Ein sehr gut geschriebener Roman von Altmeister Hubert Haensel. Seit PR 3273 habe ich den Autor vermisst. Wen ich richtig gezählt habe, kam er in PR-Fragmente nur dreimal zum Einsatz (3207, 3249 und 3273).
Blendend geschildert sind die Interaktionen zwischen den Protagonisten der Crew, Atlan kommt diesmal aber nicht ganz ungeschoren weg. Liam Barstow ist da schon auf der richtigen Spur des wahrlich nicht ganz machismofreien ewigen Don Juan-Arkoniden. Immerhin kommt es im vorliegenden Band durch den Zugriff der Wyconder auf den PHOENIX noch nicht zur alkoholvorbereiteten nicht jugendfreien körperlichen Vereinigung der Beiden, wenngleich die Ampel schon von Rot-Gelb auf Grün umzuspringen droht.
Zhobotter bleibt diesmal eher auf der Reservebank der Story und
die Ärztin Meghan Ontares ist über gute Laune hinaus auch noch nicht viel weitergekommen.
Perry selbst verharrt in der Rolle des Besonnenen und kontrastiert in bewährter Weise zum umtriebigen Atlan, der sich ungern das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lässt. Diesmal ist die ruhige, aber um so beharrlichere Schiene Rhodans zumindest vorläufig erfolgreicher.
Die Phoenix-KI bleibt im Ungefähren, wirklich trauen kann man ihr nicht und tatsächlich wirft Haensel die Frage auf, ob nicht das ganze Projekt PHOENIX/Phoenix bereits in der Planungsphase von Shrell verseucht worden ist, möglicherweise mittels des ferronischen Verbrechers Páro Tráamant, der einen tiefen okkulten Imprint im System hinterlassen haben könnte.
Alternativ käme unwissentlich sogar Zhobotter als Schadquelle in Betracht. Wer weiß schon, welche tiefen Schadcodes in den Nanobots seiner linken Körperhälfte versteckt sind.
Nebenbei gesprochen ist es für mich verwunderlich, warum diese
Wundermikromaschinchen den Alterungsprozess der rechten Körperhälfte nicht zeitsynchron mitsimulieren können!
Nebenbei korrigiert Haensel zurecht das Titelbild aus PR 3302: Liam Barstow ist noch lange (weitere 100 Jahre!) keine "ältere Frau"!
En passant lässt der Autor sogar kurz die Erinnerung an die RAS TSCHUBAI anklingen.
BCH zieht das Tempo des Zyklus ultraschnell hoch und führt schnell mittenhinein in die Kernprobleme. Ein diametraler Gegensatz zu den WV/CM-Zyklen, wo stets mit Nebenthemen ewig lang und zäh um die Kernfragen herumlarviert wurde.
Im Gegenzug bedeutet dies natürlich, dass Hary, wenn das Tempo nicht herausgenommen wird, sehr viel Pulver auf der Hauptpfanne seine Erstlings haben muss. Ich begrüße das ausdrücklich, wenn nicht ewig herumscharwenzelt wird und später eine konklusive Lösung erfolgt.
Zack stößt man im Vorfeld der Agolei auf die physisch leunartigen, ebenfalls untereinander anschmiegbedürftigen Wyconder und sogar gleich auf deren Chefin.
Die Wyconder sind selbst Opfer Shrells und ihrer Brennenden Nichtse. Auch Bonnifer wird wohl Wyconder sein oder einem verwandten Volk entstammen. Dafür spricht dessen hohe Technikaffinität, die Shrell fehlt.
Ob die HighTech der Wyconder autochthon ist oder diesem Volk zur Verwaltung anvertraut wurde, bleibt zunächst unklar.
Fiktivtransmitter und Pentaferer gehören eher zu SI-Techniklevel, insbesonders Erstere. Auch die Ortungstechnik über Jahrmillionen von LJ ist ähnlich zu kategorisieren.
Diese Machtmittel Shrells könnten Wyconderbeständen entstammen, wobei dieses hochstehende Volk der Nichtswaffe Shrells offenbar auch nichts Relevantes entgegenzusetzen hatte.
Alles geht ruckizucki … mitten hinein in die ersten Kernfragen im Limbus der Agolei.
Vielleicht einen Ticken zu schnell, aber weit weit besser als die Schleicherei und das Rumgezackere der Altexpokraten, wo man zwischendurch oft den Kernfaden des Plots verlor.
Man merkt, Hary hält sich nicht lange mit Nebensächlichkeiten und Sidesteps auf.
Haensel macht mit der Schilderung des PHOENIX-Breakdowns auch glasklar, wie gefährlich und störbar der Flug an Bord einer KI ist. Nothing goes more!

Und der Autor spricht auch nochmal glasklar an, dass man sich die Malaise mit der ELDA-RON gutteils selbst eingebrockt hat.
Im Prinzip ist die Besatzung mehr oder minder nur passiv beförderter Passagier im Leib der KI Phoenix, die Eingriffsmöglichkeiten sind beschränkt und das Schicksal der Insassen bedeutet in solchen Fällen ein Weiterlaufen zu Fuß, falls man überhaupt noch aussteigen darf.
Haensel hat seinen Autorenpart mit PR 3304 sehr gut erfüllt und die expokratische Steuerung der Großstory durch Hary ist bisher gelungen.
Wie ich schon schrieb: Der Komponist muss nicht selbst der beste Player der Partiturteile sein. Das ist BCH auch nicht, aber als Komponist und Dirigent der Symphonie scheint er mir am richtigen Platz.
Bei den vorherigen Expokraten war dies genau umgekehrt.
Bei soviel Licht, gibt es auch Schatten?
Nicht viel:
Neben der vielleicht doch 10% zu hurtigen Handlung gibt es ein kleines Versehen:
Beim Erstkontakt mit den Wycondern heißt es noch vor deren Selbstvorstellung:
"Atlan machte einen Schritt nach vorn; es sah aus, als wollte er der Wyconderin den Strahler aus der Hand schlagen."
Na ja, Flüchtigkeitsfehler des Autors, der wieder einmal dem
PR-Lektorat durchgerutscht ist.