hatte leider ein großes Problem, wovon wir aber nichts wussten. Vor dem Abflug von Phönix eins hatte ihm eine Terranerin, wahrscheinlich Marke Kräuterhexe, die Zukunft weissagen wollen. Sie legte Karten. So legte sie für alles, was passiert war, das richtige Bild auf und war von ihrer Vorhersage überzeugt. Dummerweise kam am Schluss wohl das falsche Blatt. Salaam Siin, so sagte sie, werde große Schmerzen erleiden, er werde sehr schwer verletzt und: Er werde nie wieder singen können.

Und auf diesen leicht deprimierten Gefährten trafen dann im Rasta - System. Er erzählte uns, was passiert war und dass Ratber Tostan samt seines Freundes Posy Poos den Tod gefunden hatten und dabei die TS - CORDOBA zerstört worden war.

Danach ging es wieder in den Einsatz. Ich hatte die Bekassu aufgespürt; wir wussten also, dass sie da waren. Die Gurrads leugneten aber diese offensichtliche Tatsache mit wachsender Begeisterung, ergo musste ich wieder ran. Salaam und Bully begleiteten mich. Bully wegen seiner Erfahrung und weil er auch mal ran sollte, statt immer nur Perry hinterher zu sehen und Salaam, weil er als Meistersänger schon sehr viele Wesen befriedet hatte. Dummerweise kann aber noch nicht mal ich alles alleine regeln. Während Bully nebst meiner Wenigkeit unterwegs waren, sollte Salaam von seiner Position aus zunächst einfach nur aufpassen. Das war ihm bald zu langweilig, also machte er genau das, was man mir immer vorwirft: Er erlaubte sich eine Extratour. Dabei stieß er auf die Bekassu, die mit ihm nichts anfangen konnten und sich bedroht fühlten. Sie schossen auf ihn und trafen eine Deckenplatte, die prompt auf unseren Freund herabstürzte und seinen Membrankranz schwer schädigte. Das Sangesorgan war unrettbar verloren.

Immerhin konnten die Gurrads nun die Anwesenheit der Bekassu nicht mehr leugnen. Es stellte sich heraus, dass diese Wesen noch nicht allzu lange interstellar unterwegs waren und dass die Gurrads auf sie aufpassten und sie beschützten. Daher also der Name Jakob...

Perry sagte natürlich zu, das System zu räumen und die Bekassu in Ruhe zu lassen. Im Gegenzug wurde uns Salaam Siin übergeben und er landete umgehend bei unseren Ärzten. Die brachten unseren Freund zunächst einmal soweit, dass er uns von den Bekassu berichten konnte. Wir stellten fest, dass die Kosmische Hanse schon im 4. Jahrhundert NGZ Kontakt zu ihnen hatte und wussten somit, wo sie zu finden waren. Wir flogen in Richtung ihres Heimatsystems.



"Und der arme Sänger?", wollte Lee wissen.

"Der war der Meinung, er könne nie wieder singen. Das, so sagte er, sei das Ende des Meistersängers."
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Also: Auch ein Robert Feldhoff kann nicht andauernd Meisterwerke schreiben. Dieser Band war nämlich keines. Es war für mich ein - ich sag jetzt mal - unterdurchschnittlicher Standartroman. Zu viele Ecken und Enden, um das Heimatsystem der Bekassu herauszukriegen.

Reginald Bull durfte zwar auch mal ran und er stand sogar mit Perry Rhodan auf einer Stufe, als beide gleichzeitig diesen Schatten in den Bildern bemerkten, der sich in Folge als das Bekassu - Schiff erwies. Aber auch hier waren die zwei Einsätze nur von des absoluten Meisters Gnaden. Von alleine kriegt er nichts auf die Füße gestellt. Er darf, wenn Perry es erlaubt, sonst hat er brav und ruhig zu sein.

Und Salaam Siin? Robert Feldhoff drehte seiner Figur den Sangeshahn ab. Wozu das gut sein sollte, erschließt sich mir nicht. Ich gehe aber mal davon aus, dass man das zerstörte Organ nachzüchten konnte und er über kurz oder lang wieder trällern durfte.

Ziemlich daneben fand ich die Sache mit der Kartenlegerin. Siin hatte zusammen mit dem Terraner so einiges erlebt, Stichworte Gänger des Netzes und Tarkan, so dass ich es als abstrus betrachte, dass er mit schweren Gedanken von der Kartenlegerin kam.
Zusammengefasst hat der Roman bei mir nicht gewirkt. Vielleicht lags am Thema. Immerhin sind wir in Sachen Suche nach Icho Tolot einen Schritt weiter.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1416 - Das Gebot der Götter - ist von Arndt Ellmer, erschienen am 10.10.1988
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"Darf ich mal das Thema wechseln?", fragte Lee und sah Gucky erwartungsvoll an.

"Wenn es nicht zu kompliziert wird..."

"Doch. Wird es. Das ist ja nun schon ziemlich lange her. Wie kommst du eigentlich damit klar? Ich meine nicht, dass du immer wieder der große Held bist und alle aus der Bredouille rettest, nein, ich meine etwas anderes."

Gucky konnte sich denken, was ihn jetzt erwartete. Eigentlich hatte er damit schon länger gerechnet. Aber, und auch das war ihm klar, es gehörte Mut dazu, so ein lebendes Fossil wie ihn mit dieser Frage zu beglücken. Er merkte, dass auch seine Gesprächspartnerin erstmal schlucken musste, bevor sie den Mund aufmachte.

Der Ilt sah Lee tief Luft holen und dann kam es wie vorhergesehen: "Wie lebt es sich, wenn man so alt ist wie du? Keinen Tod wie wir vor Augen? Ich weiß, dass du mal eine Lebensgefährtin und einen Sohn hattest. Wie hast du das psychisch überstanden? Bist du noch in der Lage, Freundschaften zu schließen und die als echt zu empfinden? Wieso wirfst du nicht alles hin und gehst auf Suche nach deinen Ilts? Warum..."

Gucky musste Lee unterbrechen. "Okay. Das reicht."

Lee errötete. "Entschuldige, ich wollte dir nicht zu nahetreten. Vergiss die Fragen, ich will nicht zu intim werden."

"Nein", sagte Gucky. "Das ist es nicht. Ich kenne diese Art Neugierde. Wenn ich die Fragensteller nicht unterbreche, geht das immer so weiter und die Sache gerät vom Hundertsten ins Tausende, weil ihnen immer noch mehr einfällt. Ich werde mich bemühen, deine Fragen zu beantworten, sowohl die gestellten als auch die nicht gestellten. Aber nicht jetzt und nicht auf einen Schlag. Grundsätzliches hierzu vorab: Ilts haben sowieso eine Lebenserwartung von 500 bis 600 Terrajahren. Eher 600 als 500. Zumindest war ich ziemlich genau sechshundert Terrajahre alt, als ich in M 87 durch eine Art Jungbrunnen geschleust wurde. Das aber nur am Rande. Aber im Laufe meines, nun, ersten Lebens war das ja schon ähnlich wie heute: Ich lebte immer weiter und weiter, auch ohne Zellaktivator, und andere starben. Ich sag es mal so: Es war und ist nicht einfach, aber ich gewöhnte mich daran. Damals war das ja noch nichts Besonderes; ich war ja noch innerhalb meiner normalen Lebenszeit. Den Jungbrunnen zähle ich nicht, der war einfach Glück, das hätte unterm Strich Jedem so gehen können.
Nein, ich bemühe mich, streng im "Hier und Jetzt" zu leben. Ich konzentriere mich auf die Wesen, mit denen ich aktuell zu tun habe. Mein Gegenüber ist wichtig, alles andere hat im Hintergrund zu verschwinden. Wenn man diese Fähigkeit nicht entwickelt, hat man ein Problem. Gestatte mir eine Gegenfrage: Hast du schon mal einen für dich wichtigen oder geliebten Menschen durch Tod verloren?"

Lees Blick ging in weite Ferne. "Ja", sagte sie.

Gucky unterbrach sie, bevor sie weitersprechen konnte. "Ich will gar nicht wissen, wer das war", meinte er, "bei mir ist das anders. Mein Leben ist so gut wie völlig öffentlich. Da muss ich mit leben und klarkommen. Deins aber nicht und das soll auch so bleiben. Aber wie ist es denn? Natürlich wirst du an diese Person immer wieder zurückdenken. Mal mit Freude, weil sie da war, mal mit Trauer, weil sie vielleicht vor der Zeit gegangen ist. Das ist normal und das muss auch so sein. Aber denkst du ständig an sie? Nein, nicht wahr? Siehst du. Und bei uns ZAC Trägern sind es einfach ein paar mehr. Zum Schluss zum Thema Tod vor Augen: Irgendwann kommt auch für mich der Tag. Zweifellos. Auch wenn ich hoffe, dass es noch lange dauern wird, aber weiß ich das? Was ich weiß, ist die Tatsache, dass mein Ende gewaltsam sein wird. Wie es bei so vielen meiner Freunde der Fall war. Diese Aussichten sind auch nicht ganz so toll, das kannst du mir glauben."

"Bei dieser ganzen Geschichte hast du es trotzdem geschafft, dir deinen Humor zu bewahren."

"Oh, der war mir ehedem eine ganze Weile abhandengekommen und ich stand kurz vor dem Überschnappen. Nach einer dieser Geschichten wurde mir mal wieder klar, dass der Humor für mich eine zwingende Überlebens - Notwendigkeit ist. Aber wo ist er das nicht? Hast du Lust, stets und ständig als Trauerkloß durch die Gegend zu laufen? Nein, nicht wahr? Und so können wir zwei Hübschen hier sitzen und du kannst in aller Ruhe euren ungewohnten Besucher aushorchen, um danach wem auch immer zu berichten, ob dieser Gnom was taugt oder nicht."

Lee war peinlich berührt.

"Da staunst du, was?" Gucky war wieder bester Laune. "Ich gehe mal davon aus, dass deine Sympathiewerte höher sind als die der Anderen. Die halte ich ohne sie näher zu kennen bei der rauen und harten Arbeit auf eurer Welt für ziemliche Knochenköppe. Siehst du? So ganz falsch liege ich also nicht. Fass es einfach als Kompliment auf, dass du hier stehst. Immerhin gibt es hier und heute von Herrn Dr. Guck Geschichtslektüre aus erster Hand. Und überhaupt. Ruf mal euren Museumsrobot her. Ich hätte gerne eine Handvoll frischer Möhren, bevor ich jetzt weiterhin deine Bildung auf Vordermann bringe."


Spoiler

Gucky erzählt die Geschichte von dem Gebot der Götter:

Bully war nicht gut drauf. Gar nicht gut.

Was willst du von mir? Mit vollem Mund spricht man nicht? Quatsch. Ein Ilt darf das sowieso, schon alleine wegen seiner Einzigartigkeit. Sei lieber froh, dass hier nicht noch zehn von meiner Sorte herumlaufen und dich zulabern. Dann hättest du jeden Grund. Aber so hast du nur mich. Und ich, ich glaube, ich muss den Alten von Wanderer nochmal besuchen. Angeblich sind Ooch, Wullewull und die anderen in ihm aufgegangen. Die bringe ich dann beim nächsten Mal mit, dann geht bei euch aber die Post ab. Oder am besten gleich Gecko, diesen elenden alten Angeber. Mit dem würdest sogar du so deine Problemchen kriegen, glaub mir das mal. Aber angeblich gibt es den Ollen von Wanderer ja nicht mehr oder nicht mehr hier. Obwohl - der könnte genauso gut hinter dem nächsten Gestrüpp stehen und gleich in Gelächter ausbrechen. Außerdem: Komm du erst mal in mein Alter. Dann sehen wir weiter.

Wo waren wir stehengeblieben? Unterbrich mich nicht dauernd, du machst mich ganz wuschig im Kopf. Was? Du hast überhaupt nichts gesagt? Ist auch besser so.

Also: Bully war nicht gut drauf. Überhaupt nicht. Er war nämlich zu dem Ergebnis gekommen, dass er auf seinem eigenen Schiff nichts mehr zu kamellen hatte. Naja, das hätte ich ihm vorhersagen können, immerhin war ja Perry an Bord. Und der war nun mal die unumstrittene Nummer Eins, da bringt einen der Name Reginald Bull auch nicht weiter. Im Gegenteil. Hätte Bully nicht so ein stabiles Gemüt, wäre er wohl schon längst irgendwo im Hyperraum aus einem Raumschiff - Fenster gesprungen, weil er es nicht mehr ausgehalten hätte.

So blieb ihm nur übrig, sich als eine Art Gegenpol zu Perry zu positionieren, um andauernd vor allem Möglichem zu warnen. So zum Beispiel vor den Bekassu. Zu denen waren wir nämlich unterwegs. Wir hatten ja bekannterweise in Icho Tolots Memowürfel ein Schiff dieser Fledermäuse gesehen, also galt es, zu dem Herkunftsort dieses Schiffes zu fliegen. Da die Bekassu von den Gurrads abgeschirmt wurden, wir aber nicht wussten, warum, wurde Bully nicht müde, sich entsprechend zu ereifern. Er hielt die Welt Kassuban einfach für eine Falle und war kaum eines Besseren zu belehren. "Ich wette, die Bekassu oder die Gurrads stecken dahinter", orakelte er zum Beispiel, als wir uns darüber unterhielten, warum wir keine Hinweise auf die Kosmischen Basare gefunden hatten.

Ich sah das ebenso wie Perry eine Idee anders. Im Orsa - System angekommen, esperte ich ein wenig und kam zu dem Ergebnis, dass die Bekassu eigentlich noch gar nicht reif waren, den Weltraum zu erobern. Perry stimmte mir zu. Der technische Fortschritt passte nun mal nicht zu ihrer kulturellen Entwicklung. Sie redeten andauernd von Göttern, die ihnen den Flug ins All ermöglicht hätten. Da waren ja sogar deine Vorfahren vor dem ersten Raumflug schon weiter.

Nach der Kontaktaufnahme entschuldigten sie sich zudem andauernd für irgendetwas und wir dürften sie nach unserem Ermessen bestrafen. Es wäre alles ein unglückseliger Irrtum, sagten sie. Sie hätten nie daran gedacht, gegen den Willen der Götter zu handeln. Letztlich baten sie uns, über sie zu richten.

Bully war entsetzt, hielt sie für übergeschnappt und redete weiter von einer Falle, wir würden schon sehen.

Mir, liebe Lee - habe ich schon erzählt, dass Rhodan und Co ohne mich nichts, aber auch absolut gar nichts wären? Habe ich? Gut. Dann brauche ich das ja nicht noch einmal zu erwähnen. Mir ging ganz langsam ein Licht auf. Unsere Fledermäuse, wurde mir klar, redeten von dem Vorfall mit unserem Meistersänger, dem bei seiner Aktion ja etwas auf den Kopf gefallen war und der jetzt im Heilungsprozess war. Damit war das Thema für uns abgehakt. Für sie aber nicht. Du meine Güte, sie hatten wirklich und wahrhaftig Angst, dass wir ein ganzes Volk bestrafen würden, nur weil Salaam Siin nicht auf seinem Platz sitzen geblieben ist und neugierig war. Ein Glück, dass ich da ganz anders gestrickt bin. Was da im Laufe der Zeit alles hätte passieren können....

Auf jeden Fall war diese Verhaltensweise ein deutlicher Vorteil. Ich empfahl unseren Helden dringend, diesen Trumpf aus taktischen Gründen nicht aus der Hand zu geben. Und Bully? Der war immer noch gereizt und befürchtete das Schlimmste.

Die persönliche Kontaktaufnahme zwischen uns und den Bekassu fand auf einer Raumstation statt, die als Regierungssitz diente. Das war schon fast peinlich, wie der Obermotz - ich hab den Namen vergessen - zu uns sagte, er würde sich unterwerfen. Wir dürften ihn und sein Volk töten. Kein Opfer wäre zu hoch undsoweiter.

Nun denn, sogar Perry hatte so seine geregelten Schwierigkeiten, die Bekassu davon zu überzeugen, dass wir nicht gekommen waren, um sie hinzurichten. Weder den Obermotz, noch seine Regierungsmitglieder oder gar den Rest der Bevölkerung. Als sie begriffen hatten, dass sie niemand töten wollte, hatten sie aber immer noch Angst, weil sie meinten, die Götter - also wir - würden ihr Opfer nicht annehmen. Das ist es, was ich mit fehlender kultureller Entwicklung meinte. Ihnen fehlte die geistige Reife für ihre Raketengeschichten. Wobei ich das Gefühl bei Bully genauso hatte. Der unkte immer weiter, redete von Hinhaltetaktik und wir sollten uns nicht totschwatzen lassen. Glaub mir, ich war kurz davor, mir den Dicken zu schnappen und ihn weißdergeierwohin zu teleportieren.

Perry war dagegen die Ruhe in Person. Er erklärte, dass unser singender Freund noch lebte und sich außer Lebensgefahr befinden würde. Man bräuchte keine Sorge zu haben.

Wir merkten, wie eine große Woge der Erleichterung durch die Bekassu lief. "Dann wird das Ewigkeitsschiff also wie geplant erscheinen?", fragten sie. Wir hatten natürlich keine Ahnung, was nun dieses Ewigkeitsschiff sein sollte und Perry zog sich irgendwie aus der Affäre. Unsere Freunde redeten wieder von Göttern und wussten nicht, wie sie uns danken sollten.

Bully dagegen nervte zurück an Bord der CIMARRON immer weiter, bis ich es einfach Leid war. Ich ging zu ihm hin, eröffnete ihm, dass er wohl aus einer anderen Welt stamme. Die Kosmische Hanse war nämlich ehedem schon vor Ort gewesen. Da ich die Hanse kannte, hätte es durchaus sein können, dass man damals zur Zeit des Großen Krieges die Neutralitätspflicht verletzte und den Bekassu eine Möglichkeit eröffnete, sich da herauszuhalten. Ich fragte ihn, was denn bitteschön dagegen spräche, wenn die Hanse - Spezialisten den Bekassu das Prinzip des Transitionsfluges und noch einige andere Spielereien dagelassen hätten, bevor sie ihren Stützpunkt räumten. Und sieh mal an, wenn Gucky es ganz langsam erklärt, begreift es sogar der größte Torfkopp. Bully grummelte noch ein wenig vor sich hin und beruhigte sich dann.

Nach und nach kamen wir danach hinter den Sinn und Zweck dieses Ewigkeitsschiffes. Das Teil wurde in den nächsten Tagen erwartet und sollte hier wie auch auf anderen Bekassu - Welten einige besonders geeignete Bekassu einsammeln und mitnehmen. Das führte natürlich zu weiterer Aufregung, weil die Mitflieger erst noch ausgeguckt werden mussten. Uns hielten sie immer noch für Götter und ließen sich das nicht ausreden. Ein wenig nervig wars schon...

Wir durften uns in der Zwischenzeit die Warterei auf dieses ominöse Schiff mit der Suche nach der ehemaligen Hansestation verkürzen. Wir fanden sie auch und stellten am alten Ort fest, dass die Bekassu mitnichten ihre Raumfahrt - Kenntnisse von der Hanse erhalten hatten. Die Spezialisten hatten ihren Stützpunkt auf Kassuban einfach aufgegeben.

Also musste der Übeltäter woanders gesucht werden. Und da keiner der Raumhäfen mit dem aus Icho Tolots Aufzeichnung stammen übereinstimmte, befürworteten wir einen von Eirenes ausgeheckten Plan. Wir stellten einen Trupp zusammen, der sich an Bord dieses Schiffes begeben sollte.



"Das geht ja wieder nur tröpfchenweise", beschwerte Lee sich. "Gibt es irgendwann mal wirkliche Fortschritte? Findet ihr den Haluter eigentlich noch? Warum dauert das solange? Kannst du aus den angekündigten hundert Fortsetzungen nicht fünfzig machen? Wann kommt ihr denn endlich in die Milchstraße rein? Wie sieht..."

"Stopp, meine Liebe, so geht das nicht", bremste Gucky seine neue Freundin. "Das ist ja noch schlimmer als eben. Bist du immer so, ich meine, im richtigen Leben? Die Leute bei dir zu Hause stehen sicherlich kurz vor dem Wahnsinn, wenn sie genauso traktiert werden."

"Aber...", begann Lee.

"Eben", sagte Gucky. "Du wolltest ja nur." Gucky hob die rechte Hand an und streckte den Zeigefinger aus. "Neugierde ist ja ganz nützlich. Zum Beispiel bei mir. Aber bei anderen", schloss er seine Erläuterungen ab, "ist sie einfach nur nervtötend."


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Ich muss Guckys neuer Freundin Recht geben. So ganz, ganz langsam wird es Zeit, dass etwas passiert, insbesondere, wenn man diesen Roman gelesen hat.

Ein zweigeteilter Roman, in dem Arndt Ellmer uns einerseits mit der Zivilisation der Bekassu bekannt macht und zum anderen die Probleme unserer Helden schildert. Ein aktiver Gucky, ein ruhiger und abgeklärter Perry Rhodan und ein ins Extrem überzogen zweifelnder Reginald Bull fallen ins Auge. Wenn man diesen Roman liest, fragt man sich unwillkürlich, wie Bull es bis in diese hohen Gefilde geschafft hat. Es ist mir als Leser völlig unklar, welches Selbstverständnis der Autor ihm zugesteht, indem er sich auf nichts einlässt und nur herummosert.

Dieser Band wars nicht für mich. Die handelnden Personen kamen nicht an mich heran, die Handlungssequenzen mit den Bekassu wirkten schon gar nicht bei mir. Letztlich war ich froh, als ich durch war. Die Bekassu sind so, wie sie hier beschrieben wurden, unglaubwürdig für mich. Nein, reif fürs Perry - Rhodan Weltall sind sie nicht. Sie begreifen zwar augenscheinlich die Technik, die man ihnen wohl vor ein paar hundert Jahren zur Verfügung gestellt hatte, sind mit ihrem naiven Götterglauben aber weit in den Tiefen ihrer vorindustriellen Zeit hängen geblieben.

Wobei dergleichen ja durchaus sein kann, aber diese Schilderung hier ist bei mir nicht angekommen. Der Roman Arndt Ellmers wirkt auf mich wie ein schlecht imitierter Clark Darlton Roman. Von dem ist Band 1417. Mal sehen, wie unser Walter sich aus der Affäre zieht.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1417 - Flug in Richtung Ewigkeit - ist von Clark Darlton, erschienen am 17.10.1988
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"Oh, mein Lieber, wir können auch ganz vorne anfangen." Lee strahlte ihr Gegenüber an. "Bei dem ersten Mondflug. Oder noch vorher. Du darfst mir dann alles von Anfang an in aller Ruhe erzählen. Nein, das machen wir anders. Wir gehen ins Rugby - Stadion, stellen uns mitten auf den Platz und führen das Gespräch bei vollem Haus mit Live - Übertragung in den hintersten Winkel von Newengland."

"Am besten von den Ursprüngen bis heute, was?", entgegnete Gucky. "Mit Atlans Vorgeschichte, allen Nebenschauplätzen und Winkelzügen? Mit Perry Rhodan bei einer Randaledemo im alten Paris? Und Reginald Bull, wie er Steaks für die Versorgung seiner Kameraden geklaut hat? Dann sitzen wir in zehn Jahren noch hier und meine sowieso nicht auf Menschen geeichten Stimmbänder sind endgültig durch."

"Keine Sorge. Wir schaffen das. Ich habe Zeit. Sollte es für mich zu lange dauern, findet sich sicherlich eine Nachfolgerin, die dir dann ergriffen weiterhin lauschen wird."

"Und in der Zwischenzeit geht bei meinen Kumpels alles schief? Wenn ich euch hier dreißig Jahre belustige, ist in der Zwischenzeit die Milchstraße explodiert. Nein, nein. Wir machen an Ort und Stelle weiter. Ich verspreche hoch und heilig, dass es nicht mehr allzu lange dauern wird, bis endlich etwas passiert."

Spoiler


Gucky erzählt die Geschichte vom Flug in Richtung Ewigkeit:


Und so waren wir auf dem Ewigkeitsschiff unterwegs. Wir, das waren Perry, Bully, Perrys Tochter Eirene sowie ihr Anhängsel Covar Inguard, letztlich Beodu, ein Mitbringsel aus Tarkan und meine Wenigkeit. Du erkennst, ich kann mich durchaus ganz verschämt am Ende der Aufzählung unterbringen. Im Einsatz selber sieht das natürlich anders aus. Aber das kennst du ja mittlerweile. Wie war das noch? Die Ersten werden die Letzten sein und die Letzten werden die Ersten sein, hat doch mal einer von euch gesagt. Kluges Kerlchen. Ob der mich vorhergesehen hat?

Wir waren also mitsamt des namenlosen Raumers unterwegs in Richtung Paura - II, um noch paar neue Ewigkeitsdiener an Bord zu nehmen. Wo das letztendliche Ziel war und was das alles sollte, wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Eigentlich wussten wir nur, dass die Bekassu uns immer noch für jenes Volk hielten, das ihnen die Raumfahrt gebracht hatte. Das spiegelte uns auf jeden Fall mit Eheenza ein junger Bekassu, der sich mit uns angefreundet hatte, weil er eigentlich nur uns seine Teilnahme an dieser Reise zu verdanken hatte. Genauer gesagt, hatte Eirene ihn an Bord des Ewigkeitsschiffes geschmuggelt.

Eheenza teilte uns bei unserem Zusammensein mit, was er über diese ganze Aktion wusste. Das Ewigkeitsschiff komme regelmäßig, sagte er. Es hole Auserwählte für vier Jahre, allerdings wisse niemand, wohin es ginge und was am Ziel passieren würde. Diese Auserwählten gingen an Bord, suchten sich ihr Quartier und wären völlig selbstständig. Genug Nahrung gäbe in allen Variationen. Nach vier Jahren kämen die Teilnehmer zurück und hätten keine Ahnung, was in der Zwischenzeit geschehen war.

Das wars aber auch. Mehr Informationen konnte er uns nicht zukommen lassen. Ich war damals der felsenfesten Überzeugung, dass wer auch immer am Ziel auf uns wartete, nicht allzu viel taugen würde. Welchen Grund soll so eine Geschichte haben - das mit dem abhanden gekommenen Gedächtnis? War das zu Erwartende so schlimm? Oder brauchte man nur ein paar willige Gestalten für Handlangertätigkeiten, die aber letztlich nicht verraten durften, wo sie was zu tun hatten? Mit gefallen solche Leute nicht. Wenn einer klar den Mund aufmacht und sagt, was er denkt oder will, kann ich da was mit anfangen. Auch wenn ich anderer Meinung sein sollte. Aber bei so einem Verhalten krieg ich vorher schon zuviel, glaub mir das. Dir, meine Liebe, dürfte das genauso gehen. Sehr schön. Dann sind wir ja schon zwei...

Um die Zeit zu überbrücken, inspizierten Perry und ich das Schiff. Bully durfte auf die anderen aufpassen, damit kein Unsinn angestellt wurde. Schließlich war ich ja nicht mehr da, wenn ich mit Perry unterwegs war. Man weiß ja nie. Also, wir teleportierten zum Heck und stellten gelangweilt fest, dass wir eigentlich nur in einem kahlen Raum ohne irgendwelche technische Ausstattung materialisiert waren. Keine Schriftzeichen, nichts. Enttäuscht ging es zurück zum Rest von unserem Verein.

Bully hatte mittlerweile über Eheenza erfahren, dass die Methoden der Auslese auf allen Planeten anders waren. Sie waren derart grundverschieden, dass eine einheitliche Regelung durch die Veranlasser völlig auszuschließen war. Also, eröffnete Bully uns, dass den Unbekannten absolut gleichgültig war, wer denn nun bei ihnen auftauchte. Man brauchte, so sah es aus, wohl in regelmäßigen Abständen eine gewisse Anzahl nützlicher Idioten, die was auch immer tun mussten, bevor sie nach vier Jahren ohne Gedächtnis wieder auf ihrer Heimatwelt erschienen. Die hier im Schiff anwesenden Bekassu waren auf jeden Fall allesamt der Meinung, sie hätten großes Glück gehabt, dass sie dabei sein durften. Bully ging es wie mir: So ganz sicher war er da nicht. Glück oder nicht, sagte er zu mir, das wird sich noch herausstellen und beschloss schon jetzt, den unbekannten Wohltätern nicht über den Weg zu trauen. Ja, dachte ich. Schäbig ist das alles.

Außer uns nochmal in Richtung Triebwerk zu begeben, konnten wir eigentlich nichts tun. Perry und ich wagten es und sprangen einfach aus dem leeren Raum einfach mal eine Tür weiter und ließen unseren SERUN ein paar Messungen vornehmen. Der stellte dabei fest, dass das Schiffchen ein Transitionstriebwerk der besonderen Art hatte: Es erlaubte unbegrenzten Aufenthalt im Hyperraum. Was wir bei unserer Aktion aber nicht bemerkten, war, dass wir eine Sicherheitsschaltung ausgelöst hatten. Man war also misstrauisch geworden.

Eheenzas Leute hielten uns für Götter. Obwohl sie es eigentlich besser wissen müssten. Nicht für Götter hielt uns jemand anderes. Er hieß Zarga und traute uns nicht über den Weg. Das ging so weit, dass dieser spätere Ankömmling Eheenza beeinflusste und der uns in Folge auch anzweifelte. Er zog sich von uns zurück. Ich las ein wenig in seinen Gedanken und wir beschlossen, ihm gegenüber zukünftig vorsichtiger zu sein.

Ein weiter Versuch, das Triebwerk zu erkunden ging gewaltig schief. Das lag nicht an Bully, der mich diesmal begleitete, sondern einfach nur daran, dass unser Schiff uns nicht mehr über den Weg traute. Wir wurden betäubt und, stell dir das mal vor, vom Schiff zurück teleportiert. Dann hab ich aber endlich etwas festgestellt, dass uns doch tatsächlich weiterbringen sollte. Einer der Bekassu machte diese Reise zum zweiten Mal mit. Und wie das so ist, wenn man bei einer Reise zum zweiten Mal dabei ist, fällt einem so das eine oder andere wieder ein. Egal, wieviel man vorher vergessen hat oder auch nicht. Dem Wiederkehrer war nämlich klar geworden, wo es hingehen sollte: Nach dem letzten Aufenthalt auf Paura II, das wir bislang nur kannten, weil dort eine weitere Ladung Bekassu mitgenommen werden sollte, sollte es in das Paura Black - Hole hineingehen. Das schwarze Loch war identisch mit der Ewigkeit. Und schwarze Löcher sind, wie Eirene passend anmerkte, gefährlich.

Gerade, als wir darüber diskutierten, was wir mit dieser Neuigkeit anfangen sollten, stand auf einmal ein weiterer Bekassu vor unserer Kabinentür. Er sei der Hafenmeister und oberste hiesige Repräsentant seines Volkes, eröffnete er uns. Er habe von einem Teilnehmer der Reise, von Zarga, erfahren, dass wir uns unter falschen Voraussetzungen an Bord des Ewigkeitsschiffes geschmuggelt hätten. Wir hätten uns als Götter ausgegeben. Er forderte uns auf, vorerst in der Kabine zu bleiben und spätestens auf Paura das Schiff zu verlassen.

Und dann, meine Liebe, wurde es spannend. Eine Weiterreise auf dem Ewigkeitsschiff kam nicht in Frage. Man traute uns nicht mehr über den Weg. Also verließen wir unseren Dampfer auf Paura II und stellten fest, dass Icho Tolots Aufzeichnung genau hier vor Ort gemacht wurde. Auf Paura. Als wir uns diesen Raumhafen etwas näher ansahen, sahen wir ein Raumschiff, das uns allen äußerst bekannt war: Icho Tolots HALUTA.

Damit war klar, wie es weitergehen sollte. Wir nahmen die HALUTA in Beschlag und verankerten sie nach dem Start des Ewigkeitsschiffes an deren Transportvorrichtung. Es schien zu funktionieren. Das Ewigkeitsschiff ging in den Hyperraum.



Siehst du?", fragte Gucky. "Es ist endlich was passiert. Wir waren unterwegs. In Richtung eines Zieles, von dem wir uns Hoffnungen machten. Hoffnungen, dass wir endlich neue Erkenntnisse erhielten."

"Zwei Fragen", meinte Lee. "Erstens: Wie lange stand denn die HALUTA schon auf dem Raumhafen? Zweitens: Wieso hat das Ewigkeitsschiff nichts gegen euch unternommen, wenn man schon misstrauisch war? Ich meine, die mussten doch gemerkt haben, dass sie da jemand eingeklinkt hatte."

"Erstens", begann Gucky, "die HALUTA stand da, seit dem Icho Tolot mitsamt dem Ewigkeitsschiff in dem schwarzen Loch verschwunden war. Zumindest hofften wir, dass er dort war. Also im Zweifelsfall seit ein paar hundert Jahren. Zweitens: Keine Ahnung. Vielleicht musste das Schiff zu einem bestimmten Termin am Ziel erscheinen und da war einfach keine Zeit mehr, sich mit uns zu kloppen."

Lee schien nicht ganz überzeugt und grummelte etwas von Glückspilzen. Gucky hatte es nicht genau verstanden.

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Ich weiß nicht, wie es euch geht. Wenn ich so einen Clark Darlton aus Ernstings letzter Zeit als PR-Autor lese, fühle ich mich wie zu Hause. Ich bin mit CD zur Serie gekommen und er hatte meinen ersten Selbstgekauften geschrieben (415 - Freunde aus einem fremden Universum). Er hatte nie derartige Hammerromane wie damals ein WiVo oder heute ein WV abgeliefert, aber er brachte es zumeist zu zufriedenstellender Qualität.

Und genau wie sein Vorgängerwerk in diesem Zyklus (1407) ist auch Band 1417 ein typischer Darlton, wie es typischer schon fast nicht mehr geht. Die Teilnehmer Rhodan, Bull und Eirene bilden ein trautes Umfeld ab, bei dem auch Familienbande nicht zu kurz kommen. Reginald Bull kabbelt sich wie üblich ein wenig mit Gucky, es hält sich aber in Grenzen. Er braucht auch nicht den mosernden Dorfdeppen abzugeben wie noch in Band 1416.

Der Roman war, wie bei CD üblich, kein Überflieger, aber er war ordentlich, solide und meines Erachtens um Längen besser als sein Vorgänger. Und mit der HALUTA hat die geneigte Leserschaft endlich das Gefühl, dass es langsam aber sicher vorwärts geht.
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Band 1418 - Die Höhle des Giganten - ist von Kurt Mahr, erschienen am 24.10.1988
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"Woher weißt du das eigentlich alles? Ich meine, natürlich, du warst ja dabei. Aber wenn ich mir so überlege, dass mir manchmal nicht mehr so ganz klar ist, wo ich mich vor zwei Jahren herumgetrieben habe, zumindest weiß ich das nicht mehr im Detail, stelle ich mir diese Frage. Die Geschichte, die du uns hier erzählst, ist ja nun auch für dich eine ziemliche Zeit her. Sorgt das Ding deiner Schulter auch für dein gutes Gedächtnis?"

Lee warf Gucky einen erwartungsvollen Blick zu.

Der knabberte an einer Möhre und begutachtete sie, als würde sie ihm gleich die passende Antwort liefern. Das Wurzelgemüse erwies sich zu seiner Enttäuschung aber als nicht sonderlich mitteilsam. Er seufzte.

"Wenn ich das wüsste", sagte er. "Eigentlich habe ich von derart langen vergangenen Zeiten nur eine ganz lose Übersicht im Kopf. Details sind bis auf wenige Ausnahmen nicht vorhanden. Mir ist sowas aber schon Mal passiert. Da saßen Perry, Bully, Atlan und ich zusammen und redeten über die M 87 Geschichte, als wäre es gestern gewesen. Jede Kleinigkeit war uns klar und bewusst. Woher das Zeug kam, wussten wir nicht. Das geht mir hier genauso. Es ist einfach da."

"Wenn ich also jetzt das Thema wechsele und dich nach etwas ganz anderem frage, geht's dir auch nicht besser als mir?", wollte Lee wissen. "Beruhigend."

"Nehmen wir mal die Geschichte mit den Molkex - Kriegen. Ich weiß natürlich, dass die was mit den Jülziish zu tun hatten - damals hießen die Kerle noch Blues. Mir sind Begriffe wie Schreckwürmer, Hornschrecken und Huldvolle noch bekannt. Perry Rhodan wurde entführt und ausgerechnet von diesem Angeber Gecko gefunden. Ausgestreute Zellaktivatoren, Iratio Hondro. Perry lernte seine zweite Frau Mory kennen. Das wars. Um die ganze Story in die richtige Reihenfolge zu bringen, wäre ich eine halbe Ewigkeit beschäftigt. Es gab beispielsweise den üblichen überdrehten Wissenschaftler, aber wie der hieß, weiß ich nicht mehr. Dann hatten wir so viele Leute in unserem engeren Umfeld, von denen fallen mir mit ganz viel Glück Namen ein - wie hieß dieser seltsame Indianer noch? Irgendwas mit Pferd. Keine Ahnung. Aber ich glaube, der hatte nichts mit den Blues zu tun. Ganz sicher bin ich mir aber nicht. Namen, die ich behalten habe, sind Melbar Kasom und Lemy Danger, das Spezialteam von der USO. Der eine ein Ertruser und der andere ein Siganese. Den Beiden hätte ich bei ihrer gegenseitigen Frotzelei tagelang zuhören können. Die waren ein noch besseres Gespann als Bully und ich, zudem im Einsatz gemeinsam unschlagbar. Aber wenn du mich jetzt fragst, was die im Einzelnen alles angestellt haben, kann ich dir keine Antwort geben."

"Dein Gehirn sortiert also genauso aus, wie das von Normalsterblichen auch. Eigentlich logisch, sonst würdest du irgendwann mal überlaufen und wärest wohl reif für die Klapse, weil du nichts mehr verarbeitet kriegst."

"Oh!", meinte Gucky und trank einen Schluck Gemüsesaft, "da wollten mich schon Viele hinbringen, auch ohne überfrachteten Kopf. Aber du siehst", er strahlte Lee an, "ich bin immer noch da. Und deswegen erzähle am besten gleich weiter, bevor wieder alles im Nebel der Vergangenheit verschwindet."


Spoiler
Gucky erzählt die Geschichte von der Höhle des Giganten:


"Ein schwarzes Loch ist gefährlich", hatte Eirene, Perrys Tochter, gesagt. Grundsätzlich war ich auch ihrer Meinung und nicht nur mir war ein wenig mulmig zumute, als wir uns mitsamt dem Ewigkeitsschiff in Richtung Ereignishorizont begaben. Wir wussten um die Gefahr mit der Singularität im Zentrum, das würde eine auf Nullvolumen kollabierte Materie von mehrfacher Sol - Masse sein. Das war wohl unser Ziel. Es war also davon auszugehen, dass wir uns in Kürze über 695 verlorene Jahre keine Gedanken mehr zu machen brauchten.

Einzig die Tatsache, dass das Ewigkeitsschiff diesen Weg schon mehrfach zurückgelegt hatte, stimmte uns optimistisch genug, diesen Weg mitzugehen. Immerhin galt es, Icho Tolot zu finden, ihm seine HALUTA zu übergeben und endlich, endlich etwas über die letzten Jahrhunderte zu erfahren.

"Einhundertdreifache Sol - Masse, Durchmesser des Ereignishorizontes sechshundertzehn Kilometer", konstatierte Bully. Gleichzeit machte der Rechner der HALUTA, dem Perry den Namen Taravatos gegen hatte, das übrigens heißt Hochwürden, uns darauf aufmerksam, dass die Schutzschirme einer nach dem anderen zusammenfielen. Die elektromagnetischen Gewitter unvorstellbarer Intensität zusammen mit den wirbelnden Massen ionisierten Gases und das alles kombiniert mit dem sich rasend schnell rotierenden Magnetfeld des Schwarzen Loches überforderten sogar halutische Technik. Es wurde immer schlimmer. Aber kurz bevor uns dieses Feuerwerk den Garaus machten konnte, stellte Bully verblüfft fest, dass wir durch waren. In der Tat. Von jetzt auf gleich war Ruhe im Karton.

Und nicht nur das. Die Eintauchgeschwindigkeit führte zu einer stabilen Umlaufbahn um die Singularität und verhinderte einen Absturz. Ja, und dann erfasste die Ortung der HALUTA eine absolute Unmöglichkeit. In einer Entfernung von zwölf Lichtsekunden entdeckte Taravatos eine Raumstation. Rund tausend Meter lang und siebenhundert Meter breit. Zwölf Lichtsekunden. Innerhalb eines Ereignishorizontes von 610 Kilometer Durchmesser. Aus Sicherheitsgründen koppelten wir uns von dem Ewigkeitsschiff ab und näherten uns separat. Das klappte sogar. Augenscheinlich wollte man uns in Ruhe lassen.

Natürlich sahen wir uns diese seltsame Umgebung deutlicher an. Es war eine Art Mikrokosmos, eine Raumzeitblase unterhalb des Ereignishorizontes. Wie der unter den abstrakten Bedingungen eines Schwarzen Loches stabil gehalten werden konnte, erschloss sich uns nicht. Da waren ein paar Meter Technik mehr vonnöten, als wir sie aufbringen konnten. Die Raumblase erschien uns als eine Art vergrößerte Version der Raumstation. Wir konnten innerhalb dieses Miniaturuniversums einwandfrei fliegen und orten, auf jeden Fall bis auf einen kleinen Teilbereich. Ich konnte problemlos teleportieren. Das nutzten wir dann auch aus. Entscheidungen wurden getroffen, Perry und ich durften in die Raumstation hinein, um uns dort umzusehen.

Bully blieb zum Spekulieren zurück und unterhielt sich mit Taravatos, dem Rechner. Der erzählte etwas von Hindernissen, nach deren Beschaffenheit Perry sich über Funk erkundigte. Sie bestünden aus mehreren zylindrischen Hyperenergiebahnen, die wie Säulen vom Grund bis zur gegenüberliegenden Seite reichten. "Säulen?", echote Perry. Unser kleiner Freund Beodu kam der Wahrheit am Nächsten: "Die Säulen der Vergangenheit", sagte er.

Wir, also Perry und ich, materialisierten in einer Art Röhre, die von trübem Dämmerlicht erfüllt war. Es herrschte Schwerelosigkeit und sie zog sich gradlinig dahin, soweit das Auge reichte. Die Luft sei atembar, meinte der Pikosyn unserer SERUNS. Wir testeten es an und stellten einen widerwärtigen, ätzenden Geruch fest. Mir wurde dabei seltsam blümerant. Ich stellte einen ganz komischen mentalen Einfluss fest. Das waren keine erkennbaren Gedanken, sondern ein ganz schräger dumpfer Druck auf meinem Gehirn. Irgendwo in der Nähe vermutete ich eine Quelle unmodulierter Mentalenergie. Mir war, als würde ich ein immer stärker werdendes Stöhnen hören.

Glaub mir, das sind dann so Momente, in denen man seine telepathischen Fähigkeiten zum Teufel wünscht. Mit irgendeiner armen Seele wurde da etwas angestellt, was der meiner Meinung nach nicht sonderlich guttat. Wir suchten unterdessen weiter, das heißt, in erster Linie war es Perry, der mich nur mitschleppte. Ich war kaum noch zu eigenen Handlungen fähig, so stark lastete der Druck auf mir. Wir erreichte das Ende des Ganges, in dem wir materialisiert waren, als der Pikosyn vor einer Giftkonzentration in der Luft warnte. Wir schlossen die Helme, als die mentalen Schmerzen für mich zu groß wurden. Ich flüchtete mit einem Schrei und weiß danach von nichts mehr.

Perry untersuchte währenddessen seine Umgebung und bemerkte eine zuckende, pulsierende Masse. Er erkannte eine riesengroße Kreatur, einen um das Hundertfache vergrößerten Bekassu. Bevor Perry ebenfalls abhauen konnte, wurde er von einem Tentakel aus der undefinierbaren Masse angegriffen, unter Kontrolle gebracht und wurde genau wie ich bewusstlos.

Er wusste natürlich nicht, dass ich in der Zwischenzeit erwacht war und seine panischen Gedanken angemessen hatte. Ich konnte ihn aber nicht aus seiner Situation befreien, weil der mentale Druck immer noch zu stark auf mir lastete. Wir hatten letztlich Glück: Von jetzt auf gleich ließ der mentale Druck nach, Perry hatte dem Wesen wohl einige starke Verletzungen beigebracht. Es war tot.

Wir sahen uns an und wussten auf einmal, zu welchen Diensten die Bekassu hier benutzt wurden. Sie hatten ihren Göttern für genetische Experimente zu dienen. Das Ungeheuer, war mir plötzlich klar, war ein erstklassiger psionischer Sender. Ich hatte nicht mal einen halben Meter teleportieren können. Die Götter waren dabei, eine neue Psi begabte Rasse zu züchten. Wofür auch immer und was auch immer sie mit diesen armen Teufeln vorhatten.

Perry und ich, und ich glaube, das ist für dich nachvollziehbar, wollten hier nur noch weg. Als ich die Gedanken von "normalen" Bekassu esperte, suchte ich die von unserem Freund Eheenza und wurde fündig. Was soll ich sagen? Er stand vor uns und sagte: "Ich sehe euch, die Fremden, die wir für Götter hielten." Er diene jetzt den richtigen Göttern, erklärte er auf Perrys Nachfrage. Nein, eine konkrete Aufgabe habe er nicht, er sei ja grade erst angekommen. Bevor das Gespräch richtig in Gang kam, tauchte jemand auf, der sich als Vorsteher dieser Wohnhalle bezeichnete und uns kurzerhand vor die Tür setzte. Wir sahen keine Möglichkeit, den misstrauisch gewordenen Eheenza von unseren hehren Absichten zu überzeugen und verschwanden.

Und jetzt? In Ruhe weiterforschen? Mitnichten! Alle Bekassu wurden aufgefordert, uns zu suchen und dingfest zu machen. Perry wäre fast von einer tödlichen Injektionsnadel verletzt worden. Ich verspürte starke Hass - Gefühle und immer wieder hörten wir Durchsagen mit dem Inhalt, uns festzusetzen. Wir würden Unheil stiften und die Götter verspotten. Womit wir wieder beim Thema wären. Lebewesen, die sich selber für Götter halten, taugen nach meinen Erfahrungen am Wenigsten. Wir verzogen uns also in eine Gegend, zu der die Götterdiener keinen Zutritt hatten.

Auch diese Station war nichts für mich. Zum wiederholten Maße spürte ich einen zunehmenden deutlichen Druck. Ich hatte das Gefühl, mein Schädel würde zerspringen. Perry wollte mich in Sicherheit bringen, aber die Gegend wurde immer diffuser, es wurde dunkel und der Verstand verlor die Orientierung. Auf einmal erkannte Perry etwas dunkelrot Glühendes im Hintergrund. Fünf breite Streifen, eher Säulen. Zylindrische Gebilde, die mächtig aus der Tiefe aufragten und zur Höhe aufstrebten. Die Säulen der Vergangenheit war der letzte Gedanke, an den ich mich noch erinnerte. Danach war ich wieder weggetreten.

Perry machte sich in der Zwischenzeit so seine eigenen Gedanken dazu und experimentierte grade mit seinem Desintegrator, als es auch für ihn vorbei war. Er wurde von der Sicherheitsautomatik überwältig und fand sich in einer Zelle wieder.

Da sind wir wieder beim Thema! Ich kann hier bei euch Urlaub machen und dir was erzählen. Dauerhaft allein lassen kann man unseren größten aller großen Meister aber nicht. Ich muss stets und ständig auf ihn aufpassen, damit er nicht verloren geht. So wie hier. Denn eines steht doch fest: Mit Gucky wäre das nicht passiert!

Als Perry wieder wach wurde, sprach ihn tatsächlich jemand auf Interkosmo an. Er sei ein Gefangener, wurde ihm eröffnet. Außerdem gedenke man ihn zu töten. Seine verdammte Wissbegierde sei sein Todesurteil, wurde ihm beschieden. Er, Perry Rhodan, stehe dem Cantaro Rongn'ataan im Weg.

Und ich? Ich will mich ja nicht loben, aber zwischenzeitlich wurde ich wieder wach. Als ich Perrys panische Gedankenimpulse verspürte, teleportierte ich mit frischen Kräften auf die HALUTA, holte Covar Inguard und wir legten uns mit den Cantaro an. "Du nimmst niemanden gefangen, Zwerg", giftete er mich an. Als ich ihm Covar auf den Hals hetzen wollte, kam des Gedanken zweiter Teil. "Weil du mit mir sterben wirst", vernahm ich. Ich schnappte mir Covar und wir verschwanden. Der Cantaro explodierte und tötete jedes Lebewesen im Umkreis von dreißig Metern.

Für uns ging es zurück auf die HALUTA.

Ich erläuterte, dass ich mit diesen Säulen nicht klarkam, weil sie meine Psikräfte beeinflussten und mich im wahrsten Sinne des Wortes umhauten. Perry war in Folge der Meinung, dass Icho Tolots Weg hinter diesen Säulen weiterführen würde, weil er derart deutlich von ihnen gesprochen hatte. Danach ließ er sich auf eine aus meiner Sicht überflüssige philosophische Diskussion mit seiner Tochter ein, die er prompt verlor. Erst als Bully mit der Faust auf den Tisch haute und meinte, er habe langsam die Nase voll, ging es weiter.

Kurz danach erreichte uns ein Anruf und wir waren zunächst der Meinung, es würden noch Zeichen und Wunder geschehen. Der Anrufer stelle sich mit Namen Larkardón vor und entpuppte sich als Blau-Nakk. Das sind diese seltsamen, Nacktschnecken ähnelnden Wesen, die ursprünglich aus Hangay stammten. Der Nakk bezeichnete den toten Cantaro als Tyrannen und er könne uns helfen, indem er eine der Säulen abschalten würde. Dann könnten wir hinter den Säulen weiterforschen. Er würde in Folge alle sechs Stunden wiederum eine Säule verschwinden lassen, dann wäre nach Erreichen unseres Zieles die Rückkehr für uns möglich.

Mehr könne er uns nicht sagen, er kenne die genaue Funktion der Säulen nicht, sagte er und meinte noch, man könne sich das Wissen des Tyrannen nur nach und nach aneignen. Wir auf der HALUTA diskutierten noch eine Weile über die Zuverlässigkeit von Nakken und kamen letztlich zu dem Ergebnis, das Risiko einzugehen und uns hinter die Säulen zu begeben.

Die Ortung war enttäuschend. Wir fanden einen öden, circa elfhundert Meter durchmessenden Gesteinsbrocken, mehr nicht. Der Felsklotz, sagte der Rechner Taravatos, sei so tot, wie es Gestein nur sein könne. Unsere persönlichen Untersuchungen bestätigten das. Wir fanden - nichts. Absolut nichts. Bully diskutierte ein wenig mit Perry herum, er traute dem Nakken nicht über den Weg. Das Gespräch zwischen den Beiden wäre wohl noch weiter gegangen, wenn ich nicht dazwischengefunkt hätte. Ich hatte schwache psionische Signale festgestellt. Irgendwer oder irgendwas redete von einem Chronisten. Was davon zu halten war, wusste ich nicht.

Wir folgten dem Signal und ich entdeckte, nein, nicht Tolot, dafür aber ein Meer von Edelsteinen. Es strahlte und glitzerte, als hätten Freibeuter sämtliche Schätze des Universums zusammengetragen. Für mich ging das Gewispere weiter: die Zeittafeln von Amringhar hörte ich. Oder: ein Fluch ist übers Land gefallen... so berichtet der Chronist des Überwesens ES....

Ja. Es waren die Zeittafeln von Amringhar. Eine Katastrophe musste sie vernichtet haben. Wir sahen hier nur noch die Trümmer.

Wir wollten uns grade zurückziehen, als sich das Gestein vor uns bewegte. Ein Riese, über drei Meter groß, schälte sich heraus und dröhnte: "Rhodanos! Ich wusste, dass du mich nicht im Stich lässt!" Wir hatten Icho Tolot gefunden. Und der freute sich natürlich. Die Freude war so groß, dass er uns wie Jonglierbälle in die Höhe warf und wieder auffing. Dabei lachte er, dass einem trotz SERUN die Ohren abfielen.

Jahrelang habe er hier reglos gelegen und er könne uns stundenlang seine Erlebnisse erzählen, rief er. Während der langen Zeit, die er auf dem Gesteinsbrocken verbringen musste, hatte er sich von Felsbrocken ernährt. Wir dagegen fanden die unmittelbare Umgebung nicht ganz so toll und fühlten uns zudem leicht derangiert. Es sollte doch in eine etwas gemütlichere Umgebung gehen und wir eröffneten unserem Freund noch, dass wir seine HALUTA gefunden hatten.

Tolotos war einverstanden. Das Märchen von Perry Rhodans Tod habe er sowieso nie geglaubt, meinte er. Das wollten wir natürlich hören, aber erst später. Perry fragte ihn nach dem Glitzerzeug, dass ich gefunden hatte. Das seien die Trümmer der Zeittafeln von Amringhar. Er wollte ihre Botschaft entziffern, wäre aber zu spät gekommen. Er sprach von einer Katastrophe vor ungefähr siebenhundert Jahren, die zum Zerfall der Tafeln geführt hatte. Einige wenige Informationen habe er für uns, schloss er ab.

An Bord der HALUTA ging das Gelächter weiter, als Icho Tolot erfuhrt, dass Perry seinen Rechner ausgerechnet "Hochwürden" genannt hatte. Er selbst bezeichnete seinen syntronischen Helfer als die hinterhältigste und schlitzohrigste Maschine, die je jemand gesehen habe. Uns dagegen erfreute er mit der nächsten Überraschung: Er habe Nachricht von Ernst Ellert, dem ewigen Vagabunden erhalten, wie Perry ihn nannte. Ellert war anwesend, als die Zeittafeln noch ganz waren und er kriegte die Zerstörung mit. Er habe hier nichts mehr zu suchen, lautete die Nachricht, die er hinterließ, als er wieder verschwand. Ellerts alte Freundin Kytoma war wohl auch vor Ort gewesen.

Auf dem Weg zurück zur Station traute Tolot dem Blau - Nakken ebenso wenig wie Bully. Der hat euch über den Tisch gezogen, sagte er, als er die Sache mit dem Abschalten der Säule erfuhr. Wir warteten pünktlich vor Ort, aber es passierte natürlich nichts. Icho Tolot wollte Kontakt aufnehmen und stellte sich als derjenige vor, den man den vierarmigen Propheten nannte. Er machte auf das Abkommen mit Perry aufmerksam und erhielt prompt eine Abfuhr. Der Nakk erzählte etwas von einer Neuen Ordnung unter der Ägide der Cantaro. Dem habe sich alles andere unterzuordnen.

"Dann eben nicht", schimpfte Tolot und befahl Feuer. Nach einigen Experimenten mit der Feuerkraft seines Schiffes brachte er die angegriffene Säule zum Einsturz und wir konnten passieren.

Und dann passierte es. Ohne die zerstörte Säule war die Technik nicht mehr stabil genug. Die Stabilität des Mini - Kosmos innerhalb des Schwarzen Loches kollabierte und die komplette Station der Cantaro explodierte mit allem, was darin war. In der HALUTA sah es auch so aus, als würde alles zu Ende gehen. Unser Tod stand unmittelbar bevor. Gegen die gewaltigen, jetzt an uns zerrenden Gravitationskräfte hatte die HALUTA nichts entgegenzusetzen. Wir wurden von der Singularität angezogen und merkten noch, wie ein anderes Schiff an uns vorbeizog. Immer näher kam uns der leuchtende Punkt in der Mitte, als plötzlich von einem Moment auf den anderen Ruhe herrschte.

Alles stand auf null. Keine Geschwindigkeit, keine Struktur der Raumzeit, nichts. Icho Tolot hieß uns willkommen im Bereich der Schwarzen Sternenstraßen. Wir hätten jetzt Zeit, sagte er. Zeit, uns seine Geschichte anzuhören.


"Und die armen Bekassu in der Station? Die so stolz waren, dass sie zu den Berufenen gehörten?" Lee war entsetzt.

"Ja", sagte Gucky. "Sie waren alle so stolz gewesen. Und sie waren keine anonyme Masse. Wir hatten sie kennengelernt, teilweise auch persönlich. Das machte es noch schlimmer."

"Wie hättet ihr reagiert, wenn ihr das alles vorher gewusst hättet?"

Gucky überlegte lange. Dann sah der Lee in die Augen und sagte: "Das hat etwas von der bis heute ungelösten Frage, ob man zehn Wesen töten darf, um zehntausend zu retten. Der Schmerz über die Toten wird dadurch nicht gelindert. Aber man hat etwas, wo man sich dran festhalten kann."

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Das war ein Chef - Roman.

1. Der Chef - Physiker der Serie erklärte mit klaren Worten das Aussehen eines Schwarzen Loches. Er beschrieb wirbelnde Gasmassen in der Akkretionsscheibe und stillstehende Zeit. Ohne fünfdimensionalen Zirkus berichtete er über Gravitation und das Unschärfeprinzip. Man merkt, dass dort jemand zu Gange war, der wusste, worum es sich hier drehte.

2. Der Chef - Autor ließ unsere Helden Icho Tolot finden und gab der Handlung den seit einigen Wochen erwarteten Schub in eine neue Richtung. Wir wissen zwar noch nicht, was Tolot erlebt hat, wissen aber, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis wir Näheres erfahren.

Der Roman war für mich gut sortiert und gut strukturiert. Eine Prise Humor war dabei, als Rhodan den Rechner der HALUTA ausgerechnet Hochwürden nannte und Tolot darüber einen Lachanfall kriegte. Unvorhergesehen war das Grauen, als die Station explodierte. Gleichwohl hatten unsere Freunde keine Zeit, sich darüber aufzuregen, da es ab in Richtung Singularität ging.

Es bleibt wirklich die Frage, ob sie genauso gehandelt hätten, wenn ihnen jemand vorhergesagt hätte, was passieren würde. Letztlich bleibt festzuhalten, dass der Kurt Mahr von Band 1418 nicht mehr viel mit dem Autor von Band 395 gemeinsam hatte. Kein Wunder, es liegen schließlich 20 Jahre dazwischen. Daumen hoch!
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Die Bände 1419 - Tod eines Cynos, erschienen am 31.10.1988 und 1420 - Sternentore, erschienen am 01.11.1988 sind von H.G. Ewers
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"Hast du schon mal mit einem Haluter zu tun gehabt? Einem echten?", wollte Gucky wissen.

Lee schüttelte den Kopf. Dann rief sie ihr vorhandenes Wissen ab. "Dreimeterfünfzig groß, Schulterbreite zweimeterfünfzig, zwei Tonnen schwer und an dreikommasechs Gravos angepasst. Ein halbkugelförmiger halsloser und trotzdem drehbarer Kopf mit drei ausfahrbaren Stielaugen zu je zwanzig Zentimeter Durchmesser sitzt auf dem Körper und hat zwei Gehirne. Ein Ordinärhirn und ein Planhirn. Mir ist aber völlig unklar, was passiert, wenn das eine Gehirn rechts rum und das andere links rum will."

Gucky grinste. "Dann platzen zuerst deine Trommelfelle, weil die Kerle einen Lachanfall erster Güte kriegen, wenn sie das als Frage hören."

Lee ließ sich nicht irritieren. "Säulenartige Beine, zwei Armpaare. Die oberen, an der Schulter sitzenden Extremitäten sind die Handlungsarme, die beiden tiefer liegenden die Laufarme. Haluter können Geschwindigkeiten bis zu einhundertzwanzig Kilometern pro Stunde erreichen und das fünf Stunden durchhalten. Sie können ihre Struktur willentlich umwandelt. Dann sind sie hart wie Terkonitstahl und widerstehen sogar Thermostrahlern. Sie haben zwei Herzen und können mit ihrem Konvertermagen im Notfall Steine als Nahrung zu sich nehmen. Haluter sind eingeschlechtlich und werden dreitausend Jahre alt."

Lee sah Gucky an. "Hab ich was vergessen?" Bevor Gucky reagieren konnte, redete sie weiter. "Sie haben barbarische Vorfahren, sind aber selber extrem friedliebend und überaus höflich. Selbstverständlich hochintelligent. Alle paar Ewigkeiten müssen ihre immer noch vorhandene Abenteuerlust in einer Drangwäsche ausleben. Sie legen Wert auf ihre Privatsphäre, reden sich mit Sie an und hängen bei engen Freunden die Endung -os bzw. -tos an den Namen an."

Gucky hatte den gestrengen Blick eines Oberlehrers drauf. Zumindest meinte er das. "Schülerin Lee, du hast etwas Wesentliches vergessen. Sie singen gerne. Sie haben dabei aber naturgemäß relativ wenige Zuhörer. Setzen, sechs!"

Lee sah zutiefst enttäuscht aus. "Aber Herr Lehrer, ich habe doch...", ging sie auf Guckys Spiel ein.

"Wir haben doch in eurer Universitäten Icho Tolot die Brünnhilde aus Wagners Walküre singen hören. Zwar aus einer Aufzeichnung, aber in Original Lautstärke. Danach waren die jungen Damen und Herren der Meinung, dass sie wegen akuten Gehörproblems drei Tage dem Unterricht nicht folgen müssten, weil sie sowieso nichts verstehen würden. Und dergleichen hast du schon vergessen?"

Lee sah beschämt zu Boden. "Nein, Herr Lehrer!", schluchzte sie mit trauriger Mine.

Gucky knabberte weiter an seiner Möhre und sagte: "Ist alles richtig, was du gesagt hast. Ich nehme an, das ist größtenteils wirklich Schulwissen, ergänzt um ein paar Trivid Infos. Aber was Haluter angeht, kann man an Wissen ohne Ende in sich hereinpauken. Den Eindruck, den die Kerle hinterlassen, wenn du zum ersten Mal vor ihnen stehst, vergisst du nicht. Ihre Präsenz ist gewaltig. Daher ist es wohl auch besser, dass sie Einzelgänger sind. Wenn ich mir einige Tausend von ihnen vor mir vorstelle..."

Gucky schüttelte sich. Das wären sogar ihm ein paar zu viele. "Aber", fuhr er fort, "sobald sie dich in ihre zwei Herzen eingeschlossen haben, kannst du dir keinen Besseren wünschen. Ein Haluter setzt für einen Freund oder eine Freundin bedenkenlos sein Leben aufs Spiel. Aber heftig sind sie, keine Frage. Aus meiner Perspektive sind sie ja noch ein paar Nummern gewaltiger. Und sie sind sehr putzig mit ihrem Mutterinstinkt. Icho Tolot redet uns zum Beispiel seit undenklichen Zeiten mit "meine Kleinen" an. "

Lee sah Gucky nachdenklich an. "Wieso werden Haluter als "er" wahrgenommen", sinnierte sie.

Gucky war überrascht. "Äh", meinte er. "Das ist nun mal so. Es sind eben taffe Kerlchen."

"Das meine ich nicht." Lee sah Gucky direkt in die Augen. "Haluter sind eingeschlechtlich. Im Regelfall gebären sie nur dann ein Kind, wenn ein Haluter stirbt. Das ist ihre Art der Bevölkerungskontrolle. Aber sie gebären. Nun ist Nachwuchs in die Welt setzen bei allen Wesen, egal wer sie sind und woher sie kommen, das weibliche Vorrecht. Für mich sind sie eher Frauen als Männer. Egal, wie groß und stark sie sind."

"So habe ich das noch gar nicht betrachtet. In all den Jahren nicht", sagte der Ilt. "Aber du hast Recht. Ich denke, das hat sich bei seinem ersten Auftauchen herausgebildet. Haluter werden auf Grund ihres Aussehens automatisch als männlich angesehen. Damals wussten wir zudem nichts über sie. Das hat sich erst im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte danach herauskristallisiert. Es gibt eben auch heutzutage noch einen Unterschied zwischen dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem tatsächlich Vorhandenem. Wobei ich mir durchaus vorstellen kann, dass es irgendwo von irgendwem entsprechende Diskussionen gab oder immer noch gibt. Aber die Umwelt denkt über solche Themen zumeist Dinge wie: Solange sie sonst keine Sorgen haben, geht es ja noch. Danach bleibt alles beim Alten."

"Dann habe ich ja jetzt schon eine Person, und nicht die Unwichtigste, in Sachen Haluterbetrachtung bekehrt." Lee schien überaus zufrieden. "Dann hat sich der Urlaub für dein weiteres Leben ja schon gelohnt."

Gucky nickte. "Aber egal, ob Männlein oder Weiblein, sie sind eine ziemliche Hausnummer. Und wir, wir waren an Bord der HALUTA und warteten auf Icho Tolots Rückblick."


Spoiler
Gucky erzählt die Geschichte vom Tod eines Cynos:


Ich muss jetzt erstmal in mich gehen. Icho Tolot hatte uns ein paar Stunden lang seine Geschichte erzählt und wir waren nach dem Ende des Gehörten über seine Erlebnisse im Bilde. Aber ich habe das Gefühl, wenn ich das alles hier wiedergebe und um die entsprechenden Erläuterungen ergänze, sitzen wir übergestern noch hier. Also wird die Story ein klein wenig gekappt, denn wir wollen ja irgendwann zum Ziel kommen.

Das ändert aber nichts an unserer Ausgangsposition:

Wir waren Verlorene im Nirgendwo. Wir, das waren Perry, Bully, Beodu, Eirene und Covar Inguard. Und selbstverständlich Icho Tolot, dem die HALUTA gehörte und mit dem wir hinter den Ereignishorizont eines Schwarzen Loches verschlagen worden waren. Schwarze Sternenstraßen sollten das sein. Draußen sahen wir nur konturlose Finsternis. Wir schwebten außerhalb von Raum und Zeit in einem Nichts, dass uns den Verstand zu vernebeln drohte.

Icho Tolot regte sich. Es sah so aus, als wäre er jetzt bereit, geistig in die Vergangenheit zu gehen und uns das damals Erlebte zu schildern.

Sagen dir Begriffe wie DORIFER, KLOTZ oder psionisches Netz etwas? Wie? Hier ist man sich nicht im Klaren, ob das in Geschichte oder theoretische Physik gehört? Und interessiert hat es dich schon gar nicht? Ja, wo bin ich denn hier überhaupt? Soll ich jetzt auf eurem Hinterwäldler - Planeten auch noch Lehrer spielen? Damit ihr mal was Anständiges lernt? Was? Ihr seid allesamt anständig genug, das braucht euch niemand zu lehren? Wieso bin ich armer Teufel eigentlich nur so ein armer kleiner Mausbiber und hier am Ende der Milchstraße gelandet?

Nun gut, es nützt ja nichts. Wir sind in der Zeit der Ewigen Krieger und der Tarkan - Geschichten, als auf einmal ein Großraumschiff namens KLOTZ aus Tarkan auftauchte. Der Name kam übrigens nicht von ungefähr, das Teil war achtzig Kilometer lang und fünfundzwanzig Kilometer breit, also tatsächlich ein ziemlicher Klotz - Nomen est Omen, wie die alten Griechen zu sagen pflegten. Das ist gar nicht griechisch? Das soll Latein sein? Hat keine Ahnung von nix, will mir aber was beibringen. Da kann man mal wieder sehen. Taugenichtse, allesamt. Obwohl ich ja hier nur mit einer Person zu tun habe. Die Anderen sind definitiv auch nicht besser, denke ich. Was sagst du? Die sind noch schlimmer? Hätte ich mir ja denken können...

Auf jeden Fall war Icho Tolot im Jahr 445 NGZ in den ESTARTU Galaxien unterwegs und gelangte in die Nähe des zitierten KLOTZES. Von dem gingen ein paar Geheimnisse aus und die galt es zu entschlüsseln. Allzu nah kam der Haluter dem Ding aber nicht. Denn sein Ordinärhirn stellte vier Lichtminuten vorher fest, dass sein Planhirn Fehler beging. Sein Planhirn, das sonst mit der Präzision eines Hochleistungsrechners arbeitet! Bei weiterer Annäherung wurde es schlimmer. Als er die drei Lichtminuten unterschritt, tauchten auf seiner Bildschirmgalerie hauchdünne, schwarze Schleier auf, die sich wie im Wind dahinschwebende Schleier bewegten. Befragt, was das sei, antwortete der Bordcomputer nicht, stattdessen drehte das Schiff bei. Icho Tolot hielt das alles für eine Illusion.

Als dachte unser großer Freund, einmal ist keinmal und flog erneut auf das Riesenschiff zu. Es war wie beim ersten Anlauf: Der Druck im Kopf nahm zu und die schwarzen Schleier tauchten wieder auf. Unterhalb einer Entfernung von drei Lichtminuten stand Tolot kurz davor, handlungsunfähig zu werden, so stark war die psionische Belastung. Das Bild entstand wahrscheinlich kurz vor seinem endgültigen Überschnappen: Schemenhaft tauchte in seinem Schiff ein Wesen auf, das sogar aus Icho Tolots Sicht ein Riese war. Ein Pelewon! Ein viermeterfünfzig großer Gigant mit grüner, geriffelter Panzerhaut. Eine grüne Bestie aus M 87! Ein Todfeind der dortigen Herrscherkaste, der Konstrukteure des Zentrums und gleichzeitg ein Bruder für Tolotos. Die beiden hatten gemeinsame Vorfahren. "Fliege zu den Koordinaten, die du finden wirst", sagte der Pelewon, dann verschwand er wieder.

Nach einigem Durcheinander kam unser Haluter an den Zielkoordinaten an. Er fand eine Welt mit Sauerstoffatmosphäre, allerdings auch ziemlicher hoher CO2 Konzentration, kalt war es da also nicht. Aber ein Haluter ist eben ein Haluter, dem macht sowas nichts aus. Dafür hätte ihn aber fast etwas anderes über die Klinge springen lassen, ja, genau, unseren Vorzeige - Haluter Icho Tolot. Er hatte nicht mit dem Allerkleinsten gerechnet. Tolot fand ein Wrack mit einem Pelewon im Hibernationstank. Was das ist, wirst du ja wohl wissen. Was? So dämlich, wie ich aussehe, wärst du nun auch wieder nicht? Warte ab, bis ich hier fertig bin. Dann reden wir zwei endlich ernsthaft miteinander. Arme, kleine Mausbiber so zu verunglimpfen!

Zurück zum Wrack. Freund Icho war unvorsichtig. Man hat auf einer Welt, auf der es nur Pflanzen gibt und auf der augenscheinlich die CO2 Konzentration nicht stimmt, beim Betreten zwingend einen Raumanzug anzuziehen. Auch als Haluter. Sonst kommen so ganz winzige Widerlinge, die einem den Garaus machen wollen. Tolot merkte zum Glück noch, dass ihm ziemlich blümerant wurde und als letzte mögliche Lösung legte er sich glatt neben den Pelewon in den Tank.

Er träumte eine Menge Zeug von den KdZ und den Ewigen Kriegern, die die Konstrukteure des Zentrums über den Tisch ziehen wollten. In diesem Traum erfuhr er, dass sein Hibernations - Nachbar Pelewon ein von seinem König ausgesandter Kundschafter sei, dass bewusster König auf den Namen Powarithrong hörte und dieser im Besitz des Kristalls von Mimoto gewesen sei. Tolot träumte weiter, dass er den Pelewon versprochen habe, dem dortigen Herrscher den Tod seines Kundschafters zu melden. Als Tolot wieder wach wurde, merkte er, dass der Nachbar tatsächlich tot war.

Unser Freund hatte die pflanzlichen Mikroben mit einer Mischung aus Strukturverhärtung und diversen Alpha- Beta- und Gammastrahlen überlebt und begab sich auf die Reise. Also ging es erstmal ab nach M 87. Da ihm aber die Koordinaten des bewussten Königs mit dem schrägen Namen unbekannt waren, besuchte er zuerst alte Freunde. die Perlians. Er erfuhr ein wenig über die neue Struktur von M 87, alles friedlich, alles freundlich, aber immer noch die Dumfries als Soldatenkaste. Man wusste ja nie. Die Perlians nun rieten Tolot von einer direkten Reise zum König ab und wollten ihn zunächst zu den KdZ schicken. Aber wenn ein Icho Tolot etwas versprochen hat, hat er das versprochen. Selbst wenn er es nur geträumt hat. Also erfuhr er nach entsprechender Sturheit die Koordinaten des Pelewon - System und ab dafür mit ihm.

Jetzt wird's kompliziert: Er tauchte mit seiner HALUTA im Zielsystem auf und sah auf einmal wieder den schwarzen Schleier von Anfang unserer Geschichte in seinem Schiff. Tolot war dabei ziemlich baff: Er wusste nämlich plötzlich, was diese schwarzen Schleier waren: Truthars, intelligente Lebewesen mit psionischen Fähigkeiten, die durch Berührung der immateriellen Schranken zwischen dem Universum Tarkan und dem Standartuniversum sozusagen kondensiert waren. Woher er das wusste, war unserem Freund aber völlig unklar. Mir ist übrigens auch völlig unklar, woher ich das alles weiß. Ich meine, sowas behält doch keiner, oder? Das sind doch Geschichten, die man einmal hört und dann denkt, naja, und dann vergisst man sie wieder. Und ich weiß das alles. Hättest du mich gestern danach gefragt, hätte ich dir vielleicht erklären können, was ein Perlian ist, aber viel mehr auch nicht. Sehr seltsam das alles ist, mein Kind...

Auf jeden Fall stand Icho Tolot auf einmal ein zwei Meter großer weißhäutiger Hominide mit schwarzen Augäpfeln gegenüber. Nachdem unser Freund seinen Schrecken überwunden hatte, stellte der Neuling sich als Dschufar ama Sunnuh vor und wie er auf die HALUTA gekommen sei, wäre viel zu kompliziert, was mich jetzt hier auch beruhigt. Wenn das für einen Haluter nicht zu begreifen ist, kapieren wir zwei armen Wichte dergleichen schon gar nicht.

Auf jeden Fall rettete Dschufar die HALUTA so grade noch vor einem Angriff der Dumfries, die ihnen wohl die Perlians auf den Hals gehetzt hatten. Irgendwas hätten die wohl gegen ihn oder zumindest sein Ziel gehabt, mutmaßte Tolot. Die Perlians sprachen den Namen des Yangar - Systems nur mit Abscheu aus und wollten wohl nicht, dass er mit dem Pelewon- König Kontakt aufnehmen würde. Naja, die beiden schafften es so grade noch auf einen der Monde des Systems und beobachteten dort bei dessen Erkundung durch Zufall, wie ein Dumfrie - Admiral eine Kiste mit Schmuggelgut in Empfang nimmt.

Nun, unser Dschufar war ja nicht dumm und übernahm geistig dem Admiral der Dumfries. Praktisch, nicht wahr? So einer ist fast so gut wie ich. Aber nur fast. Auf jeden Fall befahl der übernommene Admiral die komplette Reparatur der HALUTA. Aber damit der Zufälle nicht genug. Tolot beobachte auf einmal ein blaues Objekt von zirka hundertzwanzig Metern Durchmessern und zwanzig Metern Höhe und identifizierte es als das Segment eines Virenschiffes. Was das ist, weißt du natürlich auch nicht, oder? Weil es sich auch nicht interessiert hat, nicht wahr? Nun, das war ein Überrest des Virenimperiums, von dem die Kosmokraten (noch so ein obskurer Verein, den keiner braucht) die drei ultimaten Fragen beantwortet haben wollten. Gibt's hier auch ultimate Fragen, oh schönste aller meiner Zuhörerinnen? Die ultimateste aller Fragen hier ist, wer abends das Bier in der Kneipe bezahlt? Eure Sorgen möchte ich haben.

Auf jeden Fall hieß das Vironautenschiff ROSIE GREER und Icho Tolot erfuhr von der Besatzung, dass der Pelewon König in einen galaxisweit tätigen Schmugglerring verwickelt war und diese Verbrecherorganisation leitete. Dieser Verein vermaggelte unter Anderem organische Verbindungen, mit denen man so gut wie jedes Organ oder Körperteil egal welchen Lebewesens nachzüchten konnte. Zudem gab es Gerüchte, dass der Ober - Pelewon mithilfe des Juwels von Mimoto die Herrschaft über ganz M 87 erreichen wollte. Das Juwel sei der Schlüssel zu den Schwarzen Sternenstraßen. So genau wisse das mit diesen Straßen aber nur der Magier von Gondhwarkan, sagten die Vironauten.

Also steht das nächste Ziel nach der Reparatur der HALUTA und der ROSIE GREER fest. Man fand den ehedem mal dicht besiedelten Planeten mitsamt etlicher noch sichtbarer Ruinen. Ein in ihren Maßen mit der Cheopspyramide identisches Bauwerk betrat man und maß eine sich bewegende Energiequelle an. Ja, dahinter verbarg sich der vermutete Magier. Aber es wäre ja auch zu schön gewesen. Ein Roboter tauchte auf und erschoss den armen Teufel, just, nachdem die Kameraden ihn gefunden hatten. Die anderen waren mächtiger, flüsterte der vermeintliche Magier noch, sie würden sein Wissen über die Schwarzen Sternenstraßen fürchten, denn sie wollten das Juwel von Mimoto. Dann verstarb er in Tolots Armen.

Sein Körper zerfiel zu Staub. Im nächsten Moment stand dort ein Obelisk, der keinen Schatten warf.


"Und was sagt uns das?", fragte Gucky seine Begleiterin.

Lee sah Gucky ratlos an.

"Das war ein Cyno. Weiß du denn, was Cynos sind?"

Über Cynos schien sie nicht so viel wie über Haluter zu wissen. "Das sind so ganz komische Kerle", begann sie. "Sie sind psibegabt und können jede beliebige Gestalt annehmen. Aber wo die herkommen und wozu die gut sind, hat sich mir nie so ganz erschlossen."

"Okay. Mit der Definition ganz komische Kerle kann ich leben. Über den Rest decken wir den Mantel des Schweigens. Ich nehme an, als dieses Thema in der Schule dran war, hattest du die Grippe oder musstest irgendwo Kartoffeln ausgraben. Da kann man sich natürlich keine Gedanken über Dinge machen, die das Universum zusammenhalten. Im Übrigen machst du mir einen ziemlich erschöpften Eindruck. Aber wenn hier einer k.o. sein sollte, wäre das ja wohl ich. Wir sind nämlich noch lange nicht am Ende mit diesem Teil unseres Rückblickes. Es geht weiter. Pass also gut auf!"


Spoiler
Gucky erzählt die Geschichte von den Sternentoren:

Vor ihnen lag das Yangar - System mitsamt den Geheimnissen des Juwels von Mimoto und der Schwarzen Sternenstraßen. Und, ergänzte Tolot die Äußerungen Dschufars, der Entdeckung des verbrecherischen Schmuggels von Transplantat - Basis. Unser Freund wollte ja bekanntlich zu dem König, um ihm von dem Tod seines Kundschafters zu berichten.

Das klappte natürlich nicht so ohne Weiteres, aber nach einiger Zankerei stand er in der Königsburg. Der Ranghöchste der örtlichen Pelewons forderte Tolot auf, ihm zur Audienzhalle zu folgen. Willkommen auf meiner Welt, sagte der Obermotz nach Ichos Vorsprache. Er sei sein persönlicher Gast, so lange, bis Yangar zweimal auf- und wieder untergegangen sei. Das, fand Tolot, war entschieden zu wenig. Er wollte doch an den koldonischen Spielen teilnehmen, die aber erst in neuen Tagen begannen. Als Siegesprämie erhoffte er sich nämlich einen Blick auf das ominöse Juwel. In dem Hin und Her - ich kann mir den Namen dieses komischen Königs einfach nicht merken - erfuhr Tolot, dass die Spiele nicht in neun, sondern erst in dreißig Tagen starten sollten. Das war unserem Freund natürlich zu lang hin und er bat um Erlaubnis, sich auf sein Raumschiff zurückziehen zu dürfen. Der Chef - Pelewon gewährte es ihm gnädig.

Aber der traute dem Haluter nicht von zwölf bis Mittag, was ja auch stimmte. Er erzählte Tolot, es gäbe im Randgebiet von Druithora einen Planeten, auf dem sich ein Objekt namens Schwarzer Kubus befinde. Das sollte eine Art Datenspeicher sein, mit dem sich die Karte eines uralten intergalaktischen Transportsystems rekonstruieren ließe. Sofern denn die Überlieferungen stimmten. Aber dieses Objekt würde natürlich von einem Ungeheuer bewacht, das bisher noch jeden, der nach diesem Kubus gesucht hatte, umgebracht hatte.

Der König weckte also Tolots Neugierde. Sinn und Zweck der Übung war wohl, in den Besitz dieses Dingens zu kommen. Sollte Tolot es nicht schaffen und würde von Ungeheuer gefressen werden, naja, auch egal. Dann hatte man eben einen neugierigen Gegenspieler weniger.

Jetzt kann man einen Icho Tolot nicht mit Ungeheuern erschrecken. Die sind ja eher was für kleine Kinder oder so ein Volk wie ihr hier. Er würde den Schwarzen Kubus schon auftreiben und ihn dem König bringen, versprach Tolot. Daraufhin erhielt er die Koordinaten von dem Planeten Tophtat, der in ein örtlichen Doppelsternsystem sein zu Hause hätte. Begleiter dürfe er aber nicht mitnehmen, meinte der Obermotz noch, für die wäre es viel zu gefährlich. Der Haluter akzeptierte mit der Ausnahme von Dschufar, den er mitzunehmen gedachte.

Nun denn, was soll ich sagen? Sie erreichten das fragliche System, landeten in der Nähe einer ziemlich gut erhaltenen Ruine und betraten diese. Und obwohl sie weder Energieemissionen noch Gehirnaktivitäten orteten, wurden sie mit starker radioaktiver Strahlung beglückt. Sie retteten sich in einen Transmitter und wurden innerhalb eines Antitemporalen Gezeitenfeldes wiederverstofflicht. Trotz eines Gerätes, dass Dschufar Zeitlabyrinth - Spürer nannte, irrten sie stundenlang durch ein Labyrinth, hatten Ärger mit Hypnokristallen und fanden letztlich ein paar mumifizierte Bestien, denen Tolot einen Datenspeicher aus den Taschen zog. Mit dessen Hilfe fanden sie einem Memowürfel, der sich prompt als der Schwarze Kubus entpuppte. Dschufar fand den Ausgang aus dem ATG-Feld und zurück auf der HALUTA stellten sie fest, dass sie zwar den Schwarzen Kubus auftrieben, dafür aber innerhalb des Zeitfeldes zwölf Monate verloren hatten.

Und dann? Die Vironauten hatten die vermisste HALUTA gesucht und entdeckten dabei weitere Verwicklungen des Königs in diese Syndikat- und Schmuggel - Geschichte. Sie waren in Folge froh, Tolot endlich gefunden zu haben und informierten die KdZ über diese Mafia - Angelegenheit aus M 87. Unser Freund hatte in Folge Glück: Just in dem Moment, als er vor dem Obermotz stand und im Austausch gegen den Schwarzen Kubus einen Blick auf das Juwel werfen wollte, brach das Chaos aus. Truppenverbände der Herrscher von M 87 hatten das System erreicht und alles war für den großen König vorbei. In dem folgenden Durcheinander brachte Tolot das Juwel von Mimoto in seinen Besitz.

Zurück an Bord der HALUTA untersuchten Tolot und Dschufar die beiden Teile. Sie erhielten die Koordinaten des Momito - Black - Holes, das einen Zugang zu den Sternenstraßen darstellen sollte. Sie sahen sich das Spiel an und wollten grade ihre Schlüsse daraus ziehen, als die HALUTA auf einmal von einigen königstreuen Restverbänden angegriffen wurde. Es blieb ihnen nur die Flucht in das Schwarze Loch übrig. Unser Dschufar, der Seltsame? Löste sich glatt beim Übertreten des Ereignishorizontes in Wohlgefallen auf und verschwand auf Nimmerwiedersehen. Wie gesagt: Sehr seltsam, alles das.

Die HALUTA kam sogar irgendwo an, aber es wart ein Universum, dass nur aus 23 Sternen bestand. Einer davon hatte sogar Planeten, sogar einen bewohnbaren. Kaum war die HALUTA gelandet, meldete sich ein Wesen über Hyperfunk. Die Bildübertragung war aus. Wer denn bitteschön Icho Tolot sei, wollte der Unbekannte wissen. Er stellte sich als Harzhid vor und dankte Icho Tolot, dass er das Juwel und den Schwarzen Kubus in Sicherheit gebracht habe. Der dürfe die Objekte jetzt übergeben. Soweit, so schlecht, aber als Gegenleistung brachte dieser seltsame Knilch unsere Helden über die Schwarze Sternenstraße zu einem Schwarzen Loch unserer Milchstraße.

Zur Übergabe der beiden Teile materialisierte mitten in der HALUTA ein Energiesphäre, schön bunt schillernd. Daraus stieg ein Wesen, dass dermaßen stark verzerrt war, dass man nichts als schemenhafte Konturen sehen konnte. Immerhin konnte Tolots Rechner eine Art Analyse vornehmen: Der Schemenhafte bestand zu 42 Prozent aus organischem, zu 51 Prozent aus synthetischem und zu sieben Prozent aus syntronischem Material. Ein gemischt biologisches und robotisches Geschöpf. Immerhin ein Anfang.

Harzhid hielt Wort. Die HALUTA kam zur Milchstraße und Icho Tolot kam mit einem Ruck zurück zu uns in die Wirklichkeit. Zu uns, den Verlorenen im Nirgendwo.

194 Jahre waren hinter dem Ereignishorizont gegangen. Nicht so viele wie bei uns, aber immerhin. Es reichte, für sich aufzuregen. Im Jahre 447 NGZ ging es in das Schwarze Loch, anno 650 kam er wieder heraus. Danach hatte er 303 Jahre nach uns gesucht, er habe nie an einen Selbstmord geglaubt. Die Milchstraße war schon abgeschottet und es zog ihn zur Hundertsonnenwelt. Dort brachte er die Posbis dazu, nach ihrem Freund Perry Rhodan zu suchen. Wahrscheinlich suchen sie immer noch, meinte er.

Später, als er nochmals zur Hundertsonnenwelt zurückkehrte, nahmen in die Gurrads gefangen, weil die dachten, Tolot wäre am Verschwinden der Posbis schuld. Die Gurrads wollten ihn in Folge an die Maahks ausliefern. Das klappte natürlich nicht, weil der Haluter türmte. Den Maahks ließ er seinen Kampfanzug da, damit sie wenigstens etwas hatten.

Es zog Tolot wieder zum Siragusa Black-Hole. Er wollte die Spur der Cantaro wieder aufnehmen und hinter den Säulen der Vergangenheit nach den Zeittafeln von Amringhar suchen. Da überlistete ihn wie bereits bekannt der Nakk und es dauerte weitere zweihundert Jahre, bis wir ihn gefunden hatten.


"Du meine Güte!" rief Lee. "Noch komplizierter ging's wohl nicht?"

"Oh, wir sind noch nicht ganz fertig", grinste Gucky. "Dabei habe ich schon über die Hälfte ausgelassen oder gekürzt. Aber tröste dich, das Schlimmste haben wir geschafft. Außerdem ist unser Freund Icho Tolot für derartige Querbeet - Abenteuer bekannt. Wir, das heißt, unser verlorener Haufen an Bord der HALUTA wurden kurz danach aus einer Art schwarzem Trichter wieder ausgespuckt. Wir sahen noch einen leuchtenden Mahlstrom aus umkreisender Materie, bevor wir merkten, dass wir in einer Spiralgalaxis herausgekommen waren. Das sei unsere Milchstraße, erklärte Taravatos, Tolots Rechner. Wir seien innerhalb der Milchstraße, 6.350 Lichtjahre von Terra entfernt. Die Sache hätte nur einen Haken, meinte der Blechkasten noch. Wir seien im Jahr 490 NGZ angekommen."

"Also zuerst in die Zukunft und dann fast wieder ganz zurück zum Ausgangspunkt?", fragte Lee. "Das ist ja kaum auszuhalten, ohne einen in die Klatsche zu kriegen. Dabei war die Story um Tolots Abenteuer schon heftig genug. Die muss ich übrigens erstmal verdauen. Ich habe unseren Robot in den Pub hinten am Ende des Parks geschickt. Er holt für dich einen leichten Erdbeerwein und für mich ein Pint Lager."

"Genau!", strahlte Gucky. "Es gibt Dinge, die sind nur mit etwas Abstand zu ertragen!"


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H.G. Ewers mit einem Doppelschlag. Aber was für einem. Ich glaube, außer ihm hat es kein anderer Autor fertiggebracht, einen solchen zweihundert Bände Zyklus in zwei Romanen unterzubringen. Ohne Pause geht es von einem Punkt zum anderen. M 87 samt sämtlicher Bewohner, Ewige Krieger, Ovaron, Posbis, unbekannte Fremde, unbekanntes Neues, alles enthalten. Die Truthars tauchten vorher einmal auf, danach nie wieder. Scheinbar eine Typische Ewers - Erfindung.

Beide Bände sind total überfrachtet und es ist einfach viel zu viel der Datenfülle. Weniger wäre da wesentlich mehr gewesen. Ewers schreibt ja noch nicht mal schlecht, aber sowas? Ich hatte ganz vergessen, dass er die seltene Fähigkeit hatte, ganze Galaxien samt glupschäugiger Bewohner mit zwei bis zwanzig Beinen in einem Nebensatz zu beschreiben.

Jetzt brauche ich erstmal eine Erholung.

Ehe ich es vergesse: An einer Stelle gab Tolots Rechner einen Spruch von sich, der ihn (den Rechner) fast der Blasphemie schuldig macht. Als Tolot ihn für schlitzohrig hielt, sagte der Kasten glatt: Das wüsste ich aber. Und das geht ja nun mal gar nicht
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Re: Klassiker - Die Cantaro. Eine Zyklusbetrachtung mit begleitender Story

Beitrag von RBB »

Die Bände 1421 - Zeitzeugen, erschienen am 14.11.1988 und 1422 - Die Tage der Cantaro, erschienen am 21.11.1988 sind von Ernst Vlceck
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"Wesentlich schlauer als vorher wart ihr ja trotz dieser kilometerlangen Erzählung nicht geworden", meinte Lee. "Gut, Icho Tolot gehört jetzt zu eurer Mannschaft und der oder die ist ja auf jeden Fall eine Hausnummer. Nicht grade ein Schwächling und hochintelligent. So weit, so gut. Aber ich habe das Gefühl, es ist immer noch nicht so ganz richtig losgegangen. Und jetzt seid ihr nach eurem unfreiwilligen Weg in die Zukunft fast den kompletten Weg zurück in die Vergangenheit gereist. Das heißt, eigentlich war das ja schwer in Richtung eurer alten Gegenwart. Seid ihr denn dageblieben? Ihr hättet den ganzen Rest doch dann verhindern können!"

Gucky fühlte sich ein wenig unbehaglich. Derlei Zeitreisegeschwurbel ging ihm gegen den Strich. "So einfach ist das nun auch wieder nicht. Wäre es uns denn überhaupt möglich gewesen, die Zukunft zu verändern? Und wenn ja, was wäre dann mit Atlan und Co passiert? Die waren ja noch im Jahr Elfhundertpiefendeckel unterwegs. Du kennst das Enkelparadoxon? Das Teil mit dem Enkel, der in die Vergangenheit reist und seinen Opa erschießen will?"

Lee nickte. "Wenn der Opa erschossen würde, bevor er den Vater oder die Mutter des Enkels gezeugt hatte, hätte es den Enkel nicht gegeben. Dann hätte es aber auch keine Zeitreise gegeben und der Opa wäre nicht erschossen worden. Das hätte wieder zu Enkel und Peng geführt. Undsoweiter, undsoweiter. Soll ich dir die Lösung präsentieren, mein Freund?"

Gucky winkte ab. "Ganz so dämlich wie ich aussehe, bin ich ja nun doch nicht", erwiderte er. " Die Oma ist fremd gegangen. Der Opa wusste nichts davon, war also nicht der Vater und konnte sich in aller Ruhe erschießen lassen. So weit so gut. Es gibt auch Wissenschaftler, die fabulieren dann von Paralleluniversen, alternativen Wirklichkeiten und hastenichgesehen. Aber vergiss nicht: Hier gab es nur drei Hauptdarsteller: Opa, Oma und Enkel. Das ließe sich zur Not noch ausdiskutieren. Aber hier waren es ein paar Teilnehmer mehr. Damit wurde die Situation unüberschaubar."

Gucky hatte nach längerer Zeit seine wissenschaftliche Ader wieder entdeckt. Er hatte nicht umsonst einen Doktortitel in theoretischer Physik. Trotzdem gab es Dinge, bei denen man sich die Hirnwindungen verrenkte. Außerdem war das ja auch schon was länger her. "Schau mal", erläuterte er. "Es gibt grundsätzlich zwei Hauptfraktionen: Die eine sagt, es ist vollkommen murks, was der in die Vergangenheit Reisende anstellt, Zeitparadoxa gibt es nicht. Denn es geschieht, weil es geschah. Der Enkel hat den Opa erschossen. Das ging, weil die Oma einen Lover hatte. Hätte er den Opa nicht erschossen, wäre da eine Person, die es eigentlich nicht mehr gab, noch Jahrzehnte rumgelaufen und hätte natürlich den Zeitverlauf verändert. Da das aber nicht der Fall gewesen ist, musste der Opa von jemandem erschossen werden. Im Zweifelsfall eben von seinem Nicht - Enkel. Die zweite Gruppe steht mit warnend erhobenem Zeigefinger da und redet vor extremen Verwerfungen, die zum Ende und zu einer Art Implosion des betroffenen Universums führen könnten. Das Faszinierende ist, dass ich dir für beide Arten Beispiele geben könnte, die ich zum Teil selber erlebt habe. Aber wenn man ganz sicher gehen will, hält man sich soweit es eben geht, aus bewussten Manipulationen raus. Dann passiert auch kein Unglück beziehungsweise die Resultate sind nicht ganz so extrem."

"Aber", schloss er seine Überlegungen ab, "am besten hält man sich komplett raus. Ganz und gar. Wenn man nichts anstellt, passiert auch nichts."

"Ja, aber ihr hättet vielleicht Millionen Leben retten können!", warf Lee ein.

"Und andere, die überlebt haben, hätten es eventuell nicht geschafft. Wieviele wären das den gewesen? Gesetzt den Fall, du gehörtest zu den Betroffenen, die bei einem Eingriff nicht überlebt hätten. Man hätte dich natürlich vorher gefragt, ob du denn freiwillig stirbst. Aber wie wäre denn deine Entscheidung gewesen? Oh, ja, großer Perry Rhodan, ich und die Bevölkerung meines Planeten sterben gerne, wenn dafür eine andere Welt überlebt? Wenn du jetzt vorbehaltlos ja sagst, erkläre ich dich für bekloppt und liefere dich in der nächsten Klinik für psychische Härtefälle ab."

"Ich habe das Gefühl, du drehst mir das Wort im Mund rum oder du willst mich nicht verstehen. Ich meine doch nur..."

Gucky unterbrach sie. "Ich weiß, was du meinst", sagte er in einem versöhnlichen Ton. "Ich weiß auch, dass du niemandes Leben aufs Spiel setzen willst, sondern einfach nur eine Chance siehst, dass wir für einen friedlicheren Verlauf tätig werden sollten. Aber Zeitreisen gehen anders. Im Regelfall sind sie nicht geplant, sondern passieren einfach. Wenn eine Zeitreise großartig geplant wird, wie zum Beispiel das Ding mit der Bombe im Sonnentransmitter damals, das sagt dir doch was? Ja? Okay. Das wird von allen möglichen und unmöglichen Wissenschaftlern und Experten durchleuchtet und bis ins Detail vorbereitet, damit ja nichts schief geht. Und selbst dann ist das alles nicht so einfach. Es gab zum Beispiel damals allen Ernstes Leute, die behaupteten, wir bräuchten mit der Explosion der Bombe nicht bis zur Rückkehr aus der Vergangenheit zu warten. Die wäre ja schon jetzt da drin. Und wenn sie da drin ist, kann sie auch explodieren. Wenn der Todessatellit dann weg ist, braucht man vielleicht gar nicht in die Vergangenheit zu reisen. Weil, er ist ja weg. Enkel mal anders rum. Toll, was?"

Gucky strahlte seine Begleiterin an.

"Nein", führte seine Erläuterungen fort, "egal. wie man es aufzieht, man kriegt einen Knoten ins Hirn und derlei Problematiken auszudiskutieren, ist von so zwei temporalen Nullnummern wie uns sowieso nicht möglich. Es gibt für jedes Argument ein Gegenargument. Wir hatten es gemacht, wie wir es gemacht haben und das war gut so."


Spoiler
Gucky erzählt die Geschichte von den Zeitzeugen:

Es ist die Zeit und eigentlich auch die Geschichte von Vanity Fair. Eigentlich hieß Vanity ja Vany. Vany, die an ihrem TRAUM arbeitete. Traum? Vany war keine wirklichkeitsfremde Träumerin, nein, eigentlich war sie der Wahrheit auf der Spur. Auf jeden Fall arbeitete sie an einer Art historischen Aufstellung der Ereignisse, an einer Alternative zu der offiziellen Darstellung. Um nicht aufzufallen, nannte sie das Ergebnis TRAUM. Denn sie war sich nicht sicher, ob der bekannte Geschichtsablauf nicht gefälscht worden war. Denn vielleicht sind ja für tot erklärte Leute noch am Leben.

Vany war nach ihrem Studium der Geschichte zu einer engagierten Hobby - Historikerin geworden, die nicht nur offizielle Daten übernommen hatte, sondern auch nachforschte, ob bestimmte Fakten positiv oder negativ verzerrt worden waren. So Manches rückte sie wieder ins richtige Lot. Aber sie war aktuell keine Geschichtsspezialistin mehr. Inzwischen verrichtet sie ihren Dienst irgendwo im Weltraum als Ortungsspezialistin. Daher gab es ihren TRAUM nur noch für sie selbst.

Wir hingegen waren in der falschen Zeit herausgekommen. Zuerst ging es fast 700 Jahre in die Zukunft und jetzt über die Schwarzen Sternenstraßen zurück ins Jahr 490 NGZ, also so gut wie zurück auf Los. Aber eben nur fast. Dafür waren wir zwar in der Milchstraße angekommen, was uns aber nur begrenzt etwas nützte, nein eigentlich gar nichts, weil wir ja an den Ereignissen des Jahres 1143 NGZ interessiert waren. Von wegen Chronopulswall und so. Und das, obwohl wir nur schlappe 6.350 Lichtjahre entfernt von Sol im Perseus Sektor aus dem dortigen Schwarzen Loch herausgekommen waren.

Nun, unser Problem bestand ganz einfach darin, dass wir aus ebendiesem Jahr 1143 gekommen waren und dort schon gelebt hatten. Und dass unsere Freunde, Atlan und all die anderen dort noch aktiv waren. Mit ganz viel Glück konnten wir hier das Eine oder Andere in Erfahrung bringen, das wars dann auch schon. Großartige Aktivitäten waren wegen der zu befürchtenden Zeitparadoxa nicht möglich. Hier, Lee, was zum Nachdenken für dich: Für uns war die Zukunft ja Realität, wir kamen ja aus dem Jahr 1143. Für die "heutigen" Bewohner der Milchstraße stand diese Zukunft noch lange nicht fest, da gab es durchaus verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten. Wie passt das zusammen? Was meinst du? Gar nicht? Siehste!

Ich hielt Perry soeben unter die Nase, dass wir ja den Grund für die Errichtung des Walls um die Milchstraße herum in Erfahrung bringen könnten - wär ja was - aber unserem größten aller großen Meister war das natürlich zu weit vorausgedacht. Hätte mich ja auch gewundert, wenn er mir mal Recht gegeben hätte. Heute traut er sich das nicht mehr und ich ließe mich auch nicht mehr so ohne Weiteres abfertigen. Naja, die folgende Diskussion wurde im Keim abgewürgt, weil Tolots Bordrechner die Materialisierung unbekannter Flugobjekte meldete.

Die UFOs erwiesen sich als eine langgestreckte Plattform, 1.000 mal 200 mal 100 Meter mit ineinander verschachtelten Aufbauten. Tolot vermeldete, dass keine Raumschiffe vor Ort wären und obwohl uns dieses ziegelsteinähnliche Objekt absolut unbekannt war, stand am Bug in terranischer Schrift PERS-III; also waren es Terraner.

Perry gefiel das natürlich alles überhaupt nicht. Zumal sich inzwischen acht Objekte in Gefechtsformation näherten. Denn, so argumentierte er, eigentlich würden wir ja nicht in diese Zeit gehören und immer der mahnende Finger von wegen Zeitparadoxa. Da ließ er auch nicht mit sich reden. Wir dürften auf keinen Fall wem auch immer erzählen, dass wir aus der Zukunft kämen, oberlehrerte er in seiner absoluten Weisheit. Als ob wir da nicht von alleine draufgekommen wären. Endgültig Schluss mit lustig war, als wir von den acht Objekten gleichzeitig angegriffen wurden.

Auf der anderen Seite wurde Vany, der diese Zeit gehörte, mittels Alarms aus dem Bett geworfen, sie hatte sich umgehend zum Dienst zu melden. Sie war 38 Jahre alt und in dem Jahr geboren, in dem der Galaktische Rat in Kriegsrat umbenannt wurde. In dem Krieg, der immer noch zugange war, inzwischen im 42. Jahr und der schon in weiser Voraussicht der Hundertjährige genannt wurde. Vany wuchs als Vollwaise auf, ihre Eltern waren einem Massaker der Hauris zum Opfer gefallen. Sie selber überlebte nur durch Zufall. Sie erwies sich in ihrer Kindheit als überaus eitel, was ihr den Namen Vanity eintrug. Du bist ja der Altsprache noch mächtig, Lee, und weißt daher sicher, dass "Vanity Fair" eigentlich Jahrmarkt der Eitelkeiten bedeutet. Diese durchaus nicht böse gemeinte Verballhornung ihres Namens stieß ihr aber nicht übel auf und sie blieb dabei.

Als sie so an ihrem Ortungsgerät saß, gingen ihr etliche Gedanken durch den Kopf. So zum Beispiel, wie die aktuelle Situation in er Milchstraße überhaupt entstehen konnte. 448 tauchten die Hauris in Folge der Großen Kosmischen Katastrophe als Amokläufer in der Milchstraße auf. Die BASIS war verschollen und Perry Rhodan, Reginald Bull, Atlan und die anderen hätten den Tod gefunden, sagte man. Dann tauchten weitere Unbekannte auf, die belebte und bewohnte Welten einfach so vernichteten. Warum, wusste keiner. Man nannte sie Blitzer, weil ihre Vernichtungsstrahlen blitzartig einschlugen und die betroffenen Welten förmlich einäscherten. Ein Dutzend Welten fielen diesen barbarischen Angreifern einfach so zum Opfer.

Ja, Lee, ihr habt großes Glück gehabt damals. Seid froh, dass ihr hier wirklich am allerletzten Ende unserer Galaxis lebt und dass hier niemand eine bewohnte Welt vermutet. Die Vernichtung wäre eine Sache von ein paar Minuten gewesen.

Dreißig Jahre später wurde Haluta für die Öffentlichkeit zum Sperrgebiet erklärt, einen Grund nannte man nicht. Die Haluter zogen sich in eine selbstgewählte Isolation zurück. In den letzten Jahren hatte man nichts mehr von ihnen gehört.

Ja, und dann ortete man uns mitsamt Icho Tolots Raumschiff. Ihr Kommandeur befahl den Angriff.

An Bord der HALUTA wurde es chaotisch. Wir durchliefen grade eine Hypnoschulung, damit wir alle auf dem gleichen Stand waren, was unsere erzählbare vermeintliche Geschichte anging, als Tolots Rechner Taravatos uns eröffnete, wir hätten noch zwei Minuten bis zum Zusammenbruch der Schutzschirme.

Nun denn. Umgebracht wurden wir nicht. Sonst säßen wir ja jetzt nicht hier. Aber die HALUTA wurde geentert. Sie nahmen und einfach mit und versetzten uns in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Vany bemühte sich inzwischen, auf dem Laufenden zu bleiben. Sie hatte mit ihrem Dienst ihre Schuldigkeit getan und konnte gehen. Das klappte bei unserer kleinen Träumerin aber nicht. Mit ein paar Tricks entlockte sie den Robots, die uns aus der HALUTA getragen hatten zumindest eine Information über die Mannschaft des vermeintlichen Feindschiffes, also uns. Sieben Personen und ein eingesetzter Psi-Pressor. Der war natürlich ganz allein für mich. Denn einen Gucky kann man selbstverständlich nicht so ohne Weiteres außer Gefecht setzen. Das war so, das ist so und das bleibt so. Trotzdem empfand sie das nicht unbedingt als Sensation. Weil aber alles sozusagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehalten wurde, befürchtete unsere Hobby - Archäologin eine fiese Verschleierungstaktik zwecks Manipulation von Geschichtsdaten. Und sowas führte auf Dauer immer zu unangenehmen Ergebnissen. Vier Menschen, fand sie heraus, ein Haluter und eine Ratte waren dabei, hörte sie Andere reden.

Das ist ja jetzt alles ziemlich lange her und eigentlich sollte mich das nicht mehr aufregen, aber wenn mich jemand Ratte nennt, spielt diese Person zumindest mit ihrer Gesundheit. Zumindest. Daher war es gut, dass ich noch tief und fest schlief. Ich glaube nicht, dass Perry mich hätte zurückhalten können. Ratte. Ich. Stell dir das mal vor!

Das machte Vany so ganz nebenbei noch neugieriger. Daher war es kein Wunder, dass es ihr gelang, einen kurzen Blick auf uns zu werfen. Als Ersten erkannte sie einen Haluter, klar, die sind ja nicht zu übersehen. Von den vier Menschen identifizierte sie einen auf Anhieb: Perry Rhodan! Fortan war sie der Meinung, den größten politischen Skandal der Milchstraße aufzudecken.

Ihr Kommandant hingegen war komplett anderer Meinung. Sie hätte gegen alle Geheimhaltungsregeln verstoßen, blaffte er sie an. Er wollte sie vor ein Kriegsgericht stellen, anderen Ortes sei aber leider gegen seine nichtswürdige Meinung entschieden worden, so der Kommandant. Er nahm Vany fest und sie ging als Gefangene mit uns von Bord.

Wir wurden pausenlos verhört, weil man uns für extrem gut gelungene Klone der Cantaro hielt. Ich erinnere mich noch an Bullys Gezeter, als er fluchte, wie er denn bitteschön beweisen solle, dass er er sei und niemand Anderer. Aber egal, ob sie sich mit Bully, Perry oder Eirene unterhielten, die Gespräche drehten sich im Kreis. Zellaktivator, Gucky, Tolot, alles nachgemacht. Eine Person glaubte, dass wir echt waren und das war unsere Vanity Fair.

Mit mir armem kleinem Mausbiber hatten sie es besonders gut vor: Meine Psi - Kräfte waren unterdrückt und ich war in absoluter Stille eingesperrt. Damit meine ich nicht meine Einzelzelle mit zehn mal acht Schritten, nein, es war die absolute Ruhe. Weißt du, als Telepath verspürt man ein ständiges mentales Hintergrundrauschen denkender Wesen. Damit muss ein Telepath leben. Erst wenn man sich auf irgendwen konzentriert, kann man Gedanken vernehmen. Hier bei euch kann ich zwar trotz größter Konzentration keine Gedanken lesen, aber das Rauschen ist da. Daher merke ich den Unterschied nicht so wie damals. Aber absolute Stille? Glaub mir, du stehst kurz vor dem Wahnsinn. Es war die Hölle! Und zu essen gab es auch nichts. Blaue Pillen, grüne Pillen, rote Pillen. Das wars. Ich meine, ein Ilt ist ja kein Vielfraß, aber so ganz ohne Möhren? Das ist ja bald noch schlimmer als Stille. Bis zum vierten Tag: Ich zog die Hand aus der Pillen - Klappe und hielt doch tatsächlich eine frische, wohlriechende Möhre in der Hand. Somit stellte sich die Frage, wer zum Teufel in dieser schrägen Zeit noch Mausbiber und deren kulinarische Vorlieben kannte. Eine Antwort erhielt ich natürlich nicht.

Vanity arbeitete unterdessen weiter an ihrem TRAUM. Sie glaube zum Beispiel, dass der wahre Sachverhalt über das Schicksal der BASIS und ihrer Mannschaft vertuscht wurde. Und so glaubte sie natürlich auch nicht an die offizielle Behauptung, Perry Rhodan habe samt der Teilnehmer der Tarkan - Expedition den Tod gefunden und die Schiffe seien vernichtet worden. Für sie waren wir echt, das konnte ihr niemand ausreden. Die Große Kosmische Katastrophe, Tarkan, ESTARTU, Hauris, Kartanin und dann die Cantaro. Krieg und Vernichtung. Und sie? Sie hatte immerhin einen guten Draht zu Galbraith Deighton, einem aus der Gilde der Unsterblichen. So kam an ein paar Wahrheiten heran, die tatsächlich echt zu sein schienen. Zum Beispiel die Haluter: Sie war sich sicher, dass es vor dem Rückzug der Haluter vor Ort zu Kampfhandlungen gekommen war. Sie fand noch mehr heraus. Und aus diesem Grund hielt sie uns für echt und nicht für Cantaro - Klone. Grade weil man auf unseren Tod so sehr pochte, waren wir für sie lebendig. Und jetzt waren wir auch noch in Echt erschienen! Aber Grundlage für ihr Misstrauen gegenüber der Obrigkeit war Halut. Im TRAUM hatte sie ihre Wahrheit dargelegt: Halut war von Blitzern zerstört worden. Dies musste man vor der Öffentlichkeit geheim halten, um sie nicht zu schockieren. Denn wenn die als unbesiegbar geltenden Haluter mit einem Schlag vernichtet werden konnten, war niemand mehr sicher. Panik wäre die Folge gewesen.

Wir hingegen waren ein wenig geplättet, als wir auf einmal ohne Vorwarnung vor Galbraith Deighton standen. Obwohl, so richtige Freude kam nicht auf. Gal hielt uns zwar mittlerweile anscheinend für echt, aber er konnte nichts mit uns anfangen. Wir passten einfach nicht in das Bild, dass er der Öffentlichkeit von Terra mitteilte. Er entschuldigte sich zwar für die Fesselaktionen und das Einsperren, aber so ganz von Herzen kam das nicht. Perry erzählte ihm unsere vereinbarte Version des Stasisfeldes, nur dass es eben keine 693, sondern nur 42 Jahre gewesen wären und wir deshalb so ohne Vorwarnung aufgetaucht seien. Das Misstrauen blieb. Zumal ich mein Bestes dazutat. Ratte hatten sie mich genannt. Also war ich direkt nach dem Abschalten des Psi - Pressors aus meinem Gefängnis herausteleportiert und hielt den ganzen Verein auf Trab. Zumindest solange, bis Perry mich wieder einfing und mich beruhigen konnte.

Gal forderte uns zu guter Letzt noch auf, weiterhin einen auf tot zu machen. Da war nun wirklich nichts gegen einzuwenden, weil wir uns ja wegen der diversen Zeitprobleme sowieso aus allem heraushalten wollten.


Ich möchte nicht deine Gegnerin sein", sagte Lee. "Das ist ja grundsätzlich ganz nett hier mit uns Beiden, aber ich glaube, du kannst auch anders. Fällt dir das eigentlich schwer?"

Gucky sah sein Gegenüber nachdenklich an. "Eigentlich", begann er, "müsste ich mit all dem, was ich erlebt habe, über derlei Schwachsinn stehen. Ratte! Quatsch! Ich weiß, wer ich bin und was ich kann. Im Zweifelsfall salbadere ich Leute wie Perry oder Atlan so lange zu, bis sie nicht mehr weiterwissen und völlig fertig mit ihrer Welt sind. Bei Bully klappt das übrigens nicht. Ich hab das mal ausprobiert, da hat er mich ausgelacht und meinte, ich müsste noch viel lernen. Nein. Es kommt auf die Situation an. Ich bin impulsiver als andere. Mir fehlt die Abgeklärtheit eines Atlan da Gonozal. Wenn mir einer blöd kommt, merkt der das. Heute noch, nach all den Jahren. Und in einer kriegerischen Auseinandersetzung muss man sowieso einige Hirnarreale abschalten, um nicht verrückt zu werden."

"Ich frage mich, ob ich mit dir tauschen möchte", sinnierte Lee nachdenklich. "Gibt es eigentlich Situationen, in denen ihr Unsterblichen alles hinwerfen wollt? Das ganze Durcheinander hört doch nie auf. Eins folgt dem anderen, wie du schon erklärt hast. Und noch einen und noch einen und noch einen. Superintelligenzen, Kosmokraten, Chaotarchen. Nein!" Lees Meinung stand fest. "Ich bleibe lieber hier auf Newengland und tue alles dafür, dass man uns auch in Zukunft nichts antut und genieße mit Freunden mein Leben."

"Ist das hier denn jetzt ein Genuss für dich?" wollte Gucky wissen.

"Unbedingt", meinte Lee. "Wann hat man schon mal die Chance, mit einem echten Zeitzeugen, der auch noch derart sympathisch und nett ist, geschichtliche Nachhilfe zu kriegen?"

Gucky erhob sich sichtlich stolz und stand in voller Größe mit einem Meter irgendwas vor seiner Gesprächspartnerin. "Gut, meine Kleine", sagte er. "Dann machen wir doch einfach mal weiter."



Spoiler
Gucky benennt die Tage der Cantaro:


Lustig war das damals alles nicht. Die Fremden tauchten mit ihren Buckelschiffen direkt nach der kosmischen Katastrophe auf. Zunächst bemerkte man sie im allgemeinen Chaos kaum. Sie zeigten sich persönlich nie und schienen ziemlich einen in der Waffel zu haben. Total von sich selbst überzeugt redeten sie zum Beispiel nur in ihrem eigenen Idiom. Man mutmaßte, dass sie eine Art Cyborgs waren, aber letztlich war alles in dieser Hinsicht nur Spekulation. Augenscheinlich reisten sie durch Schwarze Löcher und waren technisch extrem überlegen.
Weiter im Text: Zu Beginn des Jahres 490 NGZ listete man ein Dutzend Welten auf, die durch Blitzer zu Gluthöllen geworden waren. Die Bevölkerung darauf? Total uninteressant. Größtenteils tot. Als sie auf einmal wieder weg waren, stellte irgendein Schwachkopf Spielzeug her, eben Mini - Cantaros. Aber nur so lange, bis Homer G. Adams das merkte und diesem Schwachsinn Einhalt gebot.

Und wir? Offiziell gefiel es uns auf Tahun, trotz der düsteren und von Vorsicht geprägten Zeit. Ich war übrigens der Schuldige für diesen Aufenthalt: Mein Ausraster nach der Ratte war Gal was stark gewesen und so sollte ich eine Behandlung über mich ergehen lassen, die meine Para - Fähigkeiten eindämmen sollten. Zum Zweiten wurde Icho Tolot gründlich untersucht. Er war schließlich der einzige Haluter, den man nach der selbstgewählten Isolation noch vorfand. Der wollte natürlich wissen, was mit seiner Mutterwelt passiert war und stand unserer Meinung nach kurz vor einer Drangwäsche. Für Icho ging das aber noch. Bei mir wars schlimmer: Es gab ein Anti - Mutantengesetz, dass den Einsatz parapsychologischer Fähigkeiten verbot. Das hatte irgendwas mit den Cantaro zu tun. Wie dem auch war: Mit mir hatten die Damen und Herren Ärzte besonders viel Spaß. Ich half ihnen natürlich keinen Millimeter und nach zwei Tagen waren sie noch keinen Schritt weiter. Tolotos und ich waren also gut beschäftigt, der Rest von unserem Verein lümmelte so vor sich hin.

Der letztliche Grund, warum wir auf Tahun waren, waren aber weder Tolot noch ich, sondern NATHAN, unser besonderer Blechkasten auf dem Mond hatte es untersagt. Soweit waren wir also schon: Der wahre Herrscher über das damalige Terra waren keine Menschen mehr, sondern eine - zugegeben etwas bessere - Rechenmaschine. Dass die später noch eine besondere Rolle spielen sollte, wussten wir seinerzeit noch nicht.

Was sagts du? Das wäre jetzt aber fies gewesen, sowas einzustreuen, ohne etwas dazu zu erklären? Ich habe dir schon mal erklärt, dass ihr allesamt einfach viel zu neugierig seid. Du bist da keine Ausnahme. Also: Abwarten.

Also ging es nach Tahun. Stunden später holte Gal Perry und Bully in die Kommandozentrale, um ihnen etwas zu zeigen. "Da, seht sie euch an", meinte unser misstrauischer Freund. Er zeigte ihnen drei Cantaro - Raumer. Sie schossen nicht, sie funkten nicht, sie reagierten nicht auf Anrufe. Sie provozierten einfach nur. Und: Sie sahen aus wie das Ewigkeitsschiff der Bekassu. Das konnten Perry und Bully natürlich nicht zum Besten geben, von wegen Zeitebene und so.

Aber apropos Zeitebene: Da gab es ja Jemanden, von dem wir wussten, wo und wie er verstorben war und der stand auf einmal vor uns: Geoffrey Abel Waringer. Wir kamen uns vor, als würden wir einen Toten anstarren. Natürlich war es völlig normal, dass Geoff seinen alten Freunden einen Besuch abstatten wollte und das auch tat. Nur, unheimlich war die ganze Sache schon. Wir wussten ja um seine Zukunft. Und genau hier sind wir wieder im besten Zeitgedöns drin. Wir mussten unter allen Umständen verhindern, dass Waringer von der Art seines Todes und dem Zeitpunkt erfuhr. Das war natürlich nicht ganz so einfach, insbesondere, was Eirene anging. Die hatte nämlich als kleines Mädchen eine äußerst freundschaftliche Beziehung zu ihm gehabt und ging mit Geoff durch Dick und Dünn. Für sie wars dann auch am Schwersten.

Hier haben wir übrigens den Opa andersrum: Wir wussten, dass man Geoffrey Abel Waringer im Jahr 1143 NGZ den Zellaktivator geklaut hatte beziehungsweise ja noch klauen würde. Bekäme er hier und heute Wind davon, würde er dem aus seiner Sicht zukünftigen Übeltäter natürlich aus dem Weg gehen. Er würde überleben und es gäbe keinen Grund, ihn zu warnen. Wenn er aber nicht gewarnt würde, ginge er seinem Mörder nicht aus dem Weg. Er würde sterben und wir würden ihn aktuell wieder warnen...

Was fragst du? Wenn er jetzt vorgewarnt werden würde und nur deshalb stürbe, weil er jetzt gewarnt würde? Weil er in den Bemühungen, allem aus dem Weg zu gehen, seinem Übeltäter genau vor die Füße laufen würde? Du gehörst also zu der "Es geschieht, weil es geschah" Fraktion. Glaub mir, es ist am Sichersten, wenn man einen großen Umweg um die ganze Chose macht und möglichst nirgendwo aneckt. Auch wenn es Eirene sehr schwerfiel.

Aber schlimm war es für uns alle. Wir, Perry, Bully und ich hatten auch damals schon das eine oder andere Jährchen mehr auf dem Buckel, aber eine noch nicht Neunzehnjährige? Selbst wenn sie die Tochter eines Perry Rhodan und einer Kosmokratin ist?

Naja. Bully hat uns aus der Affäre gezogen. Er sagte, Gal hätte sich wie der oberste Scharfrichter der Milchstraße aufgeführt und als Letzter der alten Garde präsentiert. Es hatte uns einfach umgehauen, so Bully, als er, Geoffrey, auf einmal vor uns stand. Auf jeden Fall war Waringer freundlicher zu uns als der misstrauische Galbraith. Er erzählte uns etwas über Pläne, die Milchstraße abzuriegeln, um so die Cantaro wieder loszuwerden; und: Er führte uns weit weg zu einem alten Bekannten. Captain Ahab respektive Stalker alias Sotho Tal Ker, einem übrig Gebliebenen aus den Tagen des Ewigen Krieges. Stalker hatte sich in den Tagen nach seinen großen Auftritten von einem Chirurgen zu einem Springer umoperieren lassen und strolchte als solcher durch die Milchstraße. Nebenbei entwickelte er sich noch zum Piraten von Magellan. Wir trafen ihn auf einer vergessenen Welt mit einem ebenso vergessenen Hansekontor darauf. Und jetzt kommt natürlich wieder Guckys großer Auftritt.

Man hatte mir eine Art Drahtgestellt verpasst, dass meine Psi - Fähigkeiten auf null setzen sollte, was es natürlich nicht tat. Mir ging das Teil auf die Nerven und so zog ich es ab, als wir weit genug von Geoffrey und seiner misstrauischen Art entfernt waren. Mittlerweile waren wir ein paar Planeten weiter, Mardi-Gras hieß die Welt, auf der wir mit Homer G. Adams den nächsten alten Freund trafen. Mitten im Gespräch stellte ich ohne den Psi - Pressor kranke, pervertierte und abartige Impulse fest, so heftig, dass es mich fast aus den Schuhen gehauen hätte. Dadurch wurde Homer aus dem Stand heraus putzmunter. Alarmstufe eins, bellte er in ein Mikrofon. Mardi-Gras sei sofort von allen Intelligenzwesen zu räumen. Evakuierungsplan Blitzer trete augenblicklich in Kraft. Wir sollten in einem Transmitter verschwinden, daran erinnere ich mich noch, aber die Impulse machten mich fast wahnsinnig. Zum Glück war Vany etwas fixer als die Anderen und setzte mir den Pressor wieder auf den Kopf. Das Teil nützte zwar in Sachen Reduzierung der Psi - Fähigkeiten nichts, aber die Impulse waren weg.

Es kam, wie es kommen musste: Nach der Evakuierung konnten wir zusehen, wie vier Cantaro - Raumer Mardi-Gras mittel Blitzschlag vernichtete. Für uns wurde das langsam aber sicher zuviel. Wir überredeten Adams, dass wir zurück auf die HALUTA durften - wir mussten zwingend von dieser Zeitebene weg, bevor etwas passierte. Zuvor nahmen wir noch getarnt an einer Art Friedenskonferenz auf Olymp statt, die allerdings nur zu ein paar Diktaten der Cantaro führte. Erkennen konnte man die Kerle übrigens nicht. Ich weiß von diesem Teil der Geschichte nur noch, dass ich auf einmal wieder diese abartige Wahnsinnsstrahlung feststellte und völlig ausrastete. Später, auf der Halut in Sicherheit, erfuhren wir, dass einer der Cantaro eine getarnte Bombe war, die durch meine Aktionen entschärft worden war. Frag mich aber nicht, was ich da angestellt habe. Ich wurde erst auf der HALUTA wieder wach. Die Führungsspitze des Galaktikums war auf jeden Fall gerettet.

Wir verzogen uns ins Schwarze Loch und kamen zum Glück im Jahr 1143 NGZ wieder heraus. Man sollte eben die Vergangenheit ruhen lassen.

Und unsere Vany? Die hatte es auf Perry abgesehen, sah aber wohl, dass sie nie an ihn rankommen würde. Daher hatte sie sich bei Bully ausgeweint, was dann zu ernsthafteren Kontakten geführt hatte. Als wir weg waren, war sie schwanger. Woher ich das weiß? Die Geschichte zeigte es uns noch. Später.

"Mich interessiert diese Vanity Fair. Ich würde gerne mehr von ihr hören. Wie hat sie weitergelebt? Was ist aus ihrem Kind geworden?" Lee seufzte. "Ich weiß, ich bin viel zu neugierig. Aber das war mir einfach was wenig. Auf jeden Fall bin ich froh, dass ich mit Zeitreisen nichts am Hut habe. Stell dir das mal vor. Du bist auf der guten alten Erde, reist sechzig Millionen Jahre in die Vergangenheit, um den Dinosauriern zuzusehen und dann erschlägst du eine nervige Mücke."

„Ja", sagte Gucky. "Und das war dann die falsche Mücke. Wenn du ganz viel Glück hast, sieht dein Universum zurück in der Gegenwart nur ganz anders aus als vorher. Aber dich gibt es noch. Wenn du Pech hast, löst du dich an Ort und Stelle in Wohlgefallen auf." Gucky strahlte seine Begleiterin an.

"Dann hätte es aber keine Menschen gegeben und ich wäre nicht in die Vergangenheit gereist, um die Mücke zu erschlagen. Also kann das so nicht funktionieren."

"Sowas nennt man eben Zeitparadoxa!"

"Aber wenn ich nun unbedingt in die Vergangenheit musste, um ausgerechnet diese Mücke zu erschlagen? Hätte ich es nicht getan, hätte ausgerechnet dieses Vieh den gemeinsamen Vorfahren aller gegenwärtigen Säugetiere gestochen und es wäre an irgendeiner Urzeit- oder Urviechgrippe gestorben und es hätte uns auch nicht gegeben. Das ist doch eigentlich viel logischer."

"Bei Zeitreisen ist nichts mehr logisch", entgegnete der Ilt. "Du kannst nur hoffen, dass es irgendwie funktioniert. Aber am besten hält man sich da einfach nur raus."

"So!", verkündete Gucky. Er streckte sich. "Es stimmt aber wohl doch, dass das Gehirn die meiste Energie verbraucht. Insbesondere dann, wann man so viel und so lange redet. Ich bin müde. Sitzbank, zu einer für Ilts bequemen Liege umfunktionieren! Sehr schön. Und du, Lee, sagst unserem Bedienerobot, dass ich beim Erwachen eine frische Gemüseplatte haben möchte, aber diesmal mit mehr Möhren als beim letzten Dinner. Und ein großes Glas Möhrensaft mit einem kräftigen Schuss Orangensaft."

Gucky legte sich hin, schloss die Augen und schlief umgehend ein. Lee saß verwundert daneben.

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Noch ein Doppelschlag, der hier ist aber eindeutig der Bessere. Er ist nirgendwo überfrachtet, obwohl auch hier eine Menge Informationen enthalten sind. Wir haben Kontakt zur alten Garde mit Deighton, Adams und sogar dem Vario 500.

Man stellt schnell fest, dass Deighton der damalige Obermotz war und ihm daher das plötzliche Auftauchen von Rhodan und Co überhaupt nicht in den Kram passte. Dass sie auf einmal wieder weg waren, dürfte ihn in keiner Weise belastet haben.

Vlceck schreibt die beiden Romane sehr gut und flechtet immer wieder die ausgesprochene Sympathieträgerin Vany Fair ein. Man mag sie mit ihrem Plan, schwanger aus dieser Begegnung heraus zu gehen, für durchtrieben halten. Andererseits spürt sie, dass sie von der gegenwärtigen Obrigkeit nach Strich und Faden belogen wird. Mit einem Kind von einem der "Großen Zwei" will sie ihren TRAUM vervollkommnen und für die Zukunft positiv arbeiten.

Vlceck fährt mit den Blitzern das absolute Entsetzen auf, geht aber nicht detailliert auf die sich abspielenden Katastrophen ein. Ähnlich wie in den 300ern: Dort vernichteten Bestien ganze Welten, hier sind es Cantaro. Und das sind nur zwei Beispiele aus 3000 Jahren Seriengeschichte. Da erübrigt sich die Frage, ob man dort leben will. Als Leser hatte man vorher schon keine guten Gefühle, wenn das Wort Cantaro erschien. Jetzt hat sich diese Einstellung bewahrheitet.

Und endlich hatte ich nach diesen beiden Romanen das Gefühl, dass der Zyklus Fahrt aufnimmt. Wir wissen zwar immer noch nicht, wer oder was die Cantaro sind und wie das alles zusammenhängt, aber ein erstes kleines Rätsel ist gelöst: Das mit dem Spielzeug.

Zusammengefasst: Gute bis sehr gute Romane. Daumen hoch für Ernst.
:yes:
Kölle es un bliev e Jeföhl!!
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