Bei dem Thema dachte ich gleich an ein Gedicht von Lenau, in dem allerdings die Soldaten nur ihr eigenes Schicksal betrauern.
***
Nikolaus Lenau (1802-1850)
(Nikolaus Franz Niembsch Edler von Strehlenau)
Die Drei
***
Nikolaus Lenau kannte ich nicht.
Habe mir das Gedicht nun auch von Jürgen Goslar vorlesen lassen, nachdem ich es selber (lautlos) gelesen hatte.
Macht einen Unterschied. Wird gesprochen noch „schwermütiger“.
Danke.
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 12.11.2024, 19:52
von Rous2
kad hat geschrieben: ↑12.11.2024, 11:45
Nikolaus Lenau kannte ich nicht.
Danke für den Tipp mit Jürgen Goslar. Das war ein unvergesslicher Sprecher. Überhaupt würde ich schon deswegen gerne meinen Rundfunkbeitrag berappen, wenn auch künftig Produktionen wie (um im SF-Bereich zu bleiben) »Stern der Ungeborenen« nach Franz Werfel (auch so ein Vergessener) mit Stimmen von Jürgen Goslar, Rosemarie Fendel, Hans Korte, Klaus Schwarzkopf, und, und, und... geliefert würden.
Über Lenau hat auch ein anderer Lyriker, Peter Härtling, einfühlsam geschrieben.
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 12.11.2024, 20:07
von Rous2
Rous2 hat geschrieben: ↑12.11.2024, 19:52
Danke für den Tipp mit Jürgen Goslar.
Ach, das Gedächtnis! Kaum geschrieben, muss ich mich nach einem Blick in meine Hörspiel-Sammlung korrigieren: Jürgen Goslar hat nicht bei Werfel, sondern bei Ray Bradbury gesprochen: Leviathan '99. Aber SF war immerhin richtig .
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 13.11.2024, 00:20
von kad
Heinrich Heine
Buch der Lieder - die Heimkehr (no. 20)
Still ist die Nacht, es ruhen die Gassen,
In diesem Hause wohnte mein Schatz;
Sie hat schon längst die Stadt verlassen,
Doch steht noch das Haus auf demselben Platz.
Da steht auch ein Mensch und starrt in die Höhe,
Und ringt die Hände, vor Schmerzensgewalt;
Mir graust es, wenn ich sein Antlitz sehe, -
Der Mond zeigt mir meine eigne Gestalt.
Du Doppeltgänger! du bleicher Geselle!
Was äffst du nach mein Liebesleid,
Das mich gequält auf dieser Stelle,
So manche Nacht, in alter Zeit?
Und hier die Schubert Vertonung D957 (Peter Schreier - András Schiff)
Rous2 hat geschrieben: ↑11.11.2024, 19:26
Neben Hans Wollschläger hat ja auch Arno Schmidt an der Ausgabe für den Walter-Verlag in Olten mitübersetzt. (Ich hatte sie mal als komplette Taschenbuch-Kassette.)
Ich erinnere mich, die Olten-Ausgabe umfasste vier Hardcoverbände mit ca. 4.200 Seiten, die Pawlak Ausgabe 10 Taschenbücher (diese hatte ich auch mal). Der Verleger Manfred Pawlak kaufte die Lizenz zum Druck von 50.000 Exemplaren der Poe-TB-Kassette, ließ aber heimlich 89.000 Exemplare herstellen, das muss man sich mal vorstellen!
Im Spiegel Archiv gibt es dazu einen interessanten Artikel:
Mein Buch mit den Poe Gedichten ist z.Z. verpackt, aber ich meine mich zu erinnern, dass Arno Schmidt zwar fleissig an der Übersetzung der Prosa mitwirkte, aber nur ein einziges Gedicht übersetzte, alle anderen wurden von Wollschläger übersetzt.
P.S.
Sehr empfehlenswert, nicht nur des Inhaltes wegen , sondern auch wegen der Zweisprachigkeit:
Rous2 hat geschrieben: ↑12.11.2024, 19:52
Überhaupt würde ich schon deswegen gerne meinen Rundfunkbeitrag berappen, wenn auch künftig Produktionen wie (um im SF-Bereich zu bleiben) »Stern der Ungeborenen« nach Franz Werfel (auch so ein Vergessener) ... geliefert würden.
Rous2 hat geschrieben: ↑12.11.2024, 20:07
... Ray Bradbury ... Leviathan '99 ...
Werfel, F. - Stern der Ungeborenen - WDR 1990
Bradbury, R. - Leviathan 99 - HR 1969
Diese Hörspiele habe ich auch in meinem Archiv.
Über viele Jahre hinweg war ich sehr aktiv in der Radio-Hörspiel Tausch- und Sammelgemeinde. Viele Hörspiele, die ich auf Audiokassetten aufnahm (und später sogar, als die Preise sanken, auf Videokassetten), überspielte ich dann in den PC und bearbeitete sie häufig auch noch sehr vorsichtig mit dem Programm 'Magix Music Studio'. Alles was ich überspielte, speicherte und sammelte ich im mp3-Format (320 kbs), obwohl ich auch mit Flac u.a. experimentierte, aber mp3 stellte sich einfach als am praktischsten heraus.
Eine Zeitlang haben meine Hörspielfreunde- und Freundinnen und ich sämtliche Hörspiele aufgenommen, die in den Radioprogrammen liefen, so kamen wir auch zu älteren Hörspielen in sehr guter Qualität. Vor allem auf meine Sammlung nach Werken von Rolf und Alexandra Becker, Michael Koser und - of course - Arthur Conan Doyle, bin ich froh und auch durchaus ein bisschen stolz.
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 13.11.2024, 16:08
von Perryoldie
So etwas kann man sich nicht ausdenken ... >
Vor Jahren stand ich Spätabends und des Winters in meinem kalten Badezimmer, wollte schnell zurück ins warme Bett, als im Radio (NDR Kultur) dieses Stück lief, ich konnte mich davon nicht lösen und hörte es mir fröstelnd an.
Hier eine leicht verrauschte Aufnahme, die aber auch zeigt, dass dieser Nils Frahm wohl ein recht sympathischer Mensch ist.
Nils Frahm - Ode - 2015
P.S.
Wie 'Kad' es hält, also YT-Stücke zu verlinken, gefällt mir, aber ich halte es so, um den Lesefluss nicht zu unterbrechen (und um den Thread nicht verlassen zu müssen), dass ich Musikstücke (von nun an) in einen Spoiler packe.
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 13.11.2024, 17:12
von Perryoldie
kad hat geschrieben: ↑07.11.2024, 08:11
Unbekannt. Niederschrift 15. Jahrhundert
Ich leb und waiß nit wie lang,
ich stirb und waiß nit wann,
ich far und waiß nit wahin,
mich wundert das ich [so] frölich bin.
Martin Luther (1483 - 1546)
von 1531
Ich lebe, und weiß wohl wie lange,
Ich sterbe, und weiß wohl, wie und wanne;
Ich fahr, und weiß, Gottlob! wohin,
mich wundert, dass ich noch traurig bin.
Mir ist folgende schöne Version bekannt:
***
Martinus von Biberach [15. Jhrhdt.]
(zugeschrieben)
Mich wundert . . .
Ich bin und weiß nicht wer.
Ich komm' und weiß nicht woher.
Ich geh' und ich weiß nicht wohin.
Mich wundert, dass ich so fröhlich bin.
Wenn ich wüsste, wer ich bin.
Wenn ich ging und wüsste wohin.
Wenn ich käm und wüsste woher.
Ob ich dann weniger traurig wär?
Ich geh' und ich weiß nicht wohin.
Mich wundert, dass ich so fröhlich bin.
***
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 13.11.2024, 17:41
von Perryoldie
So wenig Worte für so ein großes Thema, aber weniger ist halt manchmal mehr.
***
Börries von Münchhausen
(Börries Albrecht August Heinrich Freiherr von Münchhausen)
(1874-1945)
Liebe fragte Liebe: "Was ist noch nicht mein?"
Sprach zur Liebe Liebe: "Alles, alles dein!"
Liebe küßte Liebe: "Liebste, liebst du mich?"
Küßte Liebe Liebe: "Ewig, ewiglich!"
***
Rainer Maria Rilke
(1875-1926)
Darin besteht die Liebe:
Daß sich zwei Einsame beschützen und berühren und miteinander reden.
***
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 13.11.2024, 21:19
von Perryoldie
.
Eine traurige Sache ist das, wenn Künstler zu Lebzeiten keinerlei Anerkennung finden und sie im Augenblick ihres Todes denken, dass ihr Leben und ihr künstlerisches Schaffen vergebens war. Doppelt traurig ist es, wenn ein Leben so endet, wie das von Vincent van Gogh, der sich am 27. Juli 1890 eine Kugel in die Brust schoss und zwei Tage später verschied.
Es ist so traurig, dass er niemals erfahren wird, wie sehr sein Werk die Menschen heute berührt.
Deshalb fand ich auch eine Episode von Dr. Who so schön, in der der Doktor Vincent kurz mit in die Zukunft nimmt und dieser, einem freudigen Zusammenbruch nahe, sehen kann, wie sehr sein Werk die zukünftigen Menschen berührt. Wenn Unterhaltung, Träume, Wunschdenken und Kultur sich so gelungen mit einander verbinden, finde ich das einfach nur schön.
Eine musikalische Hommage:
Don McLean - Vincent (Starry Starry Night) - 1971
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 14.11.2024, 10:04
von Perryoldie
Hier ein kleines Gedicht von Wolfgang Borchert aus dem Jahr 1946. Bedenkt man, dass Borchert im Alter von nur 26 Jahren starb, hat das Gedicht fast schon etwas prophetisches.
***
Wolfgang Borchert 1921-1947
Ich möchte Leuchtturm sein
in Nacht und Wind –
für Dorsch und Stint –
für jedes Boot –
und bin doch selbst
ein Schiff in Not!
***
Re: Der Literarische Salon
Verfasst: 14.11.2024, 10:14
von Perryoldie
Kultfotos - "Der Fotograf, der einfach immer zufällig zur rechten Zeit am rechten Ort war."
Von Susanne Baller, Stern.Online vom 11.11.2018.
Der Fotograf Günter Zint ist eine Institution in Hamburg. Sein Blick ins Milieu, auf die Menschen ist liebevoll, auf politische Ereignisse kritisch. Berühmt wurde Zint durch seine legendären Fotos von Stars, die er aufnahm, bevor jemand wusste, wer sie sind.
Der Tod ist nichts,
ich bin nur in das Zimmer nebenan gegangen.
Ich bin ich, ihr seid ihr.
Das, was ich für euch war, bin ich immer noch.
Gebt mir den Namen, den ihr mir immer gegeben habt.
Sprecht mit mir, wie ihr es immer getan habt.
Gebraucht keine andere Redeweise,
seid nicht feierlich oder traurig.
Lacht weiterhin über das,
worüber wir gemeinsam gelacht haben.
Betet, lacht, denkt an mich,
betet für mich,
damit mein Name ausgesprochen wird,
so wie es immer war,
ohne irgendeine besondere Betonung,
ohne die Spur eines Schattens.
Das Leben bedeutet das, was es immer war.
Der Faden ist nicht durchschnitten.
Weshalb soll ich nicht mehr in euren Gedanken sein,
nur weil ich nicht mehr in eurem Blickfeld bin?
Ich bin nicht weit weg,
nur auf der anderen Seite des Weges.
***
Henry Scott Holland (27.01.1847, Ledbury - 17.03.1918, Oxford) war ein englischer Geistlicher und anglikanischer Theologe sowie Professor an der Universität von Oxford. Er lehrte Philosophie und Religion und veröffentlichte zahlreiche Schriften zu diesen Themen. Holland war auch Domherr der Christ Church Cathedral.
Aus der Auseinandersetzung mit den Tod, diesem ‚König der Schrecken’, der Furcht vor dem Unerklärlichen und der Glaube an den Fortbestand der Existenz entstand obiges Werk (wohl Teil einer Predigt), dessen Einganszeilen 'Der Tod ist nichts, ich bin nur in das Zimmer nebenan gegangen', zu einem geflügelten Wort wurden.