Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

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Nicoletta
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von Nicoletta »

Singular
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* Die Radikalität der Realität ist so radikal das die Politik in ihrer Nichtradikalität nicht hinterher kommt. *
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nanograinger
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von nanograinger »

Tennessee hat geschrieben: 21.12.2024, 17:06 Das Interessante ist ja, dass das generische Maskulinum nicht mehr benutzt werden soll(te), um mehr Sichtbarkeit bzgl. anderer (geschlechtlicher) Identitäten zu gewährleisten. Kurioserweise sorgt die genderneutrale Sprache, wie z.B. das hier besprochene System nach Phettberg, genau für das Gegenteil: die Geschlechteridentitäten werden unsichtbar oder, um es etwas politisch euphorischer zu sagen: inkludiert.
Der Aspekt des "Sichtbarmachens", der auf feministische Kritik aus mindestens den 70er Jahren zurückgeht, "kollidiert" mit dem Aspekt der "Inklusion" nichtbinärer "(geschlechtlicher) Identitäten" (wie du es ausdrückst). Das heute übliche "...-erinnen und -er" macht die weiblichen "-...erinnen" explizit sichtbar, schließt aber nichtbinäre Geschlechter/Gender umso deutlicher aus.

Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht fast zwangsläufig, dass ausgerechnet eine Person wie Hermes Phettberg seine Form der Neutralisierung entwickelte, welche versucht die beiden Aspekte zu verbinden. Und zwar indem auf der einen Seite neutralisiert wird (und damit wirklich "alle mitgedacht" sind, was das generische Maskulinum nachweislich nicht schafft), und auf der anderen Seite mit der -y Form eine Variante gewählt wurde, welche im Deutschen auffällt, sowohl im Schriftbild wie auch im gesprochenen Wort. Auch die Pluralbildung mit -ys hat dieses Ziel, nämlich durch die Einbringung des Ungewohnten die entsprechenden Denkprozesse anzuregen.

Nun habe ich bereits früher argumentiert (und werde das auch hier weiter unten tun), dass die zunächst ungewohnte -y Form mit entsprechender Verwendung schnell zur Gewohnheit wird. Damit wird sich die Waage zwischen Neutralisierung und Hervorhebung recht schnell auf die Seite der Neutralisierung verschieben. Ich meine aber, dass alleine durch die zusätzliche Form klar bleiben wird, dass mit einem Schauspiely eben nicht nur 100% Frauen oder Männer gemeint sind.
Tennessee hat geschrieben: 21.12.2024, 17:06 Das Prinzip hinter Phettbergs Ansatz ist mir durchaus klar, aber ich halte es aus mehreren Gründen für fragwürdig. Zunächst einmal auch wegen der Person Phettberg, die dieses Sprachsystem erdacht hatte. Und zwar deswegen, weil Phettberg eine Person war, die zuweilen ganz bewusst und provokativ, aber zuweilen auch unbewusst und unbedarft, zwischen ernstzunehmender Kritik/Analyse und kompletter Ironisierung dieser changierte. Und das alles auch sehr oft aus einer sehr ego-zentrischen Position heraus.
Ich stimme dir durchaus in Punkten zu, aber ich verstehe nicht, warum es ein Problem sein soll, dass Phettberg seinen Ansatz aus einer "sehr ego-zentrischen Position" entwickelt hat. Ich bin Naturwissenschaftler und ich weiß aus Erfahrung, dass die meisten großen Entdeckungen und Entwicklungen nicht aus einer "philantropischen" Position mit Blick auf das Gemeinwohl gefunden/entwickelt wurden, sondern sehr oft auf sehr banalen und egozentrischen Motivationen gründen.
Tennessee hat geschrieben: 21.12.2024, 17:06 Des weiteren ist in unserem Sprachgebrauch der y- oder i-Laut sehr oft mit einer "süßen" Diminuitierung und Verniedlichung verbunden: Baby, Schatzi, Handy, Schnucki ... Während bei Begriffen wie Lesy, Autory, Lehrys, Foristy oder Wissenschaftlys alles vielleicht noch mit einer mehr oder minder hochgezogenen Augenbraue bedacht werden kann, wird es bei anderen Sätzen ein wenig schwieriger mit der Argumentation, dass man sich daran bloß gewöhnen müsse:

Hunderte Magdeburgys wurden durch einen Autoanschlag verletzt.
Bürgys aus Magdeburg ringen mit dem Tod.
Die Polizei vermeldet, dass immer mehr Homosexuellys (homosexuell betrifft ja Männer und Frauen) von Diskriminierung betroffen sind.
Millionen Judys wurden von Nazionalsozialistys ermordet und diskriminiert.
Das ist in der Tat ein Nachteil, der aus der Gewohnheit des Diminiutivs -i und der Gleichheit in der Aussprache mit -y in der gesprochenen Sprache entspringt (in der Schriftsprache ist das nicht der Fall). Ich möchte das nicht kleinreden, auch wenn es natürlich ebenfalls eine Gewohnheitssache ist.

Es gibt Versuche (ich bin ja in keiner Weise Experte, da kein Sprachwissenschaftler), dieses Problem des Phettberg-Ansatzes mit anderen Endungen zu beheben. Ich meine Kai Hirdt hat in der damaligen Diskussion im GF die Endungen -e und -en erwähnt. Das Problem mit anderen Endungen, die "natürlicher" zur deutschen Sprache passen, dass es schnell Verwechslungen mit existierenden Wörtern gibt. Beispiel: Statt "der Lehrer" (gM) oder "das Lehry" (Phettberg mit -y) dann "das Lehre" (Phettberg mit -e, und "die Lehren" im Plural).

Ich meine mich zu erinnern, dass Thomas Kronschläger sich alle andere Vokalendungen angeschaut hat (so viele gibt es ja nicht) und keine bessere als -y/-ys gefunden hat, gerade auch, weil -y/-ys bei Lehnwörtern aus dem Englischen schon weit verbreitet ist (Handy und Handys).
Tennessee hat geschrieben: 21.12.2024, 17:06 Unter der Prämisse, dass man solche Lautgewohnheiten auch so empfindet, kann sich dann der Phettberg-Ansatz als ein ziemlich zynisches Sprachsystem zeigen, welches eben durch die Nutzung eines sprachenspezifischen Lautsystems weniger die Sichtbarkeit oder Gleichberechtigung bestimmter Begriffe zeigt, als sie vielmehr der Lächerlichkeit preisgibt. Ob sich Phettberg dies aus der Ironie oder der Ernsthaftigkeit heraus gedacht hatte, ist mir aber unklar.
Ich kannte Phettberg nicht und jetzt kann man ihn auch nicht mehr fragen. Aber ich habe frage mich schon, wie du auf die Idee kommen kannst, dass ausgerechnet Phettberg Gleichberechtigung und Inklusion "der Lächerlichkeit" preisgeben wollte. :???:

Und selbst wenn dem so wäre, so spielt das für mich keine Rolle. Im Gegensatz zu der Unzahl von vielen völlig unpraktikablen Ideen, die für Gendern und Ent-Gendern in den Raum geworfen wurden, ist der Ansatz von Phettberg nicht nur praktisch leicht umsetzbar, sondern auch geradezu minimalinvasiv. Und wie bei fast allen Dingen kommt es auch hier nicht auf die Idee oder die Intention an, sondern auf die (Möglichkeit) der Umsetzung.
Zuletzt geändert von nanograinger am 22.12.2024, 13:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von nanograinger »

Nicoletta hat geschrieben: 22.12.2024, 12:26 Singular
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Was willst du hiermit sagen? :gruebel:
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nanograinger
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von nanograinger »

George hat geschrieben: 21.12.2024, 15:44 ... Natürlich denkt man bei dem Wort "Bürger" die Frauen mit. ...
Vielleicht stimmt das heute sogar beim Wort "Bürger". Aber dir sollte klar sein, dass dies sehr lange Zeit nicht der Fall war.

Und bei sehr vielen Berufs- und Tätigkeitsbezeichnungen stimmt das auch heute nicht. Mein kleiner "Test" mit den "Schauspielern" sollte das zeigen. Aber dass beim generischen Maskulinum eben nicht die Frauen (und nichtbinäre Geschlechter/Gender) "mitgedacht" werden, ist Fakt, und zwar nicht nur im Deutschen. Ein Beispiel einer solchen Studie (bereits aus dem Jahre 2008) ist diese Arbeit von Gygax et al.
https://www.tandfonline.com/doi/abs/10. ... 0701702035
Sie ist leider nicht öffentlich einsehbar (nicht open access), daher übersetze ich hier mal den öffentlich einsehbaren Titel und Abstract:

"Generisch gemeint, aber spezifisch interpretiert: Wenn Kosmetikerinnen, Musiker und Mechaniker allesamt Männer sind"
Spoiler
Der Einfluss von Stereotypen und grammatikalischen Informationen (Maskulinum als Generikum) auf die Darstellung des Geschlechts in der Sprache wurde anhand eines Satzbewertungsparadigmas untersucht. Der erste Satz führte einen Rollennamen ein (z.B. Die Spione kamen heraus ...) und der zweite Satz enthielt explizite Informationen über das Geschlecht einer oder mehrerer der Figuren (z.B. ... eine der Frauen ...). Das Experiment wurde auf Französisch, Deutsch und Englisch durchgeführt. Im Gegensatz zum Englischen hatte die Stereotypie der Rollenbezeichnungen im Französischen und Deutschen keinen Einfluss auf die männlich geprägten Darstellungen der Leser, wo die Interpretationen von der Männlichkeit des (vermeintlich) als generisch gedachten Maskulinums dominiert wurden.
Übersetzt mit DeepL.com (kostenlose Version)
Soll heißen: Im Englischen dominieren Stereotypen (Bürger sind hauptsächlich Männer, weil früher Frauen kein Wahlrecht hatten und im öffentlichen Raum weniger aktiv waren), während im Französischen und Deutschen das Maskulinum des Wortes (Bürg-er) dominiert.

Die offene Frage ist, ob eine Änderung des Sprachgebrauchs auch eine Änderung des Denkens bewirkt. Klar ist dagegen, dass es umgekehrt klappt: Ich habe mein Denken "geändert" (bin mir der vielen Mängel des generischen Maskulinums bewusst geworden) und habe meine Sprachgebrauch geändert.

Dazu braucht es keine Verordnung von "Oben", das kann ich wie jedes anderes hier privat ganz alleine für mich entscheiden.
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von hz3cdv »

Ich frage mich gerade, wie diese Diskussion auf den Durchschnittsmenschen hier im Ruhrgebiet wirken würde. Mit oder ohne Migrationshintergrund. Mit oder ohne Abitur.

Ich glaube, der würde irgendwas wie „Eh, alles gut Alter, is bestimmt wichtig.“ sagen und sich sein Teil denken. Darüber wie verrückt die Welt doch geworden ist. Vielleicht würde er sich auch fragen, warum Leute über so was diskutieren statt darüber, warum am Ende seines Kontostands mehr Monat übrig ist als letztes Jahr.
Zuletzt geändert von hz3cdv am 22.12.2024, 15:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von Gucky_Fan »

Und ich fürchte dass dieser Gedanke das richtige ausdrückt
Bei vielen kommt an, dass sich die Politik nur mit Randthemen beschäftigt und nich für die Masse.

Was dringends geboten ist, dass man solche Debatten nicht vergisst aber sich auf Themen besinnt, die die Massen bewegen. Bei Kollegen waren das gerade bezahlbare Mieten, Ausländer und ätzende Krankenkassenbeitragssteigerung sowie Inflation bei Grundnahrungsmitteln.
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von Perry1986 »

Absolut. Der ganze Genderismus ruft in mir immer Assoziationen an Perrys erste Begegnung mit den Arkoniden auf dem Mond hervor: Diese geben sich völlig degeneriert irgendwelchen sinnbefreiten Tätigkeiten hin und merken garnicht, dass ihre ganze Hochzivilisation im Zerfall begriffen ist (Thora und Crest natürlich ausgenommen)...
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Tennessee
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von Tennessee »

nanograinger hat geschrieben: 22.12.2024, 13:52 Der Aspekt des "Sichtbarmachens", der auf feministische Kritik aus mindestens den 70er Jahren zurückgeht, "kollidiert" [...] dass mit einem Schauspiely eben nicht nur 100% Frauen oder Männer gemeint sind.
Bei der Kollision von Sichtbarkeit und Inklusion gebe ich dir Recht. Eben deshalb verwundert mich die Paradoxie, dass viele "Betroffene" zum einen eine stärkere Sichtbarkeit ihrer Geschlechtsidentität aktiv vertreten (z.B. über bestimmte Pronomina wie sie/they), aber auf der anderen Seite ein Sprachsystem befürworten, dass sie wieder unsichtbar macht. (Ich würde jetzt davon ausgehen, dass viele genderfluide Menschen Phettbergs Theorie gutheißen. Das weiß ich aber nicht.) Und dass über eine y-Endung Denkprozesse angeregt werden, ist argumentativ nur über den Gedanken haltbar, dass die von dir vertretene Gewöhnung einsetzt und sich eben kein Verlachungszustand etabliert. Dies sind aber beides Thesen, die sich aktuell nur spekulativ weiterverfolgen ließen. Ich denke, dass die Etablierung bei weitem nicht so schnell von statten gehen würde, wie du dir das vorstellst, eben weil die bestehenden y-Endungen (auch mit ihrem i-Klang) als Verniedlichungslaut weiterhin vorhanden sind.

Und kurze Frage: "mit einem Schauspiely"... Müsste es nicht eines Schauspiely heißen? "einem" ist doch maskulin. Oder vertu ich mich da?
nanograinger hat geschrieben: 22.12.2024, 13:52 Ich stimme dir durchaus in Punkten zu, aber ich verstehe nicht, warum es ein Problem sein soll, dass Phettberg seinen Ansatz aus einer "sehr ego-zentrischen Position" entwickelt hat. Ich bin Naturwissenschaftler und ich weiß aus Erfahrung, dass die meisten großen Entdeckungen und Entwicklungen nicht aus einer "philantropischen" Position mit Blick auf das Gemeinwohl gefunden/entwickelt wurden, sondern sehr oft auf sehr banalen und egozentrischen Motivationen gründen.
Absolutes d'accord. Der Punkt ist aber, dass naturwissenschaftliche Theorien über Messungen, Berechnungen u.ä. verifiziert und objektiviert werden können. Für den z.B. ego-zentrischen Chemiker, Physiker, Ingenieur usw. gilt, dass seine Theorie von seiner Person losgelöst Gültigkeit haben wird.

Im Bereich der geisteswissenschaftlichen/ kulturwissenschaftlichen Theorien ist das problematischer. Zwar ließen sie sich sicher durch Beobachtungen oder argumentative Ergänzungen bestätigen/beglaubigen, aber wenn dies eben nicht auf naturwissenschaftlichen Bestätigungsmechanismen beruhen, ließe sich Theorie und Person nur schwer trennen.

Ein Beispiel dafür: Wir alle haben sicherlich von der tollen Rechtschreibmethode "Schreiben nach Hören" gehört, mit der Grundschulkinder Rechtschreibung lernen soll(t)en. Ein eher niederschwelliger und kreativer Zugang zur Rechtschreibung, der letztendlich eine Generation von Rechtschreibanalphabeten produziert hat. Der, ich glaube, schweizer (?) Wissenschaftler hatte diese Theorie vorgestellt und begeistert wurde das von Horden von Grundschulen und Kultusministern übernommen. Mittlerweile weiß man, dass dieser Wissenschaftler seine Theorie niemals über z.B. Messungen, Stichproben, Probanden, Gegenprobanden usw. angemessen untersucht oder verifiziert hat. Er fand seinen Ansatz toll und passend, hat das argumentativ gut vertreten, aber letztendlich stellte sich heraus, dass seine Theorie absoluter Mumpitz ist.
nanograinger hat geschrieben: 22.12.2024, 13:52 Ich kannte Phettberg nicht und jetzt kann man ihn auch nicht mehr fragen. Aber ich habe frage mich schon, wie du auf die Idee kommen kannst, dass ausgerechnet Phettberg Gleichberechtigung und Inklusion "der Lächerlichkeit" preisgeben wollte. :???:
Ich habe mich auch lange nicht mehr mit Phettberg beschäftigt, früher zu Zeiten seiner "Nette Leut-Show" mehr. Aber ich glaube, auch in seinen Nachrufen wurden seine Ironisierung und seine Doppelbödigkeit (übrigens nicht immer negativ gemeint!) sehr stark hervorgehoben. Ob er sein entgendertes Sprachsystem als Ironie oder als Ernst entwickelt hat, weiß ich nicht. Dass ich mich das frage und sein System für mich deswegen auch fragwürdig ist, habe ich ja ausgeführt.
nanograinger hat geschrieben: 22.12.2024, 13:52 Und selbst wenn dem so wäre, so spielt das für mich keine Rolle. Im Gegensatz [...] sondern auf die (Möglichkeit) der Umsetzung.
Das ist ja als deine Haltung und deine Meinung auch völlig okay. Das macht ja jeder von uns hier, dass wir einen gedanklichen Ansatz wählen und eine Position vertreten.
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von Nicoletta »

Perry1986 hat geschrieben: 22.12.2024, 15:13 Absolut. Der ganze Genderismus ruft in mir immer Assoziationen an Perrys erste Begegnung mit den Arkoniden auf dem Mond hervor: Diese geben sich völlig degeneriert irgendwelchen sinnbefreiten Tätigkeiten hin und merken garnicht, dass ihre ganze Hochzivilisation im Zerfall begriffen ist (Thora und Crest natürlich ausgenommen)...
Genderismus gibt es nicht. Gendern ist selbst keine Idiologie.
Das sich ein Bundestag damit beschäftigen müsste ist ein Teil der Demokratie. Beispielsweise dann wenn eine Petition erfolgreich ist.
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von Tennessee »

Gucky_Fan hat geschrieben: 22.12.2024, 15:07 Und ich fürchte dass dieser Gedanke das richtige ausdrückt
Bei vielen kommt an, dass sich die Politik nur mit Randthemen beschäftigt und nich für die Masse.

Was dringends geboten ist, dass man solche Debatten nicht vergisst aber sich auf Themen besinnt, die die Massen bewegen. Bei Kollegen waren das gerade bezahlbare Mieten, Ausländer und ätzende Krankenkassenbeitragssteigerung sowie Inflation bei Grundnahrungsmitteln.
Ich stimme dir dahingehend zu, dass Mieten, Inflation oder steigende Verrohung ggü z.B. Ärzten, Polizisten, Lehrern o.ä. derzeit gesellschaftlich wichtigere Themen sind, als eine gendergerechte Sprache. Dennoch finde ich es auch nicht gut, dieses Thema, wenn es mal hier besprochen wird, mit Hilfe von Relativierungsargumenten zu deklassieren. Letztendlich ließe sich das für o.g. Themen auch machen. Denn verglichen mit vielen anderen Orten auf diesem Planten, sind diese Themen Luxusdiskussionen, wenn es zugleich Menschen gibt, die sich noch nicht mal Grundnahrungsmittel leisten können, die gar kein Haus oder eine Wohnung haben oder die exekutiert werden, wenn sie eine falsche Person küssen oder ihr Haar in der Öffentlichkeit zeigen.
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von Gucky_Fan »

Ich will es nicht relativieren, sehe es aber als Beispiel dafür, dass etwas eingeführt wurde ohne zu bedenken wieviel Widerstand und Hass es produzieren würde.
Ich denke, wenn man nicht so besserwisserisch und belehrend gewesen wäre, sondern den Leuten Zeit gegeben hätte, hätte man mehr erreicht.
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von hz3cdv »

Der Punkt ist nicht die Relativierung. Der Punkt ist: bei solchen Änderungen muss man die Menschen mitnehmen. Wie will man jetzt aber jemand bei etwas mitnehmen, was vor dem Hintergrund seiner Lebenswirklichkeit „unwichtiger Mumpitz“ ist, den er nicht versteht. Diese Diskussion wird, so sie so geführt wird wie sie nunmal geführt wird, nie den Elfenbeimturm verlassen.
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von Nicoletta »

Gucky_Fan hat geschrieben: 22.12.2024, 16:15 Ich will es nicht relativieren, sehe es aber als Beispiel dafür, dass etwas eingeführt wurde ohne zu bedenken wieviel Widerstand und Hass es produzieren würde.
Ich denke, wenn man nicht so besserwisserisch und belehrend gewesen wäre, sondern den Leuten Zeit gegeben hätte, hätte man mehr erreicht.
Es wurde kein Gendern "eingeführt". Es besteht keine Pflicht und der Duden will es nicht aufnehmen
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von nanograinger »

Tennessee hat geschrieben: 22.12.2024, 15:58... (Ich würde jetzt davon ausgehen, dass viele genderfluide Menschen Phettbergs Theorie gutheißen. Das weiß ich aber nicht.)
...
Und dass über eine y-Endung Denkprozesse angeregt werden, ist argumentativ nur über den Gedanken haltbar, dass die von dir vertretene Gewöhnung einsetzt und sich eben kein Verlachungszustand etabliert.
...
Und kurze Frage: "mit einem Schauspiely"... Müsste es nicht eines Schauspiely heißen? "einem" ist doch maskulin. Oder vertu ich mich da?
Ich gehe davon aus, dass wie bei anderen Themen, verschiedenen Personen verschiedene Meinungen haben. Das gilt auch für genderfluide Personen zum Thema Ent-Gendern. Nach meiner Erfahrung (die nur anekdotisch ist) sind genderfluide Personen durchaus bestimmt, wie sie persönlich addressiert werden sollen. Ob sie mehrheitlich für Neutralisierung oder Genderstern o.ä. sind, weiß ich nicht. Wie gesagt, ich bin kein Experte bei diesem Thema, nur interessierter Laie.

Den Gewohnheitseffekt habe ich an mir selbst beobachtet, ist also auch nur anekdotisch. Ich weiß nicht, ob es hierzu bereits Studien gibt.

Und nein, es heißt "mit einem Schauspiely" wie analog auch "mit einem Kind".
Tennessee hat geschrieben: 22.12.2024, 15:58
nanograinger hat geschrieben: 22.12.2024, 13:52 Ich stimme dir durchaus in Punkten zu, aber ich verstehe nicht, warum es ein Problem sein soll, dass Phettberg seinen Ansatz aus einer "sehr ego-zentrischen Position" entwickelt hat...
...
Im Bereich der geisteswissenschaftlichen/ kulturwissenschaftlichen Theorien ist das problematischer. Zwar ließen sie sich sicher durch Beobachtungen oder argumentative Ergänzungen bestätigen/beglaubigen, aber wenn dies eben nicht auf naturwissenschaftlichen Bestätigungsmechanismen beruhen, ließe sich Theorie und Person nur schwer trennen.

Ein Beispiel dafür: Wir alle haben sicherlich von der tollen Rechtschreibmethode "Schreiben nach Hören" ... aber letztendlich stellte sich heraus, dass seine Theorie absoluter Mumpitz ist.
Das mag ja sein, aber das Ent-Gendern nach Phettberg ist ja keine Theorie, sondern ein konkreter Vorschlag zur Umsetzung geschlechtsneutraler, inklusiver Sprache. Und da er sehr einfach ist, stellt er auch keine wesentliche Barriere für Nicht-Muttersprachler dar, soweit ich das sehe.

Es gibt hier nichts zu beweisen, es ist schlicht ein Angebot.
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Re: Gendern: geschlechtsbewusster Sprachgebrauch

Beitrag von hz3cdv »

Was ist denn jetzt der Sinn der Diskussion um eine „geschlechtergerechte Sprache“? Nicht nur hier, sondern allgemein.

- Soll sich die deutsche Sprache entsprechen ändern.
- Soll das Bewusstsein für die Problematik geweckt werden, aber Änderungen in der Sprache sind eher sekundär.
- Handelt es sich um eine akademische Fingerübung.

Im Moment ist es meiner Ansicht nach das dritte, bestenfalls das zweite.
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