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Der Literarische Salon
Verfasst: 06.11.2024, 20:44
von Perryoldie
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Zur (zugegeben langen) Einleitung
In unruhigen Zeiten braucht es einen ruhigen Rückzugsort und hier bietet sich ja geradezu ein Literarischer Salon an.
Diese Salons waren ein zumeist privater gesellschaftlicher Treffpunkt für Diskussionen, Lesungen oder musikalische Veranstaltungen, in der Zeit vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Neben literarischen und künstlerischen gab es aber auch wissenschaftliche Salons. Träger waren damals u.a. einzelne Mäzene, Privatleute, oder auch Vereine. Vor allem wohlhabende gebildete Frauen, oft adeliger Herkunft, betätigten sich als Gastgeberinnen.
Manche Gastgeber, die sich besonders für Musik, Literatur, Philosophie und überhaupt alles interessierten, zogen universell und universal (den Unterschied musste ich erst googeln

) Interessierte heran, um für alle kurzweilige, anregende und anspruchsvolle Unterhaltung zu bieten und zu finden.
Fast alle Literarischen Salons hielten sich fern von sozialen und politische Themen, hier wurde die reine Kulturfreude gepflegt.
Ohne Eigennutz tut man ja bekanntlich nichts

, meine Hauptintention zur Eröffnung dieses Threads ist mein Faible für Bücher, Bibliotheken, Verlage, Literatur, Kunst und vor allem für klassische Gedichte.
Im Laufe meines Leselebens las ich immer wieder mal Gedichte, aber so richtig packte mich die Lyriklust erst vor ca. 5 Jahren, aber dann sehr heftig und diese Liebe ist für immer.
Der Vorteil meines Faibles für klassische Gedichte ist der, dass man diese problemlos posten kann, wenn die Autoren länger als 70 Jahre tot sind. So kann ich leider noch keine Gedichte von Hermann Hesse posten und auch keine der genialen Übersetzungen Poes von Hans Wollschläger.
Hier ist ein Bild meines "Lyrikwagens":
https://i.postimg.cc/R0YDGy9q/01-Impressionen-10.jpg
Aufmerksamen Betrachtern wird nicht entgangen sein, dass rechts Heftromane einer gewissen Heftserie lagern

und das ist für mich kein Widerspruch, denn:
Ich kann morgens alte Perry Rhodan Hefte lesen, mittags London & Twain, abends Goethe, Rückert, Heine usw., ich kann morgens Rock und Pop hören, mittags Klassik und abends alte deutsche Schlager.
Wie sagte es Goethe: Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust.
Wie sagte es P.K.Dick: Ich bin in vielen Welten zu Hause.

Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 06.11.2024, 20:55
von Perryoldie
Hier mein Lieblingsgedicht von Theodor Fontane (1819-1898), es fußt auf einem tatsächlichen Schiffsunglück auf dem Eriesee im Jahre 1841. Die Dramatik dieser Geschichte, von Fontane so vortrefflich in Worte gefasst, überwältigt mich immer wieder auf's neue.
***
Theodor Fontane
(1819-1898)
John Maynard
John Maynard!
"Wer ist John Maynard?"
"John Maynard war unser Steuermann,
Aushielt er, bis er das Ufer gewann,
Er hat uns gerettet, er trägt die Kron,
Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard."
Die "Schwalbe" fliegt über den Eriesee,
Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee;
Von Detroit fliegt sie nach Buffalo -
Die Herzen aber sind frei und froh,
Und die Passagiere mit Kindern und Fraun
Im Dämmerlicht schon das Ufer schaun,
Und plaudernd an John Maynard heran
Tritt alles: "Wie weit noch, Steuermann?"
Der schaut nach vorn und schaut in die Rund:
"Noch dreißig Minuten ... halbe Stund."
Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei -
Da klingt's aus dem Schiffsraum her wie Schrei,
"Feuer!" war es, was da klang,
Ein Qualm aus Kajüt und Luke drang,
Ein Qualm, dann Flammen lichterloh,
Und noch zwanzig Minuten bis Buffalo.
Und die Passagiere, buntgemengt,
Am Bugspriet stehn sie zusammengedrängt,
Am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht,
Am Steuer aber lagert sich's dicht,
Und ein Jammern wird laut: "Wo sind wir? Wo?"
Und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo. -
Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht,
Der Kapitän nach dem Steuer späht,
Er sieht nicht mehr seinen Steuermann,
Aber durchs Sprachrohr fragt er an:
"Noch da, John Maynard?"
"Ja, Herr. Ich bin."
"Auf den Strand! In die Brandung!"
"Ich halte drauf hin."
Und das Schiffvolk jubelt: "Halt aus! Hallo!"
Und noch zehn Minuten bis Buffalo. -
"Noch da, John Maynard?" Und Antwort schallt's
Mit ersterbender Stimme: "Ja, Herr, ich halt's!"
Und in die Brandung, was Klippe, was Stein,
Jagt er die "Schwalbe" mitten hinein.
Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so.
Rettung: Der Strand von Buffalo!
Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt.
Gerettet alle. Nur einer fehlt.
Alle Glocken gehn; ihre Töne schwell'n
Himmelan aus Kirchen und Kapell'n,
Ein Klingen und Läuten, sonst schweigt die Stadt,
Ein Dienst nur, den sie heute hat:
Zehntausend folgen oder mehr,
Und kein Aug im Zuge, das tränenleer.
Sie lassen den Sarg in Blumen hinab,
Mit Blumen schließen sie das Grab,
Und mit goldner Schrift in den Mamorstein
Schreibt die Stadt ihren Dankspruch ein:
"Hier ruht John Maynard! In Qualm und Brand
Hielt er das Steuer fest in der Hand,
Er hat uns gerettet, er trägt die Kron,
Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard!"
***
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 06.11.2024, 21:09
von Perryoldie
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Die Literaturwelt ist bekanntlich kein "Blümenwieschen"

, jeder kämpft gegen jeden, keiner gönnt dem anderen etwas, jeder ist der Beste und der Größte, alle anderen sind dumm und so weiter und so fort . . .
Aber in einem Punkt gibt es doch eine erstaunliche Übereinstimmung: Fast alle sind sich darüber einig, dass dies einer der wundervollsten Romananfänge aller Zeiten ist:
***
Es war die beste aller Zeiten, es war die schlimmste aller Zeiten,
es war das Zeitalter der Weisheit, es war das Zeitalter der Dummheit,
es war die Epoche des Glaubens, es war die Epoche des Unglaubens,
es war die Saison des Lichts, es war die Saison der Dunkelheit,
es war der Frühling der Hoffnung, es war der Winter der Verzweiflung,
wir hatten alles vor uns, wir hatten nichts vor uns,
wir gingen alle direkt in den Himmel, wir alle machten uns in die andere Richtung auf ...
***
Charles Dickens (1812-1870)
aus seinem Roman "Die Geschichte zweier Städte" von 1859.
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 06.11.2024, 21:32
von Perryoldie
Oscar Wilde
Die "Ballade vom Zuchthaus zu Reading"
Aus dieser Ballade stammt (leicht abgewandelt) das geflügelte Wort:
Ein jeder tötet, was er liebt
damit ihr es nur hört
der Feige mordet mit dem Kuss
der Tapfere mit dem Schwert
Diese Worte haben mich immer sehr beeindruckt.
Die Ballade ist sehr umfangreich, deshalb stelle ich sie hier nicht ein, sondern verlinke sie.
Deutsch
Die Ballade vom Zuchthaus zu Reading
https://www.projekt-gutenberg.org/wild ... ing.html
Englisch
The Ballad of Reading Gaol
https://en.wikisource.org/wiki/The_Ball ... ol_(1904)
________________
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 06.11.2024, 22:01
von Perryoldie
Calvin & Hobbes
Zufällig war der erste Calvin & Hobbes Strip, den ich las (auf Deutsch) auch der erste, den Bill Watterson zeichnete. Hobbes (deutsche) Bemerkung im letzten Bild "So gesehen sind wir irgendwie dumm", lässt mich auch heute noch laut lachen.
https://www.reddit.com/media?url=http ... 25860e4d2
Ich bin ein großer Calvin & Hobbes Fan

und habe die Krüger Verlag Gesamtausgabe. (16 Alben, 3 große Queralben, 3 kleine Queralben, ein Querbuch)
Sicher ist die Carlsen Gesamtausgabe in drei dicken gebundenen Bänden sehr schön und auch chronologisch geordnet, aber mit über 3 kg pro Buch, lässt sich darin abends im Bett schwer

lesen.
Bill Watterson ist einer der Künstler, die sich immer zurückgehalten haben, die ihre Ruhe haben wollten und die sich jedem Merchandising verweigert haben.
In den Tiefen meiner Archive habe ich einen wirklich guten Artikel über Bill Watterson, falls dieser noch nicht hinter ein Bezahlschranke verschwunden ist, werde ich den Link hier posten.

Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 06.11.2024, 22:09
von Rous2
Perryoldie hat geschrieben: ↑06.11.2024, 20:55
Hier mein Lieblingsgedicht von Theodor Fontane (1819-1898), es fußt auf einem tatsächlichen Schiffsunglück auf dem Eriesee im Jahre 1841.
Das mussten wir in der Quinta auswendig lernen.
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 06.11.2024, 22:14
von Rebecca
Es kann die Ehre dieser Welt
Dir keine Ehre geben,
Was dich in Wahrheit hebt und hält,
Muß in dir selber leben.
Wenn′ s deinem Innersten gebricht
An echten Stolzes Stütze,
Ob dann die Welt dir Beifall spricht,
Ist all dir wenig nütze.
Das flücht′ ge Lob, des Tages Ruhm
Magst du dem Eitlen gönnen;
Das aber sei dein Heiligtum:
Vor dir bestehen können.
- Theodor Fontane
Hängt bei mir im Büro, und schaue ich immer wieder drauf, um mich daran zu erinnern, was der Maßstab für mich ist.
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 06.11.2024, 22:37
von Perryoldie
Rous2 hat geschrieben: ↑06.11.2024, 22:09
Perryoldie hat geschrieben: ↑06.11.2024, 20:55
'John Maynard'
Das mussten wir in der Quinta auswendig lernen.
Da hast Du aber Glück gehabt

, meine Eltern mussten noch Schillers 'Glocke' auswendig lernen.
Den 'Maynard' "musste" ich nicht lernen, er hat sich mir auf Grund seiner wundervollen Dramatik sofort eingeprägt.

Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 06.11.2024, 22:39
von Perryoldie
Rebecca hat geschrieben: ↑06.11.2024, 22:14
Theodor Fontane
Danke dafür.

Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 06.11.2024, 22:47
von kad
Rainer Maria Rilke
(* 1875-12-04, † 1926-12-29)
Jetzt habe ich die Gesamtausgabe der Werke von Rilke zur Hand genommen und mein Lieblingsgedicht wiedergelesen. Das teile ich gerne.
Die achte Duineser Elegie
Mit allen Augen sieht die Kreatur
das Offene. Nur unsre Augen sind
wie umgekehrt und ganz um sie gestellt
als Fallen, rings um ihren freien Ausgang.
Was draußen ist, wir wissens aus des Tiers
Antlitz allein; denn schon das frühe Kind
wenden wir um und zwingens, daß es rückwärts
Gestaltung sehe, nicht das Offne, das
im Tiergesicht so tief ist. Frei von Tod.
Ihn sehen wir allein; das freie Tier
hat seinen Untergang stets hinter sich
und vor sich Gott, und wenn es geht, so gehts
in Ewigkeit, so wie die Brunnen gehen.
Wir haben nie, nicht einen einzigen Tag,
den reinen Raum vor uns, in den die Blumen
unendlich aufgehn. Immer ist es Welt
und niemals Nirgends ohne Nicht:
das Reine, Unüberwachte, das man atmet und
unendlich weiß und nicht begehrt. Als Kind
verliert sich eins im stilln an dies und wird
gerüttelt. Oder jener stirbt uns ists.
Denn nah am Tod sieht man den Tod nicht mehr
und starrt hinaus, vielleicht mit großem Tierblick.
Liebende, wäre nicht der andre, der
die Sicht verstellt, sind nah daran und staunen . . .
Wie aus Versehn ist ihnen aufgetan
hinter dem andern . . . Aber über ihn
kommt keiner fort, und wieder wird ihm Welt.
Der Schöpfung immer zugewendet, sehn
wir nur auf ihr die Spiegelung des Frei′n,
von uns verdunkelt. Oder daß ein Tier,
ein stummes, aufschaut, ruhig durch uns durch.
Dieses heißt Schicksal: gegenüber sein
und nichts als das und immer gegenüber.
Wäre Bewußtheit unsrer Art in dem
sicheren Tier, das uns entgegenzieht
in anderer Richtung -, riß es uns herum
mit seinem Wandel. Doch sein Sein ist ihm
unendlich, ungefaßt und ohne Blick
auf seinen Zustand, rein, so wie sein Ausblick.
Und wo wir Zukunft sehn, dort sieht es alles
und sich in allem und geheilt für immer.
Und doch ist in dem wachsam warmen Tier
Gewicht und Sorge einer großen Schwermut.
Denn ihm auch haftet immer an, was uns
oft überwältigt, - die Erinnerung,
als sei schon einmal das, wonach man drängt,
näher gewesen, treuer und sein Anschluß
unendlich zärtlich. Hier ist alles Abstand,
und dort wars Atem. Nach der ersten Heimat
ist ihm die zweite zwitterig und windig.
O Seligkeit der kleinen Kreatur,
die immer bleibt im Schooße, der sie austrug;
o Glück der Mücke, die noch innen hüpft,
selbst wenn sie Hochzeit hat: denn Schooß ist alles.
Und sieh die halbe Sicherheit des Vogels,
der beinah beides weiß aus seinem Ursprung,
als wär er eine Seele der Etrusker,
aus einem Toten, den ein Raum empfing,
doch mit der ruhenden Figur als Deckel.
Und wie bestürzt ist eins, das fliegen muß
und stammt aus einem Schooß. Wie vor sich selbst
erschreckt, durchzuckts die Luft, wie wenn ein Sprung
durch eine Tasse geht. So reißt die Spur
der Fledermaus durchs Porzellan des Abends.
Und wir: Zuschauer, immer, überall,
dem allen zugewandt und nie hinaus!
Uns überfüllts. Wir ordnens. Es zerfällt.
Wir ordnens wieder und zerfallen selbst.
Wer hat uns also umgedreht, daß wir,
was wir auch tun, in jener Haltung sind
von einem, welcher fortgeht? Wie er auf
dem letzten Hügel, der ihm ganz sein Tal
noch einmal zeigt, sich wendet, anhält, weilt -,
so leben wir und nehmen immer Abschied.
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 06.11.2024, 23:10
von Perryoldie
Da hier einige Fontane Freunde

sind (Freunde heisst für mich auch Freundinnen

)
Früher hatte ich eine große Fontane Sammlung, Romane, Briefwechsel etc. aber die großen Aussortierungen in meiner Bibliothek machte auch vor Fontane nicht halt

. Heute habe ich noch ein 1.000-seitiges Buch mit Fontanes Gedichten und natürlich seine 'Wanderungen durch die Mark Brandenburg' (Könemann Verlag, 5 Bücher)
Fontane gefielen viele seiner Gedichte selbst nicht, manche lesen sich auch wirklich eher wie Kalenderweisheiten.
Aber - mit diesem Gedicht hat sich Fontane bei mir eingebrannt, dieses Gedicht ist ein Hammer:
***
Mein Leben
Mein Leben, ein Leben ist es kaum,
Ich gehe dahin als wie im Traum.
Wie Schatten huschen die Menschen hin,
Ein Schatten dazwischen ich selber bin.
Und im Herzen tiefe Müdigkeit,
Alles sagt mir: Es ist Zeit ...
***
Die Interpretation dieses Gedichtes lässt mMn nur zwei Schlüsse zu: Entweder ist da ein Mensch, der seine Existenz beenden will, oder da ist jemand, der seinem Leben eine neue Richtung gibt und optimistisch in ein neues Leben aufbricht.
Dieses Gedicht ist, abgesehen von Lenau und Rückert, der Grund, warum ich Gedichte liebe.

Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 06.11.2024, 23:20
von Perryoldie
Rainer Maria Rilke
(1875-1926)
***
Der Tod ist groß...
Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns.
***
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 06.11.2024, 23:34
von Perryoldie
Eine frühe Kritik der Konsumgesellschaft . . .
***
Karl Wilhelm Ramler
(* 1725-02-24, † 1798-04-11)
Der Rabe und der Haushahn
Ein Rabe schleppte tausend Dinge,
Geld, Glaskorallen, Perlen, Ringe,
In seinen Winkel, wo er schlief.
Der Haushahn sah dies an, und rief
"Was tust du, Freund, mit diesen Sachen,
Die dich doch niemals glücklich machen?"
"Ich weiß es selbst nicht", sprach der Rabe.
"Ich hab es nur, damit ich´s habe."
***
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 06.11.2024, 23:46
von Graf Maunzy
Die Hölle ist ein einsamer Ort
Er war 65; seine Frau
war 66 und litt an der
Alzheimerschen Krankheit.
Er hatte Mundkrebs.
Eine Operation nach der
anderen; Strahlenbehandlung
zerrüttete seinen Kieferknochen
der mit Draht verstärkt
werden musste.
Jeden Tag wickelte er
seine Frau wie ein
Baby mit Gummi -
höschen.
Er konnte in seinem Zustand
nicht Auto fahren, musste sich
ein Taxi in die Klinik nehmen
konnte kaum noch reden
musste das Fahrziel
auf einen Zettel
schreiben.
Bei seinem letzten Besuch
teilten sie ihm mit
dass eine weitere Operation
nötig war: Noch ein
bisschen linke Wange
noch ein Stück Zunge.
Als er nach Hause kam
wechselte er seiner Frau
die Windeln, schob zwei
Fertiggerichte in den
Ofen, sah sich die
Abendnachrichten an.
Dann ging er ins
Schlafzimmer, nahm
den Revolver, setzte den
Lauf an ihrer Schläfe
und drückte ab.
Sie fiel nach links.
Er setzte sich auf die
Couch, schob sich den
Lauf in den Mund,
drückte ab.
Die Schüsse fielen den
Nachbarn nicht auf -
später aber das
angebrannte Essen.
Jemand kam, stieß die
Tür auf, sah
es.
Bald kam die
Polizei, machte ihre
Arbeit, fand einiges:
Ein aufgelöstes
Sparbuch, einen
Kontoauszug mit einem
Guthaben von $1,14.
Selbstmord -
schlossen sie
daraus.
Drei Wochen danach
zogen zwei neue
Mieter ein.
Ein Computer-
ingenieur namens
Ross
und seine Frau
Anatana
die Ballet-
unterricht
nahm.
Offenbar ein
aufstrebendes
Paar wie
viele.
Charles Bukowski
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 07.11.2024, 00:00
von Perryoldie
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Moderne, musikalische Lyrik:
Sportfreunde Stiller - Applaus, Applaus - 2013
Als ich dieses Lied zum ersten mal im Radio hörte, dache ich: WOW

, vielleicht geht es euch ja ebenso.
