Troh.Klaus hat geschrieben: ↑22.09.2024, 20:25
Cybermancer hat geschrieben: ↑22.09.2024, 20:21
Eine Generation die nicht verstanden hat, dass ihre Zukunft auf der Kippe steht.
Die letzte Generation halt ...
Ist denn eigentlich befragt worden oder ist denn klar, welches Thema oder welche Themen die "junge Generation" zur Wahl nach Rechts treibt? Das Thema "Klima" kann es ja nicht sein, das scheint den jungen AfD-Wählern (die ja immer mehr werden) maximal zweitrangig zu sein.
Ich habe vor ein paar Wochen, nach der Doppelwahl in Ostdeutschland, einen Artikel gelesen, in dem junge Leute, die AfD wählen, gefragt wurden, warum sie die gewählt haben. Interessanterweise ging es nicht um die Landtagswahlen, sondern um die Europawahlen und die Wähler stammten alle aus NRW.
Man wähle aus "Protest", wurde angemerkt, weil man sich von den anderen Parteien nicht wahrgenommen fühle. Ob der "Protest" nun stimmt, ist hinterfragbar. Angeführt wurden aber u.a. folgende Gründe:
1) Fremdheitsempfinden und das Gefühl in einer Parallelwelt zu leben
2) Angst vor sozialem Abstieg
3) Das Gefühl von Hilflosigkeit und Kontrollverlust im Angesicht vieler aktueller Krisen
Dass die AfD zwar Antworten bietet, aber keine Lösungen, fällt vielen dabei gar nicht auf. Die AfD bespielt dabei ein ganz bestimmtes Thema, in dem sich die ganzen Populismusthemen wie Migration/Asyl, Arbeitsmarkt oder EU-Politik widerspiegeln: Identität!
In einer immer stärker globalen und entgrenzten Welt wird die Frage nach "Wer bin ich?", "Was definiert mich?" oder "Wie will ich sein?" immer wichtiger. Gerade für junge Menschen sind diese Fragen sehr wichtig, denn mit 18,19 oder 25 ist man bei weitem noch nicht bei sich angekommen oder kann auf z.B. o.g. Fragen eindeutige Antworten geben.
Auch in Ostdeutschland kommt dieses Thema zum Tragen: Was denken sich wohl die "Ossis", die ja immer als "wirtschaftlich schlechter" gelten, als der Rest Deutschlands, die mit Sächsisch den wohl ungeliebtesten Dialekt in Deutschland sprechen, die immer noch erleben, dass "Ostrenten/ Ostgehälter/ Ostlebenqualität" anders sind als in "Westdeutschland"?
Das Problem vieler etablierten Parteien ist, dass sie sich um die Antwort nach der "Identitätsfrage" drücken. Dies mag damit zu tun haben, dass eine Antwort auf so ein Thema immer verbunden ist mit nationalen oder patriotischen Inhalten. Und das ist etwas, was wir in Deutschland gar nicht gerne ansprechen. Wir möchten z.B, dass sich Migranten, die hier dauerhaft leben wollen, mehr mit der deutschen Sprache, Kultur oder oder beschäftigen? Wie sollen sie das denn können, wenn wir ihnen das nicht zeigen oder erklären? Das wäre ein Form von Integration oder zumindest interkultureller Arbeit. Und die einzige Partei, die das aktuell tut, ist die AfD - und das auf die bekloppteste Art und Weise, die man sich vorstellen kann.
Der Balanceakt, der da zu leisten ist, ist enorm und auch widersprüchlich. Zum einen eine nationale/regionale Definition anzubieten und auf der anderen Seite globale/entgrenzte Wirklichkeiten nicht außer Acht zu lassen. Für mich wäre diesbezüglich die EU ein guter Ansatzpunkt, nämlich dahingehend, stärker die Gemeinsamkeiten ihrer Mitglieder zu betonen und als stärker als politischer Akteur aufzutreten. Was der EU momentan nämlich auch nicht gelingt, ist, ein Identitätsprofil aufzubauen, das signalisiert "Das sind wir Europäer!" Auch das wird gerne der europäischen Rechten überlassen.
Als der Rechtspopulist Geert Wilders vor einigen Jahren im TV gefragt wurde, was er den marokkanischen Migranten in den Niederlanden sagen würde, warum sie ihn, der sie ja stärker kontrollieren oder auch ausweisen wolle, wählen sollte, zeigte sich mal wieder die ganze Perfidität der rechtspopulistischen Argumentation. Denn Wilders antwortete allen Ernstes, dass er gerade den marokkanischen Migranten empfehlen würde, ihn zu wählen. Denn seine Partei sei die einzige Partei, die ihnen eine klare Definition zu ihrem Leben und ihrer Situation in NL anbieten würde. - Und das Entsetzliche war: Er hatte Recht! Keine andere Partei definierte das mal. Mittlerweile stellen sie in den Niederlanden die Regierung mit einem eigenen Ministerium für Asyl und Migration.