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Re: Transgender / LGBTQ ...

Verfasst: 05.07.2025, 19:19
von Reinhard
Eisrose hat geschrieben: 05.07.2025, 15:26
Und meine Argumentation ist, dass die Frage der Benutzung von Umkleide oder Toilette durch Transfrauen völlig irrelevant ist.

Ich lebe in Berlin, da dürfte es wohl sogar einen höheren Anteil an Transfrauen als im Durchschnittsdeutschland geben und ich bin noch NIE einer erkennbaren Transfrau auf der Toilette oder in der Umkleidekabine begegnet. Selbst auf der Strasse kann ich mich kaum an Begegnungen erinnern, das dürfte unter einer Begegnung pro Jahr liegen. Insofern halte ich das schlicht für eine Debatte über ein nicht vorhandenes Problem.
Meine Argumentation lautet, es ist nicht irrelevant. Wenn es genug Trans-Personen gibt, für die wir eine wie auch immer geartete Regelung (Passeintrag etc. etc.) brauchen, dann erzeugen diese Trans-Personen, die offensichtlich eine Minderheit darstellen zwangsläufig mehr Kontakte von Cis-Personen gegenüber Trans-Personen als es überhaupt Trans-Personen gibt. Logischwerweise fallen übliche Kontakte z.b. in der U-Bahn nicht auf solange die Trans-Person ihr Trans sein nicht aktiv, um nicht zu sagen offensiv nach aussen trägt. Und selbst dann liegt der Störrfaktor relativ niedrig. Aber es gibt das Potenzial auf massiv als störend empfundene Interaktionen und die hätte ich gerne geregelt.

Bleiben wir mal in der Umkleide. Trans-Frau (biologisch ein unveränderter Mann) geht in mein Fitness Studio. Ich würde ja sagen, geh halt in die Männerumkleide und fertig. Ist mir völlig egal, ob Person X, die sich neben mir nackig macht sich als Frau fühlt oder nicht. Gilt auch für schwule Männer, kenne da einige, sogar einen im meinem Fitnessstudio. Und ob jetzt meine Umkleide voll von Trans-Frauen ist klann ich nicht beurteilen. Ich bin erwiesenermaßen nicht dazu fähig alle homosexuellen Männer durch reines Anschauen zu identifizieren, wird wohl bei Trans-Frauen nicht besser sein mein Wahrnehmungsvermögen. Wenn aber Trans-Frau jetzt meint unbedingt in die Frauenumkleide gehen zu wollen braucht es dafür eine Regelung. Und die hätte ich gerne allgemeingültig und rechtssicher. Kann eben nicht sein, dass Verband A oder Privatunternehmer B das jeweils nach eigenem Gutdünken regeln. Die Klagewelle nach Gleichbehandlung und Diskriminierungsverbot können wir uns sparen. Und ich würde dabei gerne die in diesem Fall betroffenen Cis-Personen, in potenziellen Stressfällen meist Cis-Frauen, bei der Meinungsbildung berücksichtigen. Der Stressfaktor, wenn sich ein Trans-Mann in meine Umkleide verirrt, dürfte recht gering sein. Mehr als ein "sicher, dass du die richtige Tür genommen hast?" wird da kaum kommen. Und wenn die Antwort "Ja" kommt, tja, dann ist das halt so.

Ich persönlich kann mit einer kompletten unisex Gesellschaft leben. Sparen wir uns einen Haufen Aufwand bei der Gebäudetechnik, bin mir nur nicht sicher, ob ich damit mehrheitsfähig bin.

Re: Transgender / LGBTQ ...

Verfasst: 05.07.2025, 20:18
von Eisrose
Reinhard hat geschrieben: 05.07.2025, 19:19
Meine Argumentation lautet, es ist nicht irrelevant. Wenn es genug Trans-Personen gibt, für die wir eine wie auch immer geartete Regelung (Passeintrag etc. etc.) brauchen, dann erzeugen diese Trans-Personen, die offensichtlich eine Minderheit darstellen zwangsläufig mehr Kontakte von Cis-Personen gegenüber Trans-Personen als es überhaupt Trans-Personen gibt.
Na gut. Nehmen wir an, es gäbe auch ein Problem mit dem Zugang von Transfrauen zu Frauentoiletten und Umkleidekabinen. Wo ist dann aber der Zusammenhang mit dem Selbstbestimmungs-Gesetz? Auf dem deutschen Personalausweis steht kein Geschlecht. Ob jemand seinen Geschlechtseintrag geändert hat, ist somit vollkommen irrelevant für die von Dir geschilderten Zugangsprobleme. Die bestehen völlig unabhängig von diesem Gesetz.

Ich weiss nicht, ob es wirklich notwendig ist, alles bis ins letzte Detail zu regeln. Aber wenn man diese Ansicht vertritt, müsste man doch eigentlich weitere Gesetze fordern, die dann (auch) den Zugang von Transfrauen zu Frauentoiletten und Frauenumkleiden regeln. Wo aber sind jetzt die Schwachstellen beim Selbstbestimmungsgesetz, dass eine einfache Änderung des Geschlechtseintrags vor dem Standesamt regelt? Das war ja unser Ausgangspunkt.

Und dann müsste man auch begründen, warum ausgerechnet bestimmte Spezialprobleme bei Transfrauen detailliert in einem eigenem Gesetz geregelt werden und die allgemeine Grundsätze in unserem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (Antidiskriminierungsgesetz) dort nicht ausreichen. Und wenn es dann diese detaillierten Regelungen für Transfrauen gäbe, müsste in Bezug auf andere Minderheiten immer wieder begründet werden, warum da etwaige Spezialprobleme nicht so detailliert geregelt werden. Anders ausgedrückt: es wäre ein Präzedenzfall für eine umfassende Regelungswut aller Lebensbereiche von Minderheiten geschaffen. Ich weiss ja nicht...

Re: Transgender / LGBTQ ...

Verfasst: 05.07.2025, 21:16
von Reinhard
Eisrose hat geschrieben: 05.07.2025, 20:18
Reinhard hat geschrieben: 05.07.2025, 19:19
Meine Argumentation lautet, es ist nicht irrelevant. Wenn es genug Trans-Personen gibt, für die wir eine wie auch immer geartete Regelung (Passeintrag etc. etc.) brauchen, dann erzeugen diese Trans-Personen, die offensichtlich eine Minderheit darstellen zwangsläufig mehr Kontakte von Cis-Personen gegenüber Trans-Personen als es überhaupt Trans-Personen gibt.
Na gut. Nehmen wir an, es gäbe auch ein Problem mit dem Zugang von Transfrauen zu Frauentoiletten und Umkleidekabinen. Wo ist dann aber der Zusammenhang mit dem Selbstbestimmungs-Gesetz? Auf dem deutschen Personalausweis steht kein Geschlecht. Ob jemand seinen Geschlechtseintrag geändert hat, ist somit vollkommen irrelevant für die von Dir geschilderten Zugangsprobleme. Die bestehen völlig unabhängig von diesem Gesetz.
Die Probleme werden einfach von einer Personengruppe auf eine andere verschoben. Ohne Selbstbestimmungsgesetz ist die Sache klar. Biologisch x gehe in Raum x. Aus der Selbststimmung kann man ableiten biologisch x fühlt sich als y will in Raum y. Wenn ich das nicht erlaube sind Trans-Menschen, Menschen zweiter Klasse, weil ich ihnen ihr Geschlecht teilweise abspreche. Vorher hatte die Trans-Person das Problem und wenn sie halbwegs logisch gedacht hat, hat sie daraus kein großes Ding gemacht. Nach dem Selbstbestimmungsgesetzt besteht minimal der Klärungsbedarf ob den nun der Eintrag allgemein gültig ist und damit, in welchen (allen?) Fällen der Eintrag vor dem bilogischen Geschlecht Vorrang hat. Der aktuelle Fall zeigt genau die Regelungslücke auf. Und meine Meinug ist eben, wer die Regelungslücke geschaffen hat soll sie gefälligst auch schließen, und zwar bevor sie für jemanden, der gar nichts dafür kann ein Problem wird.

Die Spanier sind uns da ja etwas voraus. War die letzten Jahre kein gesellschaftszerstörendes Problem, aber die ein oder andere interessante Begebenheit gab es schon. Mir erschließt sich einfach nicht, warum den Selbsbestimmungseintrag einführt und das nicht ganz klar ergänzt, was das für die offensichtlichen Problemfälle bei denen eben Geschlechtertrennung üblich ist bedeutet. Ich kann nur vermuten was der Grund dafür wahr, ich tippe auf Feigheit das Thema sauber durchzuarbeiten. Kann aber auch Ignoranz, Faulheit oder Dummheit des Gesetzgebers sein. Jetzt haben wir eben den Fall vor Gericht, der ein an sich ernstes Thema der Lächerlichkeit freigibt. Das hilft weder der Sache noch der Glaubwürdigkeit des Staates.
Ich weiss nicht, ob es wirklich notwendig ist, alles bis ins letzte Detail zu regeln. Aber wenn man diese Ansicht vertritt, müsste man doch eigentlich weitere Gesetze fordern, die dann (auch) den Zugang von Transfrauen zu Frauentoiletten und Frauenumkleiden regeln. Wo aber sind jetzt die Schwachstellen beim Selbstbestimmungsgesetz, dass eine einfache Änderung des Geschlechtseintrags vor dem Standesamt regelt? Das war ja unser Ausgangspunkt.
Der Schwachpunkt ist genau wie oben beschrieben, dass die Sache damit nicht final geklärt und druchdacht ist. Entweder hat der Eintrag keine praktische Auswirkung, ich kann also keine Rechte davon ableiten, daraus folgt Trans-Menschen sind Menschen zweiter Klasse, oder ich kann davon Rechte ableiten, dann müssen mindestens die Ausnahmeregelungen (z.B. aktueller Fraunenknast-Fall) rechstsicher vernankert sein.
Und dann müsste man auch begründen, warum ausgerechnet bestimmte Spezialprobleme bei Transfrauen detailliert in einem eigenem Gesetz geregelt werden und die allgemeine Grundsätze in unserem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (Antidiskriminierungsgesetz) dort nicht ausreichen. Und wenn es dann diese detaillierten Regelungen für Transfrauen gäbe, müsste in Bezug auf andere Minderheiten immer wieder begründet werden, warum da etwaige Spezialprobleme nicht so detailliert geregelt werden. Anders ausgedrückt: es wäre ein Präzedenzfall für eine umfassende Regelungswut aller Lebensbereiche von Minderheiten geschaffen. Ich weiss ja nicht...
Ganz einfach. Weil am Status quo was geändert wurde, und wer was ändert ist für die Konsequenzen verantwortlich. Und weil dieser simple Standesamtliche Eintrag auch andere Menschen betrifft, z.B. die gesamte Belegschaft einer Umkleide, die das unter Umständen nicht positiv betrachtet. Da hätte ich als Betreiber der Umkleide schon ganz klar die rechtliche Grundlage, ob ich Trans Personen vorschreiben kann welchen Raum die zu nutzen haben, oder ob ich das nicht darf. Und wenn ich das nicht darf, warum darf das dann ein Sportverband unter Umständen bestimmen (auf welcher Grundlage eigentlich). Und warum darf das dann im Strafvollzug oder Frauenhaus anders gehandhabt werden als in der Umkleide (wiederum auf welcher Grundlage) Diese juristische Minenfeld liegt ausgebreitet vor uns.

Die einfache Regelung, man ist was beim Standesamt hinterlegt ist scheint ja nicht zu 100% gewünscht zu sein (Frauenknast, Frauenhaus, allgemein wohl starke Schutzräume), dann muss ich aber genau diese Abweichungen von der 100% Regelunung festlegen, wenn ich nicht auf die 0% Regelung zurückfallen will.

Re: Transgender / LGBTQ ...

Verfasst: 06.07.2025, 12:17
von Gucky_Fan
Man sieht auch hier zwei Meinungen, die sich annähern könnten. Wie schon im Rollback-Faden geschrieben wäre es dringend nötig in der Gesellschaft zu diskutieren statt abweichende Meinungen einfach zu diskreditieren. Da finde ich diese Forum ein Vorbild für Pluralismus.

Re: Transgender / LGBTQ ...

Verfasst: 06.07.2025, 15:13
von Eisrose
Reinhard hat geschrieben: 05.07.2025, 21:16
Entweder hat der Eintrag keine praktische Auswirkung, ich kann also keine Rechte davon ableiten, daraus folgt Trans-Menschen sind Menschen zweiter Klasse, oder ich kann davon Rechte ableiten, dann müssen mindestens die Ausnahmeregelungen (z.B. aktueller Fraunenknast-Fall) rechstsicher vernankert sein.
Das ist ein sehr guter Punkt, bei dem ich Dir mindestens halb zustimme, auch, wenn ich nicht nachvollziehen kann, warum Trans-Menschen Menschen zweiter Klasse wären, wenn die Änderung des Geschlechtseintrags keine Auswirkungen hätte.

Dennoch finde ich den Aspekt, "keine praktische Auswirkung" vs. "Rechte aus dem Gesetz ableiten" durchaus wichtig. Darüber habe ich jedenfalls nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich oben etwas zu oberflächlich gewesen bin.

Welche Auswirkungen hat also das Selbstbestimmungsgesetz?

Da wäre zunächst die symbolische Wirkung, die man nicht unterschätzen sollte. Auch Symbole sind wichtig.

Aber auch die konkreten Folgen sind mannigfaltig und grösser, als ich sie oben mit dem Nichtvorhandensein eines Geschlechts auf dem Personalausweis umrissen habe. Geändert werden die Geburtsurkunde (wird mit geändertem Eintrag neu ausgestellt), Meldebescheinigungen, Krankenversichertenkarte (je nach Kasse ggf. im Chip oder auf Anfrage sichtbar), Sozialversicherungsunterlagen, Rentenkonto, Daten bei Polizei und Gerichten, Daten beim Finanzamt... Die offizielle Anrede in jedem Schreiben ändert sich. Auch Arbeitgeber, Vereine, Schule oder Hochschule ändern ihre Daten, hier allerdings erst auf Mitteilung der Änderung. Insgesamt ist das nicht nichts.

Für Alltagssituationen sind die Folgen aber gering. Insgesamt würde ich Dir inzwischen zustimmen, dass der eine oder andere Bereich vielleicht mehr Rechtssicherheit erfordern könnte, dass das im Selbstbestimmung-Gesetz hätte geschehen müssen, denke ich nach wie vor nicht.